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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.05.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190705265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070526
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070526
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-26
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Umgebung die 6 gespaltene Pclitzeilr 25 Pf, fiuanzielle All- zeigen 30 Pf, Reklamen 75Pf.; von au-wärt» 30 Pf, Reklamen 1 M.; vom Au-land 50 Ps, finanz Anzeigen 75 Pf, Reklamen 1.50 M. Inserate v.Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagegrbüdr 5 Ni. p. Tausend exkl. Post gebühr. GejchäftSanzeigen an beoorzugler Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. Festrrteilte Aufträge löanell nicht zurück- gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen uud Plätze» wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AuguftuSVlay 8, bei sämtliche» Filialen ». allen Annoncen- Expeditionen d«S In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuucker.HerzglÄayrHofbuchhandlg.. Lützowstrabe 10 (Tel. Vl. 4603). Nr. 144. Sonntag 26. Mai 1907. 101. Jahrgang. Var Aicdtigrtr vom cagr. * Prinz Johann Georg von Sachsen ist unter Ernennung zum Generalleutnant von dem Kommando der 1. Infanterie-Brigade Nr. 45 enthoben. (S. Sachsen.) * Finanzminister Rüger und Justizmiuister Otto wurden m den Adelsstand erhoben. * Beim Reichskanzler fand gestern ein großes Diner statt, zu dem der Kaiser sich selbst eingeladen halte. (S. DtschS. R.) * Der ehemalige badische Minister Freiherr von Roggenbach ist in Freiburg i. Br. gestorben. * In Sonneberg haben die thüringischen Heim arbeiter ein Kartell zur Erzielung besserer Fabrikations preise gebildet. (S. DtschS. R.) * Das norwegische KönigSprrr ist nach Paris abgereist. * Der norwegische KriegSminister OlSson ist wegen Meinungsverschiedenheiten zurückgetreten. (S.AuSl.) * Die Botschafter der Entente-Mächte haben die Pforte abermals zu schärferen Maßregeln gegen da griechische and serbische Bandenunwefen aufgefordert. (S. AuSl.) * Der marokkanisch-französische Notenwechsel über den Fall Mauch amp wird in Paris veröffentlicht. (S. AuSl.) * Der interuatiouale landwirtschaftliche Kon greß wurde gestern geschloffen. Nächste Tagung: Berlin. (S. Ausl.) * Die italienische Regierung fordert l Million für eine Veteranen-Slisiung anläßlich der Jahrhundertfeier von Garibaldis Geburtstag. (S. AuSl.) Var Unterrrebost mia reine Vst- tvencliglreik für unr. Das Unterseeboot ist seit anderthalb Jahren beinahe ganz aus der öffentlichen Erörterung in Deutschland ver schwunden. nachdem es vorher, als die Marineverwaltung sich seiner Einführung gegenüber noch ablehnend verhielt, von allen Seiten als unbedingt notwendig für unsere schwimmende Küstenverteidigung gefordert worden war. Freilich, wir habeiz ja jetzt auch in den jährlichen Marine etats eine Position für Versuche mit Unterseebooten und zur Anschaffung von solchen. Das erste Fahrzeug dieser Art ist von der Marine übernommen worden und macht seit längerer Zeit Versuche in der Kieler Bucht. Ueber ihren Verlauf ist naturgemäß Näheres nicht bekannt, jedoch weiß man, daß sie bisher ohne erhebliche Störung ihren Fortgang genommen haben. Der diesjährige Etat enthält wieder einen verhältnismäßig kleinen Posten. Es ist gewiß ein richtiger Grundsatz der deutschen Marineverwaltung, nicht zu überstürzen, aber es scheint doch, als wenn die geübte Zurückhaltung nicht nur aus solchen rein sachlichen Erwägungen hervorginge, sondern eher ihren Grund darin hätte, daß die Marineverwaltung der Waffe nach wie vor ohne Sympathie gegenübersteht und einen Anfang nur ge macht hat, um das Drängen der öffentlichen Meinung zum Schweigen zu bringen. In den neulichen Verhandlungen des Marineetats ist das Unterseeboot in der Kommission von Abgeordneten zur Sprache gebracht worden: die leider ja immer sehr lückenhaften Kommissionsberichte erzählen nur, der Staatssekretär habe sich sehr reserviert zum Gegenstände geäußert. In Ansehung der augenblicklichen und auch auf abseh bare Zeit wohl kaum zu verändernden Lage muß einmal wieder darauf hingewiesen werden, daß möglichste Beschleu nigung des Baues von Unterseebooten ein dringendes Bedürfnis unserer Küstenverteidigung ist: daß die letztere überhaupt, — wenn wir darunter Küstenfestungen, Forts usw. verstehen — durchaus nicht auf der Höhe der Zeit steht, ist eine bekannte Tatsache. Die Marimeetats des letzten Jahrzehnts geben ein nicht mißverständliches Bild, wie außerordentlich gering die Aufwendungen für diesen Teil unserer Landesverteidigung gewesen sind. Die Ur sache dieser Zurückhaltung war ohne Zweifel der Wunsch, alle verfügbaren Mittel dem Ausbau der Hochseeflotte zu gute kommen zu lassen, andererseits die Besorgnis, durch stärkeres Betonen der Notwendigkeiten für die Küsten- besestigunzen, die Bewilligungsfreudigkeit des Reichstags für die Hochseeflotte zu vermindern. Das sind Motive, die an und für sich gewiß anerkannt werben können. Es würbe aber falsch sein, zu verkennen, daß einmal, ganz allgemein gesprochen, auch die stärkste Flotte nicht von einem aus- reichenden lokalen Schutz der Küstenflußmündungen usw. dispensiert sdafür gibt England in seinem eifrigen Küsten- besestigungsausbau ein Beispiel); was ferner im beson deren die deutschen Verhältnisse anlangt, so liegt der Augenblick, wo es 38 erstklassige und kampfkräftige Schlacht schiffe und 20 ebensolche Panzerkreuzer haben wird, noc, in unabsehbarer Ferne. Bräche jetzt ein Krieg aus, so würde die deutsche Flotte nicht imstande sein, den Hochsee kampf zu wagen, sondern müßte sich in den Buchten oder Flußmündungen bereit halten, um im besten Falle bei günstiger Gelegenheit Ausfälle zu wagen; der direkle Küstenschutz stände also von Anfang an in erster Linie und von ihm würde es abhängen, ob es dem Feinde gelingt, in unsere Häfen und Flußmündungen einzudringen, die darin liegende Flotte zu zerstören, ebenso ob letztere sich mili tärisch auf die KüstenfortS stützen kann usw. Wie die in Betracht kommende» deutsch« Küstenstädte hierüber denken, wird seit einigen Monaten durch die Küstenpresse chlageud illustriert, und ein hervorragender, eben aus dem Dienst geschiedener Seeoffizier, Vizeadmiral Galster. ver- angt in einer kleinen Broschüre (Carl Lohse, Wilyelms- ^wven) besonders für Emden und Borkum schleunige Ver- tärkung der Befestigungen. Er fordert auch die An- siiederung von Torpedobooten und Unterseebooten unab hängig von der Hochseeflotte an die Küstenverteidigung. Darin kann man ihm nur beistimmen. Aber wo sind un- ere Unterseeboote? Ein einziges, wie gesagt, macht Probe- ährten; cs werden Jahre vergehen, wenn bei Innehaltung dieses langsamen Tempos Deutschland über gefechtsbereite Unterseebootsverbändc verfügt, und doch ist gerade diese Waffe so außerordentlich schnell zu beschaffen und so billig. Schnell zu beschaffen besonders deswegen, weil cs eine er hebliche Anzahl brauchbarer Modelle gibt, die in allen ihren Haupleigentümlichkeiten genau bekannt sind. Als die Engländer kurz nach der Jahrhundertwende begannen, die Unterseeboolsfrage zu bejahen, da kauften sie sich zu- nächst von der amerikanischen Firma Holland ein Untersee- wot dieses Systems, machten Versuche damit, begannen so- ort mit dem Bau mehrerer Fahrzeuge und haben inner halb weniger Jahre daraus konsequent und stetig eigene Typen entwickelt. Die englische Unterseebootflotte ist so in überraschend kurzer Zeit quantitativ und qualitativ außerordentlich beachtenswert geworden und dürfte der französischen hinsichtlich des Wertes wenig nachstehen, wenn überhaupt. Bei uns hat sich die Marine direkt noch nicht mit der Konstruktion von Unterseebooten befaßt, sondern die Germaniawerft hat mehrere Fahrzeuge nacheinander gebaut und probiert, bis im vorigen Jahr das Fahrzeug von der Marineverwaltung übernommen wurde. Daß es nicht gelungen ist, mehr Privatwerften zu freiem Wett- bewerb heranzuziehen, kann auch wieder nur durch Spar samkeitsrücksichten begründet werden. Das ist sehr schade, denn sonst wären wir viel weiter und kämen auch in Zu kunft viel schneller weiter. Jetzt, wo die deutsche Untersee bootswaffe auf der Basis einer Firma und eines einzigen Boots entwickelt wird, liegt es auf der Hand, daß die Fort- schritte nur sehr langsam sein können; es würde gerade von Wichtigkeit sein, möglichst schnell einen Stamm von Tech nikern heranzuziehen als Spezialisten für den Unterseeboot- bau; dazu müssen sie aber auch Gelegenheit zu praktischer Uebung und Erfahrung erhalten; aus Plänen und Beschrei bungen kann dw Praxis nicht gewann n werden. A„"iau ebenso steht es nflt dem militärischen Personal. Hätte gleich zu Anfang einige, vielleicht ein halbes DutzeicL fertige Boote eines bekannten Modells angekaust, so wäre man in der Mögüchkeit gewesen, sofort Matrosen, Heizer, Unteroffiziere, Ingenieure und Seeoffiziere praktisch heranbilden zu können. Ja, man hätte bereits wertvolle Erfahrungen zur Festlegung militärischer Grundsätze in der Unterseebootsverwendung sammeln und festlegen können. Auf Grund alles dessen konnte man sich dann an den Bau eigener, den besonderen Bedürfnissen entsprechen den Typen machen. Vermöge dieses kurz skizzierten Ver fahrens wäre außerordentlich viel Zeit gewonnen worden, und der Mehraufwand hätte höchstens ein paar Millionen betragen. Auf Zeitgewinn kommt es aber an, und warum soll man nicht sich die Erfahrungen fremder Staaten zu- nutze machen, warum will man die ganze Stufenleiter der technischen Entwicklung mit allem Lehrgeld an sich selbst durchmachen, wo man es nicht nötig hat? Goethe sagt, es gäbe in Deutschland sonderbare Menschen, die auf die Bäume klettern, um dort Aepfel zu pflücken, obgleich sie sie in Schalen serviert ohne Mühe und Suchen haben können. Ueber den Wert des Unterseebootes alS Küstenwaffe gibt es heute keinen Zweifel mehr. Gewiß, viele Franzosen überschätzen seinen Wert und träumen von einem für die hohe See verwendbaren Unterseeboot als unwiderstehlichem Feinde der Hochseeschlachtslotten usw. Natürlich das sind Uebertreibungen: in unseren Küstengewässern dagegen, denen der Nordsee wie auch der Ostsee, würde das Unter seeboot unschätzbare Dienste leisten. Es erweitert die Wir kungssphäre der festen Küstenverteidigung bedeutend —, und was das wichtigste ist — in einem Maße, das dem Gegner nicht genau bekannt ist. ES nimmt die Entschlossen heit des Angreifers, macht ihn unsicher und beeinflußt den Geist der Besatzungen. Und da, wo die Enge oder Flach heit der Gewässer gegnerische große Schiffe zur Einhaltung bestimmter Kursrichtungen zwingen, ihnen die Wege vor schreiben, da hat das heutige Unterseeboot auch die größten Aussichten auf tatsächliche Erfolge seiner Angriffe. Bei der unsicheren politischen Lage und der außer Zweifel stehenden Feindseligkeit, die der deutschen Politik hier und dort begegnet, scheint es nicht recht begreiflich, warum man bei uns nicht mit möglichster Schnelligkeit ein paar Dutzend Boote baut. Die Kost« sind, wie gesagt, äußerst gering, die zum Bau notwendige Zeit ebenfalls; und da es eine ausgesprochene Verteidigungswaffe ist, so könnte ein derartiges Vorgehen Deutschlands ihm auch von der übelwollenden Presse wicht als feindselige Handlung oder Kriegslust ausgelcgt werd«-. vieMiwg im davekirch«Lrnttlim. (Von unserem Münchner Korrespondenten.) Die Wahlbewegung in Bayern würde, obwohl die Land- tagSwahlen bereits am 31. Mai stattfindeu, abgesehen von der Kandidatur Grandinger, nicht viel Aufregendes und An regendes bieten, wenn rncht das Zentrum im eigenen Lager dafür sorgt. Ihm ist freilich reckt erbärmlich dabei zu Mute, um so ergötzlicher ist daS Sckauspiel für die Gegner. Nicht mehr von Dissidien im festen ZentrumSturm läßt sich spreche», da- ist Aufruhr, Rebellion! Schon hat da- führende Zentrumsorgan i» seinem Jammer indirekt das neue Wahlgesetz, von dem sich die Ultramoutanen mit Recht so große Vorteile versprachen, verwünsckt. Denn es zeigt sich, daß die gläubig« Scharen unter der Wirkung des direkten Wahlrechts durchaus nickt mehr so lenksam sind. Es rächt sich nunmehr die beispiellose KirchturmSpolitik, welche daS Zentrum zum unsäglichen Schaden de- Landes seit vielen Jahren getrieben bat, es rächt sich die Politik, einzelne Stände im nackten Parteiintereffe zu begünstigen u»d immer w«iger da- Gemeinwohl zu berücksichtige». Und endlich treten jetzt die schon so oft verkleisterten Gegen- sätze zwischen der konservativen und der demokratischen Richtung, zwischen den, ach du lieber Gott! „Staats männern- der Partei, ihrer Aristokratie und der Demagogie, schärfer denn je hervor. In der mit Weinen gesegneten Oberpfalz, einem der dunkelsten Teile des Deutschen Reiches, hat'S begonnen. Man wollte sick von der von „Golt eingesetzten" Zcntrumsleitung, von den Vertrauensmännern nicht die Kandidaten aufzwingen lassen. Die Bauern insbesondere wollen keine Beamten, keine Arbeitersekreläre, ja, mit „Schmerz" bekenne ich eS, manchmal sogar keine Geistlichen wählen. Leider isl's überhaupt in diesem Wahlkampfe allzuoft zu konstatieren: Ach! man will auch hier schon wieder nicht so, wie die Geistlichkeit. Allmählich ist es nun so weit gekommen, daß in sämtlichen oberpjälzischen Wahlkreisen den offiziellen andere Zentrums- tandidalen gegenübergestcllt werden. Aber die betrübliche Erscheinung ist nicht auf diesen RegierungSkreis beschränkt geblieben. In einer ganzen Reihe anderer Wahlkreise ist die „Kinderkrankheit", wie sie Dr. Schädler euphemistisch nannte, ebenfalls aufgetreten. So stehen sich in Würzburg-Land nicht weniger als drei ZentrumSkandivaten gegenüber. Am schlimmsten wütet aber der Aufruhr im Wahlkreise Bamberg- Land. Dort hat die Leitung einen langjährigen Abgeordneten abgesagt, um den Freiherrn von Massen, der, nebenbei bemerlt, im letzten Landtage trotz seiner Jugend dem Zentrum eine sebr schätzenswerte Kraft war, unierzubringen. Darob erhob sich eine starke Opposition, an deren Spitze sichtbar ein katholischer Pfarrer, zunächst unsichtbar kein geringerer als Dr. Heim stand. Es kam zu stürmischen Versammlungen, in denen sich selbst die geistlichen Herren, natürlich, da es sich ums Zentrum handelt, ohne AergerniS zu erregen, in die Haare gerieten; eS kam zu öffentlichen Er klärungen und offenen Briefen, in denen man sich dir aus- geiuchlesten Schmeicheleien, w e Gemeinheit, Intrige ufw. sagte. Dr. Heim erklärte den Frhrn. von Malseu für einen Streber, der auf dem Rücken des Volkes emporklimmen wolle, und da ihm dieser erwiderte, schilderte er, wie Massen ihm sein früheres Mandat einzig und allein ver danke und wie er später zum Danke gegen ihn intrigiert habe. Dr. Heim spricht bekanntlich eine kräftige Sprache, Baron Massen ist die Antwort noch schuldig geblieben. Um noch ein Beispiel des guten ToneS unter den Kampier» für Kirche und Thron zu gcben. sei erwähnt, daß der zugunsten Messens abgesiigtc Abgeordnete eine Behauptung jenes ist öffentlicher Erklärung als Lüge und Verleumdung zum Zwecke elender Agitation bezeichnete. Daneben entspann sich natürlich eine Fehde zwischen einzelnen Organen der „guten" Sache, und Dr. Heim speziell geht mit schwerstem Geschütz gegen die „Auzsb. Postztg." vor. Auch die Parteileitung von Oberfranken hat einen energischen Protest gegen die „Einmischung" Dr. Heims erlassen. Und das Resultat? Man wird sich nach meiner Meinung, wie man sich jetzt schlägt, auch wieder vertragen. Und in der nächsten Session werken der Freiherr von Massen und Dr. Heim wieder Arm in Arm das Jahrhundert in die Schranken fordern. Wenn aber auch vor den Wahlen keine Einigung zustande kommt, wird daS Zentrum keinen oder nur geringen numerischen «schaden erleiden. Denn die meisten der im eigenen Lager umstrittenen Wahlkreise sind so bombensicher, so in Dunkelheit gehüllt, daß auch bei zwei Zentrums-Kandidaten keine andere Partei auf Erfolg rechnen kann. Wenn aber irgendwo der offizielle Kandidat unter liegen sollte, daS Zentrum wird den Gegenpapst mit offenen Armen ausnehmen, auch wenn es ihn jetzt mit noch so giftigen Waffen bekämpft. Bei schäumendem Hojbräuhaus-Nektar wird man wieder die Versöhnung feiern, aber das Feuer wird unter der Asche weiterglimmen und eines Tages hoch emporlovern. Die Gegensätze sind zu weit gediehen. Mailvablen In Zan Marins. Zweimal im Jahr, im Mai und im Oktober, vollzieht sich in der Miniaturrepublik San Marino, dieser mikroskopischen demokratischen Enclave im Königreich Italien, der ver fassungsmäßig vorgefchriebene Wechsel in der obersten Re- gierungsgcwalt des Staates. Im Gegensatz zur Unansehn lichkeit des winzigen Ländchens, dessen Gebiet sich im ganzen auf nur 61, zwischen die an landschaftlichen Reizen so über reichen Provinzen Forli und Pesaro-Nrbino eingeschodene Quadratkilometer beschränkt, ist sein Verwaltungsapparat von einer — in Anbetracht der Tatsache, daß die Einwohner zahl des ganzen Staates noch nicht einmal 10 000 erreicht, — völlig unangebrachten Kompliziertheit. Die Bürger wählen nämlich aus den Aeltestcn sAnziani) des Adels, der Städter und der Landleute 60 Vertreter, die den sogenannten „Großen Rat" oder, wie er seit der im Jahre 1817 neu eingeführten Verfassung heißt: die „Repräsentative Kammer" sEamera dei Represcntantij bilden. Diese auf Lebenszeit gewählten Sechzig wählen wiederum aus ihrer Mitte den „Rat der Zwöl f", der die höchste legislative Gewalt der Republik repräsentiert. Tie höchste Exekutivgewalt liegt da- gegen in den Händen zweier Konsuln, oder wie ihr offizieller Name lautet, der „Capitani Reggenti". Tiefe wer den ebenfalls aus dem „Großen Rat" gewählt, und zwar — wie oben erwähnt — alljährlich im Mai und Oktober. Aus Anlaß der Wahlen entfaltet die Hauptstadt des Lan des, die übrigens mit ihm den Namen gemeinsam hat, einen Prunk, der innerhalb der Grenzen der Republik von keiner anderen Stadt übertroffen wird, schon aus dem Grunde, wei die Hauptstadt die einzige Stadt des Landes ist. Aber auk für den Fremden ist der Anblick der eigenartigen Wahlzere- monien nicht ohne Reiz. Ein pompöser Festgottesdienst in der uralten Kathedrale der Stadt eröffnet die Reihe der Feierlichkeiten. Der „Große Rat" nimmt in corpora am Gottesdienst teil, wozu all seine Mitglieder in prächtigen noch aus dem Mittelalter stammenden Gewändern und gol denen Amtsabzeichen erscheinen. Nach Beendigung der Messe ordnen sich die Teilnehmer zu einer imposanten Pro zession, die langsamen und würdevollen Zuges nach dem Rathaus ihren Weg nimmt. Die Spitze des Ganzen bilden die beiden alten Konsuln, ihnen folgt der Bischof mit der ge. samten höheren Geistlichkeit und den religiösen Brüder schaften, diesen schließen sich die obersten Zivil- und Militär behörden an, die — ebenso wie der Adel — von einer prächtig uniformierten Ehrengarde, der „Prinzengarde", eskortiert werden. Tie Miliz der Republik in Paradeuniform be- chließt mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen die Prozession. Vor dem Rathaus macht der Kern des Zuger Halt, während die Spitzen der Behörde das Gebäude be treten und sich im großen Ratszimmer versammeln. Hier werden die neugewählten Konsuln feierlich mit der durch die jahrhundertalte Tradition geheiligten Amtstracht bekleidet, worauf ihnen ihre Vorgänger die Fahne, das Reichssiegel und die Schlüssel der Stadt San Marino mit einer kurzen Ansprache überreichen. Mit einer in lateinischer Sprache gehaltenen Erwiderung der neuen Regenten schließt die offizielle Zeremonie. Nun werden die Tore des Rathauses geöffnet und die neuen Konsuln zeigen sich mit den Abzeichen ihrer Würde bekleidet dem wartenden Volke, das sie mi: Jubelrufen, Musik und Evvivageschrei empfängt, stolz auf eine uralte Unabhängigkeit und Selbstverwaltung. Reicht doch die Entstehung des Gemeinwesens von San Marino schon in das 9. Jahrhundert zurück. Im Laufe eines Jahrtausends hat dieses winzige Fleckchen Land es ver landen, seine Freiheit unangetastet zu bewahren; mochte auch manchmal im Wandel der Jahre päpstliche Gewalt oder Eroberungssucht italienischer Fürsten die Republik bedrohen — hat ja sogar Cesare Borgia nach diesem verlockenden Erd winkel seine Hand ausgestreckt, — sie wußte immer wieder ich ihre Freiheit zu verschaffen. Auch jetzt waren vom König reich Italien anerkannte Verträge seine Unabhängigkeit, und mächtiger als die Flinten seines 950 Mann starken Miliz feeres schützt San Marino die geheiligte Tradition eine- Jahrtausends. Deutsches Deich. Leipzig, 26. Mai. * Tiner beim Reichskanzler. Der „Norddeutschen All gemeinen Zeitung" zufolge sagte sich für gestern abend der Kaiser beim Reichskanzler und der Fürstin Bülow zum Diner an. Unter den zahlreich Geladenen befinden sich Generalfeldmarschall v. Habnke und Botschafter v. Schön- Petersburg. — Zu dem Diner sind außer den Gemeldeten noch gelaßen: Der kommandierende General des 3. Armee korps v. Bülow, Staatsminister v. Möller, der Kommandeur der 1. Garde-Division v. Loewcnfelb, Oberstallmeister v. Reischach, HauSmarsckall v. Lyncker, die UnterstacttSfekretäre Mühlberg und v. Loebell, Wirklicher Geheimer Rat v. Alt- doff, Wirkl. Geb. OberreaieruagSrat Professor Harnack, Professor Schmoll«, der Gesandte v. Flotow, die dienst- luenden Flügeladjutanten Oberstleutnant Gontard und Major v. Senden, der Kommandeur deS 2. Garde-UkSKtt- ' Regiments Oberstleutnant v. Bülow und Hauptmann v. Schwartzkoppen. b. (»ras Mollke, Kommandant von Berlin, tnaetip. Ganz überraschend kommt die Meldung, daß der Komman dant von Berlin Graf von Mollke in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs zur Disposition gestellt wurde. Von Cadinen unter dem 24. Mai ist die kaiserliche Order ergangen. Ein Nachfolger für Graf Mollke ist noch nicht ernannt. Graf Moltke ist erst seit dem 20. März 1906 Generalleutnant; Leutnant ist er am 8. Februar 1868 ge worden; im Feldzüge 1870/71 bat er sich daS eiserne Kreuz erworben. Als Generalmajor hat Graf Moltke (l9. Juni 1902 ernannt) die 11. Kavallerie-Brigade in Breslau (Leibkürassiere, 8. Dragoner, 4. Husaren) befehligt. Der Kaiser hat in BreSlau ibn oft und wiederholentlich aus gezeichnet. Als Oberst (27. Januar 1899) war Graf Moltke Flügeladjutant des Kaisers und Kommandant der Leib- Kürassiere. Wenn der Kaiser nach der schlesischen Hauptstadt kam, hat er stets seine Leib-Kürassiere hesuchr und stets war Graf Moltke der Gegenstand der größten Aujmerksamkeit. Als Major ist Graf von Moltke diensttuender Flügel adjutant des Kaisers gewesen, vordem war er Adjutant bei der 3. Division in Stettin (württembergischer Gcnerallt. Freiherr v. Faltenstein). Wer Graf Moltke iu der letzten Zeil gesehen hat, konnte sich jedeSmal über die Frische deS Aussehens freuen. Vielleicht will der Graf sich jetzt seiner großen landwirtschaftlichen Besitzungen mehr annehmen. Im großen und ganzen gilt die Karriere als Kommandant von Berlin in der militärischen Laufbahn als abgeschlossen; das heißt, wer die Kommandantur erhalten hat, dürfte ein Armeekorps Wohl nicht mehr bekommen. * Sin unsinniges Gerücht. DaS durch die englische Press, verbreitete Gerücht, daß die deutschen Behörden ein deutsch russisches Komplott gegen daS Leben des Deutschen Kaisers entdeckt hätten, uud die jüngsten Verhaftungen von russischen Anarchisten auf diese Entdeckung zurückzujühren seien, ent behrt jeder Begründung. Eine von einer Berliner Lokal- Korrespondenz danach formulierte Nachricht ist dement sprechend auch gegenstandslos. 8. u. H. Aus der Hauptversammlung der deutschen Kolo- uialgesellschaft wurde ein wcitererAntrag gestellt, der die Ein. sührung des deutschen Maß- und Gewichtsfystems für alle deutschen Kolonien fordert. Der Antrag wurde einstimmig an genommen. — Ein fernerer Antrag fordert, daß in dem Schutz- gebiet Kiautschau den Beamten bis zur endgültigen Regelung der Währungssvage das Gchalt in Dollars ausgezahlt wer den sollte, damit sie keine Kursverluste erleiden. Dazu er greift als Vertreter des Reichsmarineamts der Geh. Admi ralitätsrat Köbner das Wort. Er überbringt Grüße vom Staatssekretär des Rcichsmarineamts, Admiral v. Tirpitz, bittet aber den Antrag abzulehnen worauf dieser auch zurück gezogen wird. — Ein Antrag der Abteilung Königsberg, der den Ausvau des Häsens von Tanga verlangt, findet einstimmige Annahme. — Ein Antrag München, welcher den Ausschuß ersucht, dahin zu wirken, daß in den Kolonien im allgemeinen, und insbesondere in Südwestafrika, der Reinhaltung der deutschen Sprache mehr Rechnung getragen wird, zeitigt eine längere Aussprache. Es wird hcrvorgehoben, daß gerade die Deutschen in den Kolonien die bedauerliche Neigung zeigen, in Berührung mit nichtdeutschen Elementen, fick deren Aus drücke anzueigncn. Der Ausschuß der Kolonialgefelsscbast be antragt folgende Fassung: Die in Worms tagende Haupl- versammlung der deutschen Kolornalgesellschaft drückt den Wunsch aus daß in den deutschen Kolonien und insbesondere in Deutsch-Südwestasrika aus die Reinhaltung des Deutschen in Schrift und Sprache mehr Sorg'alt verwandt werde. Sie ersucht die Reichsvcrwaltung, hierfür auch ihrerfeitS in ge eigneter Weise zu wirken. — Da sich die Mehrzahl b«r Teil nehmer bereits entfernt Kat. wird nach längerer Geschäfts ordnungsdebatte der Rest der Anträge bis, Mr »äaDc»
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