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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.02.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190702270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070227
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070227
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-27
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Morgen-Ausgabe 8 Anzeigeu-Pret- MIM EMM« Handelszeitung Amtsblatt des Nates «nd -es Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Bez«aS-Prei- Ae»aM»« uu» <hrpe»Uta«: Johanutsgasir 8. Telephon Nr. I5L «r. WT Nr. 117L verltuer ßie»«M»»H-vm«mr veM, »V. 7, Prinz 1-ont- Serdtmmb- Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. die ögefpau«, PetttmUe für Seich«» ins,rate au»Leipzig -2Uulgebuua LLPf„ Fainiliea^ WohonngS- n. tztellen-Anzeigen, sowie Lu- und Verkäufe LO Pt, pnanztrlle «»zeige» SO Pf, für Inleratr van auswLrts SO Pf. Reklamen 7b Pf, anSwärt» i MarL Beilage» grdübr 4 Mark p. Taufend ezkl. Postgetiühr. ütefchästSauzeigen au bevorzugter Stelle trn Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Für Inserate vom AuslauLe besonderer Tarif. - Tief« «uuuuer koftU aus 4 4b all« Bahnhvfen mrd bei III I den Feituugs» Verkäufern I st» Leip»«, mrd «««1« I» de» Haup» Expedttim, oder Herr« Ausgabestellen ab geholt monatlich: Ausgabe 4 ll mal tügltch) 70 Pf, An,gäbe L «al tügltch) SO Pf, bet Zustellung in» Hau» Ausgabe X SO Pf., «u-gabe 8 1 Mark. Durch unsere aus- württgen Ausgabestellen und durch di« Post bezogen (1 mal tägltchNnuerhalb Deutschlaads monatlich! Mark ausschl. Bestellgebühren, für Oesterretch-Uagara dL 4üd vierteljährlich^ die übrige« Länder laut Zeitung-Preislist«. An»eigea.«nuahll«.- Auguftusplatz 8, bei lämtltcheu Ktltaleu ». all« Nun»««». Expedition« des Ju- nud Auslandes. Für das Erlchetneu au bestimmt« Tag« u. Plätzen wird keine Garantie übe«»«»«. Festerteilte Aufträge Wan» nicht »aUlch- gezog« werd«. Haapt-FUtale VerN«: <k arlD» » cker.Herzgl^vayLHosbuchhandig, Lübowstraß« 10 (Tel. VI, 4803). Ftlial-vrpedUtaa:Dre»sen.MarienftrL4. Nr. 58 Mittwoch 27. Februar 1907. 1V1. Jahrgang. vrr lvichtigrte vom rage. * Die aestrigen NcichStagSverhaudlnagen erhielten ihr Gepräge dnrch scharfe Auseinandersetzungen zwischen dem Reichskanzlrr Fürsten Bülow und dem sozialdemo kratischen Führer August Bebel. (S. des. Art. u. Par- lamenlSber. 2. Beil.) * Der Bau de» masurischen Kanals kann nach den gestrigen Beratungen und Beschlüssen des ostpreußischcu Provinziallaudtage» als gesichert gelten. (S.Dtsch.R.) * Der Posidampfer „Professor Woermanu" ist, mit 1V Offizieren und 310 Unteroffizieren und Mannschaften aus Süvwestafrika kommend, vor Cuxhaven eiugetroffen. * Die in einer UnterhauS-Rede HaldarreS angekündigte englische Armee-Reorganisatrou wird von der Presse al» der erste Schritt zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht aufgesaßt. (S. Ausl.) * England bat die HandelsvertragS-Berhaud- laugen mit der Schweiz abgebrochen. Var Voell Level-Sülov. (Telegraphischer Bericht.) DaS auf gestern angesetzte große Rededuell Bebel-Bülow sand vor einer stattlichen Corona von Zeugen statt. Der Reichstag war in allen seinen Räumen überfüllt und mit Spannung geladen. Bebel hatte, wie üblich, den ersten Schuß. Vorher aber hielt eS der Präsident Graf Stolberg für nötig, den Zuschauern die Regeln eine» Zweikampfe» einzuschärfen. ES sei ihm gesagt worden, am Montag wäre nicht nur „Bravo* gerufen, sondern auch geklatscht — mau denk« sich geklatscht worden. Da- sei unzulässig, und auf de« Tribünen habe man ützxrhaupt Ruhe zu halten. Man wird sich wohl im Reichstag an derartige retrospektive OrdnuugSregeln unter dem neuen Regime gewöhnen müssen. Bebel fing an zu feuern; aber er zielte schlecht und operierte überhaupt mit einer verhängnisvollen Taktik. Von vornherein setzte er alle Kräfte in Hochspannung. Die Stimme gellle auch bei einleitenden gleichgültigen Teilen seiner Perioden, so daß für die Pointen keine Wirkung mehr übrig blieb. Und wen» sich das Ohr erst an die in ihrer Gleichmäßigkeit ermüdend lautenden Töne gewöhnt hatte, wurden sie in ihrer monotonen Stärke immer eindrucksloser. Der alte Bebelsche Fehler der Maßlosigkeit kam dazu and störte die Wirkung der stellenweise sonst nicht unge schickten Rede, der e« natürlich auch an den bekannten lustige« Redefiguren Bebelscher Autodidaktie nicht fehlte. Er nannte da- Regime Bülow die „Inkarnation de- kulturellen Stillstands*, worunter sich eigentlich auch der stärlste Mann nicht- denken kann. Er redete von Bülowschen Unwahrheiten, von der Unwissenheit de- Reichskanzler- auf sozialpolitischem Gebiet, da- für ihn ein unbekannte- Land sei, und war im ganzen von einer persönlichen Formlosigkeit, die aus heftige innere Erregung durch die Wahlniederlage schließen ließ. Daß Bebel sich wieder einmal auf Bismarck berief, der in der Sozialdemokratie die Anreger« der Sozialpolitik erblickt bat, ist nur auS dem Bestreben zu verstehen, die häufigen und schweren Vorwürfe wegen der sozialpolitischen Unfruchtbarkeit zu parieren. Dem gleichen Zweck diente eine endlose Zitatensolge, die da- günstige Urteil mehr oder minder bekannter Zeitgenossen über die Verdienste der Sozialdemokratie erweisen sollte. Leider batten die meisten dieser Urteile einen großen Fehler. Sie zeigten fast sämtlich die Sozialdemotratie vor dem Dresdner Parteitag und würden heute wohl ziemlich alle erheblich ander- lauten. Daß Professor Delbrück einmal gesagt hat, die deutsche Wissenschaft müsse sich unter die Fittiche der Sozialdemokratie flüchten, wie andere Aus drücke momentaner Verärgerung sollten die Kulturmacht der Sozialdemokratie nachweisen, beweisen doch aber nur die heutige Hilflosigkeit der Partei und die Unmöglichkeit, au- eigenen Taten den Beweis zu führen. Luch unproduktiv wollte Bebel die Sozialdemokratie nicht nennen lassen; denn sie habe für die Caprivischen HandclSoerträge gestimmt. Mit dem gerade jetzt recht deplazierten Ruf: „Unser die Zu kunft!" verließ Bebel nach dreistündiger, quantitativ beachtens- werter Redeleistung die Tribüne, um sich nun dem Schnell feuer Bülows ausgesetzt zu sehen. Fürst Bülow, der am Montag zuerst mit einer leichten stimmlichen Indisposition zu kämpfen gehabt hatte, sprach diesmal in glänzender Kondition, ohne Anlehnung an Manuskripte, die er nur beim Zitteren sozialdemokratischer Wahlleistungen oder Schippelscher Aussprüche zu Rate zog. Aus dem Zusammenhang dieser Rede — im genauen eingehend auf di« Worte Bebels — ging der improvisierte Charakter wenigsten- großer Partien der Antwort deutlich hervor und erhöhte den Eindruck der Ursprünglichkeit. Kein Zweifel war mehr nach der ersten Viertelstunde: Der redende Bebel war besiegt! Der Kanzler bestätigte zunächst die bekannte offiziöse Er- kläruna, daß kein roter Heller amtlichen Ursprung» zur Wahlagitation verwendet wordeu sei undrückte dann Bebel mit sozialdemokratischen Au-sprüchen auf den Leib. Die Sozialdemokratie bestreite, destruktiv zu sein, aber Bebel bade sich in Dre-den selbst al- den schlimmsten Feind der bürgerlichen Ordnung hingestellt. Und dann kam em ,» glänzender Hohn in unangreifbarer Form, daß »an Mit leid mit dem armen Besiegten hätte haben können, wenn eS nicht eben verdient gewesen wäre. Bülow sagte: Besiegte Feldherr» hätten die Wahl, über ihre Niederlage zu schweigen, was daS würdigste sei; manche brächten sich um, wie Cato, wieder ander« steigerten ihre Redseligkeit. Daß die Wahlniederlage der Sozialdemokratie verdient ge wesen sei, zeigte der Kanzler an einem langen Sündeu- register. Systematisch verurteilte er ihre Großsprecherei, ihren dogmatisch-philiströsen Geist, der sogar IauräS zur Ver zweiflung gebracht habe, ihre» TerroriSmuS und ihre Ge sinnungsschnüffelei, ihr Dcmokratentum mit autokratischer Spitze, malte Bebel al- Julius Cäsar und Oliver Cromwell und kam dann auf die Wahlsünden der Sozialdemokratie zu sprechen. Brutale Rüpeleien seien in der Partei methodisch angewendet worden und durch ihren „Sauherdenton" habe sie unser öffentliche» Leben vergiftet. Aus diesem Teil der Blllowrede sind zwei fast bei läufige Bemerkungen sehr interessant: Der Kanzler meinte, der bürgerliche Liberalismus sei trotz der Singerschen Drohungen nicht zerrieben worden, sondern befinde sich sehr wohl —, worüber wir dankend quittieren. Denn eS ist immerhin ein Novum, daß ein Reichskanzler und preußischer Minister präsident mit diesem vorläufig noch platonischen Wohlwollen vom Liberalismus spricht. Das andere Moment war die Stellung Bülow» zum Revisioni-mu-, dessen Wanzentaktik der Kanzler zwar bös verspottete, von dem er aber doch bekannte, früher, vor Dresden, ernsthafte Hoffnungen auf ihn gesetzt zu haben. Da- ist ein Beitrag zur Psychologie de» Kanzler», der sich schon einmal seiner erschreckenden „Vorurteilslosigkeit" gerühmt hat. Nur schade, daß diele Ansichten allzulang private geblieben sind, sie hätten vielleicht recht fruchtbar in derOeffeut- lichkeit wirken können. Das beste an der Kanzlerrede war der rhetorisch wie inhaltlich brillante Schluß. Der Kanzler zeigte auf die Brücke der Verständigung mit der politisierten Arbeiterschaft, auf die national« Zuverlässigkeit hin, pries die Erfolge der Städte Leip;4»^ Dresden, München, Köniasberg, und meinte schließlich! „Und weau es überall belle wird, dann wird auch Berlin nicht mehr im Dunkeln wandeln wollen." Die sozialdemokratische Gefahr sei nicht enbgüliig überwunden, ab«r er hoffe auf die Genesung nach böser Krankheit und da» Erwachen nach wüstem Traum. E< muß gesagt werde», daß diese Rede mehr als oralorische Bedeutung hatte und gerade wegen des Eingehens aus wirt schaftliche Notwendigkeiten, wegen ihrer objektiven Betrachtung der Erscheinungen durchschlug, uno das versöhnende Moment der Kampfreve, der Hinweis auf sozialpolitische Arbeit in Vergaogeuheit und Zukunft, sowie auf die Möglichkeit, die Arbeiterbewegung mit ihren reichen Kräften national nutzbar zu machen, wird ihr auch Eindruck bei den Arbeitern sichern — wenn diese sie zu lese« bekommen. Nach dem großen Rededuell war die Spannkraft deS Hause» erschöpft. E» hätte wohl auch versagt, wenn ein anderer Redner al- dritter aufgetreten wäre, als der Ver treter der Konservativen, der Abg. von Richtbofen. Aber sein Anblick leerte erst recht den Saal mit erstaunlicher Schnelligkeit. Und so mußte der Vertreter der zweitstärksten Partei vor fast leeren Bänken sprechen. Reben Sie Uereiniglrn Staaten vor einer lvirttchaMicben Zrire? Zwischen der deutschen Regierung und den amerikanischen Kommissaren sind bei den Berliner Verhandlungen die Grundzüge eine» deutsch-amerikanischen Handelsvertrages festgestellt worden, und -war, wie ausdrücklich hervorgehoben ward, nicht eines Provisoriums, sondern eines wirklichen Vertrags, der der amerikanischen Regierung annehmbar er scheine. Nach allem, was bisher Näheres darüber ver lautete, ist nicht zu erwarten, daß Deutschland gut abschneide, wenn es wirklich -u einer Einigung kommen sollte. Immer hin wird eS manchen überrascht haben, daß es die Ameri kaner überhaupt über sich gewannen, ihre spröde Haltung auszugeben und einen Standpunkt einzunehmen, bei dem sich von einer Verständigung reden ließ. Indessen brauchte dies doch keinen Wunder -u nehmen, der die wirtschaftliche Ent wicklung der Vereinigten Staaten in den letzten Jahren auf merksam verfolgt und nun für die Zeichen ein Auge hat, die aus eine kommende schwere wirtschaftliche Krise in Amerika hindeuten. Eine solche Aussicht im Zusammenhänge mit der Gefahr kriegerischer Verwicklungen mit Japan mag eS der Washingtoner Regierung wünschenswert erscheinen lassen, seine Handelsbeziehungen zu Deutschland zu regeln, solang: die gegenwärtige Hochkonjunktur anhält, die die wirtschaft lich« Stärke der Union in blendendes Licht rückt. In der Tat erfreuen sich die Vereinigten Staaten augen blicklich eines Wohlstände», den weder sie selbst noch über haupt ein anderes Land je erlebten. Doch den Amerikanern ist e» inmitten ihres Reichtums wie jemandem, der in seinem eigenen Fett zu ersticken droht. Vor einigen Wochen setzte der Schatzsekretär Shaw alle Welt in Verwunderung, in dem er in einem nktoniinnor npsec-h die seltsame Aeußerung tot, eS möge doch «in joder alle Abend in die Kniee sinken und beten, daß der Wohlstand nicht noch weiter zunelM«, denn da» Land leide unter -u großem Wohlstände. So lehr diese Bemerkung auch anfangs verlacht wurde, so «ruft nimmt man sie jetzt, nachdem eine ganze Reihe bervorragen- der Finanzleute die paradox klingende Behauptung de» Schatzsekretär» kür richtig erklärt «nd sich in düsteren Prophezeiungen für di« Zukunft ergangen haben. Bei näherem Zusehen gewahrt man vor allem, daß da- wirt schaftliche Gedeihen Amerika» eine um so schlimmere Kehr seite bat. Die Löhne für gelernte und ungelernte Arbeiter find höher al» je zuvor in Amerika und je in iraend «i««w I anderen Lande. Dafür sind aber auch die Leben-Verhältnisse ganz unmäßig teuer geworden. Miete, Kleidung, Nahrungs mittel, alles, was der gemeine Mann zum täglichen Leben braucht, ist viel teurer, als noch vor wenigen Jahren. Daher fragt sich mancher, ob er heute besser daran ist, al- früher. Nun sind wohl die Trabe Unions mächtig genug, um den Unternehmer zu zwingen, die Löhne zu erhöben, aber der Un ternehmer schraubt dafür die Preis« der Waren empor. Di« Folge ist, daß der Konsument die Zeche bezahlen muß. Dies macht es erklärlich, warum sich die Lage der Angehörigen des Mittelstandes, der zahlreichen Angestellten und Beamten in Kontoren usw. in dem Maße verschlechtert hat, als der allgemeine Wohlstand gewachsen ist; denn es steht ihnen nicht eine ähnliche Macht zu Gebote, wie sie den Arbeiter organisationen lnnewohnt. Auch die landwirtschaftlichen Produkte sind im Preise gestiegen. Weizen, Roggen, Eier, Milch usw. waren nie so teuer wie jetzt. Dazu kommt, daß die Kaufkraft des Dollars um etwa 25 Prozent gesunken ist. AIS die Vereinigten Staaten sich vor Jahren von der De pression erholt batten, die der Streit um die Silberwährung hervorrief, und der spanische Krieg dem Geschäftsleben einen neuen Ansporn gab, stürzte man sich rücksichtslos in die vielseitigsten Unternehmungen. Um sie auszuführen, muß ten Niesensunr.nen in Europa, hauptsächlich in England, ausgenommen werden. Es waren herrliche Tage für Unter nehmer und Finanziers. Große Trusts entstanden über Nacht, von denen manche nur ihre Gründer entlohnten, da gegen dem gläubigen Publikum künstlerisch au»gestatt«te An teilscheine als einzige Entschädigung für ihre Vertrauens seligkeit hinterließen. Von dem in Europa geliehenen Ka pital ist nur ein Teil zurückgezahlt; die Vereinigten Staaten bleiben eine Schuldnernatwn, und eine große Panik würde entstehen, wenn einmal die europäischen Gläubiger ihr« Dar lehen in größerem Umfange kündigten. Auf einen für die amerikanische Wirtschaftslage besonders bedenklichen Umstand hat neuerdings der Präsident der Großen Nord-Pacificbahn JameS I. Hill wiederholt auf merksam gemacht: Die Entwicklung der Verkehrsmittel hält bei weitem nicht Schritt mit der Steigerung der Produktion. Von 1895 bis 1905 nahm die Menge der zu bewegenden Fracht um 100 Prozent zu; in demselben Zeitraum mehrten sich indessen die Beförderungsgelegenheiten der Eisenbahnen nur um 20 Prozent. Damit die Bahnen den Verkehr ord nungsmäßig bewältigen könnten müßten ,"ach Hill- Schätzung im Lau^e der nächsten fünf Jahre 1100000000 Dollars jährlich für Verbesserungen aufgewandt werden. Tie Unzulänglichkeit der amerikanischen Bahnen kommt in den zahlreichen Unglücksfällen, die sich fortwährend ereignen, drastisch zum Ausdruck. Im Jahre 1905 wurden allein 9706 Personen aus der Eisenbahnfahrt getötet, 86006 verwundet. Fast alle Unfälle hätten sich vermeiden lassen. Sie waren meist darauf zurückzuführen, daß die Sicherheit-Vorschriften unberücksichtigt blieben, weil man mit „einer Lokomotive usw. eine doppelte Leistung erzielen" wollte. „Der Präsi dent redet von Nassenselbstmord", bemerkte ein Blatt neu lich, „weil nicht genug Kinder geboren werden, aber von denen, die geboren wurden und mit unendlichen Mühen auf erzogen wurden, haben wir den Eisenbahnen gestattet, innerhalb fünf Jahren 46 632 zu töten und 364 717 zu Krüppeln zu machen; da» ist mehr al» di« Hälfte einer Stadt wie San Francisco." Präsident Hill selbst äußerle vor einiger Zeit, er frage sich jedesmal, wenn er eine Eisen bahnfahrt unternehm«, ob eS wohl sein« letzt« sein wütt>el Auf eine interessante Möglichkeit, die mit der amerika nischen Wirtschaftslage -usamwenhängt, macht der Washing toner Korrespondent der Londoner „Morningpost" aufmerk sam. Wie würde eine wirtschaftliche Krise auf die Prä sidentenwahl im Jahre 1908 einwirken, wenn sie noch vor her eintreten sollte? DaS würde die Massen der Unzu- friedenen hinter das Banner BryanS oder gar Hearsts scharen. DaS bedeutet die größte Gefahr, die es für die republikanische Partei zu fürchten gibt. Wenn für da- Land barte Zeiten kommen, wenn ein Preissturz erfolgen und die Ernte schlecht auSfallen sollte — während der letzten zehn Jahre waren die Ernten durchweg ausgezeichnet, so daß auf Grund einer Durchschnittsrechnung jetzt wieder eine schlechte Ernte fällig wäre —, dann würde die herrschende Partei für daS Unglück verantwortlich gemacht werden. In dem Falle dürfte Bryan, oder wen die Demo kraten sonst aus den Schild erhöben, mit Sicherheit darauf rechnen, gewählt zu werden. Vie »eultche ZnrieOIungrarbest i» Oer vrtmaklr. Die Denkschrift über die Ausführung de» Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansied lungen in den Provinzen Wrstpreußen unv Posen, für da« Jahr 1096 ist dem preußischen Abgeordnetenhaus« rugegaogen. Ueber da- AnkaufSgeschäst wird darin au-gesührt: Da» Giittrangebot de» Jahre» 1906 hat gegenüber dem des Vorjahre» zwar der Stückzahl nach eine un bedeutende Steigerung aufzuweisen, bleibt aber hinter dem Güterangebote der Vorjahre hinsichtlich de- Flächenumfanges nicht unerheblich zurück. Im Jahre 1906 sind 368 Güter mit zusammen 102,464 kn Klächeninbalt (1905: 325 mit l 15,053 k») angeboten worden. Ebenio wie das der tteineren Güler ist auch daS Angebot bäuerlicher Grundstücke (unter lOO der) im Jahre 1906, selbst gegenüber dem starken An gebot de» Vorjahres, in besorgniserregender Weife weiter gestiegen. Insgesamt hat der AnstedlungSkommission im Jahre 1906 ein Landangebot von 130,259 da oder rund 23 Quadratmeileu neu Vorgelegen gegen 136,230 da 1905, 216,675 da 1904, 245,813 da 1903. ««gekauft wurden 1906: 21 Rittergüter, 50 teil» größere, einen selb ständige« Gut-bezirk bildenve, teil- kleinere Landgüter und 96 Bauernwirtschaften, nnv zwar säintlich im freien Grund- stück-verkehr, außerdem sind zwei Staatsdomänen gegen Ent schädigung übernommea worve«. Angekauft sind im ganzen 29 670 da für 42 214 000 (17 886 d» m, Regierungsbezirk Bromberg, 5836 da Marien werder, 5350 da Posen, 598 da Danzig). Bon d« an- gekauften Besitzungen sind 7 Güter — darunter zwei Rittergüter und 39 Bauernwirtschaften (3030 d« insgesamt) in polnischer Hand gewesen. Der dafür gezahlte Kaufpreis beträgt 5 037 000 Am Schlüsse de- Jahre» 1906 betrug d«r Landerwcrb der Kommission insgesamt 325 993 da, hiervon waren in deutscher Hand gewesen 221 150 da, in polnischer Hand 104 840 da. Der Durchschnittspreis im Jahre 1906 be trug für das Hektar bei Gütern 1383 hei Grund stücken 1451 -4, bei gesamtem Ankäufe 1184 -4k Diese Zahlen lassen eine zum Teil sprunghafte Steigerung der von der Ansiedlungskommission angelegten Grund erwerbspreise erkennen, die bei dem Wettbewerv de- natio nalen Gegners naturgemäß andauern wird. Trotz der hohen Preise konnte nicht verhindert werden, daß deutsche Güter zu noch höheren Preisen in polnische Händ- übergingen. Da» Ansiedlungsgeschäft bat sich iu befriedigender Weise weiter entwickelt. Im Berichtsjahre find 6786 AnstedluogS- gesuche eingegangc« (1905: 6429). E» sind 1622 RentengutS- verträge, 514 Pachtverträge und 185 Mietverträge abaeschloffen worden. Der Gesamtzuwach» an der Zahl der Ansiedler- familieu beträgt 1748 gegen 1546 im Vorjahre. D,e Finanzlage de» Anstedluaasfouds ist folgende: Gesamtausgaben (1886 bi» Ende 1906) 444 Millionen, Gesamteinnahmen für den gleiche« Zeitraum 107 Millionen, reine Ausgaben mithin 337 Millionen Mark. veulrcbes Keicb. Leipzig, 27. Februar. " Etatsüberschreituugeu. Dem Reichstage ist «ine Nach- Weisung der durch den ReichShauShaltSetat für 1906 er folgten und der im Entwurf« zum Reichshaushallsetat für 1907 vorgeschlagenen Erhöhungen solcher Titel »u fort dauernden Ausgaben, bei denen im Rechnungsjahre 1905 Ueberschreitungen vorgekommen sind, zugegangen. Bon einigen interessanten Titeln aeben wir die für 1907 vor-e» schlagene Erhöhung wieder: Für Kurierkosten de» Auswär tigen Amtes 7000 ^l, für bessere Erleuchtung und Erwär mung der Kasernen 83 747 für bessere Beköstigung der Zöalrnge an llnteroffizierschulen 5776 für Erhöhung der Geldverpflegung der Marineteile (Fach- und Seefahr- zulagenj 803 500 ^l, für Unterhaltung ve» Marineartillerie inventar» 200000 ^l, zu Schießübungen der Marine auf hoher See 400 000 ^l, für Jnvalidenpensionen 2045 000 F, für Hilfsarbeiter bei den Postämtern 8 960 000 für Unterbeamte im Postdienste 8 500 000 ^ll, für Entschädi gungen der Landbriesträger für Bestellung schwerer Pakete 85 000 für Aufbesserung der Gehälter der Eisen^hn- beamten 1808500 ^l. Demgegenüber stehen auch einige interessante Ersparnisse. So sind die Prägekosten für da» Reichsschatzamt um 105 000 herabgesetzt wordem und der Rechnungshof, als oberste Prüfungsstelle aller Ausgaben, geht mit gutem Beispiele voran und will im Jahre 1907 30 500 für Hilfsarbeiter und GeschäftSbedürfoisse aller Art sparen. tv. Pnrlameutartfche Nachrichten. Seiten- der Reichs partei sind im Reichstage folgende Initiativanträge eingebracht worden: v. Drrkseo, v. Liebert, Linz: Dir verbündeten Regierungen zu ersuchen, durch einen Nachtrags etat die Mittel an,»fordern, um die Gebälter der untere« und mittleren Reichsbeamtrn den bentigen Prei-verhältnissen entsprechend zu erhöhen oder ihnen wenigsten» vorläufig eine der gegenwärtige» Verteuerung der Lebenshaltung entsprechende Zulage zu gewähren; v. Dirtsen: einen Gesetzentwurf vorzulegeu, welcher 1) da» Rechl zur Anleitung von Lehrlingen nur solchen Handwerkern gewährt, vie zur Führung de» Meistertitel- be rechtigt sino; 2- bei Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen die geprüften Meister bevorzugt; 3) ber beschränk ten Submissionen nur solche Bewerber znzieht, die zur Füh rung de» Meistertitel- berechtigt sind. v. Dirks en: Dre verbündeten Regierungen zu ersuchen, 1) daS Gesetz zur Be kämpfung de» unlauteren Wettbewerbe» dahin ab,»ändern, daß die Ausverkäufe aller Art geregelt werden, der Nachschub von Waren bei Ausverkäufen verboten, die festznsetzend« Höchstdauer von Ausverkäufen begrenzt, die strafrechtliche Ver folgung unwahrer Ausverkäufe feiten- der Staatsanwaltjchaft auf Antrag vorgesehen wird, 2) darauf hinzuwirken, daß die Begünstigungen aller Warenhäuser, Kasinos, Konsumvereine und Produktion? genossenschastea beseitigt werden, 3) daß da» Submitsi»aSwe>en gesetzlich geregelt wird. Dr. Arendt: Die verbündete« Regierungen zu ersuchen, die zum Militär dienst nicht heraugezogenen Wehrpflichtige« für die Zeitdauer, während welcher sie ihrer Dienstpflicht im stehenden Heere unv in der Reserve hätte» genügen müssen, zu einer nach ihrem Einkommen abgestusten Wehrsteuer heranzu,jeden mir der Maßgabe, daß die Erträge dieser Steuer ausschließlich für die Versorgung der Invalide» und Veteranen bezw. für deren Hinterbliebene und zur Verstärkung des Reichsiuvattdrn- sonds zu verwenden sind. Die Adgg. Speck «ad Ge nossen (Ztr.) haben im Reichstage den Antrag eingebracht, den Herrn ReichStauzler zu ersuche«, dem Reichstage alsbald eine Vorlage zu machen, welche für grögere Mühlen zum Schutz« der kleinen uno mittlere« unabhängig von der einzel staatlichen Besteuerung eme Reich-stcuer einführt, die da jährliche VermahlungSquantum Mit einer steigenden Abgabe belegt. * Der masurische Kanal. Der ostpreußische Provinzial landtag hat in seiner gestrigen Sitzung, au ber außer den, Siaatskoinmissar Oberpräsident v. Moltke, Prinz Friedlich Wilhelm von Preußen, sowie Vertreter de» Landwirl- ichastSministerium», de- Ministerium» der öffentlichen Arbeiten und dr- Finanzministerium» teilnabmen, in Sachen de« masurrschen Kanals einen Antrag angenommen, nach dem der Landtag unter der Bedingung, daß die erst« Baurat« für da» Karralprojekt vom 17. November 1906 in den Staatshaushalt««»»! für 1908 eingestellt werden soll und m der Annahme, daß sowohl beim Ban de- Kanal, al» auch bei der Anlage und Benutzung der im Serugrbiek projektierten Schleusen dafür Sorg« getrageu wird, daß «in« Schädigung der unterhalb am Pregel und dem Deine-Flnß gelegene» W'esendesitze ausgeschlossen ist, beschlossen, zur Leistuug der Berlräg« von zusammen 400 000 ^- «in« Anleihe zu diese« Beira- bei dm Pr»»i-tlalbizs-1«ff« »'s, Pr»z»
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