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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.07.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190707213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-21
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Lak » t vorftan. ni»U Ile«» BezugS-Prei» für Leipzig und Vororte durch unsere lrüger und Spediteure in» Haut gebracht: Lu«- gäbe (nur morgen«) vterteljührlich 3 M-, monatlich I W : «»«gab- v (morgen« und abend«) vierteljiihrlich 4 50 M„ monatlich 1.50 M. Durch die Poft bezogen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« u der deutschen Kolonien vierteljährlich 5.25 M. monatlich 1.75 M au«Ichl. Posiöestellgeld, für Oesterreich 9 ic 66 d, Ungarn 8 L vierteljährlich. Sbonnement-Annabme: Auguftutplatz 8, bei unseren Drägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet IS Pf<p «edaktivn und Expedition Iohanni«gasse 8. Delephon Nr. 14892, Nr. 14693 Nr 14694. Berliner NedakttvnS Bureau Berlin dlV. 7 Prinz Loui« Ferdinand- Straße 1. Delephon I, Nr. 9275. Morgen-Ausgabe 8. MMgcrTagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis für Inserate au« Leipzig und Umgebung die 6 gespaltene Petitzeile 25 Ps, ftnanzielle Anzeigen 30 Pf., Reklamen 1 M.; von aurwärt« 30 Ps., Reklamen 1.20 M.. vomAurland50Ps., stnanz. Anzeigen 75 Ps. Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Dell 40 Ps Beilagegebübr 5 M. p. Tausend «xkl. Post gebühr. Eeichäftianzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Daris. FesterteUle Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Uugustu«platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de« In- und Aurlande«. Haupt Filiale Berlin: Carl Duncks., Herzog!. Bahr. Hofbuch- handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 200. Sonntag 21. Juli 1907. 101. ZahMNsi. Das wichtigste vorn Tage. * Ter Londoner „Tribüne" zufolge wird König Eduard am 15. August eine Begegnung mit dem Deutschen Kaiser in Wilhelm shöhe haben. * Landgcrichtspräsident Geheimer Oberjustizrat Grün hagen in Halberstadt ist gestern mittag plötzlich auf einem Spaziergange gestorben. Er beabsichtigte, am 1. Oktober in den Ruhestand zu treten. * Der Teilhaber des Münchner Bankhauses Merck, Finck L Comp., Dr. Heinrich Merck, 1848 Mitglied der Frankfurter National versammlung, ist im Alter von 86 Jahren gestorben. * Die Entthronung des Kaisers hat in S ö u I zu S t r a ß e n - kämpfen geführt. lS. Leitart.) * General Hagron, Ehef des Obersten Kriegsrates, hat seine Entlassung durchgesetzt, weil er Frankreich durch die Truppenentlassungen für wehrlos gemacht ansieht. lS. Ausl.) * Der Verwaltungsret der schweizerischen Bundesbahnen beschloß die Herstellung eines zweiten Simplontunnels, der als Parallelstollen zu dem bereits bestehenden Tunnel angelegt wer- den soll. )-tschak — -er Letzte? „DeS Name noch bis heut' daS Höchste in der Welt bedeutet!" ES ist eigentlich ein Hobn, daß der stolze Kaisername von dem Schatten- sürstcn Koreas fortgesührt wird. Nicht einmal seiner Größe nach wäre daS für ostasiatische Verhältnisse nicht gerade stark bevölkerte Land be fähigt, sich zu einer Großmacht je zu entwickeln. Aber Korea ist auch längst kein selbständiger Staat mehr. Es stand bis 1891 unter chinesischer und gleichzeitig japanischer Vormundschaft. Aus den jahrzehntelangen Reibereien zwischen den beiden Schutzinächtcn entstand damals der Krieg, welcher daS chinesische Kondominium beseitigte und dafür Japans Bor- rnachtSstellung um so fester gründete. Aber offiziell mußte der Schein der Unabhängigkeit peinlich gewahrt werden, um Rußlands Widerspruch z« vermeiden. Obwohl Rußland nicht den Schatten eines Rechtes aui- zuweiseu vermochte, begann eS, politisch und wirtschaftlich, sich in die „offene Tür" hineinzuorängen und den Japanern entgegen zu arbeiten. Man darf nicht behaupten, daß Japan mit vollem Vorsatz in den Krieg mit Rußland hineingesteuert sei. Seine Politik bewies im Gegenteil zur genüge, daß sie für einen billigen Ausgleich mit dem mächtigen Zarenreiche Raum ließ. So gut wie Japan schweigend, wenn auch zähneknirschend, geduldet hatte, daß Rußland sich in dem mit japanischem Blute gedüngten Port Arthur ein nistete, so gewiß wäre eS schließlich mit einer ehrlichen Teilung Koreas zufrieden gewesen. Erst das Emdringen russischer Spekulanten in Süd- Korea, Japans allereigenste Interessensphäre, brachte schließlich das Faß zum Ueberlaufen. Der Friede von Portsmouth hat auch Rußland völlig auSgeschaltet. Ja, Graf Witte hat bei den Verhandlungen Korea seinem Kontrahenten ausdrücklich auf dem Präsentierteller angeboten, um Sachalin zu reiten. Der japanische Unterhändler lehnte daS Danaer-Geschenk ab, das wahr scheinlich sofort einen Einspruch Amerikas heroorgerufen haben würde. Korea wurde nicht annektiert, aber Japans Suzeränität feierlich an erkannt. Damit war die nominelle Unabhängigkeit des Landes, welche auf dem Frieden von Shimonoseki beruhte, seiner faktischen Unabhängigkeit in das Nichts nachgefolgt. Korea mußte sich mit der unangenehmen Tatsache ab finden. E» hat daS sehr schlecht verstanden. DaS japanische Joch war nicht leicht. E» kam die Zeit der Intrigen, der Verschwörungen. Am Hofe des Kaisers hatten sie ihren Mittelpunkt. Man kann eS dem alten Herrscher nicht verdenken, wenn er die Japaner glühend haßt. Nicht allein als Patriot: auch seine LiebliogSfrau sollen sie ihm getötet haben. Es war gar nichteiumalso außerordentlich, daß er den Versuch machte, durch die nicht berechtigte Absendung einer Gesandschast nach dem Haag einen Protest gegen seine politische Vernichtung einzulegen. Natürlich mußten die Vertreter von der Schwelle der Konferenz zurückgewiesen werden. Aber anstatt sich mit einer rein formellen Verwahrung zu begnügen, würzten die Herren Abge ordneten ihre diskrete Aufgabe mit recht gepfefferten Ergüssen gegen ihre Schutzmacht, die sie jedem Journalisten allerbereitwilligst zur Ver fügung stellten. Japan tat, wa» es gar nicht anders tun konnte. Zwar scheint ihm die Zeit zur Annexion noch nicht gekommen zu sein, trotzdem vielleicht der Augenblick günstig wäre, in dem Nordamerika ein so starkes Bedürfnis zur Nachgiebigkeit verrät, daß e» nicht einmal die Selbstän digkeit seiner militärische» Maßnahmen mit aller Energie zu verteidigen wagt. Auch an eine» Widerspruch Rußlands ist sicher nicht zu denken. Mau hat eine« neuen Kaiser den Thron Koreas besteigen lasten. Ob er der letzte sein wird? Unsere in Unwahrheit versunkene Zeit mag die Mumie jahrelang, wenn auch sicher nicht jahrhundertelang, dauern lassen. Auf alle Fälle wird mit dem Rest koreanischer Selbstän- digkeitSregungea gründlich aufgeräumt werden. Der entthronte Kaiser soll nach Japan deportiert werde«. Die Herren Haager Delegierten werden schwerlich zurückkehrea. Es lebt sich schließlich auch sür Ostastaten in Europas Großstädten angenehmer al» an den Galgen Söuls. * Folgende neue Depeschen sind eingegangen: * Söul, 19. Juli. In den Straßen patrouilliert« Militär. Hef tiger Regen verscheuchte die Menge. Bei Anbruch der Nacht war die Ruhe in der Stadt wieder hergestellt. Die Läden der Japaner werden bewacht. Nach dem Polizeibericht sind durch aufrührerische Koreaner 25 Japaner getötet oder verwundet worden. Weitere Unglücksfälle sind dagegen nicht bekannt. Ein offizieller japanischer Bericht schreibt die Unruhen den koreanischen Soldaten z«, über die die Offiziere die Herr- schäft verloren hätten. Der Kaiser war wegen der Unruhen in großer Sorge: er sandte an Marguit Ito ein Entschuldigungsschreiben, in dem er über den von seinen unwissenden Untertanen verursachten Aufruhr fein Bedauern au-spricht. Ito sagte in seiner Erwiderung, er werde Maßregeln treffen, um weitere Unruhen zu verhindern. Ito hat den General Hasegawa beauftragt, die militärische Kontrolle über die Stadt zu übernehmen. Den Konsulaten sind Schutz-wachen angeboten. * Söul, 20. Juli. Koreanische Soldaten meuterten heute, entwichen aus ihren Baracken und griffen eine Polizeistation an. Nachdem sie mehrere Salven abgefeuert hatten, zerstreuten sie die Polizisten und be gannen dann — durch den Pöbel, der sich mit Keulen und Steinen de- waffnet hatte, — verstärkt, einzelne Japaner und japanische Stadtviertel anzugreifen, wohin sich die Japaner geflüchtet hatten, um Schutz zu suchen. Eine japanische Truppenabteilung kam der Polizei zu Hilfe und machte sich an die Verfolgung der Meuterer. * Tokio, 20. Juli. Wie aus Söul gemeldet wird, sind am Taihan- Tore vier Maschinengewehre ausgestellt, von denen Gebrauch gemacht werden soll, wenn die koreanischen Soldaten die Angriffe auf die ja panische Polizei wiederholen. Der irerre Syllabus. Den neuen Syllabus, dessen Erscheinen wir schon gemeldet haben, hat nunmehr der „Osservatore Romano" in Form eines Dekrets des Sant Uffizio veröffentlicht. An der Bearbeitung des Syllabus sind neben den Konsultoren des Sant Uffizio in erster Linie die Inquisitoren beteiligt, nämlich die Kardinale Serafino Vannutelli, Di Pietro, Rampollo, Gotti, Ferrata, Nespighi, Merry del Val, Segna, Vivcs y Tuto und — Steinhuber. Der Titel der Veröffentlichung lautet: „Dekret der Heiligen Römischen und Allgemeinen Inquisition. Sie beginnt: „Mit bedauernswertem Erfolg hängt sich unser Zeitalter, zügel los im Nachspüren nach dem Grunde der Tinge, nicht selten so an das Neue, daß es sozusagen das Erbe des Menschengeschlechtes beiseite schiebt und in die schwersten Irrtümer verfällt. Diese Irrtümer werden um so gefährlicher soin, wenn es sich um die heilige Disziplin, um die Interpretation der Heiligen Schrift, der hauptsächlichen Mysterien des Glaubens handelt. Und es ist weiter sehr bedauerlich, daß sich auch unter Katholiken Schriftsteller finden, und zwar nicht wenige, welche unter Ueberschrcitung der von den Kirchenvätern, von der Hl. Kirche selbst festgesetzten Grenzen unter dem Anschein höchster Einsicht und dem Namen historischer Forschung in einer Weise einen Fortschritt der Dogmen suchen, daß dieses Forschen in Wirklichkeit deren Verderbung bedeutet. Damit nun diese Irrtümer, welche jeden Tag unter den Gläubigen verbreitet werden, nicht Wurzel in ihren Seelen fassen und die Ausri sitigleik ihres Glaubens bestechen, gefiel es oem A lerheuigsten Herrn, unserem Pius X., durch göttliche Vor sehung Papst, daß durch dieses Amt der Heiligen Römischen und All gemeinen Inquisition jene Irrtümer vermerkt und getadelt würden, welche die hauptsächlichsten sind. Daher setzten nach sehr eingehender Prüfung und nach Zustimmung der hochwürdigen Herren Konsultoren, die erlauchtesten und hochwürdigsten Herren Kardinal-Generalinqui sitoren in Sachen des Glaubens und der Sitten fest, daß die folgenden Sätze zu tadeln und zu verdammen sind. Alle 65 Punkte aufzuzählen hat keinen Zweck, würde auch zu weit führen. Es sind hauptsächlich „Irrtümer" über den geschichtlichen und religiösen Wert der Bibel, den Ursprung des Christentums, die Lehre, daß die symbolische Bedeutung der Apostel für das Christentum erst in späteren Jahrhunderten aufgekommen sei. Sodann wird die geringe Achtung vor dem Index getadelt; eine unmittelbar an die Adresse der Verschwörer von Münster gerichtete Warnung. In einer Instruktion wird darauf hingcwiesen, daß diese Irrtümer schon früher verdammt worden, aber in neuer Form wieder Mode geworden seien und viele Proselyten gemacht hätten. Als Lehr-Offenbarung des Papstes ist das Verzeichnis für die Weltkirche bindend, obgleich oie Gläubigen nicht verpflichtet werden, sie als Dogma anzusehcn. Die Geistlichen müssen jedoch diejenigen Behaup tungen ihrer Werke zurücknehmen, die gegen das Verzeichnis stoßen. Andernfalls ist ihre Maßregelung fast unvermeidlich. Der Erlaß entspricht, wie der „Messaggero" betont, dem Worte deS Papstes, das er in den letzten Audienzen oft wiederholte: Jede Neuerung sei eine Gefahr: die modernen Katholiken müßten also zwischen Schisma oder Unterwerfung wählen. Ein Leitartikel des „Osservatore" sucht, den Katholiken den Syllabus mundgerecht zu machen, indem er aus führt, wie die „hochmütige und eitle Wissenschaft" sogar dem Throne Gottes auf den Leib rücke und die dogmatische und disziplinäre Grund lage Les Christentums untergrabe. Der Syllabus sei durchaus not wendig; aber allen Häresien der Jahrhunderte setzte die Kirche wirk samen Widerstand entgegen. So viele Kämpfe, so viele Triumphe! Das Dogma sei niemals erschüttert worden, die wesentliche Disziplin habe niemals die geringste Einbuße erlitten. Eine Institution, die nie mals ihre Doktrin und ihre Lehre geändert habe, könne also niemals alt genannt werden. Die Beständigkeit und Unbeweglichkeit ihres Lehr amtes beweise ihre ewige Jugend. Die modernistische Bewegung nun sei der Wachsamkeit des Papstes und seiner berufenen Genossen in der Verteidigung des Glaubens eine neue verführerische Form alter schon längst glänzend abgetanen Häresien erschienen. Dabei sei der Moder nismus heuchlerisch, weil er aus Angst vor dem formellen Anathema die Grundlagen irnd die Autorität der Kirche anzugreifen suche und den auf Ketzerei gesetzten feierlichen Strafen zu entgehen hoffe, indem der Modernismus die Einheit Gottes 5U zerstören trachte, unterwühle er daS ganze dogmatisch-diSziplinare Gebäude. Es handle sich nicht etwa um bloße Meinungen, um wissenschaftliche freie Kontroversen zwischen Gelehrten, sondern um wahre Doktrin, gegen die die „christliche Seele sich aufbäumen" und ihr Anathema entgegenschleudern müsse. Verrät schon der Syllabus selbst den absoluten Widerstand deS Vatikans gegen alle irgendwie reformatorischen Bestrebungen, so fügen diese Ausführungen deS römischen BlatteS ein Moment des Fanatismus gegen jede Neuerung hinzu. DaS Papsttum dokumentiert, daß es mit seinem Lehrgebäude, mit der ganzer geistigen Struktur, die ihm vom Mittelalter her eigen ist, dasselbe bleiben will und jedem Gegner zu trotzen bereit ist. Und wie eS die Abtrünnigen in den eigenen Reihen, auch wenn sie nur zu zweifeln wagen, zu vernichten droht, so erklärt eS hier aufs neue der ganzen modernen Welt, von den Tagen Luthers her bis auf die Gegenwart mit ihrer Philosophie und Naturwissenschaft, den Krieg. Das ist in der Sache nicht- Neues. Es ist aber wertvoll, daß diese Kriegserklärung von neuem in diesem SyllabuS fixiert worden ist. Die ersten acht Sätze betreffen daS Verhältnis deS Katholiken zur kirchlichen Obrigkeit in Fragen der Wissenschaft. Verdammt ist beispielsweise der aktuelle Satz: „Von aller Schuld dürfen sich frei erachten diejenigen, welche die Verdammungen durch Index oder andere römische Kongregationen für wertlos saldill halten. Daraus folgen elf Sätze, welche die Ansichten katholischer Exegeten über die Inspiration der Bibel enthalten, wie folgender: „Die göttliche Inspira tion erstreckt sich nicht auf die ganze Heilige Schrift." Satz 16 bis 18 betrifft die Ansichten italienischer Theologen über das Johannes zugeschriebene, nach ihnen eine ausschließlich symbolische Bedeutung auf- weisende vierte Evangelium. Verdammt ist ferner die Lehre, daß das Symbol des Apostels heute anders aufgefaßt werde als in den ersten Jahrhunderten der Kirche. Der 25. und 26. Satz stellt die Haupt lehrmeinungen Le Roys in der „Critiqu e" dar. Der 27. Satz lautet: „Tie Göttlichkeit Jesu erweist sich nicht aus den Evangelien, ton- dern es ist ein Dogma, welches das christliche Bewußtsein aus der Natur des Messias zieht." Die folgenden, durch den Syllabus ver dammten Sätze geben die Theorien liberaler Kritiker über die Gött- lichkeir Christi, die Auferstehung, die Gründung der Kirche und über das angezweifelte römische Primat wieder. Ter 53. Satz lautet: „Die or ganische K o n st i t u t i o n der Kirche ist nicht unwandelbar." Im 56. Satze heißt es: „Die römische Kirche hat sich nicht zum Haupt aller Kirchen gemacht, weil dies etwa der Wille der göttlichen Vorsehung wäre, sondern aus politischen Gründen." Die letzten beiden Sätze sind die allgemeinsten. Sic versichern, daß die Kirche, um die verlorene Lebenskraft wiederzugewinnen, auf einige For. men des mittelalterlichen Dogmatismus verzichten müsse. Alle diese Sätze und Lehrmeinungen werden ab gewiesen und verdammt. Die Atavallerie -ev Zukunft. lDas Buch eines deutschen Reiterführers.) Die letzten großen Kriege haben das Problem der Reiterwaffe hin- ichtlich ihrer Verwendung in künftigen Feldzügen nicht nur nicht gelöst, andern in erhöhtem Maße zur Diskussion gestellt. Die einen be- laupten, die Reiterei hätte ihre Nolle als schlachtenentscheidende Waffe ausgespielt, die anderen führen ihre glänzende Vergangenheit ins Treffen und damit ihre besondere Eigenart, die durch jeweils herrschende taktische Anschauungen vielleicht für den Augenblick in den Hintergrund gedrängt, niemals aber völlig aus der Welt geschafft werden können. Da ist es nun von ganz besonderem Interesse, die Meinung eines bekannten hervorragenden Reiterfnhrers, des Kommandeurs der 7. Division, Generalleutnant von Bernhardt zu vernehmen, die er in einem in diesen Tagen bei Mittler und Sohn erscheinenden Buche „Organisation und Ausbildung der Kavallerie für den modernen Krieg" in fesselnder Weise niedergelsgt hat. Das vertiefte Studium der fremden und der eigenen Kriegsgeschichte hat die deutschen Kavalleristen erkennen lassen, daß auch auf dem Ge biete der selbständigen Kavallerietätigkeit die Organisation und Aus- bildung, wie sie in den letzten deutschen Kriegen beschaffen war, den An forderungen eines heutigen Krieges nicht mehr voll entsprechen würden. Es hat sich unleugbar die Nebcrzeugung Bahn gebrohen, daß innerhalb der Gesamttätigkeit der Reiterei die Werte sich gründlich verschoben haben. Ihre Schlachteutätigkeit aber ist durch die neuen Kriegsnnttel keineswegs ausgeschlossen. Im Gegenteil. Die vermehrte moralische Wirkung ver modernen Feuerwaffen und die weniger solide Zusammen setzung zahlreicher Jnfanterieformationen eröffnen ihr in dieser Hinsicht sogar neue Chancen des Attackenersvlges. Dennoch aber ist heute der Hauptwert der gesamten Tätigkeit der Kavallerie in der Aufklärung zu suchen und in der Einwirkung auf die feindliche:» Verbindungen. Diese Tätigkeit hat nun gegen früher erheblich an Bedeutung ge wonnen. Je größer die modernen Armeen sind, je komplizierter der Apparat geworden ist, dessen sie bedürfen, um ihre Waffenwirkung und ihre Kriegstüchtigkeit zu erhalten, desto schwieriger und zeitraubender ist es, ihnen im Marsch eine veränderte Richtung oder Gruppierung zu geben, desto früher muß also die Heeresleitung über die Maßnahmen des Gegners aufgeklärt werden, wenn sie in der Lage bleiben soll, auf Grund dieser Aufklärung ihre Entschlüsse zu fassen, und um so empfind licher werden andererseits die rückwärtigen Verbindungen derartiger Armeen gegen feindliche Einwirkung, wenn diese sich mit der nötigen Kraft geltend macht. Heute muß man die Reiterdivisionen im Kriege schon viel weiter zur Aufklärung vortreiben, als es noch 1870—71 notwendig wurde, wenn man rechtzeitig über den Feind orientiert sein will. In der Zukunft wird die Reiterei sehr weite Räume zu umspannen haben und sich auch noch sehr erheblich weiter von den Armeen loslösen müssen, als in dem großen Kriege gegen Frankreich. Man wird wohl mit einem eben bürtigen und vielleicht numerisch überlegenen kavalleristischen Gegner rechnen müssen, der die Flanken der eigenen Armee umfassen, gegen unsere Vormarschstraßen operieren und unsere rückwärtigen Verbin dungen bedrohen kann. Für den Frieden ist wohl unsere heutige Orga nisation im allgemeinen günstig, da sie sür den Krieg uns nicht bindet. Im Krieg aber muß eine völlige, den Verhältnissen angepaßte Um formung der großen Verbände eintreten. Hinsichtlich des Gefechtes der Reiterei darf wohl als feststehend an- gesehen werden, daß wir uns dabei weit mehr als früher des Karabiners werden bedienen müssen, gezwungen durch die Fechtart des Gegners, das Gelände oder die Elemente des Volkskrieges. Auch in der Schlachi wird die Feuereinwirkung der Kavallerie meist gegen Flanke und Rücken des Gegners Bedeutendes zu leisten vermögen. Oft hätte 1870—71 die deutsche Reiterei die Schwesterwaffen wirksam unterstützen können, wenn sie eine gute Schußwaffe geführt hätte. Was die Kavallerie im ameri kanischen Sezessionskriege zu Fuß kämpfend geleistet hat, ist ja welt bekannt. Und bei Sandepu hat eine japanische Kavalleriebrigade zwei Tage lang die russischen Angriffe mit dem Karabiner aufgehalten und daS Heranführen der eigenen Reserven ermöglicht. Es muß daher auch bei uns die Ausbildung der Reiterei für das Jußgcsecht bedeutend vertieft werden. Bei einem zukünftigen euro päischen Kriege werden sich die ersten entscheidenden Reiterkämpse voraussichtlich bi den großen selbständigen Kavalleriemassen ergeben, die den Armeen vorauscilen. Diese Kämpfe werden «inen sehr verschie denen Charakter zeigen, je nachdem unsere Reiterei auf ebenfalls offen sive Kavallerie oder auf Sicherungsabteilungen stößt, die sich defensiv verhalten wollen. Im allgemeinen werden diese Kämpfe wohl das Kenn- -eichen von Begegnungsgefechten tragen. Der rnssisch-iapanische Krieg hat für die Kavallerie eine Reihe von hochinteressanten Erfahrungen gebracht, die nicht ohne Einwirkung auf die Gestaltung der Reiterkämpfe in der Zukunft bleiben können. Zu nächst hat er erkennen lassen, welche entscheidenden Nachteile eine mangelhafte Aufklärung zeitigt, und wie diese Nachteile durch nichts wieder gut zu machen sind. Tann ist auch hier wieder die Bedeutung und di« Notwendigkeit des Jußgefechtes zutage getreten. Ja, es hat sich gezeigt, daß auch bei der Aufklärung die Reiterei dieses Elementes nicht entbehren kann. Dieser Feldzug hat aber auch die Wahrnehmung er- stehen lassen, daß auch in der Schlachtentätigkeit der Kavallerie das Feuergefecht eine bedeutende Rolle spielen kann und wie schwer es ist, taktische Erfolge auszubeutcn, wenn eine Kavallerie fehlt, die die Ver folgung übernehmen kann. Nach den Schlachten von Liaoyang und Mulden hätte eine starke japanische Kavallerie den Sieg in entschei dender Weise auSbeuten und ihn teilweise sogar bis zur Vernichtung des Gegners steigern können, wenn sie vorhanden gewesen und im kühnen kavalleristischen Geiste verwendet worden wäre. Endlich zeigt uns der Feldzug noch, welche eminente Bedeutung gut geführte Unter- nehmungen von Kavallerie gegen die rückwärtigen Verbindungen deS Gegners unter Umständen gewinne« können und wie eine in dieser Richtung tätige Reiterei den Feind zwingen kann, starke Truppenmassen
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