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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.10.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190710133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19071013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19071013
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-13
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Dezember wird die Deutsche Kolonialge sellschaft ihr 25 jähriges Jubiläum begehen. lS. Dischs. R.) * Wie schon in einem Teil der letzten Abendausgabe des L. T. mitgeteilt wurde, wird das Urteil in der Revision des Hauprozesses Dienstag, den 15. Oktober, mittags 1^1 Uhr verkündigt werden. (S. Ber.j * General der Kavallerie und Generaladjutant des Kaisers Adolf v. B ü l o w ist gestern in Potsdam an Herz schwäche gestorben. * In Eilenburg ist der mutmaßliche Urheber des Straus berger Eisenbahnunglücks verhaftet worden. lS. Sachs. Umg.s * Wie die „Frankfurter Oderzeitung" aus dem Nie- derlausitzer Braunkohlenrevier berichtet, haben die Ver treter der aus ständigen Bergarbeiter bei den Bergver waltungen angefragt, ob die Streikenden die Arbeit wieder auf nehmen könnten. * Das Befinden Kaiser Franz Josefs war gestern ge bessert. lS. Ausl.) * In Mazedonien haben einige Hinrichtungen christ licher Mörder stattgefunden. lS- Ausl.) , Ungarischer Larlainentarisnrtts. Der Absolutismus ist beute verfassungsrechtlich aus Europa ver schwunden — auch die Türkei besitzt ein Parlament, nur daß es nickt einberufen wird. Aber so stark der Einfluß v-x eugliscken Verfassung auf dir Gestaltung der parlamentarischen. Ei-urichiungen aus dem ganzen Feftlanve gewefen ist, so sind die Ausgestaltungen der Grundform selbst in den Ländern 'ehr verschieden ausgefallen, in denen das Schema weder durch Rudimente der ständischen Borge chrckte nock durch Hemmungsrrodukie der Reaktion modi fiziert wurde. Zwei vollständig gleicke Verfassungen düif'en im monarchisch-konstitutionellen Europa ebensowenig zu finden iein, wie es bekanntlich zwei vollkommen gleiche Exemplar e des Homo sapieo» gibt. DaS parlamentarische Leben aber wird durch Nationalcharakter und Landeskultur selbst dort verschiedenartig bestimmt, wo die parlamen tarischen Formen einem fremden Vorbilde so verähnlichend nachgffchaffen sind, daß man an einer selbstschöpferischen Begabung der Gesetzgeber ebensosehr zweifeln darf, wie an ihrer scharfen Auffassung des eigenen BolkStums. Wir denken bei dieser Bemerkung vorzugsweise an die Franzosen-Aeffung der romanischen Länder. Unsere deutsche ReichSoerfassung ist bis zu einem gewissen Grade als ein Meisterstück der Staatsmänner zu beurteilen, denen wir ihre Aus arbeitung zu verdanken haben, mögen sie am RegierungStisch oder in den konstituierenden Versammlungen selber tätig gewesen sein. Grade daß ei» herzhafter Bruch mit einem freilich sehr altersschwach ge wordenen Bestehenden vollzogen werden mußte, machte die Aufgabe ungemein schwierig. Auch unser parlamentarisches Leben hat sich unter so eigenartigen Einflüssen entwickelt, daß ihm ein ausländerndes Nach- betertum nicht zu recht vorgeworfen werden kann. In mindestens eben demselben Grade ist das aber auch in den beiden Hälften der habs burgischen Doppelmonarchie der Fall. Der ungarische Parlamentarismus weist ganz besonders merkwürdige Erscheinungen auf. Wir meinen nicht die Parteien verbindung, welche man dort die »Koalition* nennt: die entspricht so ziemlich unserem heutigen „Block*. Aber man Lenke sich unsenn Reichs tag ohne seine lozraldcmolratirchen Mitgliever unv troydem einen Block, der sogar bas Zentrum mit umfaßte, so vaß al'o bloß die Polen, Franzosen und Dänen ausgeschlossen wären! Das wäre erst das wahre Gegenstück der ungarischen „Koalition!* Man tenie sich hinzu, daß bei den letzten Wahlen die uat.onallib.rale Partei dermaßen vermindert wäre, daß sie ihre eigene Auflösung beschlossen hätte! Es war ein ganz merkwürdiger Vorgang, d:e völlige Vernichtung einer einst großen Fraktion, einer Fraltion, welche bis zu allerletzt sogar die absolute Mehrheit besessen hatte. Das ist überhaupt das ganz besondere des ungarischen Parlamentarismus, daß seine Fraktionen, selbst die allerältesten, nichl je st find. Der Deutsche hängt geradezu mit einer gewissen Pietät an seinen Fraktionssormen. Sogar eine örtlich so beschränkte Gruppe, wie die deutsche Volkspartei, die seit 1871 ganz hinter die Main-Linie zurückgeworfen ist, hat ihre Kader« aufrecht erhalten, selbst al» sie 1887 aus den Nullpunkt gesunken war. Dagegen in Ungarn geschehen die Fusionen und Sezes sionen der vorhandenen Parteien ganz nach Bedürfnissen des Augenblicks. Die alte OoLü-Partei, die unserer naiionalliberalen am genauesten entsprach und ver gleichen Altersklasse angebörte, nahm gar keinen Anstand, nach kaum Zehniahr-srist sich mit den „Tigern* TiSzaS zu verschmelzen, als die geänrcrlrn Verhältnisse eine breitere Basterunz ratsam gemacht hatten. Wir können nickt um hin, in dieser Anpassungsjäbigkeit einen bedeutenden Vorzug veS uuga- rischen Parlamentarismus zu erblicken. Auch hat die Fusion TiSzaS durch einen fast 30jährigen Bestand ihre Feuerprobe glänzend bestanden. Ob freilich die jetzige „Koalition* ein lebensiäbiges Gebilde ist, bleibt nicht nur zu bezweijeln, sondern ist geradezu undenkbar. Gehen doch auch schon Gerüchte von einem sehr nahen Austritt der Voltspartei, also der Klerikalen. Diese Fraltionsmasse hielt doch nur die Negation einen einzigen Augenblick zusammen. Wenn durch nichts anderes, mußte diese Fusion schon durch ihre Hypertrophie, Lurch die nahezu erreichte Einstimmigkeit des gesammicn Reichstages zugrunde gehen. Dann aber wird der endlich zustande gebrachte Ausgleich mit Oesterreich als zersetzendes Scheidewasser auf die widernatürlich zu- sammengeschmolzenen Elemente wirken. So unsympathisch er den Oesterreichern sein muß, rie radikalen Ultras Ungarns müssen ihn be kämpfen, wenn sie nicht ihre eigne Lebensberechligung in Vergangenheit, Gegenwart undZukunsl zunichte machen wollen. Dazu lonunl daöG.rraniie- gesctz, gleichfalls ein Aergernis für Ungarns Radikale und eine Tor heit für Oesterreich. Endlich: die Wahlreform! Daß die kommen mußte, auch wenn die Sozialisten am Donnerstag nicht vor den Mauern getobt hätten, ist sonnenklar. Nicht bloß, weil sie von cen Parteien versprochen war, als sie nock in der Opposition standen, aus deren behaglicher Ruhe sie vor IabreSfiist halb widerwillig ins Regiment gedrängt wurden. Aber nachdem der Geist des Jahrhunderts ins Wiener Parlamentshaus ein gezogen ist, taun man ihn natürlich nicht in Pest draußen stehen lassen. Und derselbe Kaiser, der sich' der Reform in Eis so nach drücklich angenommen r,at, ist König von Ungarn! Im sozialislenrcinen Reichstage Ungarns Wirts ungemütlich. Die schönen Jahrzehnte sind vorüber, in denen man den alten ständischen Reichstag unter eine in wobltönenden liberalen Aushängeschild so bequem lortfristen konnte. Man möchte so gern in aller Welse ein neuzeitliches Parlament weiterspieleu und dabei dem lieben Feudalismus, dessen sichere Behausung gerade die radikale Partei war, lein Härchen krümmen. Von der werten Gewohnheit muß heute Abschied genommen werden. Und unter dem allgemeinen Wahlrecht die nationale Minorität des Magyareu- lums verschleiern zu wolle» — dazu bedüiste es eines Wahlrechtsmathe- maiiker«, der den Berus in sich besäße, mit der Quadratur des Zirkels fertig zu werden. — Gegen HZe ovtksdoxen InLrften. Bei der Vorbereitung der bekannten Wiesbadener Beschlüsse zur Justizreform ist vermutlich auch die Frage erörtert worden, ob jegliche Spezialresorm zurnckzustellen sei oder nicht. Bassermann erwähnte diese Zweifel in seiner Rede und plädierte für das HerauSgreisen der beiden Einzelheiten Zeugniszwang der Presse und Behandlung der Min derjährigen, welchem Vorschläge der Verireterlag auch folgte. Doch ist zu erwähnen, daß in der Tiskufsi m auch gewichtige Gründe für die andere Taktik, keine Sonderreforu n sondern Totalreform, angeführt wurden. So sagt ein Redner, mar müsse gerade die Dringlichkeit ein- zelner Reformen und die ganz allgtmeine Erkenntnis ihrer Notwendig keit dazu benutzen, um auf das Te ,w der umfassenden Reform einen Druck auszuübcn. Würden die drn.ckichstcn Materien herausgcgrissen, so sei zu befürchten, daß die Regie' .uz glaube, genug getan zu haben, und daß die öffentliche Anteilnahi- an dem großen Werke Nachlasse. Tas sind immerhin erwägenswert Ansichten. Und wenn Bassermann mit den Vertretern anderer Ansst war, so ist das doch der Ausdruck einer gewissen Skepsis; wir woll nicht jagen wegen des Zustande, kommens der Reform überhaupt, a„er wenigstens wegen des Zeitraums bis zur Erfüllung. Erst nehmen, -ms man bekommen kann, und auf das andere nicht verzichten. Nach ireser Parole wurde in Wiesbaden gehandelt. Wir haben schon mehrfach auf oie Bedeutung hingewiesen, die das Referat des Professors v. Culler über die Frage der Justizreform und die dazu beschlossene Resolution besift. Die Interpretation v. Ealkers bildete eine wesentliche Ergänzung der Basscrmannschcn Rede. In dieser Interpretation kam auch der liberale Geist der Partei ganz un verdunkelt durch taktische Rücksichten zur Geltung. Und schließlich ist es noch richtig, zu wissen, daß Professor v. Calker zu den Autoren der vorher vom Parteivorstandc gebilligten Resolution gehört, daß er als Mandatar des Parteivorstandes auftrat. In den Verhandlungen war das Wort Bennigsens erwähnt worden, es sei die Hauptaufgabe des Liberalismus, die Zeichen der Zeit zu beobachten, dem Werdenden und Entwicklungsfähigen Luft zu schassen und die Institutionen mit dem Geiste der Epoche, mit dem Volksbewußtsein in Einklang zu bringen. An diesen Forderungen gemessen, sind die nativnallibcralen Reform- wünsche und die oazu gegebenen Aufklärungen ves Referenten im höchsten Maße liberal. Denn als wichtigstes Motiv der Reform nihrte v. Calker an, das bestehende Recht und die heutige Rechtspflege har monierten nicht mit dem Volksempfindcn. 'andern seien das Werk der orthodoxen Juristen, die am liebsten gar nichts an dem jetzigen Zu- stände geändert haben möchten. Dies begründete der Referent, der auch Mitglied einer der beiden Rejormkommiisionen ist, dann im ein zelnen. Und man muß in höchster Anerkennung vor dem Objektivismus dieses juristischen Fachgelehrten stehen. Nirgends die Spur einer pro fessoralen Abstraktion von den Bedürfnissen der Praxis, vielmehr in jedem einzelnen Punkte die Berücksichtigung des iraktischen Zweckes und des Volkswohlcs. Was er von der Bedeutung des Laienelemcntes in der Rechtspflege sagte, ist das beste Beispiel hierfür. Professor v. Calker verlangte die Zuziehung von Laienrichtern zu allen Gerichts höfen mit Ausnahme des Reichsgerichts, das ja tatsächliche Feststellun gen nicht nachzuprüfen hat. Er erblickte in dem Laienclcment der Ge richtshöfe die beste Gewähr gegen Schematismus und Formalismus, die beste Gewähr iür Individualisierung jedes einzelnen Falles und für den Einfluß des Volksempfindens aus das gesprochene Recht. Ohne den Fachrichtern einen Vorwurf daraus zu machen, wies er aus sic Ge- fahren der Rechtsprechung durch die Strafkammern z. B. hin. Aus der Natur der Institution, aus der Vertrautheit der Fachrichter mit den juristischen Rahmen leitete er die mit Notwendigkeit hervorgehende summarische Rechtsprechung ab Der Laienrichter sehe immer den ein zelnen Fall, immer oen einzelnen Angeklagten, der Fechrich'er iehr leicht nur die Gattung, und vergesse nur zu leicht, daß hinter dem Telikt ein Mensch stehe. Und wenn man in einzelnen Fällen mit Rech» die Urteile von Laienrichtern kritisiere, >o komme das nickt von den zu weitgehen, den, sondern von den zu beschränkten Befugnissen der Laienrichter. Diese müßten auch Einfluß auf das Strafmaß haben. Wenn heute manchmal Schwurgerichte auffälligerweisc den Angeklagten 'reisprächen, so sei der Grund, daß die Geschworenen nicht wüßten, was mit dem Verurteilten nachher geschehe. Man gebe den Laienrichtern Einfluß auf das Straf maß, und die Mängel der Laiengerichte würden verschwinden. Es ist nichl möglich, diese bedeutende Rede in allen Einzelheiten zu besprechen. Nur iei die eine unmittelbare Wirkung hervorgehoben. Von den folgenden Diskussionsrednern, soweit sie Juristen waren, ver säumte es kaum einer, dagegen Verwahrung einzulegen daß man ihn zu den orthodoxen Juristen rechnen könne. Einer allerdings folgte den spaßhaften Beispielen nicht. Und der hatte cs nicht nötig. Tas war der frühere Oberlandesgerichtspräsident Exzellenz Hamm, der mit seiner ganzen großen Autorität den Referenten unterstützte. Er bestätigte durchaus die Auffassung v. Calkcrs über die Bedeutung des Laien elements in der Rechtsprechung und bekräftigte energisch alles, was der Referent über das Legalitätsprinzip gesagt hatte. Freiheit vom Buch staben tue not Dazu gab Herr Hamm ein ergreifendes Beispiel aus seiner eigenen staasanwaltschaftlichen Praxis. Eines Tages sei ein Bürger zu ihm gekommen und habe ihm in ergreifender Weise erzählt: Er habe eine jetzt erwachsene Tochter, an der als Kind ein schweres Jittlichkeitsverbrechen verübt worden sei. Der Täter sei damals nach Amerika geflüchtet, jetzt zurückgekehrt und wegen jenes Deliktes ver- haftet worden. Wenn es zur Verhandlung komme, sei das Glück seiner Tochter vernichtet. Was sei nun wertvoller, diese Vernichtung oder die Bestrafung des Verbrechers und seiner längst vergessenen Tat? Ta habe der Redner, entgegen seinen Vorschriften und im Bewußtsein, sich da mit strafbar zu macken, den Verhafteten außer Verfolgung gesetzt. Es kann wohl kein durchschlagenderes Beispiel für die Schädlichkeit des alten Juristensatzcs geben: bckut. su-ititl», pc-reat, murrclus. Aber nicht nur gegen die Ucbertreibung des Loyalitätsprinzips wandte sich Herr Hamm. Er wollte auch alle Stände des Volkes zur Rechtsprechung herangezogen wissen, auch Arbeiter, auch Sozialdemo kraten. „Man muß weit hinuntergreifen in das Volk, um das Ver trauen zu unserer Rechtspflege wieder zu beleben." Ter Satz sollte als Motto der ganzen Jusrizreform vorangesetzt werden. Wir sind auch deshalb hier noch einmal ausführlicher auf dies Thema eingegangen, um zu zeigen, wie unberechtigt der Borwurf ist, der Vcrtrctertag in Wiesbaden habe keine positive und keine liberale Arbeit geleistet. Zumal wer an dem liberalen Charakter der in Wies baden beschlossenen Resolution zur Justizreform herummäkelt, weiß nicht, was er will und tut. Deutsches Reich. Leipzig, 13. Oktober. * Tie L utsche Kolonialgesellschaft wird vom 4. bis 7. Dezember im Ansch uß an die Vorstandssitzung und die Hauptversammlung unter Leitung des Präsidenten, Herzogs Johann Albrecht zu Mecklen burg-Schwerin und Rege nten v on Braun schweig, ihr 25jährigeS Jubiläum begehen. Tie Wahl siel aus Franlfurt a M., weck bicr die Gesellschaft gegründet worden ist. Die Verhandlungen werden am 5. und 6. Dezember im Zoologischen Garten statlsinten, die Jubiläums feier im Hippodrom. * Armee-Inspektionen. Gegenüber den jüngst erfolgten Neu beletzungeu verschierener Armee-Inspektionen, schreibt die „Neue politi'che Korrespondent*, ist ein Rückblick auf die Schaffung und Bcietzung dieser militärischen Institution vielleicht am P-atze. Die Armee-Inspektionen sind aus den 1818 gebildeten 4 Armee-Alteilungen beroorgerangen, die je 2 Armeekorps umfaßten. 1866 trat die 5. Armee-Abteilung mit den neuen Korps hinzu. Serk 187l gibt eö 5 Armee-Inspektionen, zu denen jetzt die 6. hinzugetreken ist. Im Laufe der Jahre haben die Armee- Inspektionen in ihrer Zniammensetznng dnrck Vermehrung der Armee korps usw. mehrfache Aenderungen erfahren. Aus jede Armee-Inspektion kommen zurzeit durchschnittlich 3 bis 4 Korps. Armee-Inspekteure gibt cS leit 1871. Es haben befehligt be.w. befehligen noch die 1. Armee- Jnlpeklion: Kionprinz Albert von Sach'en, Pnnz Albreckt von Preußen (Sobn) und Prinz Friedx ch Leopold von Preußen, die 2. Armee-In spektion: Prinz Albrecht von Preußen iVater), Großber.og Friedrich Franz ll. von Mecklenburg-Schwerin, Prinz Georg von Sachsen und Erbprinz Bernhard von Sachsen-Meiningcn, die 3. A.mee-Jnipeltiou: Prinz Albrecht von Pieuß.n tVaier), Pruiz Friedrich Karl von Preußen, Großher,og Ludwig IV. von Hessen, Graf Blumentbal, Graf Walders«, v. Lindeqarst, v. Bock und Polach, die 4. Armee-Jnfpeit on: Friedrich Wilbelm, Kronprinz des Deutschen Reiches unv von Preußen, Graf Blumentbal, Prinz Leopold von Bayern, die 5. Armee-Inspektion: Groß herzog Friedlich Franz II. von M.ckleiiburg-Schw.rin, die Großberzöge Friedrich I. und Friedrich II. von Baden, die 6. Armee-Inspektion: General Frhr. v. d. Goltz. * Lberreichsanwalt «nb „Vorwärts". Der Herr OberreichSanwalt bat, wie er uns Milieckt, dem verantwortlichen Rcdakl.ur des „Vor wärts" folgende Berichtigung zugehen taffen: Im Hauptblatte der von Ihnen als verantwortckchcm Redakteur gezeichneten Nr. 237 des „Vorwärts* vom 10. d. Mts. findet sich gegen Schluß des mit „Hochverrat" überschriebenen Artikel« aus der 1. Seile folgende«: „Zum Schluß der heutigen Verhandlung ereignete sich insofern dann noch ein Zwischeniall, als der Präsident eine Nötig ter , Vossiichen Zeitung" anführte, in der in einem Referate ein t'ranzösi cher Ge, osse nack dem Stuttgarter Kongreß beim Berichte in Franireich ousf.wrte, die sr.nizössscken Antimilitarislen ständen ganz mit Liebknecht im Oinveri ändnis. Tiefe Zeiiungsnotiz stammt — nus tem Polizeipräsidium ron Berlin und bat den Re tsanwälten mit de» übrigen Akten der Untersuchung gar nickt Vorgelegen." Diese letztere Behauptung ist nirrichtea unv die Unrichtigkeit Wurde bereits am ersten Verhandln» zota c icstgestellt, da die vom Unter suchungsrichter erforderten Beweisstücke rrch erlickerfeils zu den Unter- tuckunzSalten genommen und dort rn einem festen unv befestigten Um schläge kauernd verblieben waren. Nach Einsicht dieser Nummer des „Vorwärts" nahm ich am zweiten Ve> bandtungS'age vor Beginn meines Plädoyers Veranlassung, auf die Unrichtigkeit jcn r Behauptung des „Vorwärts" hinruwessen unv er'uchtc den Herrn Präsidenten um noch malige Feststellung des SackvervaltS; als er damit beschäftigt war, wurde seilens der Verteidigung vic Erllärung abgegeben, daß sie gegen di- OrdnuirgSmäßigkeit des Verfahrens in ric'e.n Punkte nichts mehr einzuwenden hab'. Trotzdem v.r „Vorwärts" über die Sitzung am 2. VerbandkungS- tag in der 1. Beilage der Nr. 2.">8 einen eingehenden B.richt geliefert hat, ist dieser den „Vorwärts* selbst betreffende Vorgang unerwähnt geblieben. Bei dieser Sachlage sehe ich mich, al« Vorsteher der wesent-
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