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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.09.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190709293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070929
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-29
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4. Beilage Sonntag, 29. September 1997. Leipziger Tageblatt. Nr. 279. 19L. Jahrgang. M uheftunden. Dev gsldne Engel. Erzählung von Luise Glaß. 5) Nachdruck verboten, Nothnagel kam herein, schloß vorsichtig die Tür, setzte sich und rieb sich behaglich die Hände. „Jedesmal, seit das Modell spielt, hab' ich auf die Ziehung ge wartet wie auf die ewige Seligkeit, wir haben lange Geduld üben müssen, heut' aber hat es gelohnt, und nun bauen wir die Maschine." Line wurde blaß, die Gedanken schossen ihr durcheinander; sie konnte keinen fassen, so schnell waren sie, überstürzten sich und drehten sich im Kreis, sie stammelte nur tonlos die Worte Nothnagels nach: „Nun bauen wir die Maschine." „Es ist knapp", fuhr der Apotheker fort; „wir müssen noch zu schustern, aber es geht, und ich hab' schon einen Mechaniker an der Hand, der kann bei mir wohnen und in irgendeiner Werkstatt hier die Aus führung übernehmen. Das Modell ist gerade im richtigen Status, und Naben wir nur erst die Probefahrt gemacht, dann kommen Gewinn und Ruhm mit Haufen." Ter alte Städel nickte strahlenden Angesichts zu alledem Zu stimmung und streichelte das Geld, das dem Luftschloß seines Lebens Grund und Boden auf der Erde verschafft hatte. „Vater!" rief Line, die Hände erhoben in einer Erregung, die all ihre knappe Schroffheit löste, „Vater, dieses Geld gehört uns, den Lebendigen — Gott hat Mitleid gehabt mit unserm Verfall und streckt uns die helfende Hand entgegen — wir brauchens zur höchsten Not: die Schulden, das veraltete, abgebrauchte Werkzeug, eine Presse, ein Geselle —" Heftig fuhr Städel vom Tisch, auf dem das Geld lag, herum und wandte sich der Tochter zu: „Was fällt dir ein? Das Modell hat ge spielt, seit zehn Jahren spielt es, das Modell hat gewonnen." „Wenn Herr Nothnagel seinen Anteil in den Wind jagen will, so gib ihm, gib! Die Apotheke hat ihn nicht nötig. Aber unsere Hälfte —" Ter alte Städel lachte, stellte sich mit stolzer Gebärde vor die Tochter und sagte ohne Scheu: „Nein, Line, so ist es nicht; bezahlt hab' ich allzeit die Lose allein, mein ist das Hochgefühl, wenn wir schwer- güederigen Menschenkinder uns endlich zu Herren der Luft machen werden — ich würde es auch gar keinem andern gönnen." „Vater", schrie Line auf, „du allein, du? So gib mir nur drei tausend Mark davon — ich richte mich ein." „Was denkst du", brummte er, unsicher geworden und verdrießlich wegen seiner Unsicherheit, „es langt so kaum." Sie faßte nach seinen Händen, die er ihr hastig entzog, faßte nach seinem Rock, glitt an ihm herab, bis sie auf den Knien vor ihm lag, trotz Nothnagels und des goldncn Engels Gegenwart. „Nur drei voü hunderttausend — du sollst sehen, was ich daraus mache! Auch du sollst ousatmen, du sollst nie mehr mit den Steinen geplagt werden, es soll alles still und hell um dich sein, ich brauche nicht mehr mit dem Oel für deine Lampe zu geizen, und wenn der Bruder heimkommt, soll er es so finden, daß ihm wohl wird zu Hause — nur drei von hundert — ein Griff — dort liegt's, und du merkst es kaum." Städel sah unsicher auf die Kniende hinab — einen haltlos und bittend zu sehen, der sonst allzeit sicher und schroff durchs Leben gehr, ist eine eigene Sache, dazu dieser flehende Ton, der ihn zum ersten Male an die Stimme seiner Frau erinnerte und an seine Frühlingstage in dem kleinen Häuschen vorm Tor, die Aussicht, nichts mehr mit den Steinen zu tun zu haben, und all das andere, was Line versprach, die noch nie mals an ihren Worten gedeutelt hatte — er wurde weich. Aber da stand Nothnagel, der kluge Nothnagel mit dem fatalen Lachen und dem höhnischen Ton, der den harmlosesten Worten Messer- schärfe zu geben vermochte. „Gib nur", sagte er, „gib! Jetzt dreitausend und über acht Tage vier und daun nochmal, und ein andermal; denn wenn ein Weiberkopf auf Verbesserungen fällt, dann nehmen sie kein Ende — wir aber bauen für die Menschheit, und wenn wir zur Hälfte fertig sind, gibt's keinen Groschen mehr, und wir haben ein Schloß ohne Dach. Proste Mahlzeit! Schenkt nur dem Weibe ein Goldstück, es ver- zettelt's in Hellern, und vergeblich sucht ihr danach, was sie wohl damit geschaffen habe." Städel sah von Nothnagel zur Tochter, die leider ein Weib war mit engem Sinn, unfähig, die Größe seines Unternehmens zu empfinden, und sah wieder zurück zu Nothnagel, der glücklicherweise allzeit bei Ver stand blieb. „Nein", sagte er verdrießlich, „nein, Line, es geht nicht; soi klug. Es brächte auch Unglück, wenn ich von ihrem Gelde wegnehmen wollte. Betrügen wir die Maschine, betrügt sie uns wieder." „Vater!" „Nein, nein, nein; es geht nicht." Grämlich klang die Stimme, und die Hände mühten sich, den Rock von der umklammernden Tochter frei- zumachen — da hatte sie ihm richtig wieder einmal Essig in den Freudenwein gegossen, statt ihn durch Mitfreude süßer zu machen. Mühsam stand Line vom Boden auf, wie verbrannt war ihr zumute, ganz kahl und leer, heiß und durstig. Sie ging langsam hinaus, <ie sah und hörte nichts; dumpf lag's ihr über Auge und Ohr. So stand sie noch an die Gangbrüstung gelehnt, als Nothnagel aus der Werkstatt kam und, vorsichtig ihre Schulter berührend, stehen blieb. Das fühlte sie; mit jäher Bewegung rückte sie sich aus Noth nagels Nähe. „Was wollen Sie van mir?" „Nun nun; warum immer so häuslich?" „Häuslich? Immer? Als ob ich es nicht vermiede, mit Ihnen zu reden." „Das auch mit, und das ist unklug, mein kluges Fräulein Städel; ich konnte und kann Ihnen manchen guten Rat geben — jetzt eben den, daß Sie dem Vater nicht mit Querelen kommen, wo er seine Gedanken zum großen Werke braucht. Aber wenn ich mit diesem freundnachbar lichen Rat —" Line tat einen tiefen Atemzug: „Ich danke für Ihren sreundnach- barlichen Rat, ich danke. Sie sagen, ich. sei häuslich — du liebe Zeit, wann hab' ich denn einmal geredet? Aus dem Weg bin ich Ihnen ge gangen; wenn Sie mir aber nachlaufen, nun, warum wicht, dann mag'ä einmal herunter vom Herzen. Sie haben meiner Mutter den Mann und uns Kindern den Vater gestohlen; Sie haben uns das Gespenst über die Schwelle gebracht und uns in den Schatten Ihres goldnen Engels gelockt, der ein Teufel ist, damit Sic uns auch ganz sicher in der Gewalt haben. Und findet sich doch ein Luftzug in unfern Winkel, der uns Freiheit geben will, so stehen Sie richtig da und werfen die Tür zu — was tut's, wenn wir ersticken, was tut's, wenn der Karl ver kümmert." „Nun, nun, nun — jetzt haben Sie ja wohl ausgeredet, weil Ihnen nichts weiter einfällt. Der Karl gerade wird schließlich einmal alles haben, Ehre, Ruhm, Gold, die Apotheke und mein Mädchen dazu — 'n hübsches Mädchen, lassen Sie doch die Steine, mit denen ist kein Geschäft mehr zu machen heutzutage." „Auch noch! Die Steine, an denen seine Neigung und seine Be gabung hängt, hingeben für eine Heirat mit dem Rädergespenst! Nein, was an mir liegt, gewiß nicht; was an mir liegt, soll er frei werden, ein erdenklicher Mann, dem nichts anhängt als sein Beruf." „Ein Simpel also!" rief der alte Nothnagel zornig und schlurfte zwischen seinen Kamillenbündeln davon. Line stand still und sah Nothnagel nach. Ihr war besser zumute als vorhin, sie hatte sich die Erregung, die sie erwürgen wollte, vom Halse geredet, sie hörte und sah wieder, was um sie her oorging, hörte Frau Flörke im Waschhaus hantieren und das Lachen der Acker- mannschen Buben, die mit Katapulten von der Stadtmauer aus nach den letzten Kastanien schossen, die der Wind den mächtigen Vorstadtbäumen gelassen hatte. Ta stieg sie hinunter, machte straffe Ordnung unter den Knaben, daß sie halb lachend, halb beschämt von ihrem Unfug abließen, und sagte zu Ackermann, der schmunzelnd in der Hoftür stand: „Nichts für ungut." Darauf wurde sein Schmunzeln ein fröhliches Lachen, er kam heraus ins Freie, so daß sie mitten im Hofe standen, gleich weit ab von jedem lauschenden Ohr, das Haus oder Nachbarhaus etwa auf Kundschaft schicken konnte, und da sagte er: „Im Gegenteil, Fräulein Line, das freut mich! Sie haben noch niemals fehlkommandiert bei den Unnützen, und das will was heißen, das nenn' ich so die richtige Mutterhand für die Jungen. Und weil doch heute einmal allerlei Veränderungen in der Luft liegen — wie wär's, wenn Sie meine Frau würden? Ich weiß schon, ein Schöner bin ich nicht, aber Sie haben mich immer meinen lassen, Sie hielten was auf mich. Und ein Ruhekissen ist der Posten auch nicht, aber das würde Ihnen am wenigsten gefallen." Die Rede stockte dem wackeren Meister plötzlich, denn der Ausdruck, mit dem sie nach dem Gang hinaufblickte, machte ihn nun doch wieder irre. Als er schwieg, sah sie ihn an: das gute, kluge Gesicht, das Helle Auge, der heitere Mund, die feste Gestalt — sie hatte ihre Freude an diesem Anblick, und sie schätzte den Mann sehr, und vorn in der Schmiede schien ihr trotz des rußigen Handwerks und der fünf Räder allzeit die Sonne. Sie hätte sich gern in den Sonnenschein gesetzt, aber davon konnte nun freilich gar keine Rede sein. Sie dankte ihm, so warm es aus ihrem gequälten Herzen heraus möglich war, und da sie ihm ansah, daß er nicht daran dachte, sich so einfach ihrem Nein zu geben, fügte sie hinzu: „Ich darf Karl nicht zu rückrufen um meinetwillen — er kann noch frei werden, mich hat das Gespenst nun schon unter." „Warum nicht gar! Eben jetzt ist am wenigsten Zeit zu Kleinmut, Sie können einen Gesellen nehmen, nicht wahr? Und nahe genug wären wir auch, um ein Auge aufs Geschäft und auf den Vater zu haben; von mir ans —" „Wir könnten!" fiel sie ein, „aber wir können nicht — das ist's noch außerdem; es war ein Irrtum, wir haben kein Geld." Ein Befremden ging über Alwin Ackermanns Gesicht, aber nur einen Augenblick, dann waren seine guten Augen wieder hell. „Das sollte mich nicht irre machen, Fräulein Line, Sie sind das Ihre wert auch ohne 'nen Groschen Geld; wenn der schon natürlich nicht zu ver achten ist, besonders hier, wo er Sie freimachen sollte von der Ueberlast und beim Vater ersetzen, weshalb es mir eben heute die Zunge gelöst hat. Denken, Fräulein Line, mußt' ich schon lange daran, und ich meine LÜ ß El Htek» ernrrsev i»» FFiKSnt»/»»--^trsxv^Arst// begann« /9O7« SLete« sr'o/t Zrrevmtt sirr« Ärrssevst süttst/j/e (ZeteAerlkert LAuLa«/ von se/tv pveisrvevtev /rKAere MrMeZ-rr »or»o4 r7nrr«nse/r -rre/rt MMinicke. 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