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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190703039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070303
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070303
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
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BezuqS-PreiS für Leipzig and Vororte: I» der Havpb- Expedition oder deren Ausgabestellen ab- geholt monatlich: Ausgabe L (1 mal täglich) 70 Pf.. AllSgab« ö mal täglich) SO Psi. bet Znstellnng in» Hau» Ausgabe L 80 Pf., Ausgabe ö 1 Mark. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal täglich)tnnerhalb Deutschland monatlich 1 Mark au-schl. Bestellgebühren, für Oeslrrrrtch-Ungarn dL4dk vierteljährlich, die übrigen Länder laut AeitungSpreiSliste. Diese Stummer kostet auf Z4b allen vahnhbfen und bet III ^1 de« Zeitung».Verkäufer, KV f A-Pnttton «»» Vrpedttion: JohauutSgass» 8. Telephon «r. 1L4 Nr. LAH R«. 117L verltner NrSattionS-Bnre««: Berlin AV. 7, Prinz LouiZ Ferdinand- Straße 1. TÄepho» I, Nr. S27L. Morgen Ausgabe 8. KipMer TaMalt Handelszeitung. Htitlslisait des Nates und des Valizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. K2. Sonntag 3. März 1907. Slnzelqen.Prel- -ie 6gespaltene Petttzetle für Geschäft»- Inserate aus Leipzig and Umgebung Lü Pf, Familien-, Kohnuaa--». Gtellea-Aazetgen, sowie Au- und Verkäufe >0 Pf, finaaitüla Anzeige» SO Pf, für Inserat« von auSwärtS SO Pf. Reklame» 7ü Pf, auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend eztl. Postgebühr. GrschäftSanzeigen au bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarik. Für Inserate vom AuSlande belonderer Tarif. Ln»eig»a.«»nahm«r AuUNftuSPlatz 8, bei sämtlichen Filialen ». allen Anuonren- Arpeditionen des In- uud Au-lanoeS. für da» Erscheinen an bestimmten Lagen u. Plätzen wird kein« Garantie übernommen. FesterteiUe Aufträge ttznneu »icht z»räck- »ezogen werd«». H-tt-k-Nttake Verl in: LarlDuncker, HerzgsiBayrHofbuchha«dlg„ Lützvwstraß« 10 (Tel. VI. 4608). Filial-irrvetztttomDreStzea.M-rienstr.Al. 1V1. Jahrgang. vsr llilcdllgUt vom ksgr. * Der Kaiser empfing gestern mittag den Nordpolfahrer Amundsen und verlieh ihm den Kronenorden 1. Klasse. * Der nationalliberale Landesverein für das Königreich Sachsen wird seine FrühjahrS- tagung am 17. März in Dresden abhalten. Für die Hauptversammlung hat Herr Reichstagsabge ordneter Bassermann einen Vortrag über „die poli tische Lage" zugesagt. Im Anschluß an die Hauptversamm lung wird der Landesausschuß zusammentreten. * Die gestrigen Reichstagsverhandlungen brachten außer Reden von Sch adler und Goth ein einige bemerkenswerte Ausführungen des Staatssekretärs Grafen Posadowsky. (S. d. bes. Art. u. Parla- mentsber, 2. Beilage.) * Die Braunschweiger Landesversamm lung (Landtag) ist auf den 12. März ein beruf en worden. (S. Leitart.) * In Rücksicht auf die mecklenburgische Ver fassungsfrage hat die Ritterschaft beider Groß herzogtümer eine gemeinsame Konferenz auf die Ostertage nach Malchin einberufen, in der die Stel lungnahme der Ritterschaft zu der beabsich tigten Umwandlung der Landständeordnung in eine Verfassung präzisiert werden soll. * Kolonialdirektor Dernburg hielt beim Liebesmahl des Ost asiatischen Vereins in Hamburg eine Rede, in der er unsere Kolonien vom kaufmännischen Standpunkte aus beleuchtete. (S. Letzte Dep.) * Baron Bnthery, Mitglied des Reichsrates, wurde in Esthland ermordet. (S. Ausl.) Sie Aell — die vkaunrchmig! Die Entscheidung des Bundesrats in der braunschweigischen Thronsolgesrage ist ausgefallen, wie es zu erwarten war. DaS ist an sich schon nach unserer Ausfassung erfreulich, wird eS aber noch in höherem Maße durch die Feststellung, daß die Abstimmung die volle Einigkeit aller Bundesstaaten gegenüber den Ansprüchen des Hauses Cumberland ergeben hat. Nicht so ist da- zu verstehen, als ob im Bundesrat nicht eine Mebrheit für die Zulassung der jüngeren welfischen Linie zum Thron Braunschweig denkbar gewesen wäre, wenn ein unzweideutiger Verzicht sämtlicher Mitglieder des Hauses oorauSgegangen wäre. Es darf vielmehr heute als ziemlich sicher gelten, daß Preußen selbst unter dieser Bedingung dem Regierungsantritt de- Herzogs oder eines seiner Söhne keine Schwierigkeiten bereitet hätte. Und aus bester Kenntnis der Landesverhältnisse heraus kann nur hier wiederholt werden, daß eine solche Lösung der Frage für alle beteiligten Faktoren das Beste gewesen wäre. Für Preußen, das Ruhe in seine Provinz Hannover bekommen hätte, für Braunschweig, das au- dem ewigen Provisorium herauSgekommen wäre, und nicht zuletzt sür das HauS Cumberland selbst. Die Gründe, die für Preußens Geneigtheit sprechen, solcher Lösung zuzu stimmen, sind neuerdings um einen sehr gewichtigen vermehrt worden. „AuS den Briesen Rudolf» von Bennigsen" ver öffentlicht Hermann Onckeu im letzten Heft der „Deutschen Revue" eine Denkschrift, die Bennigsen im Juni 1878 für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm in der hannoverschen und braunschweigischen Frage verfaßt bat. Der Kronprinz war damals Stellvertreter des von Nobiling verwundeten Kaiser- Wilhelm, und König Georg V. von Hannover war gerade gestorben, was den Anlaß zu dem Wunsche de» Kron prinzen gab. Die heute noch praktisch wichtigst« Stelle der Denkschrift besagt: „Die Sukzession in Braunschweig ohne einen förmlichen Verzicht in Hannover würde politisch äußerst gefährlich in der Provinz wirken, der Agitation für die Wieder herstellung der welfischen Regierung einen festen Mittelpunkt und eine außerordentliche Ausdehnung geben und für unab sehbare Zeit die Provinz nicht zur Ruh« kommen lasten." Sollte der Herzog von Cumberland aber zum Verzicht bereit sein, so hält Bennigsen eiu Regiment der jüngeren Welfeu- linte in Braunschweig für unbedenklich. Dieser Ansicht eines der beste» Kenner der hannoverschen Verhältnisse und de» niedersächsischen Volkscharakters sind wir von Anfang an gewesen. Und, wa- wichtiger ist, auch der Kronprinz uud spätere Kaiser Friedrich ließ Bennigsen durch Herr» v. Norman» sagen, er billige den Standpunkt Bennigsen vollkommeu. Nun darf man «»nehmen, daß Kaiser Wilhelm II. i» dieser Frage-keiner anderen Meinung ist, al- e- sein Vater war. Da- läßt sich schon darau- vermute», daß sehr bald »ach seinem Regierungs antritt, im Jahre 1892, die Aufhebung de- Sequester- über da- welfische vermögen erfolgte, uud daß später wiederholt di« Möglichkeit einer Versöhnung zwischen den Häusern Hohen,ollern and Welf durch die Herstellung nächster ver wandtschaftlicher Beziehungen geplant worden ist. Wenn man dazu bedenkt, daß in jüngster Zeit solche B.- ziehang«», ve«a auch etwa- entfernteren Grade-, über Karls ruhe rmd Schwerin hergestellt worden sind, s» hat Wohl die Annahme einigen Grund, daß dem Hause Welf der Zugang zum braunschweigischen Throne offen gestanden hätte, weun ein rückhaltloser, umfassender Verzicht auf Hannover voraus- gegangen wäre. Kurz vor der bnndrSrätlichen Entscheidung gab es ein Intermezzo, das für die Stimmung im Land« Braunschweig und auch sonst noch beachtenswert ist — wenn man nämlich vie näheren Umstände kennt, die bisher in der Oeffentlichkeit nicht erörtert worden sind. Die drei braunschweigischen ReichStagSabgeordneten, von deuen nur einer, Herr v. Damm (nationaler) Welse ist, haben bekanntlich in einer Eingabe an den Deutschen Kaiser u. A. auch die Bitte ausgesprochen, in Audienz empfangen zu werden. Diese Eingabe ist den Herren merkwürdiger Weise von einigen Leuten verübelt worden, so von einem Harzburger Geheimen Baurat Schneider, der einen sehr unhöflichen und sehr anmaßenden öffentlichen Brief an Herrn von Damm wegen der Eingabe gerichtet hat. Herr Schneider sand das Vorgehen der drei Ab geordneten „lächerlich". Der höflichere Herr v. Damm hat darauf erwidert, mit dieser Ansicht werde Herr Schneider wohl reckt vereinzelt dastehrn. Und dann schreibt der Abgeordnete weiter: „Es wurde von uns (und zwar nicht nur von den welfischen Parteien) geradezu verlangt, daß wir in der braunschweigischen Sache nicht ganz untätig bleiben sollten." Das können wir bestätigen. Ueber- haupt spricht ja der Umstand, daß die drei bürgerlichen Ab geordneten Braunschweigs den Schritt zusammen unter nommen haben, doch deutlich genug dafür, daß hier keine spezifisch welfische Aktion, sondern eine braunschweigische geplant war. Aber wir können roch mehr mitteilen. Der Umstand, daß die Herren sich an die böchste Instanz gewandt haben und nicht etwa an den Herrn Reichskanzler, braucht ja an sich keine Erklärung. Denn schließlich ist es das Recht jedes deulscken Reichsangehörigen, sich an den Kaiser zu wenden. Auch von Spekulation, auf autokratische Neigungen kann gar keine Rede sein, denn der König von Preuße.,' hat das verfassungsmäßige Recht, die preußischen Stimmen im Bundesrat nach eigenem Gutdünken abgcben zu lassen. Aber es lag außerdem für die Abgeordneten »och ein absolut durchschlagender Grund vor, weshalb sie sich an den Kaiser uud nicht an den Kanzler wandten. — Fürst Bülow hatte eS nämlich abgelebnt, die bürgerlichen braunschweigischen Abgeordneten des aufgelösten Reichstags, den Nationalliberalen v. Kaufmann und v. Damm, wegen der Angelegenheit zu empfangen. Wenn die Herren also überhaupt etwas unter nehmen wollten, blieb ihnen gar nicht» anderes übrig, als sich an den Kaiser zu weuvea. AuS diesem ja ziemlich belanglos scheinenden Zwischen spiel geht aber doch manches Lehrreiche hervor. Und das Wichtigste davon ist die überraschende Intensität der Erregung in Braunschweig. Auch die Nichtwelfen wollen in der Er kenntnis der Unhaltbarkeil der jetzigen Zustände von neuen Regentschaften nicht viel mehr wissen und hätten am liebsten einen Welsensproß in Braunschweig einziehen sehen — Ware e» auch auS keinem anderen Grunde, als um endlich Rübe zu bekommen. Man weiß in Braun schweig recht gut, daß alle Versucke, mit Umgehung des Herzogs von Cumberland rin Definitivum zu er reichen, die Erregung im Lande nur noch gesteigert und zwei völlig getrennte Lager geschaffen hätte. Dies ist der letzte Grund, weshalb Regierung und Landtag so sehr daran lag, die Frage nochmals vor den Bundesrat zu bringen, ob wohl der Teilverzicht des Hause» Cumberland mit früheren Beschlüssen dieser Landesinstanzen nicht in Harmonie zu bringen war. Jedenfalls ist nunmehr d«r eine Einwand entkräftet, daß nicht alle» denkbar Mögliche getan sei, um die Rechte der Welfe» z« wahre». Und da» bedeutet, daß wieder «in Stein auS dem Wege zum Definitivum geräumt ist. Denn die endgültige Regelung muß nun erst recht da» Ziel aller Ver ständigen sei». Da» einfachste uud sicherste Mittel, mit einem solche» Definitivum die Gemüter z» beruhigen, wäre der Verzicht auf die monarchische Staat-form, deren bester Teil doch in der Traditio» liegt. Und gerade die heute rührigste» politische» Schichten, die welfisch gesinnte», würden sich viel eher mit einer republikanische» Verfassung al» mit einer fremden Dynastie auSföhaen. Die Leute sageo nicht ohne Logik: Wenn nicht den „angestammten" Herrscher, dann lieber gar keinen. Und da der „Angestammte" nicht will uud da» Wohl de- Bundesstaates Braunschweig schließlich wichtiger ist al» da- de« Herzog« von Cumberla»d, so wäre es bei» übler Witz der Geschichte, wen» die Welfen d«rch ihre eigene» Parteigänger Braunschweig endgültig verlören. Har -em steickrtsg. (Telograpchi scher Bericht.) Die EtotSreden deS Reickstage» sind nunmehr, am achten Sitzungstage. glücklich auf dem Ouer«ll«»»iveou angelangt. Zehnmal Gesagte- wird zum elften Male wiederholt» so daß es nicht mehr lohnt, ein« chronol»gische Besprechung der Reden vorzunehmen. Nur einzelne Punkt« kSnuea hervvr- gehoben werden, »nd alle haben gemei», daß sie mit de» Reich-etvt nicht» gemein haben §wrr Schädle», der manchmal recht amüsant zu plander» weiß, »»bei der risch« Ton freilich das beste an der Zentrumsmusik ist, war in der Samstogsstimmung eifrig bemüht, ungeheuer spaßhaft zu sein. Sein Schlager war die Variation: Mutter, der Mann mit der Mappe ist da. Nämlich der Reichskanzler mit der Auflösungsmappe am 13. Dezember 1906. Womit der Inhalt seiner Rede ungefähr ksi dem Maße erschöpft sein dürfte, wie der gepeinigte Hörer. Herr Gothein po- lemisiertc recht geschickt gegen das Zentrum und versuchte, es zur Logik zu bekehren. Wenn es die Wahlagitation der Geistlichen dulde, müsse es doch auch die von Gröber be dauerte oder gerügte Stichwablerklärung der Bischöfe in den Kauf nehmen. Indessen ist ultramontane Logik bekanntlich ein Pendant zur katholischen Wissenschaft. Also war G o t h e i n s Demonstration ein Versuch am untauglichen Objekt. Die weiteren Ausführungen des Redners gaben dem Grafen Posaüowsky Veranlassung, in Vertretung des Kanzlers zu sprechen. Zunächst wies er die Befürchtungen wegen einer Aenderung des Neickstagswahlrechts zurück und flocht dabei nach seiner Art instruktive Erörterungen all gemeiner Natur ein. Memoirenschreiber hätten, in ihren Memoiren nämlich, gewöhnlich alles vorher gewußt. Nur habe man nicht auf sie gehört. Und die Beweiskraft solcher Aufzeichnungen sei nicht immer durchschlagend. Zum Bei spiel bezweifle er, ob Miguel sich zum Fürsten Hohenlohe gegen das Ncichstagswahlrecht ausgesprochen habe. Bei der großen Versalität des Miquelschen Geistes könne er wohl eine solche Frage durchgedacht und nach allen Seiten erörtert haben. Tamit sei aber noch lange nicht gesagt, daß Miquel bereit gewesen sei, eine solche Verfassungsänderung vor dem Parlament zu vertreten. Tann benutzte Graf Posadowsky die Gelegenheit, um sich gegen eine merkwürdige Auffassung seiner jüngsten Rede über die Vorgänge bei der Reichstags auflösung zu verteidigen. Ter stets temperierten, stets in Zucht gehaltenen Ausdrucksweise des Staatssekretärs, seinen streng sachlichen Gedankengängen scheinen manche Leute wie einer Sphinx gegenüberzustehen. Das sind dieselben Leute, die stets bereit sind, dem politischen Feuilletonisten den Lor beer zu reichen. Es gibt freilich auch Leute, die suchen und finden, die sich naiv stellen und ihrer Abneigung gegen den Sozialreformer Posadowsky auf diese Weise Ausdruck geben. ^Neuerdings soll absolut ein Gegensatz zwischen Posadowsky M7id Bülow aus der Rede Posaoowskvs berauszu- *>ren gewesen > sein. Wer di- Art des 'Staats sekretärs zu sprechen kennt, kann unmöglich diese Auf fassung teilen. Ter Graf hat vielmehr nur fach- und pflicht gemäß die Verantwortung des Kanzlers für die Auflösung bervorgehoben. Bei dem günstigen Ausgang der Wahlen verdient diese bescheidene Zurückhaltung unseres Erachtens sogar Lob, abgesehen davon, daß verfassungsgemäß tatsächlich nur der Reichskanzler verantwortlich ist, der Staatssekretär aber nicht. Und nun geht die Wortklauberei so weit, dem Grafen Posadowsky vorzuwersen, er habe die Verantwortung des Bundesrates bei der Auflösung ausgeschaltct und alles dem Kanzler ausgehalst. Natürlich hat nach der Verfassung der Bundesrat über die Auflösung zu beschließen. Aber da mit wird doch die Verantwortung des die Auflösung empfehlenden Kanzlers nicht aus der Welt geschafft. Dies eine Probe der Rabulistik, mit der sich übereifrige Ver fassungswächter und heimliche Ministerstürzer abplagen. Ten Schluß der Samstagssitzung bildete eine endlose Reihe von persönlichen Bemerkungen, bei denen auf den Tribünen ein reger Gedankenaustausch über präsidiale Technik stattfand. Im Zeitalter der Entwicklungslehre braucht man ja aber den Mut noch nicht sinken zu lassen. vir recdttukrigr klbetalbabn «na sie Zcvilladttrabgabrn. (Eigener Drahtbericht.) Dresden, 2. März. In dem Streit um die Frage der Einführung von Schiffahrt«-- abgabeu auf den freien Biunenwasserstraßen sind preußischer- seitS schon verschiedentlich Gründe so eigener Art vor gebracht worden, daß man sich auf diesem Gebiete eigentlich über nichts mehr wundern sollte. Di« letzte Aeußerung der „Kreuzzeitung" darf aber von sächsischer Seite nicht unwiversproche» bleibe», da das genannte Blatt allen Ernstes in einem Artikel: „Nochmals Schifsahrt-abgabe." die Behauptung aufstellt, daß Sachsen auf preußische Interessen nie genug Rück sichten genommen habe. Zum Beweise hierfür wird die Frage der rechtsufrigen Elbetalbahn ins Feld ge führt. Nach einer angeblich au» Dresden stammenden Zu schrift soll die Notwendigkeit für den Bau der rechtsufrigen Elbetalbahn (Tetschen-DreSde») von Tag zu Tag mehr her- vortreteu, da die linke Elbuferbabn (Bodenbach-DreSden) den Verkehr nur noch mit Hilfe kostspieliger Weichenanlagen in der sächsischen Schweiz, der der Entlastung dienenden Bahn Pirua-ArnSdorf und eine- vierten Gleise« von Pirna nach Dresden bewältigen könne. Diese von Anfang bi- z» Ende unrichtigen Behauptungen werden heute in einer dem „Dre-da. Anzeiger" von sachverständiger Seite zuge- gangeae» Darstellung gründlich aä adsuräum geführt. Es heißt da zum ersten: Die zweigleisige Hauptbahn Bvdenbach-DreSdea genügt vollständig, nm den ihr zufalleudra Verkehr zu bewältigen, selbst wen» er eine weitere erhebliche Steigeruug erfahren sollt«. Die „kostspieligen Weichenanlagen in der sächsischen Schweiz" bestehe» lediglich l» einer Raagierstatio» in Krippen bei Schandau, die den Zweck hat, die von Oesterreich m Bodenbach »ad Mittelgrund übernommenen Züge nach den eiazelneu Richtungen zu ordnen »ud ferner i» zwei UeberholungSgleisen bei Rathen, die bestimmt sind, die langsame^ fahreadea Güterzüge durch die Personenzüge überhole» zu lass:?.. Dies« kostspielige« Weichen- »»!«-,» habe» prsamme» etwa 420 000 Herstellungs kosten verursacht, eine Summe, die gegenüber de« Anlage kapital« der Bodenbach-Dresdner Li»ie von 42 000 000 verschwindend klein ist. .... Die Erwähnung der Linie Pirna-NrnSdorf wird sächsischen Lesern nur ein mildes Lächel» entlvcken, denn diese wissen, daß sie dem nach der Kamenzer uud Gör- litzter Linie bestimmten Verkehr dient. Die meisten unter ihnen werden auch wisse», daß der viergleiflze Ausbau der Strecke Pirna-DreSden erfolgt, um die Güterzüge mit Rücksicht aus den starke» Vorortverkehr auf «in besonderes Gleis zu verweise», wie das i» der Näh« aller großen Städte im Laufe der Zeit erforderlich werde» wird. Die Behauptung deS Gewährsmannes der „Kreuzzeituug", daß der Dresdner Hauptbahnhos binnen kurzem für de» Verkehr nicht mehr ausreichen werde, ist ebensowenig er»ß zu nehme», interessant wäre eS jedoch, von dem Berliner Blatt zu erfahren, wie die rechte Elbuferbah», durch Loschwitz an den AlbrechtSschlöffern vorbei uud durch di» Neustadt direkt nach dem Neustadter Bahnhof geleitet werden soll. DeS Pudels Kern ist jedoch die ungeheuerliche Behauptung, daß das Fehlen der rechten Elbuferbah» eine schwere Schädigung der preußischen Eiseubahu- interessen enthalte, weil die großen böhmische» KohlentranSpote und andere Gütermafsen, die auf dem Umschlagplatz Laube bei Tetschen zu Schiff gebracht werden, nicht nur den sächsischen Staat-bahnen, sonder» auch den preußischen, und zwar deu letzteren auf ungleich längeren Strecken entzöge» würden. Der Verfasser dieser Zuschrift muß die sächsisch - böhmische» Ber- kebrSverhällnisse wenig kennen, weun er bei der Behandlung einer solchen Frage daS Bestehen der direkte« Eisenbahnverbindung zwischen Telsche« und der sächsischen Staatsbahn einfach außer acht läßt, obwohl gerade diese Verbindung e» ermöglicht, daß die auf dem rechten Elbufer mit den österreichischen Eisenbahne» ao- kommenden Güter auf der Eisenbahn weiter laufe», was ia vielen Fällen ja auch geschieht. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß der Umschlag der große» Mengen von Massengüter» auf die Elbe der Laube einzig «nd allein deshalb erfolgt, weil durch die Benutzung de« billigen Wasserweges große Ersparnisse a» Transport kosten erzielt werden können. Daran würde auch der Bau der erwähnten rechtsufrigen Elbetalbahn, auch der Ban vou sechs neuen Bahnen nichts ändern, so lange nicht die Eisen* bahnfracht billiger und der Wasserweg teurer wird, und hier gelangt man ganz von selbst zu einer höchst interessanten Schlußfolgerung. Kein vernünftiger Mensch rechnet heutzutage mit einer ernstlichen Verbilligung der Eisenbabnfrachten, die dazu führen könnte, den Wasser wegen Massenfrachten zu entziehen. Weit «her könnte der Fall eintreten, daß der Wasserweg ungeheuer verteuert uud dadurch weniger konkurrenzfähig gemacht wird. Die Ein führung von SchiffabrtSabgaben wäre ein Schritt auf dieser Bahn! Und wenn mau preußischerseits an sängt, die Schävigung der Bahnen durch den Frachtverkehr aus der Elbe zu betonen, so werden die Gegner Preußens in dieser Angelegenheit gar bald den Schluß daraus ziehen, daß eS sich bei der Erhebung von Schiff- sahrtsabgaben weniger um Wiedereinbringung der im Inter esse der Schiffahrt aufgewendeten Gelder handelt als um eine planmäßige Verteuerung de» Wasserwege» zugunsten de« preußischen EisenbaknfiökuS. Nun Haden wir zwar im Zeit alter des Verkehrs auf diesem Gebiete schon manches erlebt, aber eine willkürliche Auslegung der ReichSverfassuug zu solchem Zwecke wäre doch neu. Vie frau alr Urbeiteri». In den beiden letzten Tagen hat in Berlin die „Erste deutsche Konferenz zur Förderung der A r b e i t c r i n n c n - I n 1 e r e i j e n" stattgefunden. Tie Einberufung und Leitung dieser Konserenz ging nicht von der sozialistischen Bewegung auS, sondern von den Führerin- nen der bürgerlichen Frauenbewegung Ter Gedanke war der, eine Konferenz zu schaffen, auf der alle Freunde und Förderer der Arbeitcrinnenvewcgung, gleichviel wc.clci olitischen und konfessionellen Richtung, sich zusammcnsruLen ollten, um in gemeinsamer Beratung möglichst zu geme.n- amen Forderungen an die Gcscygebung zu gelangen. Tiefer Gedanke ist denn auch mit einem beachtenswerten Erfolg in diesen Tagen realisiert worden. Am Freitag einigten sich die verschiedenen Organisationen nach eingehender Debatte über „Prinzipien" und „Weltanschauungen" auf ein Pro gramm, das man nunmehr wohl mit Fug und Recht ai« die ersten Forderungen der'gesamten deutschen Frauen- und Arbeiterinnenbcwegung — von ganz extremen Elementen vielleicht abgesehen — bezeichnen darf. Diese in Form einer Resolution angenommenen Forderungen lauten: „Als demnächstige praktische Forderungen zur Hebung der Lohnloge und Lebenshaltung der Arbeiterinnen fordert die Konferenz: 1) Staatshilfe. a. Kürzung der Arbeitszeit. Zunächst den Zehnstundentaa. d. Erweiterung deS Schwangeren- und Wöchnerinnenschutzes mit entsprechend ausgedehnter Krankenkassennnterstützung. o. Schutz der Arbeiterinnen in Hausindustrie und Heimarbeit. 2) Selbsthilfe. Die Konferenz tritt sür die aewerk- schastliche und genossenschaftliche Organisation der Frauen ein. n. Al- Vorbedingung der Selbsthilfe fordert die Kon ferenz vom Staate die Gewährung und Sicherung der Koalitionsfreiheit, b. Zur Förderung der Selbsthilfe ver- langt di« Konferenz die gesetzliche Regelung de- Tarifver trages. s) Vorbildung. Die Konferenz bält e- ferner für nötig, den Mädchen, ganz unabhängig davon, ob sie vorüber gehend oder dauernd beruflich tätig sind, eine den Anforde rungen de- Berufsleben- entsprechende, der männlichen gleichwertige Vorbildung zu gewähren. Auf diesem Wege kau» erreicht werde», daß bi« Arbeiterin nickt «ebr a»f
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