Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.08.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190708258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070825
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-25
- Monat1907-08
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe 8. Bezug»-Prei- für Leipzig und Bororle durch unser« Träger und Spediteure in« Hau« gebracht: Ausgabe t (nur morgen«) vierteljährlich 3 M, monatlich I M. Ausgabe U (morgen« und abend«) viertel jährlich 4.50 M„ monailich 1.S0 M. Lurch dle Pest bezogen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,25 M , monatlich 1.75 M aurschl. Post, bcstellgeld sür Oesterreich 9 X 66 d, Ungarn 8 X vierteljährlich. Abonnement-Annahme: Augustusplatz 8, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 10 «pfg. Redaktion und Expedition: JohanniSgaste 8. Telerbon Nr. 14692, Nr. 14698, Nr. 14694.. MipMcrTllgMM Handelszeitung. Berliner Aedaktiond Bureau: Bcrl >> di VV. 7 Prinz Louis Ferdinand- Strahe 1. Telephon I, Str. 9275. Amtsvlatt des Nates uud -es Nokizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Nuzeign» Preis fstr Inserate au« Leipzig und Umgebung die 6 gespaltene Petitzeile 25 Ps., stnanzielle Anzeigen 30 Ps., Reklamen 1 M.; von au«wärt« 30 Pf, Reklamen 1.2lt M. «omSuiland bOPf., finanz. Anzeigen75Ps., Reklamen 1.50 M. Inserat« v. vehärdea im amtlichen Teil40 Ps. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend cxkl. Post gebühr BeschLfr«anzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Fefterteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Lugustu«platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen-, Expeditionen Le« In- und Autlande«. Haupt - Ailtale Berlin: Earl Dunck: Herzog!. Bahr. Hosbuch- handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI. Nr. 4603). Nr. 2V. Das wichtigste vsin Tage. * Am heutigen Tage begiebt sich König Friedrich August nas' Tarvis. Die Rückkehr erfolgt wahrscheinlich am 5. September. >S. Sachsen.! * Der französische Botschafter Cambon ist gestern in Norderney cingetroffen. lS. Dtschs. R.) ' Der Kaiser ernannte den Generalfeldmarschall von Hancke <um Kanzler des Ordens vom Schwarzen Adler. * Der internationale Sozialistenkongretz in Stutt gart wurde gestern geschlossen, nachdem eine langatmige Reso lution gegen Krieg und Militarismus angenommen war, nnö es hierbei zn scharfen Auseinandersetzungen wegen frühzeitiger Beendigung der Debatte gekommen war. * Neber die Begegnung Tittonis mit Aehrenthal in Semmering ist soeben ein amtliches Communique ver öffentlicht worden. <S. AuSl.j * Tie japanischen Kreuzer „T s u l u b a" und „Chitos e" sind gestern in Neapel angekommen. sS. Ausl.f Anv CnnHtLrgsLVnhlvefoL'iin. Zui sächsischen LandtagSwahlrcsorm > cg n heute drei, w c uuS scheinen will, reckt bemerkenswerte Aeußerungen vor, dle der Verbrclkniig und Würd gung werl sind. Zunäbst äußert fick, wie schon einmal, die amtliche „Leipziger Zeitung", um die Negierung ge en die Meinung in Schutz zu nehmen, als siebe die Rcgicruna, weil sie aus d>e zum Teil Io scharfe Kritik idres WadlgesetzentwnrsS nicht geantwortet hade, nicht mehr auf ihrem Nesormplan. Das sei nicht der Fall. Die Negierung habe den tzuiwurf so frühzeitig velöffentlicht, um ibn der allgemeinen Kritik zu unterbreiten und um der Bevölkerung Klarheit und Gew ßheit über die Absichten der Neuerung zu verschaffen. Sie war auch von vornherein ans Angriffe gefaßt. Um fo weniger dürfte fetzt aber aus dem Schweigen der Negierung auf die Angriffe gefolgert werden, daß sie in ihrem festen Willen, aus der als richtig erkannten Basis zu ein m befriedigenden Ergebniife zu gelangen, wankend g morden nnd g willt sein tonne, etwas Wesentliches von den Grundlagen ihres Entmin seS aufzugeben. Auf die einzelnen Angriffe aber har sie ent vor der künftigen Stand Versammlung, dir zunächst berufen sein wird, über das Schicksal der Vorlage zu enlscheiven, Antwort zu geben, und sie wird es hieran aew ß nicht fehlen lassen. Daß dabei zugleich zu einer D skussion und VeiständigunH über Einzelheiten der Vor lage Gelegenheit geboten wird, soll hier nur nochmals hervorgehobca werden. Uns erscheint diese Haltung der Negierung formell durchaus korrekt. Es ist ganz widersinnig, von der Negierung zu verlangen, daß sie jetzt irgendwie in die Debatte über die Wablrcfoim eingreift. Dafür ist das Parlament der gegebene Boden. Darum aber ist es auch ganz töricht, wenn man hie uno da aus dem Schweigen der Negierung ent nehmen wollte, sie stehe nicht mebr binter ihrem Wablentwurfe und es ist den Leuten, die dies wirklich glaubten unv nicht nur den Anschein erwecken wollten, daß sic eS glaubten, zu gönnen, daß die Negierung sich von neuem zu ihrem Entwurf bekennt. Erfreulich aber ist zugleich, aus dieser Erklärung der Regierung zu sehen, wie sie bei aller Treue gegen die Grundlagen ihres Entwurfs bereit lein will, eine Verständigung über Einzelheiten zu tuchen. Die nanonalliberale Pariei tann hieraus ersehen, daß ihre Beschlußfassung über die Haltung zur Wabl- reform richtig war, indem sie sich bereit erklärte, bei allen Bedenken gegen den Entwurf doch über ihn mit der Negierung zu verhandeln. Bemerkenswert ist dann ein Artikel des konservativen ,Chem nitzer Tageblattes", der sich mit der Wahlrechisvorlage beschäftigt. In ilun wird durchaus nicht im Sinn der Opitzschen Politik zum Wahl- cesetzenlwurf Stellung genommen. 2m Gegenteil. AuS dem ganzen Aitikel spricht ein Gefühl der Genugtuung darüber, daß die Negierung tick nicht durch die Kritik deS Herrn Opitz hat einschüchtern lassen. Und raS gebt so weit, daß neben dem sozialdemokratischen Vorschlag, das NeichStagswahlrechteinzusühren, auch der konservative Vorschlag, ruf das Wahlgesetz vom Jahre 1868 unter Erhöhung deS damaligen WablrcnsuS zurückzugreijen — als aussichtslos abgewiesen wird. Es heißt in dem tonservativen Blatt: Der Vorschlag der konservativen Fraktion aber ist als ein glück licher Versuch, die Wahlrechtswünsche des sächsischen Bürgertums zu befriedigen, nicht zu betrachten, was schon daraus hervorgeht, daß er selbst in der konservativen Presse bisher nirgends eine entschiedene Verteidigung gefunden hat. Er läßt die ver- fckiedene soziale und politische Bedeutung der Wählcrkategorien gänz lich unberücksichtigt und stellt sür alle Wähler, deren Steuerleistung den noch unbekannten ZemuS erreicht, den unkonservativen Grundsatz der Gleichheit auf. Um so mehr würden die untersten Klassen von dem Almosen erbittert sein, das man ihnen in Gestalt eines besonderen, auf dem Proportionalsystem beruhenden Wahlrechts darreichen will. UebrigenS dürfte der Vorschlag weder im Landtage noch bei der Negierung auf Erfolg zu rechnen haben. DaS ist bitter — nämlich für di« konservativen Führer in der Opitz'cken Richlung und der LandtagSsraktion. Doppelt bitter, weil eö von einem so angesehenen konservativen Blatt wie dem Chemnitzer lonstatiert wird. Und ganz bitter wird es, wenn man einen d, tlen Artikel binzunimmt, der im »Meißner Tageblatt" ebenfalls auS konservativen Kreisen erschienen ist. Än diesem Artikel nsirb nämlich dagegen protestiert, daß man in der den Wahl- entwnri der Regierung ablehnenden Haltung der im Vogtland unter des HosratS Dr. Opitz Führung abgebaltenen Versammlung ein« ge- f'cklofsene Stellungnahme der Konservativen des VogtlandeS sebcn dürse. Es habe sich um höchstens lOO Personen gehandelt und wer nickt dem »Opitzschen Flügel" angehöre, könne dresen Ausführungen keineswegs zustimmen." Es folgt dann «ine Begründung, wSehalb dies nickt möglich sei und darauf das Bekenntnis: Der konservativen Partei gehören immer noch vorwiegend Männer an, die die Regierung — insbesondere auch bei der so nötigen Sonntag 25. August 1907. 1V1. Jahrgang. Aenderung des Wahlrechtes — zu unterstützen gewillt sind und die ihrerseits nicht darein willigen werden, zugunsten einer gewissen Gruppe innerhalb der Konservativen die Negierung in dieter so eminent wichtigen Frage im Stiche zu lassen; durch ein solches Vor gehen würde die Wahlrecktssrage zum schweren Schaden deS schon schwer genug geschädigten Landes abermals und dann wohl voraus sichtlich auf lange Zeit hinaus ungelöst bleiben. Daß diese Gruppe im komeivativen Lager endlich auch die Nostitzicken Ausführungen über die sogenannte Nebenrcgierung als völlig unberechtigt hingestellt Hai, darf schließlich nicht wuneernchmen, da sckon auS dem gereizten Tone und der persönlichen Schärfe bervor- zugeben scheint, daß jene Gruppe sich in elfter Linie getroffen gefühlt bak. Diese besten Stimmen aus Cbemnitz wie aus Meißen bestätigen das Uruil, daß es immer weiter in der konservativen Partei kriselt und daß mehr nnd mehr der Wahlge etzentwurf der Regierung geeignet ist, eincn Keil in diele Partei hmcinzutresten. Die drei Zcitnngöstimlnen sind sür die Beurteilung der geaenwärt gen politischen Lage m Sachsen wertvolle Dokumente. Sie zeigen, daß die trüber im Sinn der Opitzschen Richlung der Konseivanven geleitete Negierung sich immer offner von ihr loslagr. Denn sie halt lrotz Opitz und Genosten unweigerlich an den Grundlagen ihres Wablgesetz'Nlwurss fest. Zugleich aber doluineiitiert sich >n der koniervativen Partei iclbst eine immer offener hervortrelendc Opposition gegen die bisherige Führung der Parlc>. Wer hätle das noch vor einem Jahre für mögllch gehalten! Dis Norwegens. Die Presse kommentiert mehr oder minder lebhaft die Nenter- mcldung, das; bei der Swincmünder Zusammenkunft Kaiser Wilhelms II. mit dem Zaren Nikolaus II. hauptsächlich die Frage der Neutralität Norwegens zur Diskussion gestanden habe. Namentlich englische Blätter knüpfen in Rücksicht auf die bevorstehende persönliche Begegnung Eduards VII. mit dem russischen Kaiser allerhand Betrachtungen an diese Nachricht und „Daily Gravhic" geht in einem besonderen Leit- arlikel sogar fo weit, von ähnlichen, dem Abschluß nahen Abmachungen über die Lage im Norden zu reden, wie die zwischen England, Frankreich, Spanien im stillen Einverständnis mit Italien jüngst in Kartagena über die Lage im Mittelmcer und in Südeuropa getroffenen Verein barungen. Das sind „gewagte Kombinationen". Daß die beiden nordischen Herrscher über die „Norwegische Frage", die tatsächlich existiert, ge'prochcn haben können, ist nicht ousgeschlosten, sondern wahrscheinlich. Aber oie Gründe dazu sind ganz andere und wir müssen an einige geschichtliche Tatsachen erinnern, die vor der Oefsentlichkeit bis letzt nicht erörtert wurden. Gustav IV. Wasa, der letzte König von Schweden aus dem Hause Wasa, der am 10. Mai" 1809 entthront wurde, hatte sich am lll. Oktober 1807 mit der Prinzessin Friederike von Baden vermählt. Dieser Ehe entsprangen drei Kinder: der als österreichischer Fcldmarschallcutnant verstorbene Prinz Gustav, Prinzessin Sophie Wilhelmine, Großherzogin von Baden, gestorben 7. Juli 1865, und Prinzessin Cäcilie, Grotz- herzogin von Oldenburg, gestorben 27. Januar 1844. Nachdem sich der entthronte König Gustav IV. Adolph im Jahre 1812 von seiner Ge mahlin hatte scheiden lassen, versöhnte er sich 1818 wieder mit ihr und ließ sich heimlich von neuem mit ihr trauen. Dieser erneuten Ehe, der aber ein Familienrat seine Anerkennung verweigert hatte, entsprang eine Tochter, Anna Helga. Zar Alexander I. aber, der, aus der Erb- chaft seiner Mutter, Legate an Gustav IV. auszuzahlen harte, mischte ich ein, und während die Kinder Gustavs IV. bei Ncichsacht und Todes- rrase auS Schweden verbannt wurden, erwirkte Alexander I. bei Karl XIV. sBernadvttej folgenden Vertrag: Anna Helga wurde für illegitim erklärt und erhielt den Familiennamen de la Brahe, sie sollte in Schweden heimlich erzogen werden, in Ehren gehalten sein, ober un- verehelicht und in Unkenntnis ihrer Herkunft bleiben. Für die Kosten ihres Unterhaltes deponierte der Zar Alexander den Betrag von drei Millionen Kronen, ans deren Zinsen die Pension für Anna Helga de la Brahe bestritten werden sollre, während das Kapital im Falle der Ein haltung des Vertrages dem König Karl XIV. und seinen Nachfolgern verblieb. Falls der Vertrag aber nicht erfüllt würde, sollte die Insel Gotbland, der nördliche Teil der Norbotten und ganz Norwegen an Rutz- land fallen. Als nun die Prinzessin Sophia Albertina starb, glaubte man aus ihrem Testamente zu entnehmen, datz sie gegen das Haus Bernadotte konspiriert und die jugendliche Anna Helga in Kenntnis ihrer Ab stammung gesetzt habe. Anna Helga wurde infolgedessen für wahn sinnig erklärt und in das Irrenhaus von Vadalcna gebracht. Im Jahre 1828 erschien dann ein russisches Geschwader „zu Besuch" im Hasen von Stockholm, und auf ihm befand sich inkognito Zar Nikolaus I. Dieser deponierte neuerdings drei Millionen Kronen für Anna Helga, und der Kronprinz, spätere König Oskar I. beauftragte den Professor Tronos, Anna Helga zu be'reien. Seitdem hat sic bis zu dem am 8. Juli 1859 erfolgten Tode ihres Beschützers ruhigcDage in Stockholm und zeitweilig auch in Finnland verbracht. Auch Oskars I. Nachfolger, Karl XV., zahlte die Pension weiter, bis diese im Jahre 1876 nach der Erkrankung des Königs eingestellt wurde. Seither begann, von schwe dischen Politikern und Publizisten geführt, ein Kampf gegen Anna Helga, die als „Betrügerin" bezeichnet, unter der Hand aber von Rußland unterstützt wurde. Der russische Minister Daschkow forderte vom schwe dischen Hofe die Rückerstattung der Dotation, Schadenersatz für die Anna Helga zugesügten Unbilden und unterhielt drei Spione zu ihrer Ueber- wachung. In dieser Zeit und schon früher bat die Erörterung des Anna Helga- Vertrages mit Rußland durch schwedische Politiker begonnen. Zwei hervorragende Parlamentarier Schwedens, Naukalt und Vehr, ar beiteten über die Sache ein Promcmoria aus, das sie im Jahre 1866 dem damaligen Minister des Auswärtigen Grafen Wachtmeister übergaben. Dieser bestätigte den Inhalt der Promemorien als richtig. Daraus folgerten die schwedischen Politiker, daß die Politik deS Reiches in ein Äbhängigkeitsvcrhältnis zu Rußland gebracht sei, das der Neutralität und den Interessen Schwedens schädlich, ja geradezu gefähr lich lei. Doch ging die Sache noch weiter. Am 2. Februar 1884 brachte das schwedische Blatt „FöderunS- ladet" die sensationelle Mitteilung, die schwedische Regierung habe wichtige Positionskarten an Rußland ausgcliefert, und ein Eisenbahn projekt der Regierung für die Traversierung des Nordens von Schwe den wurde offen als Etappenstraße für Rußlands Vormarsch nach Nor wegen bezeichnet. Die Debatten gingen so weit, daß man vorschlug, die Jnterventionsremdcr Mächte onzuruscn. und daß um jene Zeit eine europäische Großmacht ihren alten Gesandten abberief und durch eine jüngere Kraft erietzte. die „besser imstande sei, die Einwirkungen auf die schwedische Politik zn beobachten." An der Hand dieser geschichtlichen Erinnerungen wäre eS wohl denkbar, daß von norwegstch-cnglisch-däni'chcr Seite die günstige Ge legenheit der Geldknappheit und inneren wie äußeren polnischen Ohn macht Rußlands ausgenützt und dieses veranlaßt wird, auch in aller Form auf seine Rechte aus dem Anna Helga-Vertrag zu verzichten. Ter deutschen Politik kann eine osfen anerkannte Neutralität Norwegens nur willkommen sein, eine Annullierung des Anna Helga-Vertrages ist siir uns Lebcnsbcdingung. So wäre Kaiser Wilhelms Mitwirkung in diesen Verhandlungen verständlich und iw Interesse unserer politischen Lage aber auch lebhaft zu begrüßen. Deutsches Reich. Leipzig, 25. August. * Cambon i» Norderney. Der französische Botschafter Herr Jules Cambon ist gestern auf Norderney eingeiroffen und wirv heute Gast des Reichskanzlers Fürst Bülow sein. Es liegt aus der Hand, daß die Marokkanische Affäre in erster Linie Gegenstand der Besprechung sein wird. DaS wird auch auf feiten der deut'chen Regierung nicht bestritten. Die offiziöse „Süddeutsche Reichskorrespondenz" schreibt offen: Diese Gelegenheit zu einer Besprechung der schwebenden Fragen ist beiden Staatsmännern gleich willkommen. Nur muß man nicht glauben, es solle tu der Unlerrcdung von Norderney ein anderer Faden gesponnen werden, als in len Geipläcken von Swinemiinde und Wilhelmsköhe von Ischl unv Marienbao. Den Grundlon blldcte überall ein beruhigender Einklang in der Stellung der enroväiicken Großmächte zu den marokkanischen Angelegenheiten. Man ist einig in der Ucberzeugung. laß die von Frankreich mit Spanien ergriffenen Maß regeln nickt Annexionszwecken dienen, sondern den unsicheren Zuständen in den Häfen Marokkos ein Ende bereiten und den Uebergang bilden sollen zur Tnrchsührung der als unerläßlich bewachtsten polizeilichen Reformen. Alle beteiligten Regierungen haben sich gegenüber diesem Vorgehen für eine loyale Zurückhaltung entschieden, und gerade Deutschland übt sie nicht zum welligsten. Herr Eambon dürfte darüber in der Besprechung mit tem Reichskanzler weitere Gewißheit erhalten. Besondere politische Steuerungen aber in Sachen Marokkos zwilchen Deutschland und Frankreich kann nur der erwarten, ter den Kabinetten von Berlin und Paris mit Beziehung auf da- Scherifische Reich Pläne unterschiebt, die von beiden nicht anerkannt werden. Diplomatisch vorsichtig genug ist diese Sprache der olfiz ösen Korre- svontenz. Namentlich im letzten Satz: „Pläne unterschiebt, die von beiden nicht anerkannt werden." Klärender wäre jedenfalls, wenn ge'agt würde „die von beiten Nicht gehegt werden". Hoffentlich deckt sich bei Frankreich daS „nicht anerkennen" mit dem „nicht hegen". * Fortsetzung Ser Tcdcll-Tebattc. Am Vorabend tes Würzburger Katholikentages erteist das Parieiblatt tes bayerischen Zentrums der „Köln. VollSzrg." und der „Germania" die Antwort auf das Ersuchen, in der Sckell-Debalie endlich „Schluß" zu machen. Der „Bayerriche Kurier" denkt nicht entfernt an Schluß, vielmehr verschärft er ren Ton ter Auseinandersetzungen, indem er auS der „Gesamtanlaae" des Ausrufes zur Errichtung eines Sckell-Denkmals die bilteiste Anklage gegen ren „SalonkalboliziSmuS" schmiedet. DaS Münchener Zcntrumsblatt wirft den Unlerze chnern jenes Aufrufes damit vor, daß sie nur die katholische Intelligenz hätten fassen, den KaihvlizismuS in einen Kastwliz-smus für die Gebildeten und in einen für das Volk hätten spalten wollen. Von diesem Vorwurf die Kirchensürsten von Bamberg und von NegeuSburg ausnehmend, hält der „Bayerisch. Karrer" s-br aus. eregt ter „K. V.-Z." und der „Germania" rn'g gen, daß der Papst besser als die norddeutsche ZentlUmSprcsse wisse, was der Kirche jiomme, und jährt fort: „Wenn die norddeutschen Kolleginnen all das Reformelend, das uns die Jahre her in Bayern erbracht haben.., so taß man bis zum Halle hinauf diese koketlierenbe Theologie satt hat, deren Begleitericheinungen abstoßender Profess orenvunlel und dirett widerliches FakultätS- gezäuk waren, wenn die norddeutschen Kolleginnen all die Machinationen genau rcrsolgt Hullen, die geübt wurden, uin die theologischen Lehrstühle an unseren Univeisiläirn Reformern zuzuschustern, deren „hoher wisienichastticher Ruf ' wenig Begründung erfahren hat durch literarilche Produkte—, wenn man iu Köln und Berlin Notiz nehmen wollte von den Strömungen in innerem jungen Klerus, die jeden Katholiken mit Sorge erfüllen, dann würde man es vielleicht begreifen, daß man... cs begrüßt, daß vvn Rom aus . . es unter nommen wird, die Dinge wieder an ihren Platz zu stellen." Zur Erhöhung deS Eindrucks dieser neuen Febde gegen die Reformer behauptet der „Bayerische Kur.", daß der Papst seil Jahresfrist seinen Eingriff in die Schellfrage vorbereitet und trctz der möglichen „un geheueren Konsequenzen" ausgesiihrt habe. * Zur NorSmarlpoltttk haben sich die freikonservativen Landtags» abgcordncter der Provinz Schleswig-Holstein in einer Erklärung ge äußert, in der es heißt: „Wir unterzeichneten freikonstrvativen Abgeordneten SckleSw'g- Holstelns glauben angesichts der jüngsten Vorgänge in unserem Heimcnlande nicht schweigend beiseite stehen zu dürien. Wir sprech n die sichere Erwartung aus. daß die königliche Regierung stark und konsequent sein und obne Schwäche und Schwanken ihre Pfl chl tun wird. Eine Versöbnungspolitik ist solange nicht angän O, als nickt von dem dänisch gesinnten Teil der Bevölkerung Nordfckleswigs der Vertrag vom ll. Januar 1907 tatsächlich und in allen seinen Ken'e- quenzen anerkannt wird, und als nicht die Versuche, von auswärts neuen Agitanoncstoff in das Land zu werfen, auch jenseilö der Grenze aufgegeben werden." * Tie Rückfahrkarte soll, wie das „Hamb. Freuiden Blatt" be stätigen kann, wirklich wi derlommen unv zwar nicht nur m dem be schränkten Maße, wre vor wenigen Tagen g meldet wurde, sondern mit läng-rer Gültigkeitsdauer in der alten Form und vielleicht auch — mit Preisermäßigung! Wenn es nicht schneller gebt mit dieser Reform, so liegt das daran, daß man sich immer noch scheut einzugcstebeu, einen Fehler gemacht zu haben und, daß man erst das ganze Zahtcnmatenal. welches den „Erjolg" der bisherigen „Reform" beleuchtet, nach Abschluß der Sommermonate abwarlen will. * Nachklänge zum Tchnlstrcik Nachdem der polnische Schulstr ik jetzt völlig beendet ist, läßt die Regierung gegen Eltern und K nrer Milde walten. Sie hat angeordnet, daß die vierzehniäbiige» Schul kinder, die wegen Teilnahme am Sckulstreik in der Sckulpfl ckl zmück- geüal?cn wurden, jetzt so ort entlassen werden Eenio sollen die von der Versetzung ausgeschlossenen Schüler nachträglich den l öderen K assen zugeteilt werben. — Aus den Lehrer GabrielSke an der katholischen Schule zu Jezewo bei Labischin wurde ein Ai schlag veriibi. Wä reno er nachts schlief, wurde durchs Fenster ein Schrotsckuß aus um ab. e- feuert. Die ganie Ladung aing inS Bcttg stell. Als muimaßliche Dä rr wurden der Wiesenwärter KuraS auS Jezewo uno ein sich zuizeii bei Verwandten in Jezewo aufkaltendcr Schlosser aus Berlin verhaftet. Die Tat hängt zweifellos mit dem polnischen Scbulstreik zmammrn. cd. Lrganifatton polnischer Kleriker. Wie der „Brest. Gen.-.llnz " meldet, beabsichtigt die polnische Geistlichkeit der Erzdiözeie Gnes en-Pos en eine geschlossene Vereinigung ins Leben zu tuten. Zu Vielem Zwecke findet am 10. September d. I. in Polen ein- Versammlung der polnischen Geistlichkeit statt. Angeblich lost die Vereinigung nur w rtlckaitliche Zwecke v-rsolgcn unter AuZchlug polui'cker Anikleacnheiten. Der Zutritt zu der Vereinigung soll nur polnischen Geistlichen gestattet sein. * Tic AnSweisnng ScS Sozialisten Luclch. Der .StaatSanze- er" Württembergs veröff nllickt eine amtliche Mitteilung zu der AuSweuung des Engländers Queich. Danach hat daS Ministerium bcS Inn rn in den von dem Delegierten Quelcb geäußerten Worten über den Haager Kongreß eine unzweideutige schwere Bcschimpfuug der Delegierten der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite