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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.03.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190703244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070324
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070324
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-24
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Aineiqeir-PreiS Mvrgen-Airsgabev. Arz«q--PrtlS npMtrTaFMM Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -es Nalizeiamtes -er Lta-1 Leipzig Ivl. Jahrgang. Sonntag 24. März 1907. keit de» jetzigen Landesherrn gewirkt. Gerade in Mecklen- > bürg, wo altgefestigte Verhältnisse sich am allersprödesten von jeher gegen persönliche Absichten deö Landesherrn, so weit sie nicht durch die Tradition geheiligt waren, zeigten, war eS schwer, der Träger des obersten Willens zu sein. Tie Krank heit seines Bruders, sein jahrelanger Aufenthalt im Aus lande, die nicht gerade allerengsten Beziehungen der Groß herzogin Anastasia zu Land und Volk des Großherzogtums, batten eine Lage geschaffen, die besonders schwierig war. Ter Herzog-Regent sand daher aus Schritt und Tritt Hindernisse, welche einem anderen wohl leicht entmutigt hätten, aber daS starke dynastische Gefühl in ihm, dos Bewußtsein, dem jugendlichen Neffen daS Erbe ungeschmälert erhalten und ihm die schlimmsten Steine aus dem Wege räumen zu muffen, ließ ihn über jede persönliche Unannehmlichkeit hin- wegsehen und gab ihm jene unverdrossene Arbeitskraft, welche noch heute an ihm geschätzt wird. Johann Albrecht zu Mecklenburg ist ein durch und durch gerechter Fürst, der auch für den letzten seiner Untertanen, für die kleinste Bitte und Anregung stets ein offenes Ohr hatte. Noch heute den ken Tausende im Grobherzogtum mit Freude und Genug tuung an die Zeit, wo ei» frischer Hauch in das öffentliche Leben durch den Regenten kam, wo er überall im Lande selbst zum Rechten sah und keiner Meinung, mochte sie ihm auch nicht genehm sein, den Zutritt zu ihm verwehrte. Wenn man bedenkt, daß der Herzog als Mensch einer der liebens würdigsten und aufrichtigsten Männer ist, denen man be gegnen kann, io versteht man es, ^aß es sehr viele Mecklen burger gibt, die ibn noch heute als maßgebende Kraft im staatlichen Leben vermissen. Seither hat er sich im politischen Leben an der Spitze der deutschen Kolonialgesellschast gezeigt, und wenn diese im Reiche eine Nolle spielt, so ist daS in erster Linie der Per- son ihre» Präsidenten zu verdanken. Weder Ehrgeiz noch Vorteil haben ihn dazu bestimmt, den leitenden Posten in der deutschen Kolonialgesellschaft zu bekleiden, ein gerütteltes Maß kleiner und großer Arbeir wurde ihm in den Schoß geschüttet, und der Grandseigneur, der «in sehr ri-hige- Da- sein führen könnte, muß sich seither Tag für Tag mit tausend Tingen beschäftigen, welche nicht immer zn den leichtesten und angenehmsten gehören. Wenn man noch dem Beweg gründe fragt, der ihn an die Spitze der Kolonialgesellschast führte, so ist es die stark ausgeprägte nationale Seite seines Charakters. Er hat nicht eine Spur von PartikularismuS an sich, er ist Reichsdeutscher par exzellenze. Wenn man Gelegenheit gehabt hat, mit ihm über die Sorgen und Fra gen des nationalen Lebens zu sprechen, so wird man sich gern besinnen, mit welcher Wärme er den streng deutschen Standpunkt vertritt. Sein letzter Gedanke bei aller poli tischen Arbeit ist stets der an die Größe und Ehre des ge meinsamen deutschen Vaterlande», und auch seine Kolonial- arbeit dient lediglich diesem Ziel. Wenn man von dem Präsidenten einer politischen Kör perschaft auf den Regenten eines Bundesstaates exemplifi zieren darf, so bringt Herzog Johann Albrecht zur Braun schweiger Wahl Empfehlungen mit sich, wie sie kaum ein anderer ausweisen wird. Arbeitsamkeit, unermüdlicher Fleiß, ist die Signatur seines täglichen Lebens. Er ist freundlich auch zu dem Geringsten derer, welche ihm nahen, er legt nichts an den Tag, das den einfachen Bürger von ihm, dem Sprossen des uralten Obotritengeschlechtrs, trennen müßte. Er besitzt die Gobe echter Leutseligkeit. Tas ist bei ihm nicht Effekthascherei, augenblickliche Anwandlung, sich popu lär zu machen, sondern das Ergebnis einer umfassenden Bil dung, welche jede Arbeit gleich der eigenen würdigt. Er versteht es, neben dem eigenen Urteil auch einer anderen Meinung Platz zu gönnen und selbst den Schüchternen zu ermutigen: er weiß mit dem Gelehrten und dem Kaufmann, dem Industriellen und dem Offizier gleich geschickt umzu gehen und im Zusammenprall der Meinungen stets die Ruhe und den überlegenen Blick zu bewahren, welche nicht nur den Präsidenten einer Gesellschaft, sondern auch den Fürsten eine» Staates machen. Von der Tragweite der Wahl des Mecklenburger Herzogs für daS politische Leben Braunschweig» sehen wir heute ad. Aber die Frage, ob der Herzog al» Mensch und Politiker die nötige Befähigung für einen so einflußreichen Posten unseres Reichsleben» mitbringen würde, haben vir mit gutem Ge wissen beantwortet. Ae»»tttnn «n» Vrve»UW»r Johaanisgasir 8. Telephon Rr. lük «r. L2S, «r. 117L, Berliner »»»«NtoX-Vure«: verlt» LM. 7, Prinz Loot» Kerdtnantz» Straße t. Telrvdoa l. Ar. SL7K. skle Lckpzi, an» »oro«,: ff« w» H<na4> tlkpedtito» oder Verra An»gabetieNrn ab» geholt »ooarllch: A»«gav» 1 lt «al tüglich) 70 Pi-, «»»gab« v 2 «al täglich) SO Pf, bet Zanellaag ia» Han» AaSgade » 80 Pt, Ausaab« ti l Mart. Durch unsere au»- wärllgeu Ausgabeslrllea and durch die Poft bezog»« (l «al täglich)tn»erdalb Deakichload» monatlich t Mark anSschl. Bestellgebühren, für Oelierretch-Ungaru d L 45 t» aierteliLdrllcth di« übrigen Länder laut Zrituaa«prei«list». Unser Bukarester L.-Korrespondent schreibt un»: Die aus der Moldau einlaufenden Nachrichten melde» übereinstimmend von einem weiteren Umsichgreifen der Bauernunruhen. Die aufständischen Bauern sind, unterstützt von einem plünderungssüchtigen Mob, in eine größere An zahl Kreis- und Landstädte eingedrungen und haben die jü dischen Wohnungen zerstört. In Botoschani, Vaslui und Lepezi wurden die Aufständischen mit dem Militär hand gemein, welches hierauf feuerte, wobei es eine Anzahl Tote und Verwundete gab. Zahllos sind die Pachtgüter, welche von den Bauern zerstört wurden, die übrigens hierbei keinen Unterschied zwischen Christen und Juden machten. Ihr gan zes Vorgehen läßt auf einen wohl vorbereiteten Plan schließen. Ter bereits angerichtete Schaden ist enorm. Die bedrohte Bevölkerung, namentlich die jüdischen Familien, flüchten zu vielen Hunderten nach Bukarest oder Galizien. Man hofft, daß die Truppen, welche nach den bedrohten Orten entsendet wurden, innerhalb dreier Tage dort in genügender Stärke vorhanden sein werden, um die Ordnung wiederherzustellen, wozu die Regierung — entgegen anderen, ihr feindlichen Mitteilungen — sowohl die ernste Absicht, wie auch die Kraft besitzt. Zugleich will aber auch die Negierung der Lösung der Agrarfrage näher treten, wa» freilich nicht über Nacht geschehen kann: einige der Haupt beschwerden will sie aber doch zu beseitigen suchen, indem sie unter Mitwirkung der liberalen Partei ein Gesetz gegen Lea Pächtcrtrust ausarbeiten und mit Beschleunigung dem Par lament vorlegen will. Man wird hierbei u. a. Vorschlägen, daß die Pachtverträge nicht über b Jahr« laufen dürfen, und daß ein einzelner Pächter direkt oder indirekt nicht mehr als 2 Güler pachten darf. Ter König empfing eine Deputation der Gutsbesitzer de» Bezirks Jassy unter Führung deS Fürsten Ghika. Auf eine Ansprache antwortete der König, «S sei sein ernstes Be streben, die Ruhe und Ordnung in der Moldau wiederherzu stellen. An allem Unglück sei nur die Politik schuld, durch die die Verwaltung, die vor dreißig Jahren gut war, demo ralisiert wurde. Die Politiker sollen nun die Judenjrage und die Agrarfrage lösen. Die Antwort machte starke» Eindruck aus die Deputation. Vie tttmSiliretze Zuäenvettolgung. Sage und Poesie haben in dem ruhelosen Wanderer Ahasver ein Symbol de» jüdischen Volkes aeschaffen. Selt sam scheint der Charakter dieses Volkes sich gewandelt zu haben. - Das Volk, das seine Heroen nicht in weitherrschen den Göttersöhnen suchte, sondern in friedliebenden Eigen tümern gewaltiger Herden, di« von den Königen de» Lande» Weidetrifley begehrten und Erbbegräbnisse kauften, batte blutige Tränen vergossen, als ,S an den Strömen Babel» faß und seines Zion gedachte, seiner tausendjährigen Ge schichte, die so selten an Ehren und an Siegen reich gewesen war. Nachdem aber der groß« Alexander Asien aufgewühlt batte, wurde ihm sein Zion zu eng, überflutete e» da» Reich der Ptolemäer und von dort an» die Mittelmeerwelt, gab e» sich demselben Handelsgeist gefangen, um de» e» zuvor den Conaniter so -erz-aft verachtet hmte. Vielleicht sind «S zn- meist eben Eanauiter gewesen, denen da» „gelobte Land- auf. hörte dir Welt z» fei», die sich an Israel angeschloflen hat- ten. al» der Makedonier ihr Ttzro» dem Erdboden gleich gemacht haue. Vielleicht ist JSvae!» «chter Linder letzte» Var Lsichiigrte vom läge. * In Hamburg ist e» anläßlich de» ÄrbeitSkampfe» im Hase» zu schweren AuStchrei'unaen gegen die Arbeitswilligen gekommen. (S. DtschS.R.) * Der Bund der Landwirte tagte gesirru in Dresden. Dabei erklärte der agrarisch-konservative Führer Dr. Oertel, die Wahlresorm ver sächsischen Zweiten Kammer sei nicht so eilig. (S. Dtschs. R.) * In der Bewegung der Textilarbeiter ist gestern abend in München - Gladbach eine Einigung er zielt worden, io daß am Montag in sämtlichen Webereien und Spinnereien die Kündigungen zurückgezogen werden. Tie Weber erhalten eine Lohnerhöhung von b Prozent; damit ist dir drohende Gefahr einer Aus sperrung beseitigt. » In dem Disziplinarverfahren gegen vier Bremer Lehrer wurde gestern abend daS Urteil ge fällt. Die Angeklagten erhielten eienen Verweis, außer dem wnrde der Hauptangeklagte Holzmeyrr zu 300 Geldstrafe verurteilt. * Die französische Kammer, sowie derSenat nahmen den Gesetzentwurf über die Beisetzung Bert delots und seiarr Gattin in da» Pantheon an. (S. Letzte Dep.j * Der früher« Oberprokuratvr des heiligen Synod» PobjevouoSzew ist gestern abenv iu Petersburg ge- ftorden. * Ja der Stadt Marakesch ist eia französischer Arzt gesteinigt. (S. AnSl.) * Ja Amsterdam fand gestern die Gedenkfeier be vor 300 Jabren geborenen Serbelde» de Ruyter statt. Marineminisirrv. Tirpiy hat eia Sympathietelegramm geschickt. (S. Ausl.) * Die Schuhfabrik von Krug mrd Geßner in Stoll- Her- i/E- ist total niedergrdraant. (S. Sachseu.- Dtes« Stumm« tostet ans » äd eN? alle» Vahaovsen anb det I II m^I den Zeftoags-Kerkällser» dk« Sgespallrar PetttzeUe tür lSeschästS- Inserat« au» Leipzig uav Umgebung 25 Pf, Familien^ Wohnung»- a. Stellen-An,zeigen sowie Am» u»d Perkäus, 20 Ps, finanzielle «»zeig.» SO M, für Inserate von auswärts SO Pf. Reklamen 75 Pf, auswärts l Mark. Beilag»» aebübr 4 Mark p. Lautend exkt. Postgedüvr. LejchLflsaazeige» an bevorzugter Stelle iur Preis« erdicht. Rabatt nach Tarik. FürJnlrrote vom Ausland« be'onderer Tarif. Nr. 83 Italienische kireubadnrn! DaS Eisenbahnwese» Italien» dient schon seit Jahren halb Europa zum Spott. Wre man denn überhaupt, will man dl« absolut« Unzutänglichleit eine- Betriebes charaklerl- sieren, hin uno wieder von einem mnne-rzrio trnllnrro redet. Man hat tausendmal versichern Horen, da» es besser weroerr werd«. Erst kürzlich Hot man, besonders in Italien selbst, darauf hingewieien, daß mit der Verstaatlichung der Eisen bahnen Ordnung und Zuverlässigkeit sich entstellen würden, aber diese schönen Hoffnungen haben sich bis letzt nicht er- lüllt und werden >icy auch in nächster Zeit Nicht erfüllen. Tw Hauptschuld an der ba,d sprichwörtlich geworoenen Kalamität trägt das italienische Publikum selbst. Der ltalteniiche Lurchschnittspayagler mag frieren, er mag sinn los lange aus einer Station sitzen bleiben, er mag mit zwei und drei Stunden Verspätung an seinem Ziel eintresfen, er äußert sich in einer Art falschem Taktgefühls immer nur zu seinen Mitreisenden^ aber er verlangt nicht das Beschwerde buch, da» der Deutsche be, jeder Gelegenheit fordert. Tie Eintragungen in dem Beschwerdebuch eine» Bahnhofes, wie z. B. Ventimiglia, unter dessen Verlotterung täglich Hun- veute von Reitenden zu leiden haben, sind »m Verhältnis zu der Unzulänglichkeit deS Betriebes verschwindend gering. ES ist meistens angeborene Bequemlichkeit, die den Italiener in solchen Fällen dulden und schweigen läßt, aber — und daS sei zu seiner Ehre betont — sehr oft spielt auch die an geborene Gutmütigkeit mit herein. Ich habe selbst einen Ivlchen Fall erlebt, in dem da» herzliche Empfinden über eine starke Empörung den Sieg davonrrug. In Verona war's. Eine Gesellschaft von mehr als hundert Herren wollte nach Venedig zurückkehren. Obwohl man die An meldung rechtzeitig vorgenommen hatte, war es unmöglich, die Leute alle in der zweiten Klaffe unterzubringen, aut die sie ein Anrecht hatten. Zwei Schaffner und der ganze Schwarm liefen den Zug hinaus und hinunter, guck ten in die Coupes, schmissen die Türen mit Vehemenz zu und schrieen und gestikulierten so eine gute Halde Stunde umher. Die italienische Verwaltung dachte gar nicht daran, den jungen Leuten — es waren vermutlich Studenten oder Kunstschule! — einige Coupüs erster Klaffe anzubieten, die frei gewesen wären. Sie wurden in die überdies stark besetzte dritte Klaffe hineingepsercht. dlus dem Babuhofin Venedig zitterte noch die allgemeine Empörung nach. Man ernannte «ine Deputation, die unverzüglich mündlich und schriftlich Beschwerde beim Babnbvtsvorstano einreichen sollte. Aber da waren zwei Kenner, die meinten: Ach, laßt doch den armen Teufel iu Verona geben, er kriegt ja nur Scherereien und Unannehmlichkeiten und eS dauerte keine drei Minuten, da war sich der ganze Cborus einig: Ja, lassen wir den armen Teufel laufen. Es war Gutmütigkeit. Ohne Frage. Aber die Schlappheit deS Capo di Stazione war nicht größer als die jener jungen Leute. So geht es in Italien sehr ost. Ter Italiener ist ge duldig wie ein Schaf, weil er seit Jahr und Tag an die miserablen Verhältnisse, unter denen er gar nicht mehr emp findlich leidet, gewöhnt ist. Tie Verspätungen der Schnellzüge ärgern den Italien reisenden von allen Schwächen des Eisenbahnbetriebes am meisten. Man kann in Italien niemals mit Bestimmt heit darauf rechnen, einen Schnellzuasanschluß zu erreichen. Auch dann nicht, wenn zwischen Ankunft und Abfahrt de» anderen Zuges e,ne Paule von beiläufig einer Stunde liegt. Tie Vorstellungen der Reisenden, daß sie diesen oder jenen Anschluß erreichen mühten, Helten auch gar nichts. Tenn von dem Beamtenpersonal macht jeder, wa» er will. Was dem italienischen Eisenbahnbetrieb völlig fehlt, das ist die Organisation. Ter Einzelne mag seiner Pflicht genügen, nicht« greift ineinander, nichts ist einheitlich ge regelt, nichts klappt. Ein Beispiel: Wir standen auf dem Babnhos zu San Remo. Der nach Genua fahrende Zug wird erwartet. Er bleibt etwa zwanzig Minuten länger ouS al» er sollte. Zwischen dem Geleise, ans dem er c,n- fabren wird, und dem Bahnhossperron, befindet sich ein Gleiß, aus dem eia Güterzua rangiert. Etwa fünf Mi nuten vor Eintreffen deS Genueser Zuge» aber ist da» Gleis frei. Der Güterzug siebt hinten und scheint mit seiner Auf gabe fertig zu sein. Als der Schnellzug nach Genua ein läuft, wollen natürlich alle ans den, Perron stehenden Lent« ans da» Mont« Glet» -inkbex, v« de» berait- di« an» d« Aazeigra-Auaadme: <tug»ftu«ptaq 8, bet mmtltchea Filialen n. allen Annoncen expeditionen de« Fn- und Aollanoe«. Für da» erscheinen an deuimmlra Tagen u. Plätzen wird keine «Sarantte übernommen. FesirrtriU« Aufträge tonnen nicht zurück» gezogen «erde». Havpt-Ftltale verktin T«rkD»»cker,Herzgt.Bayr.HofbnLbaadl», Lüyowiiraß« 10 (Tel. Vl, 4üu3l. FNtat»>rr»e»trtnn:Dreavea.Marien'tr ver «r«e Urgent von Srsunrchzveig. »Für jetzt kommt eS nur darauf an, Deutschland fest zu- sammenwachsrn zu lassen, eS durch seine Wehrhaftigkeit gegen äußere Gefahren und durch seine Verfassung gegen innere dynastische Brüche sicher zu stellen." So schrieb Fürst BiSmarck einst, als er die Grundlinien seiner zukünftigen Politik dorlegte. Er wie kein anderer kannte die Blößen de» Reiches, gegen welche Feinde dir Lanze führen können, und euch heute noch bewegt sich die nationale Politik in dem selben Gleise. Dir Wehrhaftigkeit des Reiches, besonders zur Ser, bildet noch heute eine unserer ersten Sorgen, und die Hoffnung unserer geschworenen Feinde geht auch beute noch dahin, daß der Bund der deutschen Fürsten und freie» Städte, auf dem daS Deutsche Reich gebaut ist, durch dyna stische» Gezänk und die alte deutsche Uneinigkeit allmählich wieder zn lockern sei. Braunschweig sah man seit Jahren alS willkommenen Angriffspunkt an. Bei der Hartnäckig keit, mit welcher der Cumberlander in der ungeschicktesten Form bei seinen Ansprüchen beharrte, erkannten unsere offenen und stillen Gegner allerdings recht bald, daß bei dem Tode des Prinzen Albrecht der Zeitpunkt wiederum ver säumt sei, den inneren Frieden des Reiches erheblich zu schwächen. Sie selbst werden mittlerweile der. Cumberländer in die Zahl derer eingereiht haben, welche als ewige Präten- denten ihre papierenen Proteste gegen vnerschütrerliche staat liche Verhältnisse schleudern und eher einen Stich ivS Komische als in Heroische bekommen. Ernst August von Cumberland zählt heute schon für immer zu den „Königen im Exil". Weit schwieriger, als eS war, die Ansprüche des HauseS Cumberland abzuweisen, gestaltete sich die Frage, einen Nach folger für den Braunschweiger Regenten zu finden. ES fehlte in den nationalen Kreisen TeutschlandS nicht an Stimmen, welche die Einverleibung des Herzogtums in da» Königreich Preußen erwarteten, oder wenigstens «inen Hohenzollernvrinzen als Herzog von Braunschweig forderten. Aber man weiß in Berlin viel zu genau, daß eine solche Ge staltung der Tinge ein gewagtes Erperiment sein würde, und man sah sich daher kluger Weis« nach einem Regenten um. dessen Person und politische Fähigkeit eine sichere Ge währ böten, daß das braunschweigische Selbstbewußtsein und die nationalen Interessen deS Teutichen Reiche» gleichmäßig auf ihre Rechnung kämen. Zunächst dachte man an einen der Albrecht-Söhne. Aber man geht nicht fehl in der An nahme, daß eine solche Wahl im Herzogtum selbst eine große Gegnerschaft finden würde. Der verstorbene Regent hat es eb-n nie verstanden, die Herzen de» Braunschweiger Volke» für sich zu gewinnen. Jetzt wird in erster Linie als Kan didat der Herzog Johann Albrecht zu Mecklen burg genannt. Auch die amtliche ErNSrung, daß noch kein Entschluß gefaßt sei, ihn vorzuschlogen, ändert daran wenig. Wie er als Regent in Braunschweig wirken kann und wird, welch« Ausnahme er zu finden hoffen darf, werden wir dar- legea, wenn erst die Wahl geschehen ist. Schon die nächsten Tage sollen ja die Entscheidung bringe«. Heut« bandelt es sich für nn» lediglich darum. an» der biSberigen öffentliche« Tätigkeit de» Herzog» eine Würdigung feiner Person »nb, sei»« vefähivw« p» «in« führenden Roll« t» RrichiUrben »> Petzomue». Herzog Johann Albrecht hat als Regent deS Grobherzog.! Geschlecht mit Bar-Kochba an römischen Krc,,«n geschlachtet, tums Mecklenburg-Schwerin in der Zeit der Minderjährig- in römischer Sklaverei verdorben. - ' Der Kanaansfluch: -er ioll S«mS, soll Japhets Knecht sein", lastete auf der jüdischen Emigration. Jahrhunderte lang wohnte sie in den Hütten Japhets, sich ausbreitend bis zu den Völkern Gogö und Magogs, von denen die heiligen Bücher nur eine dunkle Kunde hatten. Verachtet, verso gi gehetzt durch die Jahrhunderte. Gesellschaftlich abgesondert von den Gojim durch eigenen Willen und durch die Feind schaft der Eingesessenen. Erst daS 18. Jahrhundert, das den Gedanken der Menschenrechte gebar, erschuf auch die Frage der Juden emanzipation. Schon das Wort „Emanzipation" verbindet sich für unsere Vorstellung mit dem Begriff einer vorgängigen Sklaverei, nicht mehr mit dem einer väterlichen Gewalt. Unser Lessing durste eine Jugenddichtung ver öffentlichen, um den trivialen Gedanken zu illustrieren, daß auch ein Jude ein edler Mensch sein könne! Die französische Revolution, die «in« europäische wurde, machte die Forderung der Judenemanzipation zum Gemein gut aller Gebildeten und endlich zur Tatsache im zivilisierte» Europa. Der Rückschlag des einmütigen Urteils in un- seren Tagen steht auf der Höhe aller Atavismen und erklärt sich zum anderen Teil durch di« allen Ueb-ergangs-uständen unvermeidlich anhaftenden Reibungen. Nicht der geringste Schaden unseres noch imurer nicht völlig überwundenen Antisemitismus ist, da« er eine unbe fangene Erörterung der ganz anders gearteten Zustände Osteuropas erschwert. Es lastet beinahe ein Odium aus einer vorurteilslosen Anerkennung der jüdischen Mit- schuld an den Nassenkämpfen Rußlands und ötumäniens durch einen christlichen Beurteiler! Die papierne Judenemanzipation in Rumänien beruht aus einem Artikel der Berliner Kongreßakte von 1878. Mau sagt, daß dieser Artikel einer direkten Intervention deS Fürsten Bismarck sein Dasein verdanke. Das darf un» nicht bindern, m der übereilten Maßnahme aus dem Grunde einen Fehler zu erblicken, weil sie eine allmähliche, aber wirksame Durchführung der an sich sittlichen Forderung erschwert bat. Tatsacl)« ist, daß die rumänischen Juden beute unzufrieden sind, weil sie nur eine Schein-Em anzipatien er reicht yabcn: weil sie nach wie vor von aller Teilnahme am stattlichen Leben als Beamte, Abgeordnete usw ausgeschlossen bleihp«: weil sie vollen Grund haben, sich über eine par teiische Rechtspflege zu Leschtveren. Das leere Phantom der Emanzipation hak aber genügt, alle Parteien Ru mäniens, Liberale wie Konservative, gegen das Judentum zu einigen. Und nicht mit Unrecht! Die agrarischen Zustände in Rumänien sollen himmelschreiend sein. DaS Verbot einer Grundbcsitzerwerbung durch die Juden soll so wenig den Interessen des kleinen Bauernstandes entsprechen, daß e» Liesen vielmehr einem doppelten Drucke unterwirft: durch die Bojaren-Eigentümer und durch die jüdischen Priester. Diese» Verhältnis önnet dem schrankenlosen Walte» des Egoismus, bei Eigentümern sowohl, wie bei Pächtern, Tür und Tor, indem es das Verantwortlichkeitsgesüh! bei beiden Ständen auihcbt. Wir lassen hier eine übersichtliche Darstellung der ver- wick^ten landwirtschaftlichen Organisation Rumänien» folgen. 81,2 Prozent der rumänischen Bevölkerung sind Bauern, die seit dem 17. Jahrhundert bis vor 40 Jahren der Leibeigenschaft unterlagen. Erst seitdem haben die Reformen begonnen, einen 'reicn Kleingrundbesih zu schaffen. Immer- hin stehen noch etwa 900000 BauerinamiUen rund 8000 Großgrundbesitzern gegenüber, die im Besitz von einem Fünftel des bestellten Landes sind Im Hügelland und der Ebene der Moldau, also dem Schauplatz des jetzigen Feldzuges, gibt es 209107 selbständige Bauern und 1057 Güter. Der KlcingrunLbcsitz nennt in Rumänien verhält nismäßig wenig Land sein eigen, ein Mißstand, der immer schwerere Folgen nach sich ziehen wird, je stärker die Ver mehrung der bäuerlichen Bevölkerung vor sich geht, und je mehr die Zersplitterung der Anwesen durch Erbteilung von Generation zu Generation um sich greift. Der Staat hat durch sein« eigene Gesetzgebung im Laufe der Jahre schon sehr große Strecken für die innere Kolonisation ausgeteilt; dagegen ist es ihm noch nicht gelungen, eines der Grundübe! zu heben, den Tiefstand des geistigen Niveaus der Bauern, von denen noch 85 Prozent Analphabeten sein sollen. Von der eigenen Scholle kann der Bauer seinen Lebensunterhalt nicht decken, zumal er durchaus unrationell dem extensivsten Körnerbau huldigt. So pachtet er Land vom Grundherrn hinzu, und da er kein Geld zur Zahlung besitzt, bezahlt er durch Arbeit. Auf dem Papier ist der Frondienst aufge- hoben, in Wirklichkeit besteht der berüchtigte Robot noch voll ständig weiter. Mitten aus der Bestellung der eigenen Felder wird der Bauer hcrausgerissen, um den Acker deS Grundherrn zu bebauen. Da der Großgrundbesitzer viel- fach sein Gelände verpachtet, wird der Pächter, der Kapi talist, dadurch der Machthaber aus großen Gebieten, denen er wirtschaftliche Fesseln anzulegen vermag. Die Ausschreitungen der rumänischen Bauern sind natür lich um so beklagenswerter, als sie Schuldige wie Unschuldig« in ihrer blinden Wut treffen. Auch vor den Christen macht nach neueren Nachrichten die Bewegung nicht Halt. Auch die Städte werden überrannt, und die jüdischen Handwerker geplündert, die an den Leiden der Bauern doch wahrhaftig keinen Anteil haben. Dazu tritt die neue Gefahr auswärtiger politischer Ver wicklungen. Schon muß Oesterreich seine Grenzen mili tärisch schützen, um ein Urbergrrffen der Bewegung abzu- webren. Die betroffenen österreichischen Staatsangehörigen rufen nach Intervention. Mit anerkennenswertem Takte bat die österreichische Regierung eine solche abgelehnt, so lange die Hoffnung besteht, daß der rumänische Staat selber mit der Revolte fertig wird. Man wird abwarten müssen, ob der Bukarester Regierung daS Geschick innewohnt, eine tatkräftige Unterdrückung de» Aufruhr» mit einer klugen Reforingesetzgtbung zu verbinden, welch«, daß sie die Wurzel de» Uebel» autznrotlen vermag, den Befähigungsnachweis «bringt. ,
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