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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960418013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896041801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896041801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-18
- Monat1896-04
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Reclamen unter dem Redactionsslrich ^ge spalten) 50vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. t-rtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe. ohne Postbeförderung 60—, mit Postbeförderung 70 Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 9V. Jahrgang. Erziehung zur Arbeit. er. Man spricht und schreibt in unseren Tagen diel von der Last der Arbeit, von Ueberbürdung in der Schule wie im Leben. Bei vorurtkeilsloser Betrachtung läßt sich auch nicht leugnen, daß tbatsächlich von einzelnen Menschen, ja ganzen Beruf-classen zu viel verlangt wird, daß tbatsächlich zwischen Arbeitsleistung und Lobn nicht überall das richtige Verhältniß besteht. Allein es ist nicht selten auch da von Ueberan- ftrengung und ähnlichem die Rede, wo solches in Wirklichkeit nicht vorliegt. Denn arbeiten mußte der Mensch immer und überall, mögen wir uns in frühere Zeiten versetzen oder einen Blick auf andere Länder und andere Völker werfen. Immer und überall galt für den einzelnen Menschen wie für die ganze menschliche Gesellschaft der Satz: nur durch anstrengende Arbeit kommen wir zur Entfaltung unserer Anlagen und Kräfte, zu einer menschenwürdigen Bildung, zur Humanität im höchsten Sinne des Wortes. Nur aus der Niesensumme von Arbeit aller Zeilen und Völker konnte die heutige Cultur erwachsen. Wenn es auch Wohl richtig ist, daß heutzutage an die meisten höhere Anforderungen gestellt werden, als jemals früher geschehen, so ist dabei zu berücksichtigen, daß uns andererseits das Leben wie das Arbeiten im allgemeinen erheblich leichter gemacht wird. Nachdem das vorausgeschickt ist, soll man sich aber auch einmal ernstlich zu Gemülhe führen, daß jeder Beruf, gleichgiltig welcher Art er ist, nicht dloS Arbeit und nicht zunächst Last sein sollte, die getragen werden muß, um den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern vielmehr — Freude. Und daran muß unter allen Umständen festgebalten werben. Damit daS im vollen Maße eintreten kann, muß die Berufs arbeit glücklich gewählt, möglichst den Anlagen und Neigungen angepaßt sein. Denn nur an solcher Arbeit wird solches Interesse genommen, daß man zeitweise förmlich in derselben anfgehi. Der Beschäftigungen giebt es ja so unendlich ver schiedenartige, daß jede Natur, möge sie nun mehr zu geistiger oder zu körperlicher, zu einer mehr selbstständigen oder mehr mechanischen Arbeit angelegt sein, etwas Geeignetes findet. Wer allerdings überhaupt nicht arbeiten will, dem ist schwer zu helfen. Der vermag sich aber am ehesten noch dadurch nach und nach an die Arbeit zu gewöhnen, daß er derselben irgend welches Interesse abzugewinnen sucht. Ebenso wenig werden selbstverständlich Diejenigen befriedigt, welche ihre Arbeit bloß zur Noth erfüllen für das, was unumgänglich nothwendig scheint. Für solche ist freilich jede Stunde Arbeit eine Last. Wie lang wird da der Tag, die Woche, bis wieder Feierabend, ein Sonn- oder Feiertag kommt! Wir müssen danach trachten, unsere Vorgesetzten wie uns selbst mit unseren Leistungen zufrieden zu stellen. Hält uns das Bewußtsein, unsere Pflicht, unser Mögliches gethan zu haben, nicht sogar aufrecht, wenn uns die Anerkennung anderer stellenweise zum Theil oder ganz fehlt? Wenn wir aber durch Anwendung und Ausbildung unserer Kräfte und Fähigkeiten, durch Fleiß und Ausdauer in den Stand gesetzt werden, unsere Arbeit immer mehr zu vereinfachen, zu ver vollkommnen, dadurch unser Einkommen, unsere gesellschaftliche Stellung, die ganzen Verhältnisse unserer Familie zu ver bessern, ist das nicht eine innerliche und äußerliche Genug- rbuung für alle Mühen und Sorgen, ein Reiz und Sporn für die Zukunft, wie sie nicht besser gedacht werden können? Diesen Eifer dürfen wir nicht erkalten lassen. Wesentlich können und müssen auch im eigenen Interesse die Vorgesetzten, die Arbeitgeber dazu beitragen, indem sie dieses Streben und gute Arbeit in Wort und Thal anerkennen. Denn daß cs. überall auf die Qualität der Arbeit mindestens ebenso ankommt als auf die Quantität, kann nicht oft genug betont werden. In höherem oder niederem Grade gilt daS Gesagte für alle Arten von menschlicher Thätigkeit. Wer oder wo könnte einer auf solchem Wege nicht, wenigstens langsam, vorwärts kommen? Man braucht nur hinzuweisen auf die zahlreichen Beispiele aus der Geschichte wie aus unserem eigenen Leben, von Männern, die sich aus den ärmlichsten Verbältnissen durch Klugheit, Thatkraft und Glück zu großem Reichthum, zu den höchsten Ehrenstellen „beraufqearbeitet" haben. Natürlich, wenn einer die Hände in den Schoß legt oder nur mechanisch zur Noth sein Handwerk oder, waS eS immer sein mag, in der alten Weise fort betreibt, bringt er's zu nichts, verliert er unter ungünstigen Umständen daS bereits Besessene, be sonders in unserer Zeit, wo Ueberfüllung in allen Berufs zweigen den lebhaftesten Wettstreit bedingt. Jede ehrliche Arbeit, die ihren Zweck erfüllt, ist ihres Lohnes werth und gereicht zur Ehre. „Ritter der Arbeit" ist in diesem Sinne in der That ein schöner und bezeichnender Ausdruck. Die Arbeit adelt und veredelt; sie wirkt im höchsten Grade sittlich fördernd auf den einzelnen Menschen wie die gesammte Menschheit. Und je höher die Cultur ist, desto ehrenvoller, sagt Roscher, ist die Arbeit. DaS möge sich jeder Arbeiter sagen wie jeder der sogenannten feinen Herren, die gar nichts leisten, die aber auf den Mann im groben Arbeitskittel geringschätzig herabschauen zu dürfen meinen, während sie sonst vielleicht die „Unterthänigsten" spielen. Daß aber die Arbeit womöglich einen directen Zweck und Erfolg, jedenfalls eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat, ist unumgänglich nothwendig; sonst übt sie unter keinen Um ständen all' die wohlthätigen Wirkungen aus. Nach Er ledigung solcher erfolgreicher Arbeit tragen wir eia Selbst gefühl der eigenen Befriedigung, des inneren Glückes in uns, dem überhaupt kein zweites an die Seite gestellt werden kann. „Nach der Arbeit ist gut ruhen", sagt ein schöner alter Spruch. Jede Erholung, daS kleinste Vergnügen, das be scheidenste Mahl schmeckt doppelt süß, das wir unS also ehrlich selbst verdient. Da kann nicht jene Unzufriedenheit aufkommen, die, wie ein Wurm an unserem Lebensmark nagend, nicht leicht etwas nützt, wohl aber Alle» ru verderben vermag. Geeignete Erholung dürfen wir, ja müssen wir uns gönnen! Denn wenn wir da» Arbeiten übertreiben, dann geht es un früher oder später wie bei dem Bogen, der immer gespannt geblieben; dann werden wir schlaff, vorzeitig alt und schwach. Dean der Mensch ist eben keine Maschine, welche übrigen« bei allzustarkem Gebrauch bekanntermaßen auch leidet. Da ist der Verlust weit größer als der Gewinn. Wie ost haben wir nicht schon den tiefsten Schmerz, den grimmigsten Aerger über der Arbeit zum Tbeil vergessen, durch diese uns wenigstens beruhigt? Ja, die Arbeit ist auch ein Heilmittel für so manche Schmerzen, die uns das Leben leider zur Genüge bringt, und schützt sicher vor all' den Uebeln, welche die Langeweile erzeugt — und das sind zahllose. Entsprechende Arbeit erhält und fördert unsere Gesundheit. Oder wie? Können wir nicht tagtäglich die Erfahrung machen, daß die Leute, welche richtig arbeiten, wenn es nickt eine direck ge sundheitsschädliche oder übermäßige Tbätigkeit ist, im Allge meinen viel weniger jammern und zum Arzte laufen, als diejenigen, welche nichts oder doch nicht viel zu thun haben? Nach einem derartigen arbeit- und erfolgreichen Leben können wir uns schließlich auch sagen, daß es für uns selbst, unsere Angehörigen und die Mitmenschen kein nutzloses ge wesen — ein Trost auf dem Sterbebette, den wir uns auf diese Weise nur selbst schaffen können, wie es einen schöneren aber sicherlich nicht giebt. Darin beruht eben der besondere Segen der Arbeit,daß die Wirkung des darauf verwendeten Fleißes sich im Allgemeinen nicht einfach äußert, sondern daß vielmehr der Lohn in vielfach gesteigertem Maße wiederkehrt. Unsere Betrachtung ist keine Beschönigung der Sache; Wohl aber vermag sie Jedem, der sie ernstlich und wiederholt anstellt, thatsächlich zu nützen, besonders wenn wir zu ermatten drohen, oder der Lohn länger auf sich warten läßt. Und dazu sollen die vorliegenden Zeilen anregen. Etwas Anderes können sie nickt bezwecken. T)ie tbatsächlich vielfach schwierigen und mißlichen, ja traurigen Verhältnisse, welche zum Theil auf anderem Wege beseitigt werden müssen, zum Theil jedoch nie aus der Welt geschasst werden können, werden durch eine solche Betrachtung ebensowenig aufgehoben wie das sachlich Schwere so mancher Arbeit. Einen freieren und höberen Standpunkt aber können wir uns auf diesem Wege erringen. Daß damit viel gewonnen, wer möchte das in Abrede zu stellen? So kommen wir von selbst zu der Schlußfolgerung, zu dem Satze, den wir an die Spitze des Aufsatzes gestellt haben: die Arbeit ist nicht bloß Mittel zum Zweck, sondern auch Selbstzweck. Die Arbeit ist mit dem Begriff Mensch direct verwachsen. Wer daher Mensch im vollen Sinne des Wortes sein will, muß arbeiten. Ohne Arbeit, ohne Freude an der Arbeit vermag überhaupt Keiner auf die Dauer sich wirklich glücklich zu fühlen. Darum muß auch der von Geburt aus oder sonst besser Bemittelte arbeiten, wenn er sich nicht um die innere Befriedigung, das allerhöchsteGlück, betrügen will. Und Arbeit, wohllhätige Arbeit, im allgemeinen Interesse findet sich überall. Das sei das kostbarste Privilegium des Reichen, daß er eigentlich allein ganz solchen gemeinnützigen Sacken sich hingeben kann, während die meisten zunächst um ihr tägliches Brod zu arbeiten haben! Das Beste, was wir daher unseren Kindern mit in die Welt geben können, das Wichtigste und Höchste bei aller Jugend und Volköerziehung ist und wird immer bleiben, daß wir Freude an der Arbeit schaffen und die Fähigkeit, sie wirklich nutzbringend zu belhätigen. Darin liegt das Heil und das Interesse des einzelnen Menschen, der einzelnen Völker und der Menschheit im Ganzen, die wahre Cultur. Deutsches Reich. I-. Leipzig, 17. April. Das Landgericht I Berlin hat am 28. December v. I. den verantwortlichen Redakteur des „Vorwärts", Kunert, wegen Majestätsbeleidigung zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. Die hiergegen ein gelegte Revision wurde vom Reichsgericht verworfen. * Leipzig, 17. April. Herr vr. Robert Geerds schreibt unS: „Gestatten Sie mir eine Berichtigung Ihrer in die gestrige Abendnummer auS dem „Berliner Tageblatt" über nommenen Mittheilung, der Graf Malte PutbuS, der letzte männliche Sproß des alten rügen'schen Fürstenhauses, sei von dem Prinzen Karl von Preußen, dem Bruder des Kaisers Wilhelm I., im Duell erschossen worden. Diese früher allerdings sehr verbreitete Erzählung ist längst von dem Direktor des königl. Pädagogiums zu Putbus vr. Spreer in seiner Schrift „Malte Fürst und Herr zu Putbus" (Berlin, 1886. Nach den gerichtlichen Protokollen und amt lichen Gesandtschaftsberichten.) als unrichtig nachgewiesen. Der am 16. September 1807 geborene Graf Malte starb am 26. April 1837 eines natürlichen Todes in Karlsruhe, wo er bei der preußischen Gesandtschaft als Attache angestellt war. Die Sektion der Leiche, die der Gesandte Baron von Otterstädt anordnete, ergab „eine vollständige Zer störung des linken Lungenflügels, in der die Aerzte daS Er- gebniß eines Jahre langen, von Anfang an völlig unbeachtet gelassenen KrankheitSprocesses erkannten." O. H. Berlin, 17. April. Auf der diesjährigen Vor konferenz des internationalen Bergarbeiter-Con- gresseS in Boulogne haben sich, wie man erfährt, Tinge ereignet, die zeigen, daß es mit der internationalen social demokratischen Verbrüderung bei Weitem nicht so gut steht, wie die Apostel der Socialdemokratie verkünden. Auf der Conferenz haben nämlich die englischen Delegirten rundweg erklärt, daß sie mit der Socialdemokratie nichts gemein hätten und absolut nicht daran dächten, den internationalen Bergarbeitercongreß zum Tummelplatz der Socialdemokratie zu machen. Der deutsche Delegirte, Reickstagsabgeordncter Möller, hatte sich nämlich mit großer Wärme dafür aus gesprochen, daß der Congreß in London abzebalten Werve und zwar entweder gleichzeitig mit dem internationalen Socialistencongreß oder kurze Zeit vor demselben. Da kam er aber bei den Engländern schlecht an, die erklärten, der internationale Bergarbeitercongreß habe nickt die geringsten Beziehungen zur Socialdemokratie und sie sähen absolut keinen Grund ein, we-halb der Congreß zur Zeit des internationalen Socialisten-CongresseS in London tagen solle; im Gegentheil, um jeden Schein einer Zusammengehörigkeit zu vermeiden, müsse entweder eine andere Zeit oder ein anderer Ort gewählt werden. Und als der inactwe Bergmann Genosse Möller lebhaft widersprach, schnitt ihm der den Vorsitz führende Engländer kurzweg da» Wort ab. Darauf des — Interpellationen ähnlichen In anderen Fraktionen in Aussicht ge- (Privattelegramm.) Die dem Im rin der wurde Aacken als Versammlungsort gewählt und gleichzeitig der Antrag angenommen, der Engländer Pickard möge selbst das Versammlungslokal aussuchen, damit auch der Schein, der Congreß sei ein socialdemokratischer, vermieden würde. Um zu verhüten, daß Pickard einen Saal erkalte, werden nun wahrscheinlich die Bergarbeiter-Versammlungen in Rhein land und Westfalen den rothen Lappen möglichst sichtbar beraushängen: mag nun aber der Congreß in Aachen, Belgien oder England oder überhaupt nicht staltsinden, jeden falls haben die Engländer in die internationale socialdemo kratische Pauke ein großes Loch geschlagen. l.. U. Berlin, 17. April. Der Schneidermeister und Redakteur Lehmann in Halle a. S. war, weil er am Scdantage des vorigen Jahres seinen Sohn die Schule hatte versäumen lassen, obne eine vorherige Erlaubniß oder triftige Hinderungsgründe beigebracht zu Haden, wegen Ueber- tretung einer Polizeiverordnung vom 24. November 1881 angeklagt, aber vom Schöffengericht freigesprochen worden, weil dasselbe der Ansicht war, daß die Aufsicht über die Schulordnung nicht zu denjenigen Gegenständen gehöre, welche ortspolizeilichen Vorschriften unterliegen. Viel mehr könne hier nach 8 18 der RegiernngSinstrnction vom 23. November 1817 nur die Regierung zu Merse burg, speciell die Abtheilung für Kirchen- und Schul wesen Ausführungsverordnungen mit Strafandrohung erlassen. Eine derartige Verordnung sei aber nicht ergangen. — Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft aber erkannte die Stafkammer zu Halle aus 8 48 Tbl. II Tit. 12 A. L.-R. gegen den Angeklagten auf 10 Geldstrafe. Es ist — so wurde ausgeführt — festgestellt, daß der Angeklagte seinem Sohne die Theilnahme an der Feier verboten hatte, wie er sich denn auch in dem von ihm redigirten „Volks blatt" dabin bätte vernehmen lassen, daß er sein Kind von dem „Setanrummel" ferngehalten habe. Er bat sonach das Kind von einer von der Schulaufsichts behörde angeordneten Schulfeier ohne Beibringung einer Er- laubn'ß cd-r eines BebinderungSgrundeS serugehalten. Die betr. Schulfeier war aber eine Veranstaltung, welche gleich dem eigentlichen Unterricht einen erziehlichen Zweck hatte, nämlich die Weckung und Hebung des patriotischen Gefühls; ihre Versäumniß ohne zureichende Entschuldigung war also ein unberechtigtes Fernbleiben vom Schulunterricht. Die > hiergegen eingelegte Revision wurde heute vom Strafsenate des Kammergerichts, der in der Feststellung des Vordcr- richterS keinen Rechtsirrthum zu finden vermochte, zurück gewiesen. * Berlin, 17. April. Während Herrn Stöckers „Volk" vor einigen Wochen entschieden für die Beibehaltung der obligatorischen Civilehe eintrat, geht ihm jetzt der konservative Antrag auf Einführung der fakultativen Civil ehe nicht weit genug. Es schreibt: „Richtig wäre es, wenn der Staat nur die geschehene Trauung sich bescheinigen ließe unb die bürgerliche Eheschließung aus schließlich für die aus der Kirche Ausgetretenen bestehen bliebe. Wer sich zu einer christlichen Gemeinschaft bekennt, der kann auch an heiliger Slätte vor Gott das Ehegelöbniß ablegen. Wer aber bei dem wichtigsten Schritt des Lebens von der Kirche nichts wissen will, der gehört auch innerlich nicht mehr zu ihr, der mag austreten und sich „civiliter" zuiammengeben lassen. Kirchliche Trauung für die Angehörigen der christlichen Kirchen, bürgerliche Eheschließung für die Ausgetretenen, staatliche Listensührung für beide. Las ist unser A und O in dieser Sache. Hoffentlich findet sich eine Partei, die diese Grundsätze in die Gesetzgebung einführt. Es giebt zwarLeute, die das Bürgerliche Gesetzbuch als Kräutlein Rührmichnichtan behandelt sehen wollen, die schon vor Erregung zitternd auf den „großen" Moment warten, wo dieses „nationale Monumentalwerk" an dloo angenommen wird. Das sind dieLeule mit galoppiren- der Unisormirungssucht, die Gleichheitssanatiker, denen verschiedene Volksstämme und Rechlssysteme bloße Nummern sind — wir stehen dem Bürgerlichen Gesetzbuch, das im Wesentlichen doch nur eine Zusammenfassung alles bisher Gütigen ist, bedeutend kühler gegenüber; wenn die Zersplitterung deS deutschen Privatrechts über tausend Jahre alt ist, wird die kurze Verzögerung durch Neuordnung der Ehegesetzgebung nicht viel Schaden anrichten." Der Umfall des „Volks" in dieser Angelegenheit scheint durch das Bedürsniß, den konservativen Antrag aus taktischen Gründen zu übertrumpfen, hervorgerufen zu sein. V. Berkin, 17. April. (Telegramm.) Die Kaiserin wird heute Abend den Kronprinzen und den Prinzen Eitel Friedrich nach Ploen begleiten. Tie Abreise von hier erfolgt um 11 Ubr 25 Min. Abends, die Ankunft in Ploen morgen früh gegen 8 Uhr. 88 Berlin, 17. April. (Privattelegramm.) Im Reichstage ist vom Centrnm eine Interpellation eingebracht worden, dahingehend, waS von den betheiligten Behörden geschehen ist, um daS Duell Kotze-Schrader zu ver hindern, und ob zur Verhinderung weiterer Duelle Maß nahmen vorbereitet sind. Halts werden auch von nommen. L. Berlin, 17. April. Staatsministerium zugegangene Vorlage" über die Organi sation des Handwerks soll, der „Post" zufolge, veröffent licht werden, sobald daS Staatsministerium der Vorlage zngestimmt hat, so daß alle interessirten Kreise zu der Vor lage Stellung nehmen und ihre Wünsche an maßgebender Stelle geltend machen können. 8. Berit«, 17.April. (Privattelegramm.) In seiner „Evangelischen Kirchenztg." veröffentlicht Herr Stöcker eine ibm von dem Oberst z. D. v. Kranse zugegangene längere Berichtigung und seine Antwort darauf. Beide Er klärungen bringen laut der „Nat.-Ztg." zur Sache nichts Neues. Herr Stöcker erklärt, Herrn v. Krause s „Schmäh schrift" enthalte eine ganze Anzahl von Unwahrheiten, erklärt aber ausdrücklich, daß er damit Herrn Oberst z. D. v. Krause keine bewußte Unwahrbeit zuschreiben wolle. Dann schließt er: „Auch gegenüber Herrn Oberst z. D. v. Krause stelle ich meine Sache Gott anheim." — In einem Artikel über die „langsame Kraft" schreibt Herr vr. Friedrich Lange in seiner „Deutschen Zeitung": „ES wird den Anthropologen vielleicht eine gewisse Freude bereiten, wenn ich hier da- Geständniß hinzufüge, daß nach meinen bisherigen Erfahrungen die eifrigsten Deutsckbewußten im politischen Sinne nicht diejenigen sind, bei denen nach den anthropologischen Merkmalen der blonden Haare, der blauen Augen und der Walzenschädcl die Zugehörigkeit zur germanischen Rasse auf den ersten Blick unbestreitbar ist, sondern der überwiegenden Mehrheit nack die Dunkelhaarigen, Gemischtäugigen und Rund köpfe...." — Aufgelöst bat sich die Agitationscommission der Gärtner Berlins und der Umgegend, da die über wiegende Mehrzahl der kiesigen Gehilfen von der Social demokralie nichts wissen wollte. Die Führung der Berliner Gärtner ist an die märkische Vereinigung des Allgemeinen deutschen Gärtnervereins übergegangen. — Ter Capitain z. S. Rittmeyer ist, wieder „Hambg. Corr." meldet, zum Coutreadmiral befördert und zur Disposition gestellt worden. Capitain z. S. Lavaud wurde der Abschied bewilligt. — Ter Gesandte von Kiderlen-Wächter ist in Berlin eingetroffen. * Ans Wcstprcuszcn, 16. April. Eine Sitzung des Vor standes der Landwirthsckaftskammer für Westpreußen fand am Dienstag in Danzig unter dem Vorsitz Les Herrn v. Puttkamer-Plauth statt. Nach lebhafter Debatte faßte Herr v. Puttkamer das Ergebniß der Erörterungen dahin zu sammen, daß der Vorstand der Landwirthsckaftskammer einig sei, die Auswüchse desBlanco-Terminhandels möglichst zu beschneiden, das Termingeschäft in effektiver Waare aber bestehen zu lassen. Der Vorsitzende bat, die Fassung einer entsprechenden Erklärung ihm zu über lassen, mit welchem Vorschläge die Versammlung sich auch einverstanden erklärte. * Schneidcmühl, 16. April. Eine Anklage wegen Be leidigung des Kaiserlichen Postamts zu Filehne, bezw. dessen Vorstehers, batte sich der Pfarrer Gorecki aus Rosko, am 23. September 1837 zu Znin geboren, zugezogen, weil er in einem Briefe von Ignoranz sprach, als die betreffende Behörde einen polnisch adressieren Brief abzusenden unterlassen und ibn dem Angeklagten mit dem Bemerken zurückgesandt batte, daß ein Ort „Poznanski" in dem Orl- schafrsverzeichniß nicht auszufinben sei. Der Vertreter der königl. Staatsanwaltschaft beantragte eine Geldstrafe von 100 »F; die Strafkammer erkannte indeß auf Frei spreckung, weil der Angeklagte bei Abfassung des Brieses in Wahrnehmung berechtigter Interessen gebandelt habe (?^. * Furth, 17. April. (Telegramm.) Der wochenlang? Holzarbeiterausstand ist durch einen Versammlungs beschluß, der die Zugeständnisse der Fabrikanten annimmi, beendet worden. td. Weimar, 17. April. (Privattelegramm.) Ter Landtag genehmigte heute die auf die Landescreditcasse, Las pädagogische Seminar zu Jena und die Haltestelle in Oberweimar bezüglichen Vorlagen, worauf der Schluß Landtages erfolgte. -k- Coburg, 17. April. (Privattelegramm.) gemeinschaftlichen Landtage ist die Interpellation gegangen, ob die meiningische Regierung von Regelung der Erbfolge-Ordnung dem Coburger regierenden Hause oder dem Ministerium Mittheilung gemacht habe, und wenn dies nicht der Fall sei, was das Ministerium gegen diese Beeinträchtigung des Erbrechts zu thun gedenke? — Tie Großfürstin Wladimir von Rußland unb der Statthalter von Elsaß-Lothringen Fürst zu Hohenlohe Langenburg sind zu den Vermählungs-Feierlichkeiten hier eingetroffen. * Karlsruhe, 17. April. (Telegramm.) Heute Vor mittag 11>/, Uhr alarmirte der Kaiser die gesammte hiesige Garnison. Dieselbe nahm auf dem Schloßplatze Aus stellung. Der Kaiser und der Großherzog ritten die Front ad und ließen die Truppen sodann vorbeimarsckiren. (Wbh.) * Straßburg, 16. April. Der Regierungsassessor im Bureau des kaiserlichen Statthalter- Graf Zeppelin-Aschhausen dat sich vor einigen Tagen mit der Hofdame der Fürstin zu Hohenlohe- Langenburg Freiin Helene Böcklin von Böcklinsau verheiratet. Nach der standesamtlichen Verbindung sand die kirchliche Trauung zunächst in der katholischen Kirche zu St. Stefan und dann in der proiestantischen St. Thomaskirche statt, da die Brautleute eine kon fessionell gemischte Ehe eingingcn, Graf Zeppelin ist protestantischer, Frl. v Böcklin katholischer Confeffion. Gemischte Ehen sind ja ebenso wie Doppell-Trauungen hier zu Lande nichts Seltenes, und kein Mensch konnte auch an dieser Trauung etwas besonderes finden. Nur da-? Organ des Abbv Müller Simonis, der „Elsässer", konnte sich nicht enthalten, einen recht häßlichen Artikel über diese gemischte Ehe zu veröffentlichen. „Diese Trauung ist ein Aergerniß für die gesammte katholische Bevölkerung des Landes" — schreibt u. daS Blatt — „dessen Folgen für das katholische Elsaß von größter Tragweite sind. Tie Untersuchung wird uns hoffentlich darüber aufklären, ob der Militairgeistliche seine Befugnisse überschritten oder ob die Schuld anderswo liegt." Dann citirt der „Ellüsser die einschlägigen Bestimmungen der Tiöcesan-Synode Straßburg--, deren 8 3 läutet: „Die Brautleute dürfen sich weder vor noch nach der Trauung einem anders gläubigen ReligiouSdiener zur Etc schließung stellen." Durch die der katholischen Trauung nach folgende protestantische Trauung sollen sich, nach dem „Elsässer", die Brautleute sowchl wie der katholische Militairgeistliche einer schweren Sünde schuldig gemacht haben. Hierzu bemerkt der„Schw Merk": Graf Zeppelin hat sich in seiner Eigenschaft als Reserve ossi cier der deutschen Armee den hiesigen Mililairpsarrern, zuerst dem katholischen und dann dem protestantischen zur Eheschließung oder Ein segnung gestellt und damit durchaus correct gebandelt, unb für den kaido- lischrn Militairpiarrer sind dir Bestimmungen der hiesigen Diöcesan synobe nicht maßgebend, vielmehr erhält derselbe seine Verhaltung- befehle vom Leutfchen Armeebischof in Berlin. Letzterer Umstand genügt allein schon, den katholischen Militairpsarrer bei der eljäjsiichen Clerisei, gelinde gesagt, unbeliebt zu machen und Denunciationen gegen ihn zu schmieden, aber es giebt noch einen Grund für den gehässigen Artikel de« „Elsässer-", und zwar den, dem Grafen Zeppelin einen Schlag zu versetzen, weil derselbe im vorigen Jahre bei der Wahl zum LandeSausschuß im Kreise Erstem- Mol-Keim seinen Gegenkandidaten, den Bruder deS Direktor- und EigenihümerS deS „Elsässers", Abdv Müller-Simonis besiegte. Des halb der Vermerk in dem obenbezeichneten Artikel des „Elsässers", „daß der protestantische Graf Zeppelin Vertreter im Landesausschuß der überwiegend katholischen kreis« Erstein und Molsheim sei". * München, 16. April. Sämmtliche Anträge zum BereinSgesetz wurden von der Kammer der Abgeordneten einem besonderen Ausschuß überwiesen.
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