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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.02.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190702241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-24
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BeH»qS«Vrett fß» Letzet, «d Uooort«: I» tz« Hm»». Elveditio» »dm Here» AaSgadesirllea ab- ««holl «umaNlchl (1 »al ttgltch) 70 Vs., «»»gab« S iLmal «glich) 80PO b«i Zustellung W Haas «»»gab« X 80 Pf^ AuSgab« L l Hart. Durch »userr au«- wSrli««» AuSgahmrlleu »»b durch di« Post l «zogt» (1 mal Hglich)t»»«rhalb Deutschlands uiouatlich 1 Martch»»ichl.B«ftrllgeb>lhrrn. sür Oestirreich-Uua«» 5T4bd viertrstöhrlich die übrig«» Lander laut AeituugSpreitltfir. Dies« «uuuu« kofitt auf 4 /d tN? all«» Bahnhöft» und bet III d«u ssettungS.Aerkü»ser» s' Aedattt»» »ud Erp e» Mo»: Johauuisgass« L Telephon Nr. ILS^ Nr. LLT Rr. 117L verltuer HataWaxs-var««: lvarli» XV. 7, Prinz Lost» gmdtuaud- Mraß« I. Telephon I, Nr. SL75. Nr. 55. Morgen-Ausgabe 8. MpMrIaMaü Handelszeitung. Ämlsblatt des Nates und des Nolizeianrtes der Ltadt Leipzig. L . -- > . I!»! Soimlaft 24. Februar 1907. Slnzeigen-PreiS LaLetgen-Snuahme: AuguftuSptat» 8, bei lümNichrn Filiale» u. allen Auuoncrn- Expeditionen ve- In- und Ausländer. die 6 gespaltene Petttzette sür Geschäft«, tuseratr au» Leipzig und Umgebung LS Pf., Familie»-, Wohnung»-n. Etelleu-Auzrigen, sowie Au- und Verkäufe 20 Pf„ finanziell« Anzeigen 30 Pf„ für Inserate von au-wäri» 30 Pf. Reklamen 7b Pf. au-wärtS 1 Mark. Beilage- gebühr 4 Mark p. Lausend rxkl. Postgebühr. GeschäftSanzeigrn an bevorzugter Stell« im Preise erhöht. Rabatt nach Tarik. für Inserate vom Ausland« besonderer Tarif. Für da» Erlcheineu an beslimmteu Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Feperteille Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Haupt-Filiale Berlin. LarlDuncker.Herzgl-Bahr.tzofbnchhandlg., Lützowstrahr 10 (Tel. Vl, 4003 . Ftltal-s-rveöttio«: Dresden.Marien Ur/tt. 101. Jahrgang. Var wiGtigrte vsm rage. * Der Kaiser, der gestern früh nach 9 Uhr die Reise von Wilhelmshaven nach Bremen per Automobil antrat, ist noch kurzem Aufenthalt in der Hansastadt um 2Ub von dort weiter serei st. fD. DtschS. R.j * Der Kaiser wird dosPräsidiumdeSReichs. tage» heute mittag in Audienz empfangen. * Am gestrigen Tage wurde im preußischen Abgeordnetenhause weiter über die Inter pellation wegen deS Unglücks auf der Grube Reden verhandelt. (S. DtschS. R.j * Der Inhalt deS zwischen Oberstleutnant v. Enadorf und den BondelzwartS-Hottentotten abgeschlos senen UnterwerfungSabkommenS wird bekannt gegeben. lS. Letzte Dep.j * Generalmajor Keim hat anläßlich der gegen ihn in der „Germania" und dem „Bayerischen Kurier" gerichteten Angriffe Klag« erhoben und ein ehren gerichtliche» Verfahren beim General kommando de» 8. Armeekorps beantragt. (S. DtschS. R.j * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht eine amtliche Liste der deutschen Passagier«, die sich auf dem bei Hoek van Holland gosunkenen Dampfer „Berlin" befunden haben. sS. d. bes. Art. unter Neues a. a. W.j * Baro« v. Stark, ehemaliger russischer Bot schafterin London, ist in Paris gestorben. * Der »L«te Aadettenkongreß soll, wenn er in PeterSbwcg yMgt«t>wi^, am ».Februar inHelsiug- f«r» stattfind«. IS. AuSl-s * Im französischen Ministerium deS Innern sind 93 Beamt« abgesetzt. sS. AuSl.) farde beirenne»! Lu» Dresden wird unS geschrieben: Nachdem die Wahlschlacht geschlagen und gewonnen ist, haben sich die Führer der verbündeten bürgerlichen Parteien die Hände geschüttelt, für die gegenseitige Unterstützung ge dankt, und in der Presse sind di« üblichen, hier gewiß wohl «»gebrachten Höflichkeiten auSgetauscht worden. Dann bat man sich wieder in da» Lager seiner Partei zurückgezogen, nach den» alten Grundsatz: Getrennt marschieren, vereint schlagen. So ist e» ziemlich allgemein im Deutschen Reiche gehandhabt worden, nur in einigen sächsischen Wahl kreisen wird eine Ausnahme gemacht. Dort haben sich die Körperschaften, die unter der nationalen Flagge «IS Natio naler Wahlverein, Nationaler Ausschuß u. a. m. eS v«r- stande», di« verschiedensten Korporationen, wie christliche Ar beitervereine, Hausbesitzervereine, Anwaltsvereine, Mieter-, Reform-, Mittelstand»- und Turnvereine, kaufmännische und andere Organisationen, zu sich heranzuriehen und im Wahl kampf gegen den gemeinsamen Feind zu führen, nach der Wahl nicht aufgelöst, sondern sie sind, wie man in liberalen Kressen sagt, chronisch geworden, ja eS bilden sich fortwäbrend ähnliche Körperschaften, und zwar, ob Verein, Bureau, Ausschuß oder sonst «in Titel gewäblt wird, das Wort national oder vaterländisch ist immer dabei. Nun soll e» un» zwar '«hr fern liegen, undankbarer Weis« di« z. B- von dem Dresdner nationalen Ausschuß ge leistete Arbeit in dem eben beendeten Wahlkampf herabzu setzen. Mer wenn jetzt, nach der Wahl, solche nationale Aus schüsse wie Pilze aus der Erde wachsen, dann fragt man sich unwillkürlich: Wozu? Die Aussichten auf eine nochmalige Auflösung de» deutschen Reichstag» sind minimal. Der Kaiser wird «her einen Reichskanzler und drei Kolonial- direktore» opfern, ehe er diesen Reich-tag auch nur um «in« einzige Gpffkm verkürzt. Trotzdem wird von de» soge»an»- te» nptionolen Wchlvereinen »ud Ausschüßen gearbeitet, al» gelt« es, in allernächster Zukunft wieder ein« ähnliche Aktiv» in di« Woge zu leiten wie die am 2b. Januar. Di« Tatsache, daß gerade in Gochfen diese Tätigkeit ent faltet wirb, ist M ausfällig um mit Stillschweigen Über gängen zu werd», bon> in der Tat stehe» vir ja in Sachsen schon wieder vor Wohl«, vor den Wahlen zum sächsi schen Lantzta», die wichtiger find «ch schärfere Gegen sätze zeitigen werben, al» viele ihrer Vorläufer, denn der nächste Landtag wird bekanntlich Geschicht« machen da er die Entscheidung Ker bi« Regierung» vor la g e zurRe form de» sächsischen Wahlrecht« zu treffen hat. Und da e« di« Pflicht de» Volkes, vor allem di« Pflicht de» liberalen Bürgertym» ist, beizeiten dafür zu sorgen, daß der «roße Moment nicht »in kleine» Geschlecht finde, hat man zu prüfe«, ob die obeu«rgoLhate» politischen Körperschaften ge eignet erschein«, durch Mitwirkung hoi de« LandtStztzwahlen de» Brche» für die Wahlrechtsreform st» liberalem Siuua für ein neue» frische» politische» ^ben in Sachse, vorzubereiren. Dis Antwort lautet: Nein, - dreimal nein! Bei den Wahle» zum sächsischen Landtage handelt «S sich nicht dar»», di« Sozialdemokratie nieder,»reiten oder de» ZentrmnSturm zu erschüttern. Da werden sich vielmehr zwei andere große Parteien gegenüberstehen: Konser vative und Liberale. Gerade die Liberalen haben ein ganz hervorragendes In teresse daran, die Situation llarzustellen und alle Versuche, durch Verschleierung der Gegensätze über den wahren Sach verhalt hinwegzutäuschen, im Keime zu ersticken. Sie können, wenn sie einig find, mit vollen Segeln in den Wahlkampf fahren, denn sie haben einen guten Wind für sich, die frische Brise des fortschrittlichen Geistes, der augenblicklich durch Sachfen geht unb den Männern der alten Richtung arg«s Frösteln verursacht. Es wär« eine schwere Sünde wider den Geist des Liberalismus, wollten sie sich diese seltene Gelegen heit entgehen lassen, die so leicht nicht wiederlehren dürfte. Die alten knorrigen Eichen es sächsischen Konservativismus werden sich freilich so leicht nicht umwerfen lassen, aber ihre Blätter beginnen schon zu fallen. Seit Wochen wenigstens munkelt man, daß eine Spaltung in der konservativen Partei bevorstehe, daß eine neue, eine gemäßigt konservative Partei gebildet werden soll, bei der man darauf spekuliert, daß sich ihr auch Elemente anschließen, die bisher nationalliberal wählten, sich wohl gar auch nationalliberal nannten. Gerade von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, mutz den Liberalen die Tätigkeit der sogenannten rein nationalen Organisationen im gegenwärtigen Augenblicke gefährlich er scheinen. Das liberale Bürgertum muß dagegen Front machen, daß ein Teil seiner Anhänger mit einer Misch masch-Partei von Konservativen, Antisemiten, Mittel ständlern und anderen Politikern, die sich von wirtschaft lichen Organisationen Direktive geben lassen, einen Strang ziehen. Gerade angesichts der Wahlrochtsreformvorlage müssen di« Liberalen in Lachsen auf ihrer Hut sein, sie müssen das ihrige dazu tun, laß ein Landtag gewählt wird, dem di« Regierung, dieden guten Willendazu hat, ein auf freiheitlicher Grundlage aufyebauteS Wahlsystem mit «iniger Aussicht auf Erfolg anbieten kann. Deshalb muß man von den nationalen Ausschüssen und ähnlichen Organi sationen verlangen, daß sie Farbe bekenne». Sie müsse» bindende Erklärungen über ihre Absicht» brzügssch der Wahl für den Landtag abgeben. Wollen sie sich, was an gesichts ihrer augenblicklichen fieberhaften Tätigkeit nicht recht glaubhaft erscheint, überhaupt nicht daran beteilige», — nun gut, dann läßt man es ruch auf nationalliberaler Seite bei der wohlwollenden Versicherung bewenden, daß man ihren Bestrebungen sympathisch gegenübersteht und daß her der nächsten Reichstagswahl die Waffenbrüderschaft erneuert wirb. Andernfalls jedoch muß der Stier bei den Hörnern gefaßt und die reinliche Scheidung vollzogen werden. Die Liberalen aller Schattierungen müssen abrücken und sich um ihre Fahne scharen, und zwar je eher desto besser. Ein Herumdrücken um diese Frage bedeutet Verschwendung kost barer Zeit, die schwere Folgen nach sich ziehen kann. Hier darf es für die Liberalen kein Feilschen und Paktieren geben, eS ist nicht Zeit zum Verhandeln, sondern zum Handeln. Des halb heißt es heute: Farbe bekennen, hüben wie drüben. Die in den vorstehenden Ausführungen mit dem Hinweis auf die rein „nationalen" oder „vaterländischen" Vereine ge kennzeichnete Gefahr für das parteipolitische Leben, wird auch in der letzten Nummer des -Natioualliberalen Verein»- blattes" charakterisiert. Dort heißt es in bezug aus di« rein nationalen Vereinsorganisationen: Worauf kommt es denn an? Die Parteigegensätze be seitigt man nicht, indem man ihre Berechtigung bestreitet. Das politische Leben verlangt nach dem Kampf der Mei nungen, weil sich nur aus diesem Kampfe heraus Erkennt nis entwickelt, und auf dieser Erkenntnis beruht die Mög lichkeit jedes Fortschrittes. Man wendet «in: es genügt, wenn diese Vereine eine politische Verleidigungsarbelt leisten. Gut, aber mit dieser Verteidigung ist noch nicht alles getan, was getan werden muß. Auf die positive Ar beit kommt es an: nicht nur zu verteidigen gilt es, es gilt den Gegner im offenen Felde zu stellen. Tie Sozial demokratie ist unsere stärkste Partei. Wie kann man hof fen, einer starken Part«i durch die Proklamierung der Parteilosigkeit Abbruch zu tun? Wir wissen es doch au» den Zeiten des Kartells, wie sehr der Vorteil augenblick licher Erfolge hintennach aufgezehrt wird durch die unver meidlich eintretende Erschlaffung aller politischen Kräfte. Ist eS denn überhaupt richtig, unser ganzes politische» Leben unter «in einziges Kampszeichen zu stellen? Da mit erklärt man doch oie Sozialdemokratie geradezu zur herrschenden Macht. Hypnotische Starrheit mutz de» Wähler «fassen, wenn man ihn zwingt, den Blick immer und immer auf «ine Stell«, auf da» „Rotfeuer" zu richt«». Damit reden wir nicht l«r Gleichgültigkeit gegen «j»e Gefahr da» Wort; wir oüasche» nur, daß diese GttkDr richtig geschätzt werde. Geschicht da», so wird man nicht darauf ausaehe», di« politische» Kräfte « binde«, sondern zu lösen. Einigkeit macht stark. Gewitzt Di« ErnigHeit kann ober auch zur Schwäche werde», wenn sie die ver bundenen Glieder an ihrer Entwickln»- hindert. ES fst aanz unmöglich, alle politischen Fronen rein vom natimno» len Standpunkt aus zu ''«handeln, zumal in einer Zen, welche soziale und wirtschaftliche Aufgaben bedeutsamster Art in den Vordergrund rückt. ES müssen also Gerade Dinge, die unter Umständen M einer Scheidung Wren, der Einigkeit wegen ausgeschaltet werden, und diese» AttS- schalten führt eben da» herbei, wa» un» in Sachse» so sehr schadete: Gleichgültigkeit, Unklarheit, Verschwommenheit. Niemand wird wünschen, daß z. V. unsere Landtaa«a»ge- legenbeiten nur nach ParteigesichtSpunkten behandelt wer den; hier heißt «S: ie sachlicher nm so besser; allein voll ständig auSscheiden laßt sich auch hier die «arteianfchameng nicht; sie wird unter Umständen um so lebhafter yervor- treten, je notwendiger e» ist, von grundsätzlichen Auffassun gen auSzugeben. Üeberflussig zu sogen, wie berechtigt bei den Landtagswahlen die Frage nach diesen grundsätzlich«» Anschauungen, kurz gesagt, der Parteirrchttnm ist. Ma» muß im politischen Leben wissen, va» »an will. Daß ist di« Vorbedingung jede» Erfolge». ftlanä «na air cidrrslrn. (Von unserem Londoner X-Korrespondenten.) Die konservative Presse gefällt sich in den letzten Wochen in einer fortgesetzten Diskreditierungskampagne gegen die liberale Regierung. Wenn die Konservativen in Opposition waren, pflegte die fast ganz konservative Londoner Presse im Lügen ihre amerikanischen Kolleginnen immer bei weitem in den Schatten zu stellen. Die liberale Opposition, soweit sie in der Presse in Erscheinung trat, hat hingegen immer den An- stand zu wahren gewußt. Man kann ja der Regierung vor werfen, daß sie einigermaßen weit geht, indem sie «in „gams c>k blakt" spielt zur Bedrohung des Oberhauses, gegen das sie doch noch keinen wirklich brauchbaren Plan hat. Ein ,^amo ok blutt", wie es die Konservativen selbst in der auswärtige» Politik nicht gespielt haben, trotz Bismarcks Apergu über die eisenfarbig angestrichcne Latte, den Marquis von Salisbury. Die Konservativen hatten aber einen solchen Bluff in inne ren Angelegenheiten nie nötig, da sie das Land schlankweg terrorisierten. Mit dem Vorwurf des Bluffs, der sich übrigens gar leicht in einen plötzlichen Schlag entladen kann, wenn Mr. Balfour nickt sehr sorgfältig ist, ist aber auch so ziemlich alle» vorgebracht, was sich gegen die Regierung sogen läßt. Die Einheit im Kabinett, die man konstant zu be zweifeln gesucht hat, ist größer, als unter irgend einem libe- valen oder Tory-Vorgängcr. Gerade in seiner Fähigkeit, Liese Einheit zu erhalten, zeigt sich Campbell-BannermanS politische Begabung am besten. Aber mehr, auch die Einig keit -wischen den Mohrheitsparteien ist eher im Wachsen, als in der Abnahme; alle Legenden von einer Spaltung sind un zutreffend; selbst die Iren sind mit dem Kabinett zufrieden. Wenn auch die Führer manchmal noch auf offener Szene sehr ernstlich die Stirne runzeln, so schüttelt man sich hinter den Kulissen schon länger die Hände. Die Landbevölkerung ist durch di« unionistrsche Agitation in Irland oben heftig erregt worden. Man hat sie in den Glauben versetzt, der Liberalismus werde seine Wahloersprechungen ebensowenig halten, als die Unionisten ihr feierliches Parlaments versprochen vom Jahve 1906 gehalten Haden. Jüngst aber hat man daS in der Parlomentsgoschichte seit 100 Jahren nverhörte Schauspiel erlebt, daß ein Jvenstihrer, der an Ver stand und Energie, vor allem «der auch an Einfluß auf seine LandSl-ute alle seine hochbegabten Vorgänger übertrifft, daß John Redmond auch vor den Kulissen Herrn Birrel, dem neuen Staatssekretär für Irland, seine volle Zufriedenheit ausgesprochen und ihn deS uneingeschränkten Vertrauens seiner Partei versichert hat. Demselben Birrel, über dessen Unfähigkeit zur Lösung der irischen Probleme und über dessen fanatisch-feindliche Aufnahme durch die Iren die kon servative Presse so außerordentliche Wildenten hatte in Scharen auffliegen lassen. Man muß da» grimmige Hagen gesicht Redmonds mit der unbarmherzigen Hakennase und den zermalmenden Kinnbacken unter dem kurzgehaltenen Schnurrbart kennen, man muß sich der Schwerter erinnern, die früher aus diesem Munde zu kommen schienen, um die ganze politische Tragweite deS liebenswürdigen Lächelns zu würdigen, da» gestern um diese Lippen spielt«. Mr. Birrel und die Regierung können mit diesem Emp fang, die Iren mit der Art und Weise zufrieden sein, wie sich Birrel den Empfang gesichert hatte. Birrol ist -weifel- loS da» größte organisatorische Talent, über das die liberale Partei gegenwärtig verfügt. Selbst Balfour hat gesagt, daß sich Birrel jeden neuen Morgen, den er in Irland auf- wacht«, an der Spitze einer neuen Departements fand, von dem er nie zuvor gehört hatte. Tatsächlich besteht di« irische Exekutive aus nicht weniger als 65 Departements, die all« durcheinander arbeiten. Hier Ordnung zu schaffen, bedarf es eines ungewöhnlich systematischen und avbeitSfroheu KopfeS. MS Sir Charles Wyndham im Jahre 1903 sein« irische Landbill durchbrachte, stimmten ihr die Nationalisten mir zu, nachdem eine Deputation während der Agrarunruhen exmittierter und noch immer obdachloser Bauern an der Barre deS Unterhauses daS feierliche parlamentarische Ver sprechen aller Parteien, vor allem natürlich der regierenden Unionisten, erhalten hatte, daß die Landkommissare die Wiedereinsetzung dieser Unglücklichen mit größter Beschleu nigung durchführen sollten. Die Konservativen haben aber diese dringende Hilfsaktion »u verschleppen gesucht, wie auch Balfour kein Recht hat, über die irische Departements wirtschaft zu spotte», die gerade seine Partei durch 15 Jahr« hat bestehen lassen, weil Irland der günstigste Boden für den Partvinepotismus war. Im Jahre 1903 hatten die Konser vativen glauben machen, daß die exmittierten Farmer etwa 1000 an der Zahl wären, die Anmeldungen beliefen sich aber auf 6680, und von diesen wurden in 3'^ Jahren gerade 644 erledigt. Birrel hat nun i» dem einen Monat, de» er sich i» Irland befindet, Dampf aufgemacht, alle entbehrlichen Beamte» a» die Arbeit gestellt, de« Schatzsetretär zur Durch- fützmmg d«r Reform so viel Geld abgeluxt, al» er erhalten komite, «kd d»rfte jetzt versprechen, daß er Li» Mai mit der ga»»e» Transaktion fertig zu werden hoffe. DaS allein ist schon ein großes Stück „Devolution". Ader Birrel mochte noch ein« viel weiter gehende Au- sag«. Selbst di« Lord» fanden es in der letzten Session ata- vtstisch, wie der schlimmste der Landlorbs, Lord Clanriearde, seine Bauer» und Pächter lediglich nach der Praxis der Blutegel und Seelenverkäufer behandelt, namentlich aber di« Pächter bi» in den physischen Ruin verfolgt, wen« sie bei der BertragSlösuwg den ih^n gesetzlich zustehende» Wert der Meliorationen fordern Man wagte bisher nicht, gegen diese Art von LandlordiitzmuS gesetzgeberisch Vorzuges», weil eS an einem Präzedenzfalle fehlte. Birrel hat diesen gefunden, wen» «ich nur i»° einem Gesetz der Präsidentschaft Bombay, dat in analogen Fällen die Ernennung einer VerwaltungS- kuratel über de» Laadbesitz derartiger Ausbeuter »orsieht. Diese» Gesetz will Birrel mit einer noch m der laufenden Session einzubringeaden Bill kapieren, ein hübscher Beitrog fur Politik de» ^kWng Um oup", zumal die Bill über den päwe^iche» PanzellmGefitz in Schottland denselben Le- dankengaug verfolgt und bei den Lords ebenfalls äußerst an- stößig ist. Die ehrliche Durchführung der Landbill von 19El und ihrer legislativen Ergänzungen ist eine derjenigen großen Kulturforderungen, hinter denen in Großbritannien immer die ganze Nation steht, sobald der rechte Mann di« Sache in die Hand nimmt, und deshalb ein äußerst geschickter Zug des Kabinetts zur Vorbereitung der Wahle" vervanck Heittrchrr ?ort- ce>egr«pden»rrirreuten ima?orwerwsller. Wie wir schon kurz meldeten, hat der am 18. Februar in Berlin abaehalten« 2. Postverwaltertag beschlossen, d-ie Post- verwalter-Vereiniemng bestehen zu lassen und eineü Anschluß an den Verband Deutscher Post- und Telegraphenaffistenren abgelehnt. Zum Vorsitzenden der Postverwalter-Äereini- guna ist Postverwalter Wiedenhofs wiederaewählt worden. In der „Postalischen Rundschau" soll ein VeroandSoraan ent stehen. U. a. soll auch di« Einführung besonderer Gehalts sätze für die Postverroalter erstrebt werden. Schon auS den am Sonnabend, den 16. Februar, geführten Verhandlungen trat die ablehnende Haltung der Vertreter der Pastverwauer scharf hervor. Es hat also auch hier der in jedem Deutschen mehr oder weniger lebende Geist der Eiyenbrödelei gesiegt. Ob dieser Beschluß zum 4>eile der Postverwalter auS- sallen wird, glauben wir fiUlich bezweifeln zu müssen. Wir führten an dieser Stelle schon aus, daß wir die Er folge, die die mittler« Postbeamtenschaft bezüglich ihrer dienstlichen und gesellschaftlichen Stellung erlangt hat, nur ihrem festen, einmütigen Zusammenhalten zuschreiben. Durck die Trennung der Postverwatter wird ein Keil in dies« Einmütigkeit getrieben. Es sollen zwar möglichst Kon flikte mit dem Verbände vermieden werden; aber waS soll das beißen? Die nächste Folge wird sein, daß der Verband nun den Zusatz zu 8 10 der Verbandssatzungen, nach welchem Mitglieder Vereinigungen innerhalb des Derbandskörpers, welche ähnliche Ziele verfolgen wie der Verband, nicht ange hören dürfen, und von dem bis jetzt loyalerweis« noch kein Gebrauch gemacht worden ist, mit aller Schärf« in Anwen dung bringen und die Postverwalter, die der Poswerwalter- Vereinigung angehören, auSschließen wird. Der Verlust an Mitgliedern wird für den Verband nicht bedeutend sein. Rechnen wir 1000 von den zirka 1200 dem Verbände angehörenden Postverwaltern, welche ausscheiben werden, so fällt dreier Verlust bei einer Mitgliederzahl von zirka 35 000 nicht allzusehr ins Gewicht, ganz abgesehen da von, daß ein Teil der Postverwalter, namentlich die der Be zirke Düsseldorf und Köln, den Beschluß des Postverwalter tages nicht billigen, und daher wob! nach wie vor neben vielen anderen Postverwaltern im Reich Verbandsmitglieder bleiben werden. Am wichtigsten aber erscheint unS der moralische Effekt des bedauerlichen Beschlusses, und werden sich di« schädlichen Folgen davon für beide Teile bald bemerkbar machen. Di« schöne Harmonie ist gestört. Die Postverwalter werden bild gewahr werden, daß sie sich aus falschem Wege befinden, wenn sie glauben, ihre Wünsche durch gesondertes Vorgehen früher und besser verwirklichen zu können, als im Nahmen der Ver- bandsorganisation. Es fehlt ihnen von vornherein die Duckt der großen geschlossenen Masse. Vor allen Dingen sollten sie nickt vergessen, daß sie Angehörige des Assistentenstandes sind und bleiben werden, unb solange die Vorsteher der Post ämter 3 aus den Beamten ausgewählt werden, welche die BoftHekretärprüfung nicht abgelegt hckben, fehlt u. E. jedes Recht und damit jede Aussicht auf eine nach irgendwelcher Richtung bin höhere Bewertung als die Assistenten. Eine Stellen- oder Funktionszulage für die Postverwalter al» Aequivalent für ihr« Leistungen als PoftamtS-Vorstcher hat auch der Verband befürwortet, desgleichen ist er warm für viele andere Verbesserungen der Lage der Postverwalter eingetreten. Mehr kann auch die Postverwalter-Vereinigung nicht erstreben wollen. Wir geben nochmals unserem Bedauern über die einge tretene Spaltung innerhalb der mittleren Postbeamten schatt Ausdruck, um so mehr al- wir der neuen Postverwalter-Grün dung ein langes Leben nicht Voraussagen können und der etwas mehr Entgegenkommen sich eine Trennung hätte sehr wohl vermeiden lassen. veulsebes Keich. Leipzig, 24. Februar. * Der Kaiser unterwegs. Der Kaiser, der gestern früh nach 9 Uhr mit Automobil von Wilhelmshaven abaereist war uud um 11 Uhr 35 Mi». Delmenhorst passiert hatte, traf unter dem Jubel der Bevölkerung 11 Uhr 54 Min. an dem Bremer Rathause ein. Zu seiner Begrüßung Ware» er schienen die beiden Bürgermeister Dr. MarcuS und Dr. Barkhausen und der Bevollmächtigte beim BundeSrat Senator Dr. Pauli. Äm Ratskeller wurde der Kaiser von dem an wesenden Publikum mit stürmischen Hurrarufen begrüßt. Bon einigen Dame» der Gesellschaft wurden ihm prächtige Blumensträuße überreicht. Hierauf begab sich der Kaiser in- Kafterzimmer, wo da» Frühstück eingenommen wurde. Gegen 2 Uhr verlieb der Kaiser den Ratskeller uud fuhr auf dem Wege »um Bahnhöfe bei dem ueueu Monumentalbau der Sparkasse vor, dessen Einrichtungen er unter Führung der Direktoren in Augenschein nahm. Um 2 Uhr 15 Min. reiste der Kaiser von Bremen ab. ES herrschte prächtiges sonniges Wetter. Zur Förderung der Motorlustschiffahrt foibert der Nawtragsetat des Reiches 500 000 ^1. In der Be gründung dazu führt die Regierung auS, daß die großen Interessen wirtschaftlicher und allgemein kultureller Art, die sich am die Herstellung leistungsfähiger Motorluftschifse knüpfen, es geboten erscheinen lass«, die in Deutschland auf diesem Gebiete unternommenen Arbeiten auch rcichsjeitig ,u förvera. Nachdem die kürzlich begründete Motorluftschiffahrt- Studiengesellschaft e» auf sich geiUMwen hat, daS von dem Major von Parsoval erbaute Motorluftschiff unstarren Systems zu erproben und fortzubilden, wirb das gleiche mit dem Luftschiffe starren Systems, das Gras von Zeppelin kon struiert hat, zu geschehen haben. DaS Luftschiff de» Grafe» Zeppelin hat bei seinen Aufstiegen am 9. und 10. Oktober 1906 hervorragend« Jahrtleistungen gezeigt. Die dem Bau
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