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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189606285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-28
- Monat1896-06
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1896
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Tabellarischer und Ziffirn'atz nach höherem Tarif. Zktra-Oetiaarn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Pofrbeförberung >4 Sv.-, Mit Postdesörtzetung 70 ^anah«eschl«ß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Ubr. Viorge n-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Art den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde friihrr. Anteile« sind stet» an hie Oxpetzittan zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leivzig ^-324. Tonntag den 28. Juni 1896. 9V. Jahrgang. Peterskirchkof 5 Herr Lax Xiertii, Buchbinderei, Ranftsche Gasse 0 Herr Lrleür. L!8el»er, Colonialkvaarenhandlung, Ranstädter Tteinweg L Herr v. Lnxelmrum, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraße 5 Herr ^ul. 8eliiinii< Iwu, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr L. LlttileN, Cigarrenhandlung, Horkstraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Dedus, Colonialwaarenhandlung, Zeiher Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr LI. Oriltrmrmn, Zschochersche Straße 7«, - Reudnitz Herr IV. Luxmrmit, Marschallstraße 1, , - Herr Lernli. IVebvr, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr 1t. üüntseü, Reitzenhainer Straße 58, - VolkmarSdorf Herr 6. Laumann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung de? Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1896 baldgcfälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimalige? tägliche? Anträgen 5 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn O In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hanptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filiale«: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraße 35 Herr L. 0. Llttvl, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraße 1 Herr Illeoü. Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Leriu. Llesske, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straße (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OttoLrrmA, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraße 15 Herr Lüuarü Letrer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerstraße 0 Herr Laut 8eltreider, Drogengeschäft, Nürnberger Straße 45 Herr 21. L. 4Idreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Oreiner, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llseüer, Hermannstraße 23, I. - Cutritzsch Herr Lodert 41tner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Llnüner L 6eist, Wettiner Straße 51, Ecke Waldstraße, Buchbinderei, - Neustadt 8ede1t's ^nnoneen-Lxpeültloii, Eisenbaknstraße 1, 2ius -er Woche. K. Die Sonne Li-Hung-Tschang vermag die Gestirne am deutschen politischen Himmel doch nicht ganz zu ver dunkeln. Es giebt Leute, die sich z. B. für das Bürger liche Gesetzbuch mehr interessiren, als für das Füllborn guter Gaben, daS der fremde Staatsmann — in China zurückgelaffen hat. Und ihre Zahl ist sogar recht groß. Die große nationale Angelegenheit der Vollendung der RechtS- einheit fesselt immer weitere Kreise und der Reichstag darf sich aratuliren, daß er einen Gegenstand gefunden hat, »er seinen Verhandlungen wieder einmal ein freundliches Interesse zuwendet. Ungemischt ist die Freude ja nicht. Man kennt die Beweggründe Derer, die entgegen ihren Ueberlieferungen an einem dem Reiche dienlichen Werke mitarbeiten, und man sieht mit bedauerndem Erstaunen Andere, die ihre Vergangen heit auf freudige Gehilfschaft hinweist, den Elementen der Hinderung Unterstützung gewähren. Glücklicherweise ist das Eine wie daS Andere zu ertragen. Das Bürgerliche Gesetzbuch wird voraussichtlich am Schluffe der neuen Woche zu Stande gekommen fein, ohne daß außer der — übrigens auch von Evangelischen verlangten — Beseitigung der Geisteskrank heit als Ehescheidungsgrundes dem Centrum ein materiell bedeutsames Opfer hätte gebracht werden müssen — ein Opfer, dem große und werthvolle Fortschritte im Allgemeinen und insbesondere auch in den von der Ebe handelnden Ab schnitten gegenüber stehen. Das Letztere werden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes auch die Frauen erkennen, die wegen der Ablehnung der Anträge auf Gütertrennung dem Gesetzbuche zunächst abhold sind. Di« Conservativen, die mit dem unentgeltlichen „Kost und Logis" für die Hasen ihren Lohn dahin haben, werden sich über die Beibehaltung der obligatorischen Civilehe auch beruhigen, und wenn sie eS nicht thun, so wird ihr Zorn politisch noch weniger unerträglich sein, als der Unmuth der in der „Emancipationsbewegung" stehenden Frauen social. Die Herren haben jetzt zu viel mit sich selbst und den antisemitischen Secessionisten zu thun, um anderen Parteien gefährlich werden zu können. Wir glauben nicht einmal, daß sie die Zeit finden, dem „Neicköboten" klar zu machen, daß es weder klug noch schicklich war, in der Discussion über die Ebe mit dem Grafen von Gleichen aufzuwarten. Damit ist Herr Schall noch überschallt worden. AuS der Lage der Partei geht Eins mit Bestimmt heit hervor: die Conservativen hätten entweder Herrn v. Hammerstein, der sie nach Tivoli geführt, nicht bekommen, oder sie hätten ihn nicht verlieren dürfen. Es sollte unS nicht wundern, wenn bei dem heillosen Wirrwarr, der in der Partei herrscht, in manchem conservativen Zelte der Seufzer mio manca Hammerstein hörbar würde. Ob der Reichstagspräsident der Geschäftsordnung zemäß verfahren ist, als er Anträge auf namentliche Ab stimmung, die von abwesenden Abgeordneten unterzeichnet waren, beanstandete, ist Gegenstand de» Streites. Wir unsererseits neigen der Ansicht zu, daß ohne eine Aenderung der Geschäftsordnung oder eine authentische Interpretation derselben an dem bisherigen Brauch der Anerkennung der Unterschriften Abwesender festgehalten werden mußte. Darüber, daß der Brauch nicht bribehalten werden darf, wird so sich hoffentlich eine sehr große Mehrheit einigen. Man kann es rulassen, daß ei» abwesender Abgeordneter mitentscheidet, ob z. B. eine Angelegenheit wie der Fall Bashford im Reichstag zur Sprache gebracht werden soll. Aber eS ist widersinnig, wenn im Namen eines in Dresden oder Kempten oder New-Hork — auch da hält sich bekanntlich ein Mitglied deS Reickstags auf — weilen den Abgeordneten verlangt werden darf, diese oder jene An gelegenheit muß geschäftlich so oder so bebandelt werden. Ueber daS „Wie" der Abstimmung hat nur Der ein Recht mitzu reden, der dabei ist. Schon deshalb, weil nur die Anwesenden von der Verzögerung der Verhandlung, die durch eine nament liche Abstimmung verursacht wird, berührt werten. Bleibt man bei dem bisherigen Verfahren, so kann eS dahin kommen, daß 49 Abgeordnete, die während der ganzen Session Berlin nicht sahen, mit Hilfe eines einzigen Anwesenden die Ob- struction in Permanenz halten. Herr Fritz Friedmann hat mehr Glück gehabt, als er, trotz heißen, auf Kosten der herrschenden Sittlichkeitsbegriffe gereizten Bemühens, Herrn Hugo Löwy und anderen Schutz befohlenen zu erringen gewußt hat. DaS Vergehen, dessen er angeklagt war, hat ein öffentliches Interesse nicht geboten, und nach seiner Freisprechung brauchte man seiner nicht mehr Erwähnung zu thun, wenn gewisse I Berliner Blätter nickt Bilder von dem davongejagten An-1 walt zu skizriren begönnen, die den Mann der Sympathien gerecht denkender und menschlich empfindender Leute nicht unwürdig erscheinen lassen möchten. Dem gegenüber muß doch zesagt werden, daß das Gefühl des Ekels, das diese Per sönlichkeit längst eingeflößt hat, von seiner Freisprechung unbe rührt bleibt, aber durch ihr entweder weibisches oder theatralisches Gebühren wäbrend der Gerichtsverhandlung noch verstärkt worden ist. Allerdings nur bei anständigen Menschen — mit welcher Einschränkung wir dem Anspruch auf Verständniß, der den erwähnten Charakterzeichnern zusteht, gerecht geworden zu sein hoffen. Deutsches Reich. * Berlin, 27. Juni. Sehr lehrreich für Diejenigen, welche die Entscheidung über das Bürgerliche Gesetzbuch bis zum Herbste vertagt sehen möchten, sind die Aus lassungen der ultramontanen „Köln. Volksztg." über die Taktik, die das Centrum in dem Kampfe um das Gesetz buch verfolgt. Das genannte Blatt zollt dieser Taktik rück haltlosen Beifall und ist mit den erzielten Erfolgen durchaus zufrieden. „Wer den Dingen näher steht, kann nicht anders sagen, als daß das Centrum Alles erreicht hat, was nach Lage der Dinge zu erreichen möglich war." Wie sehr die in einigen Puncten durchgesetzte Klerikalisirung des bürger lichen Rechts im Gegensatz zu den Anschauungen der NcichS- tagsmehrheit steht, verhehlt sich auch die „Köln. Volks;." nicht. „Das Centrum mußte nach den verschiedensten Seiten hin, die alle einen verschiedenen Standpunkt einnabmen, operiren." Das Büodniß mit den Conservativen erschien dem Centrum weniger ergiebig als daS mit den National liberalen, auch traute man der Regierung trotz allen Ent gegenkommens noch nicht völlig. „Hätte sich das Centrum mit den Conservativen zur Erreichung der fakultativen Civil ehe verbündet, so hätte eS andere Dinge preisgeben müssen, woran den Conservativen wenig liegt, z. B. die Trennung von Tisch und Bett statt der Ehescheidung, und schließlich würde die Regierung zu einem solchen Compromiß doch unter keinen Umständen ihren Segen gegeben haben." Die Möglichkeit, das Bürgerliche Gesetzbuch auf andere Weise zu Stande zu bringen, al« durch da« Zusammengehen von Centrum und Nationalliberalen in wichtigen Fragen, leugnet die „Köln. VolkSztg." nicht, gesteht trotz allen ultramontanen Rühmens, nur das Centruin habe das Bürgerliche Gesetz buch gerettet, offen ein: „Wenn „alle Stricke gerissen" wären, würde sich schließlich auch die Mehrheit der Militairvorlage von 1893 wieder zusammengefunden haben, um das Gesetzes werk zu verabschieden. Hierbei hätte eS aber doch allzu nahe gelegen, die Verständigung auf Kosten der katholischen Auffassung abzuschließen, und bei einem solchen AuSgang hätten wir uns jedenfalls sagen müssen, daß wir den Bogen zu straff gespannt hätten." Man ersieht hieraus, daß die Hintermänner der „Köln. Volksztg." gar gern da» Bürgerliche Gesetzbuch noch mehr klerikalisirt sahen und gar nicht abgeneigt wären, durch eine andere Parteicombination da» gewünschte Ziel zu erreichen. Und bi- zum Herbst« könnte sich gar Manche- ereignen, wa- einer anderen Parteicombination und damit einer weiteren Klerikalisirung deS Gesetzbuches die Wege ebnete. * Berlin, 27. Juni. Die widerwärtigen und verächtlichen Versuche gewisser Blätter, den ehemaligen Rechts- und UnrechtS- anwalt Fritz Friedmann zu rehabilitiren, veranlassen die „Magdeb. Ztg." zu der folgende» Zurückweisung: Die Lob preisung de« Verbrecherthums, auf die schon beim „Falle Hammerstein" hingewiesen worden ist, kommt auch hier wieder rum Vorschein, und daS ist eine bedauerliche Erscheinung. Denn wenn auch auS formalen Gründen der Gerichtshof zu einem freisprechendcn Erkenntniß gekommen ist: da» Urteil de- Volk« lautet anders, und der Angeschuldigt« hat die Macht dieser vor populi anerkannt, indem er schleunigst da« Weite gesucht hat! Nicht den juristischen Kennt nissen, sondern einem angeborenen Schauspielertalrnl hat Friedmann einen großen Theil seine« Ruf« al« Anwalt zu verdanken gehabt, und diese« Talent hat er auch spielen lassen, al« es galt, die eigene Sache zu führen. Die „tiefe sittliche Entrüstung", die er in seiner Erwiderung auf die Rede deS Staatsanwalt« zur Schau getragen, ging nicht bi« unter die Theaterschminke. Und wenn er weinend, mit allen Zeichen innerer Erregung am Schluffe feiner VcrtheibigungSrede zusammengebrochen ist, so war das auch nichts Anderes als Komödiantenmache. Denn kaum, daß der Gerichtshof sich zur Urtheilsfindung zurückgezogen hatte, so konnte derselbe Mann sich zu scherzhaftem Geplauder erheben und „mit einem gewissen Cynismus" die Ereignisse der letzten Wochen mit den im Zeugenraum befindlichen Bekannten be sprechen. Ein verschmitzter Gaukler von dieser Art verdient nickt die Behandlung, die ihm leider in einem Theile der Presse zu Theil geworden ist, wie denn auch in seinem Lebenswandel sich nicht« findet, wa« auf ein mildernd Urtheil hiuwirkrn könnte. wohlhabender Familie stimmend und mit schönen Geisteiigaben auSgestattet, batte Friedmann sich in verhältnißmäßig ,ungen Jahren be reits ein jährliches Einkommen von 100 000 und mehr gesichert. Noch im Jahre 1894—9ü werden seine Einkünfte auf 130 000 berechnet; das ist viel mehr als der höchste Beamte im Reiche bezieht. Aber für die verschwenderische Lebenshaltung des Mannes reichen auch diese Summen nicht aus. Die Gerichtsverhandlungen haben über die Art, wie das Geld vergeudet wurde, nur Andeutungen, nicht Aufklärung gebracht. Friedmann hat sich dagegen verwahrt, ein Spieler genannt zu werden, aber er hat sich als „reiche Natur" bekannt, die der Führung von zarter Hand nicht eutrathen konnte. Dazu kam sein Hang zu verschwenderischem Luxus. Als in seiner Wohnung in Berlin der Gerichtsvollzieher bereits täglicher Gast und kein Stuhl ohne daö ominöse Siegel war, bat er die Villa, die er in Potsdam besaß, noch mit Kunstgegenständen ausgeschmückt und seiner Frau, die er nachher in Noth und Elend zurückließ, während er selbst mit einer Dirne das Weite suchte, Schmuckgegenslände gekauft. Bei derartigen Neigungen konnte natürlich auch ein fürstliches Einkommen nicht ausreichen. Börsenspekulationen sollten den Mehraufwand decken, aber sie bürdeten ihm bald eine Schuldenlast von nahezu einer halben Million auf und nun mußten Wucherer al« Helfer aus der Noth austreten. Die Folge ist, daß trotz verschiedener Rettungsversuch« der Ver schuldete immer tiefer sinkt. Er muß sich von seinen Clienten Geld verschaffen. Der Zusammenbruch zweier Verwandter, die selbst sich durch verbrecherische Handlungen ins Ver derben gestürzt, über ihn aber bi- dahin die rettende Hand gehalten haben, macht dann der Schwindrl- eristenz «in Ende: der berühmte Rcchtkanwalt bat seine Rolle auSgespielt. Wenn der Gerichtshof in dem Falle der Untreue, der allein seiner Entscheidung unterlag, zu einem freisprechenden Erkenntniß kam, weil der raffinirte Gauner, die Beschränktheit seiner Clienten benutzend, so ge schickt operirt batte, daß der Gerichtshof nicht die volle Ueber- zeugung gewinnen konnte, die wegen eine- Erbvergleichs ei» gezahlten 6000 seien nicht ein Darleben, sondern ein Depot gewesen: für die Oeffentlichkeit stehl ein an de res Urtheil fest, unv die Presse hat wirklich nicht da« Recht, durch senti mental« Rührstücke dieses gesunde Urtheil zu verwirren. Mag sich Herr Friedmann der gewonnenen Freiheit in Belgien oder Amerika erfreuen, für Deutschland ist er hoffentlich für immer abgethan. G Berkin, 27. Juni. (Telegramm.) Der „Reichsanz." meldet, daß der König das Abschiedsgesuch des HandelS- ministerS v. Berlepsch unter Belassung de- Titels und Ranges eines StaatSmioisterS genehmigt und deu UnterstaatS- secretair der Eiseubahoabtheilung de- Ministeriums für öffentliche Arbeiten und Vorsitzenden des LandeS-Eisenbahn- Rathe«, Breselp, zum Staatsminister und Minister für öffentliche Arbeiten ernannt hat. 8. Berlin, 27. Juni. (Privattelegramm.) Der „Centralausschuß hiesiger kaufmännischer, ge werblicher und industrieller Vereine" hat soeben an den BundeSrath eine Denkschrift gerichtet, deren Gegenstand die von der ReickScommisfion für Ärbeiterstatistik empfohlene Einführung des «chtnhrschl»h;wan,e» für alle Satze,,,<1chSfte bildet. Die Denkschrift erklärt sich aus einer Anzahl vou Gründen gegen deu Ladenschlußrwang; dagegen erkennt sie di« Nothwendigkeit ausreichender Erholung für die Handels angestellten ausdrücklich an und spricht sich zu Gunsten der Festsetzung einer neunstündigen Minimalrubezeit, in welcher die Nachtstunden von l2 bi- 4 Uhr enthalten sein müssen, auS. — Der X. ordentliche Beruf-genosseuschaft-tag nahm folgenden Antrag an: „Der Verband der Deutschen Berussgenossenschasten erachtet den Entwurf zu Normal.Unfallverhütung-Vorschriften als eine verdienstvolle Grundlage für den Erlaß von Vorschriften der einzeliieu Berufsgenossenschattrn und empfiehlt diesen die Annahme des Entwurfs mit Le» »och durch die beiouderen Verhältnisse der Einzelgeuoffenschasten gebotenen Aenderungen." Ferner wurde der Antrag angenommen, behufs Erlangung einer geeigneten Schutzbrille ein Preisausschreiben zu er lassen. Die Bedeutung solcher Brillen geht daraus hervor, daß nahezu 4000 Augenkranke zu den Rentenempfängern zählen. — Tie antisemitische „Deutsche Volksmacht" zu Offen bach a. M. brachte am 24. d. an der Spitze de» Blattes folgende Erklärung: „Heule erhielt ich gleich anderen Abgeordnete» vom Präsidium des Reichstages rin Schreiben, worin ich gebeten wurde, in den weiteren Sitzungen des Reichstages pünktlich zu erscheinen, damit die Berathung de- Bürgerlichen Gesetzbuches noch in dieser Tagung zu Ende geführt werden könne. Ich erachte diese beschleunigte Durchberathung des Bürgerlichen Gesetzbuches, eines Werkes von 2359 Paragraphen, von denen ein jeder von eingretsendster Wirkung auf das gelammte Familien-, Rechts- und Erwerbsleben Les Volkes ist, für eine unerhörte Vergewaltigung, welche um so verwerflicher ist, weil einer Vertagung dieser Berathung bis zum Herbst d. I. durchaus nichts im Wege steht. Die überhastete Berathung wird auf einen höheren Wunsch zurückgesührt. Da für mich aber, wenn das Wohl des Volke« in Frage steht, ein höherer Wunsch nicht in Betracht kommt — da« Wohl des Volke» ist da- oberste Besetz! — so erkläre ich hiermit öffentlich, daß ich der vom Präsidium des Reichstage- geäußerten Bitte nicht nachkommen werde. Dem Präsidium des Reichstages bat es gestern gefallen, hie An- Wesenheit von 205 Hüten in der Garderobe als hinreichend für die Beschlußfähigkeit der Vertretung des deutschen Volkes zu erachten. Falls das hohe Präsidium glaubt, daß damit das „große nationale Werk"' gefördert werde, so bin ich gera bereit, ihm entgegenzukomme» und eine Anzahl alter Hüte noch Berlin zu senden. Otto Hirsches, Mitglied de» Reichstag« für den ttreis Erbach-Bensheim- Liudenfels-Neustadt." Dazu bemerkt di« „Nordd. Allg. Ztg." u. A.: „Die vor stehende Erklärung genügt, um den Bildungsgrad ihres Per fasfer« zu beurtheilen. — Interessant ist r« aber, daß ein Mann, der in der Regel im Reichstage überhaupt nicht erscheint und der bei vieruudzwanzig namentlichen Abstimmungen im Reichstage überhaupt nur vier Mal an wesend gewesen ist, noch versucht, fem andauerndes Ausbleiben zu rechtfertigen." — Gegen di« in der zweiten Lesung de» Bürgerlichen Ge setzbuches gesaßteo Beschlüsse über dos Ederecht haben di« Berliurr Frauenvereine eine Massen-Protestverjammlung deutscher Kraue» zum Montag den 29. Juni «sch Berlin eiubernsen. — Die socialdemokratische Arbeiter-Bildungsschule, die nach dem Ieuoniü ihres Gründer», des Reichstgas-Abaeorbneten Liebknecht, einst bestimmt war, „die ernste Wisstnschaft an die Berliner Arbeiterschaft zu vermittln," muß jetzt ,allerlei Mätzchen' anwenden, um ihr kümmerliche« Dasein zu fristen. Sie arrangiri, wie die „Post" mittheilt, Festlichkeit«» ausschließlich zu dem Zweck, damit de» Pier LB-reru, di, oastondshsiber »och je eia halbes Dutzend Schüler in „socialistischer Wissenschaft" unterrichten, das Gehalt gezahlt werdeo ka,n. Ta» Programm zu dem diesjährige» Somurcrfest bringt außer dem sitzr begchrte» „Gasperle-Tht-aue gls Glanznummer eine skarrjrathr her Berliner Gewerbc-Aus. stekluna; die Lücke» und Mängel, die dem Unternehmen nach der Auffassung der zieibewußt-künstlerischen Genossen noch auhasle», sollen, dem Peospect zufolge, t» ,^erbtüffe»d»m Bilde" vorgefütu: werden. * Gr««»tzcuj, 27. Iuui. (Telegramm.) Wie der „Gc sellige" meldet, hat bei der Reichstags-Ersatzwahl im Wahl kreise Schwetz der Pole S-tt40l8 uud der freicouservativc Caudid-t Holtz 409d Stimme« erhalte». Zersplittert waren 17 Stimmen; mithia ist «iue Stichwahl «rforderlrch tt Weimar, 27. Juni. Der Großherzog hat durck den Staatsminister von Groh einen Dankerlaß für die ihm anläßlich seine- Geburt-iage« dargebrachten Glückwünsche und Huldigungen veröffentlichen lasse», dessen bemerkenSwertbe Schlußsätze folgendermaßen laute»: „In D«uuth erkenne ich daS «alten der Vorsehung beim Ruck- blick auf das soeben vollendet« Leb»n«jechr, et» Jahr, in dem sich Gotte- Gnade an meinem H-ule wie an meinem Lanbe von Neuem offenbart hat; ein Jahr, da« ferne, auch in der Geschichte de« Deutschen Reiche-, durch die G^e»ktage an die große Zeit feiner Wiederherstellung, einen wichtigen Markstein bildet. Tie Kundgebungen, durch welche Dentschlaatz- Ehrentage auch in unserer engeren Heimath gesRert worhen find, habe» uu« rin schöne« Zeugnih der Lieb« zn» groß«» Vaterlaude gegeben, und ich bin erfreut, »ich in diesem Gefühl, mit meine» getreuen L,»d,-ki»d»r» »ollkommen einig zu wissen." * Botha, 27. Juni. (Telegramm.) Der Gothaiscke Landtag nahm heut« den Gefetzeotwurf, betreffend Errich tung einer Handelskammer, an und zwar auf dem Prmcip der Selbstverwaltung ohne staatlichen Zuschuß. Die Wahi
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