Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.09.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190709017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-01
- Monat1907-09
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen Ausgabe 8, vnzeige«.Preis ««MjLhrÜch» relevho»«r.M^ Nr. 1«^ Nr. Nr. 242 Sonntag 1. September 1V07. gleich z fechten/ Kimmen bes chatten und M al» S timmen g«g 1Ü1. JabMnq * Im Großen Preis von Baden (60000 '^ls ging der Gröditzer „Hammurabi" mit G. Stern im Sattel als erster durchs Ziel. (S. Sport.) Da» Wichtigste vsin Lag«. * In Tecklenburg wurde daS Fest der 200jährigen Zugehörig keit der Grafschaft zu Preußen im Beisein der Kaiser- feierlich be gangen. Der Kaiser hielt «in« längere Rede. lS. DtschS. R.) * Die Kapelle »DaS Kruzifix von Boca", die mit einem Kostenaufwand von einer Million Lire erbaut worden ist, ist nach einer Meldung auS Mailand eingestLr - t. (S. Neue- a. a. Wll * Der Vesuv ist am Freitag plötzlich wieder in Tätigkeit getreten und hat große Mengen Asche ausgeworfen. Die Ortschaft Torre Annunziata ist bedroht. (S. Letzte Dep.j * Das Urteil über dieMeuterervonSveaborgist gestern gefällt worden. (S. AuSl.j * Der russische Botschafter sandte namens der Haager Friedenskonferenz an die Königin Wilhelmina au- Anlaß ihre- gestrigen Geburtstage- eine Glückwunschdcpesche. Bezugs VretA vryan ist «» UMnn, h vor dir»«» der Liebe der. Eingeborenen, mdem er sie gegen die AuSsch Truppen ,n Schutz nahm und mit rücksichtsloser Euer, Militärs--' — auch die s>» Autzrat» Leipzta und Umgcbun« d«, «gespalten- P-iiizeile 25 Pf-, finangiev« Lnzrigen 30 Pf., Reklamen I M.; »im autwärt« 30 Ps., Reklamen 1.2) M. »om Ausland 50 Pi, fin in<. Anzeige:,75Ps. ReNamen 1.50 M. Inserate». BebSrden im amtlichen Teil40Ps. Beilagegebülir 5 M. p. Tausend e;kl. Post, aeoühr. Keschästüanzeige,' au deuue.,u;lec Stelle im Preise erdicht. Rabatt nach Taris. Yesterteilte Aufträge können nicht zurück, gezogen werden. Für ta» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Auguslutp.'atz H bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Lrpedrtronru de» In- und «urlaube«. Pairpt -iltalr verlin: Carl Duncko , Herzogl. Baur. Hosbuch» Handlung Lützowstrabe 10. (Telephon VI, Nr. <603). und dar deutsch« 5,25 »önaili- «ad MWgerTllgMaü Handelszeitung. W- Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltabt Leipzig. Deutsches Reich. Leipzig, 1. September. * Kaisertage tu Westfale«. Neber die HuldiamrgSfeier iu Tecklen burg am gestrigen Tage wird gemeldet: Die Feier eröffnete Choral- gesang und Dankgebet. Sodann hielt Landrat Belli ein« Ansprache an den Kaiser, in der er den Dank der Grasschast sirr sein Erscheinen aus drückte und vem Kaiser den Willkommensgruß entbot. Als die Graf schaft vor 200 Jahren an Preußen gekommen sei, sei sie bald inne ge worden, welche Wohltat es für die Bewohner sei, Glieder eines kraft vollen, von starker Hand und zielbewußtem Willen gelenkten Staatswesens ru sein. Fest, wie der Felsen der Heimat, werde die Treue der Graf schaft stehen. Der Landrat schloß mit der Bitte um Annahme deS EhrentrunkeS und mit einem Hoch auf den Kaiser. Dieser ergriff den Pokal und hielt eine Ansprache, worauf er auf daS Wohl der Grafschaft trank. Die Ansprache des Kaisers lautete: »Sie haben soeben im Namen der Grafschaft Tecklenburg die Gefühle der Treue und Dankbarkeit für daS Haus, unter dem Sir seit 200 Jahren stehen, ausgesprochen. Ich meinerseits spreche Ihnen am heutigen Tage meinen Glückwunsch auS. In dieser Feier und mit Ihnen zusammen danke ich Gott, daß er eS also gefügt hat, das; wir die Feier in Frieden mit frohem Herzen miteinander begehen können. In Gedanken weilt heute auch meine Gemahlin, die Kaiserin, hier, die schmerzlich bewegt ist, am heutigen Tage nicht auch hier oben unter Ihnen weilen zu können. Als der hochselige König Friedrich Wilhelm IV. hier oben war und seine schönen, begeisternden Worte an die Tecklenburger richtete, war das Vaterland noch in seiner Ent wickelung begriffen. Der große Wunsch, den Sie vorher in so poesie voller Weise geschildert haben, bewegte noch die Herzen aller Deutschen. Am heutigen Tage stehen wir vor vollendeten Tatsachen, das kancr- liche Banner ist in deutschen Landen wieder aufgerichtet, und der germanische Aar schwebt über dem Reiche, seine Flügel auSbreitene. In ihm rufen die Germanen: „Lud umdra alarum tuarum protsgcr nos." Die hier versammelten Vereine, Kriegervereine und Veteranen, daS sind die Männer geweien, die in der beißen Zeit des Jahres 1870 die Kaiserkrone aus dem Feuer der Schlachtfelder ge wonnen haben, und die mit dem Großen Kaiser zusammen das Deutsche Reich wieder zusammengeschmiedet haben. An ihnen ist es, die Eindrücke der großen Zeit zu bewahren, die sie mit meinem Groß vater erlebt haben, sie auf die jüngere Generation zu übertragen, in Dörfern und Städten, wo sie sich auch befinden, die Königstreue nuv daS Andenken an die Vergangenheit zn starken, Vorbilder der Jugend zn sein und als ihre Vorbilder zu wirken. Den Pokal, gefüllt mit deutschem Wein, trinke ich auf das Wohl der Grafschaft Tecklenburg mit dem Wunsche, daß Gottes Segeu Sie behüten möge, daß er mir Kraft verleihen möge, auch feruerhin den Frieden zu bewahren, damit Sie Ungestört Ihren Geschäften naHgehen können, und mit dem Wunsche, wie König Friedrich Wilhelm IV. ihn aussprach, daß ihre Reinheit, Treue und hingehende Liebe auch fernerhin den Tecklen- burgern bewahrt bleiben möge bis m alle Ewigkeit." Später trat der Monarch die Rückfahrt »ach Münster an, unter wegs überall von der Einwohnerschaft auf daS herzlichste begrüßt. Ll.p. Generalmajor von Deimling, der zurzeit im Anbange der Rangliste unter »Kaiserliche Schutztruppen" alS »bisheriger Kommandeur" der Schutziruppe für Südwestafrika geführt wird, soll, einer Melkung der »Mil.-pol. Korresponken;" zufolae, nach rem Kaisermanövcr in ras Heer zurücktreteu und das Kommando einer Infanterie-Brigade erhallen. * Freiherr von Turant, Mitglied deS preußischen Herrenhauses, ist im Alter von etwas über 7o Jahren gestorben. Er war ein Konserva tiver der alten mehr royalistischen Art, die mehr und mehr ausstirbt, voll Feuereifer gegen jede liberale Regung auf politischem wie kirchlichem Gebiet. Namentlich auf diesem hat er sich gern bei seinen Herrenhaus- reden getummelt tznd dabei mehr Eifer als geistige Bildung gezeigt. » Sehr verständig. Für den Fall der Auflösung des Stuttgarter internationalen Sozialistenkongresses war, wie jetzt bekannt wird, der Lchweiz das Vergnügen zugedacht, den Schluß des Kongresses auf ihrem HWbiete zu erleben. Wie die „Schwöb. Tagw." nämlich mitteilt, waren, ^old per Kongreß-stch genötigt gesehen hätte, Stuttgart zu verlai'cn, ichou alle „Vorbereitungen dafür getroffen, die Arbeiten in der „freien Schweiz^'zO beenden, was „den Kamdfesmut seiner Teilnehmer nur aufS neue gestählt hätte". Wohin der Kongreß dann ausgcwandert wäre, das sagt das sozialdemokratische Blatt nicht. ES wäre, »ach der „Neuen Zur. Ztg." wohl Zürich in Betracht gekommen. DaS Damoklesschwert der Auflistung schwebte in der Tat eine Zeitlang über dem Kongreß. DaS war nach der Erklärung Singers, in der er der „tiefen Beschämung* ubev d,e Ausweisung de« Engländers Queich Ausdruck gab. Damal» Kriegsminister einfach ablehnend zu antworten; es muß demselben viel- mehr eiu Ausweg gezeigt werden, was anderweitig zu geschehen hat, um den vou ihm erstrebten Zielen näher zu kommen." Oehlschlägcr schlug zu diesem Zwecke einen Absatz vor. den er auf einen Zettel schrieb und der seiner Ansicht zufolge am Schluß des Schreibens Aufnahme finden sollte. Darauf bestimmte BiSmarck, daß ihm am folgenden Tage noch einmal Vortrag in der Sache erstattet werden solle, und zwar unter Beiziehung RottenburgS: „Vier Augen sehen besser als zwei." Bei diekem zweiten Vorträge akzeptierte Bismarck den Oehlschlügerschen Zusatz, bemerkte aber, dieser solle nicht an den Schluß, sondern an den Anfang deS Antwortschreibens an Verdy gestellt werden. In der Unterredung, in der mir Oeblschläger diese Episode mit- teilte, erzählte er mir noch folgende Einzelheiten: „Bei den Vorträgen der Minister zeigte Bismarck einen großen Ernst. Wenn ich nicht zu einem Vortrage zu ihm befohlen wordeu war, fragte ich stets bei Rotten burg an, wann ich den Fursteu sprechen könnte. Die daraufhin be stimmte Zeit mußte pünktlich eingehalten werden. Fünf Minuten zu spät — und man wurde nicht mehr vorgelassen. Einmal ließ ich mich avmelden, um die Dispositionen des Kanzlers in einer laufenden Bundesratssache zu erfahren. Der Justizminister von Schelling hatte mich gebeten, ihn in einer heiklen Sache, in der daS preußische Staats- Ministerium bereits Entschluß gefaßt hatte, im BundeSrate zu vertreten „Darf ich fragen, Durchlaucht, welchen Standpunkt das preußische Staatsministerium in der Sache eingenommen bat?" — Bismarck: „Das sage ich Ihnen nicht." — Ich: „Ja, aber dann kann ich doch im BundcS- rate meine Stimme nicht abgeben." — Bismarck: „DaS sollen Sie aua, nicht; waS brauchen Sie sich bei Ihrem Eintritt in den Bundesrat gleich zu kompromittieren? Lassen Sie doch die Sache Schelling aus- fechten." Bei Besprechung der Haltung Bismarcks nach feiner Entlassung bemerkte Oehlschlägcr: „ES war bei seinem Temperament niemals vorauSzusetzen, daß der verabschiedete Bismarck sich mäuschenstill ver- halten und ebenso artig wie Delbrück, Eulenburg, Camphausen und wie sie alle heißen mögen, das Heer der entlassenen Minister einfach um eine Ziffer vermehren würde." . ViemarÄ «Erinnerungen -er NerchrgertchirprSft-enteir von GehlschlSger. Von Heinrich v. Poschinger. Wenn.ich die hohen Würdcv. cäger de? Reichs ' ..r Bisv^ck 'm Geiste an mir vorüberziehen laste, ,o er,cb.styt mir «ls eine der sym pathischsten Figuren stet- Herr von Oeblschläger. Er war alles weniger, als WaS man einen Streber nennt, ein Mann von Geist und Wissen, dabei wohlwollend, nichts weniger als nervös, ans die Umgebung ge- radrzu beruhigend wirkend, alles in allem so recht ein Muster der alten preußischen Bureaukratie. Ich glaube, er batte keine Feinde, es sei denn solche, di« sich jeder Minister zuzieht, der die Wünsche aller sich an ihn herandrängenden Bittsteller unmöglich erfüllen kann. Ein Hauptverdienst Oehlschlägers als Staatssekretär des ReichS- justizamts bestand darin, daß er das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuches sicherte. Das große Werk wollte gar nicht mchr vom Fleck kommen, bis er aus den glücklichen Gedanken kam, den Reichstag da durch dafür zu gewinnen, daß er eine Anzahl Parlamentarier in eine neue bürgerliche Gesetzgebungskommission berief. Erfahrungsgemäß finden sich die Abgeordneten durch eine solche Berufung geschmeichelt, und sie sind es jetzt, die daS Elaborat durch die verschiedenen Klippen in den Hasen lotsen und den armseligen Geheimräten -eigen, was sie alles vermögen und wie es gemacht wird. Am 12. Dezember 1889, als der damalige Staatssekretär des Reichsjustizamts bereits bis über den Kopf in den Geschäften des Bundesrats und des Reichstags steckte, bekam derselbe ganz unerwartet ein chiffriertes Telegramm aus Friedrichsruh, woselbst der Reichs kanzler seit dem 16. Oktober weilte. Dy Ochlschläger den Schlüssel zu der Geheimschrift nicht besaß, so begab er sich zu dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, dem Grafen Herbert Bismarck, in die Wilhelm- straße, der ihm das Rätsel löste: „Mein Vater bittet Sie, sich umgehend in Friedrichsruh einzufinden." — „Ja, aber warum telegraphiert mir der Kanzler dies nicht en clair?" — „Er wird eben nicht haben wollen, daß Ihre Anwesenheit bei ihm irgendwie bekannt wird. Fahren Sie bin, und Sie werden dort schon erfahren, warum die Sache mit so viel Vorsicht behandelt wird. Sagen Sie meinem Vater, ich würde auch hinauSkommen, sobald die Geschäfte es gestatten. Augenblicklich geht eS noch etwas toll her: doch ist Weihnachten vor der Tür." — Exzellenz v. Oehlschläger packte also seine sieben Sachen und fuhr nach dem Sachsenwald. Nach der Ankunft in Friedrichsruh wurde er von dem Kanzler sogleich empfangen, das Gespräch betraf aber bei dieser ersten Begegnung nicht den Gegenstand, weshalb er berufen worden war. Erst bei der Spazierfahrt im Sachsenwald erzählte ihm Bismarck, er habe von dem Kriegsminister von Verdy du Vernois ein Schreiben er halten, wonach eine größere Einwirkung des Kriegsministers auf die Eisenbahnen -« militärischen Zwecken verlangt wurde. BiSmarck be merkte, er batte eine solche mit oen Bestimmungen der RcichSverfassunz nicht wohl für verträglich. Augenscheinlich habe sich der KriegSminister deS Einverständnisse» deS Kaisers versichert, deshalb rechne er sicher darauf, daß auch feine (Bismarcksj Antwort dem hohen Herrn zu Ge- ficht kommen werde. „Ich leae um so mehr Wert darauf, mich unter der Hand Ihre- fkinverständvIffeS -n versichern, als die Sache in einem späteren Stadium «och «r prokesro herantrete« kann. Wenn wir nach Hause kommen, bitte ich Sie, sich die Schriftstücke anzusehcn und mir zu sagen, waS Sie davon denken. Ich möchte nicht, daß meine Antwort gegen mich ausgebeutet werden kann." Darauf verließ der Kanzler daS Thema. Man sprach vom Wald, dem Gesundheitszustand deS Kanzlers, um aber gleich wieder auf daS Kapitel der Politik zurückzukommen. „Ich sehe", bemerkte er, „der Zukunft nicht ohne Besorgnis entgegen, und ich glaube, ich bin die längste Zeit Kanzler gewefen. Das Verhältnis zu dem jungen Kaiser läßt manches zu wünschen übrig, und ich habe den Eindruck, daß wir auf die Dauer nicht miteinander auSkommen werden. Der neue Gut-Herr kommt mit dem alten GvtSinspektor nicht gut auS." — „Aber Durchlaucht denken doch nicht ernstbaft an einen Rücktritt?" — „Und »och dazu au eine« baldigen, so schwer er mir würde. In Berlin geht etwa» vor, Rottenburg warnte mich noch dieser Tage und meinte, ich solle so bald als möglich dorthin zurückkehren. E» gibt bereit- verschieden«, die ans mein« Erbschaft spekulieren, Walderse'e zum Beispiel — aber der vird^es nie." Verdy nannte er in diesem Zu- sammenhange da- ..Gebirn'WalderseeS". Nach der Rückkehr inS Selsiosi; bat BiSmarck Oeblschläger, Hm in der bewußtdn AngclegenHWDortvug zu erstatten, und er übergab ihm gleichzeitiq den Entwurf d-S Antwosk- fchreibenS an Verdy, eine Angabe des Geb. Reg.-RatS Dr. v. Rotten-, bürg, die aber Bismarck stark vurchkorriyiertHatte. Mit Rücksicht dar- ir Bryan- ist ans, daß die Antwort voraussichtlich Seiner Majestät dem Kaiser vor- icht selbst auf- gelegt Würde, hatte O-khlschläacr Bedenken hinsichtlich deren Fällung demokratischeO^und bat darum, die Angabe behufs genauerer Neberlegung zuerst aiff ... fein Zimmer mitnehmen zn dürfen. Als er zn BiSmarck zurückka», bemerkte er: „Wie die Ding« liegen, möchte e- nicht angehen, dem eutbusiastlsche Empfang bei der Rückkehr von seiner Eurovareise bewies. Auf seine Person haben sich schon in früheren WMfeldzugeu Mil lionen Wahlstimmen vereinigt, und -war M einer Zeit, da er mit einem ganz verkehrten Wahlprogranrm auftrat. Besonders an der „Freisilber- wee scheiterte er damals. Er hat sie inzwischen aufgegeben, die Silber- bvwoguna ist tot. Mit unleugbarem GHchick bat Bryan aber die erste Gelegenheit benutzt, seine frühere Forderung der Verstaatlichung aller öffentlichen Verkehrsgesellschaften zurückzunehmen, weil er eiugeseheu hat, daß sie unpopulär sei. Zwar sei er, wie er scmt, persönlich noch immer davon überzeugt, daß dieser Gedanke einmal verwirklicht werde, aber vorläufig erachte er eS für genügend, daß die Regelung des Ver kehrswesen-, die Festsetzung von Frachtsätzen und strenge Ueberwachung der Kapitalisierung öffentlicher Verkehrsaefellschatten durch die Gesetz gebung geordnet werde: für den zwischenstaatlichen Verkehr durch Bundesgesetze, und für den Verkehr innerhalb der Einzelstaaten durch Staatsgesetze. Bekanntlich hat sich auch Roosevelt früher für Verstaat lichung der Eisenbahnen ausgesprochen, er hat eS aber nicht zurück- aenommen. In Amerika ist iede Mehrung der Staatsgewalt unpopulär. Nach Bryans Revokation erscheint der Verstaatlichvngsaedanke als re publikanische, nicht alS demokratische Forderung, und bei der Wahl bewegung wird daS auSgenutzt werden. So erklärt sich die Bryansche Taktik. Nun wird sich aber der Hauptkampf bei den nächsten Wahlen um die Bekämpfung der Trusts und die Zolltarifrevision drehen; in dessen in dieser Beziehisna wird Taft, wie ferne letzte Rede in Kolumbus beweist, nicht weniger scharf vorgehen wie sein demokratischer Gegner. In der Tat haben manche Freunde Bryans diesem geraten, mit Rück- rcht auf die ganze Sachlage und mit Rücksicht darauf, daß Taft wegen einer persönlichen Verdienste schon heute ziemlich starke Popularität zenießt, sich seiner Nomination für 1908 zu widersetzen und seine Kandi- >atur für den günstigeren Augenblick von 1912 zurückzustellen. Bryan ist auf diesen Vorschlag nicht eingeganaen. Sicher wird sich zwischen beiden Kandidaten ein überaus leiden schaftlicher Kampf entspinnen, dessen Ausgang vorauszusagen sehr schwer ist. Der wabrscheinlichere Präsident dürfte aber doch wohl der Republi- kaner Taft sein, wenn auch infolge des bekannten Vorgehens gegen die Trusts die Wahlmittel für die republikanische Partei nicht so reichlich fließen werden, wie in früheren Jahren. Die amerikanisch« Wahlkampagne. Nachdem bereit? im Juli 1806 der KriegSminister Taft, selbst für amerikanische Verhältnisse früh, in einer ausdrücklich vom Präsidenten Roosevelt genehmigten Rede die Wahlkampagne im Süden, der Union eröffnet batte, hat er soeben zu Kolumbus m Ohio eine zweite Neve ge halten, die als wirkliche Prasidentschaftskandidaturrede. anzusehen ist. Nunmehr dürften sich oie politischen Wahlreden gleich einem Sturzbach über. daS Land ermeßen, obwohl die nationale Wahl erst rm November 1908 stattfindet. Aber man muß bedenken, daß die Präsidentenwahl den Mittelpunkt der gesamten inneren Politik der nordamerikanischen Union bildet; um sie dreht sich alles politische Denken, Empfinden und Handeln. Zwar daS erste Jahr nach vollzogener Wahl verhält man fick ziemlich ruhig; dann aber erinnert man sich, daß schon nach drei Jahren eine neue Wahl nötig ist, und sofort beginnt di« Agitation, der Ausguck nach geeigneten Kandidaten, der Kampf in der Presse nsw. Nach zwei Jahren wird mit der Vorbereitung zu den Gouverneurswahlen die Agitation immer lebhafter und lärmender, aber noch schwirren dann eine ganze Reibe von Namen umher, deren Trager den Ehrgeiz haben, ins Weiße Haus zu ziehen. Erst im dritten Jahre beginnt sich allmählich die Situation zu klären, und aus dem dunklen Chaos treten mehr und mehr diejenigen Persönlichkeiten an daS Licht der Oeffentlichkeit, die wirkliche Aussicht haben, gewählt zu werden. So ist es auch in diesem Jahre; noch trennen uns, wie bemerkt, fast 15 Monate von dem eigentlichen Wahltage, aber schon heute darf man sagen, daß sich wahrscheinlich die Wahlkampagne hauptsächlich um -Wei Personen drehen wird, um Taft und Bryan. Vielfach wird angenommen, daß Roosevelt nicht wieder zum Präsi denten der Vereinigten Staaten gewählt werden könne; eS ist das ein barer Unsinn. Nirgendswo verbietet ein geschriebenes Gesetz die Wiederwahl des Präsidenten, wohl aber will es die Tradition, daß ein Präsident nicht zum dritten Male seine Kandidatur ausstellt, nachdem er zweimal nacheinander das hohe Amt bekleidet hat. Mit sehr gutem Rechte könnte Roosevelt dennoch in der jetzigen Kampagne als Kandidat auf treten. da er ja nur als „Zufallsprasident" nach dem Tode Mc. KinteyS ohne sein Zutun seinen Einzug in daS Weiße Haus halten konnte. In dessen kennt Roosevelt zu sehr die Macht der öffentlichen Meinung und die amerikanische Volksseele, um zu wissen, daß, von anderen Gründen ganz abgesehen, eine nochmalige Kandidatur unter den jevigen Verhält nissen nicht opportun sein wurde. In Erkenntnis dieser Sachlage hat daher der Präsident schon vor langer Zeit in unzweideutiger Weise den von ihm hochgeschätzten Kriegs sekretär Taft als wünschenswerten Nachfolger im Prasidentenamt be zeichnet. Taft kommt es schon von vornherein zugute, daß er als der Kandidat Roosevelts, des populärsten Präsidenten, den seit Washington und Lincoln die Republik gehabt hat, gilt. Er ist nicht nur ein politischer, sondern auch ein persönlicher Freund Roosevelts. Taft, der im 50. LebenSiabre steht, wurde mit 30 Jahren, nachdem er eine Zeitlang als Journalist, RechtSanwalt und Richter tätig gewesen war, zum Rich ter deS ObergerichtS in Ohio ernannt. Schon drei Jahre später, im Jahre.1890, wurde er General-Sollicitor (zweiter Justizbeamter der Vereinigten Staaten). Dieses Amt bekleidete er sechs Jahre, um dann von 1896 blS 1900 als Professor an der juristischen Fakultät der Univer sität feiner Vaterstadt Emcinnati zu wirken. Seine hervorragende Tüchtigkeit bewies er dann als erster Zivilgouverneur der Philippinen. Hier erwies er.sich alS ein geschickte Diplomat, indem er in der fried lichsten We,se die Mönche au- dem Lande brachte, die die armen Be wohner der Inseln bis aufs Blut auSsogen. Er erwarb sich ferner die Liebe der. Eingeborenen, indem er sie auzen die Ausschreitungen der - n ,n Schutz nahm und mit rücksichtsloser Energie gegen alle Personen vorama, die sich Üebergriffe erlaubten. Taft reduzierte , Tr.uvpenzahl selbst auf 15000 unbewußte sich überhaupt wArend seiner zwenahrigen Tätigkeit in hohem Maße die Liebe und da- ver- trauen der Eingeborenen ^-u erwerben. Dnrch die Ueberaahme de» ArregSsekretarmtS am 1. Januar 1904 kam dann Taft in die unmittel- dare Nabe Roosevelts, der ih«, wie gesagt, sehr -och schätzt. Allerdings wurde Elchu Root, der V-Anger TaftS im.Kriea-sekreiariat und augenblicklicher Inhaber des Staatssekretär,atS de» Auswärtigen, viel- f'cht noch geeigneter sein al» Taft, da er eine aeistia bedeutende Persön- lichreit ist. Saale doch Roosevelt von ihm: „Er ist doch der klügste un gan- zen Kabinett . Aber Rootaemeßt nur sehr geringe Popularität, «ad dieser Umstand fällt bei emer Präsidentenwahl stark mS Gewicht, so daß durch die Äufstellnng Roots die Aussichten der Republikaner eine Verschlech terung erfahren würben. Sehr klug.bat übrigen» Taft daran gehandelt, daß er den vonmanchen Setten an ibn herangetretenen Wünschen, seine Stellung als Kriegssekretar »iederzulegen, um nicht allzu sehr als Kan didat RoosevettS zu gelten, nicht entsprochen hat. Da» hat der AuSgang der Tagung deS reLubl,Untschen StaatSkomiteeS von Obio bewieset^ Auf dieser Taguna,,st soeben mtt15 gegen S Stimmen beschlossen wor den, Taft wegen seiner .bohen Ebarakterciaensc' ' ' »v.- 'ahiguna für die diesjährige Präsidentschaft»» republikanischen Partei zu indossieren. Die 6 St auf den Senator Foraker, der aber nach dieser AbftiiNomna kaum «ehr 'n Betracht kom»t. So kann e» denn oll» sicher gelten, daß der KriegS- sekretär Tatt al» Kandidat aller Republikaner proklamiert und nach Gegner gegenüber. Auch die nämlich zweifellos. Zwar hat er gestellt, aber sich doch bereit erklc Partei zu beugen, fall» sie ibn m rä
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite