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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190008124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: S. 6395 - 6398 (1.Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-08
- Tag1900-08-12
- Monat1900-08
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1900
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Tabellarischer und Zisferasatz nach höherem Lari?. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördrrung 60.—, mit Postbefördrrung ^ll 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «in« halbe Stunde früher. Anzeiger» sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig» Sonntag den 12. August 1900. SL Jahrgang. Aus der Woche. 3u China gehen die Dinge vorwärts und zwar ver sagen dort noch z. Z. nicht die Mächte, die man im Verdacht hatte, eine Sonderstellung anzustreben. Bei der Erstürmung von Peitsang waren neben Japanern und einer kleinen Anzahl Deutscher die Engländer in hervorragendem Maße betheiligt, und Aangtsun ist von Amerikanern, deren Regierung auch diplomatisch besondere Energie zeigt, ge nommen worden. Zufällig und gewiß nur zufällig mußten in der Schlacht vom 5. August Russen und Franzosen, deren Zuverlässigkeit in der den civilisirken Ländern aufgedruugenen chinesischen Politik kaum von irgend einer Seite ernsthaft in Zweifel gezogen worden war, ungünstiger äußerer Umstände halber in Unlhätigkeit verharren. Daö „Concert" hat sich also ohne Mißklänge vernehmen lassen, freilich — von den älteren Cooperationen vor Taku und Tientsin abgesehen — vorläufig nur bei zwei Gelegenheiten. Aber der Vormarsch nach Peking scheint denn doch mit Thatkraft ausgenommen worden zu sein, und die Annahme, daß „Differenzen" die verbündeten Truppen an der Erreichung deS erwünschten Zieles hindern würden, darf heute nicht mehr als Gewiß heit gelten. Mit „Differenzen" ist aber da- deutsche Anerbieten, dem Grafen v. Waldersee den Oberbefehl zu übertragen, begründet worden. Es ist gewiß auch nur ein Zufall, daß in dem Augenblicke, wo der deutsche General einen allge meinen Ruf erhallen wird, und sich schon zur Ausfahrt nach China rüstet, dort allgemeine Willigkeit hervortritt. Hu dieser Thatsache paßt sehr gut die Miltheilung, die Eng länder und andere Nationen hofften, die Arbeit in China werde gethan sein, wenn — Ende September — etwa Graf Waldersee auf dem Schauplatz der militärischen Operationen eintrifft. Diese Hoffnung — die heule nicht unbegründet erscheint — thcilt natürlich ganz Deutschland und nicht nur an? Menschlichk-itSgefühi, sondern euch in der politischen Erwägung, daß unsere politische Situation nicht nur in China, sondern auch in Europa durch die Entsendung eines Deutschen als Oberstcommandirenden benachtheiligt werden könnte. Diese Ansicht ist heute fast allgemein verbreitet, und wenn ein Theil der Berliner Presse zuerst erklärt hatte, die Nachricht von der „Ernennung" deS Lands mannes „freudig" auszunehmen, so war dies mehr ein Ausfluß von Verlegenheit, als wahre Genugthuung. Ohne — wenn auch zum Theil nachträgliche — Bekundung von Bedenken haben nur wenige Blätter die Berufung deS Grafen Waldersee begrüßt, und die eS gethan, haben entweder von falsch verstandener Loyalität gesprochen, oder sie gehören zu der Sorte, die schon die faulen Aepfel für den deutschen General bereit hält, fall- er nicht sofort den Erfolg an seinen Marschallstab zu heften im Stande wäre. Wie immer aber der erste Eindruck gewesen sein mag, seit vorgestern ist fast überall ein überwiegendes Bedenken zu bemerken. Wir haben auf die sehr ernsten und beinahe als abwehrend zu bezeichnenden Darlegungen der „Nationalzeitunz" hingewiesen und haben die thalsächlicken Angaben des Blattes mitgetheilt. Danach ist Graf Waldersee nicht nur nicht der Erkorene aller Mächte, er hat auch keine unbedingte Aussicht, eS zu werden. Selbstverständlich verstärkt das Fehlen einer vorherigen allgemeinen Zustimmung den Zweifel an der poli tischen Richtigkeit, des Schrittes., die Führung in Ostasien zu übernehmen. Superkluge Leute mögen eS ja als eine ver heißungsvolle Constellation ansehen, daßRußland, indem eS mit Oesterreich-Ungarn und Italien der Ernennung zustimmt, sich an der Seite des Dreibundes zeigt. Aber kein nüchtern Urtheilender wird wähnen, diese Frage werde eine Entfremdung zwischen Rußland und Frankreich anbahnen, falls dieses mit seiner Zustimmung auch ferner zurückhalten sollte. Und England? An anderer Stelle unseres Blattes können unsere Leser sich über die bedingte Zustimmung unserer Freunde jenseits deS Canal- informiren. Es muß deshalb wiederholt werden, daß die deutsche Regierung von ihrem Standpuncte, nur auf einmüthigen Wunsch der Mächte einen Oberbefehls haber zu stellen, schroff abgewichen ist. Auf die Bekundung von Wünschen bat sie generell verzichtet und nicht einmal auf vorherige allgemeine Zustimmung hat sie Werth gelegt. Mangel an Consequenz wird sich in dieser Angelegenheit der Regierung auf alle Fälle nicht absprechen lassen. In diesem Augenblicke ist eS auch fraglich geworden, ob Deutschland nicht mit dem Gedanken umgebt, sich auch bei dem Fehlen der Zustimmung aller Betbeiligten als im Kriegszustand mit Cbina befindlich zu erklären. Officiö- wird angebeutet, eS sei kaum mehr angängig, an der Fiction deS Friedenszustande- mit der chinesischen Regierung festzu halten. Nun scheint eS richtig, daß man eS nur mit einer Fiction zu thun hat, Eines aber war zu bedenken und zwar nicht nur für Deutschland und Amerika, da- ja bereits ein Ultimatum gestellt hat, sondern auch für alle übrigen Mächte: Die Gesandten weigern sich, Peking vor seiner Eroberung zu verlassen, weil sie e- unter chinesischer „Escorte" nicht ver lassen können, ohne einem sicheren Tode entgegenzugehen. Wird der Krieg erklärt, ist ihr freiwilliger Abgang ein Gebot des Völker rechts, und erfolgt er nicht, so ist China zu einer gewaltsamen Entfernung berechtigt, die Gesandten mit ihren Frauen und Kindern, alle Europäer und den christlichen Chinesen Peking-, für die einzustehen sich die Gesandten in rühmlicher Weise verpflichtet fühlten, sie Alle wären dem auSgesetzt, wa- die Depesche de- französischen Gesandten von einem Verlassen Peking- ohne den Schutz der Verbündeten befürchtet. Während Deutschland mit der Waldersee-Frage einen nicht viel versprechenden Anlauf zur Erhöhung seine- „Prestige", wie die „Nationalzritung" sich au-drückt, genommen, wurde die Erinnerung an eine Action wachgerufen, die, wenigsten- nach der Meinung der Meisten, gleichfalls nur dem „Prestige" gedient hat. Die Presse hat de- zehnjährigen Gedenktages der Erwerbung von Helgoland gedacht. An sich etwa- Natürliche-, aber von dem hohen Kaufpreise, die Hingabe von Zanzibar und Witu, war nicht die Rede. Und dennoch empfiehlt eS sich gerade in diesem Augenblick, Gewinn und Verlust bei jenem Handel abzuwägen. Helgoland im Besitze Englands war ein Schön heitsfehler am Körper des deutschen Reiches ohne Frage, und in den Zeiten der nationalen Schmach wurde auch dieses Wenige von Fremdherrschaft bart empfunden. Nachdem aber Schleswig-Holstein und Elsaß-Lothringen Deutsch geworden, börte diese Wunde zu brennen auf. Immerhin blieb der Erwerb der kleinen Frieseninsel auch dann noch aufs Innigste zu wünschen, und Geld, um sie zu erlangen, wäre bereitwillig geopfert worden, bereitwilliger noch als für die Karolinen. Aber mit dem Schlüssel zu unserem afrikanischen Hause war der Fleck Erde zu theuer bezahlt, um so mehr zu tbeuer, als England der Besitz an sich gleichgiltig gewesen, als es ihm insbesondere auch keinen militärischen Werth beilegte. Der freihändlerische Enthusiasmus über das Handels abkommen mit Amerika bat sich gelegt. Man erkennt, daß es sehr wenig Wertb besitzt und auch Vie ofsiciösen Ver suche, dieser Thal der Regierung den „Glanz" zu erhalten, sind kluger Weise eingestellt worven. Es war denn auch eitel Wortklauberei, aus dem Vertrag berauszulescn, daß wir Amerika nicht eine „absolute" Meistbegünstigung zugestehen. Wir gestehen sie thatsächlich in jedem Betracht und für alle bestehenden Wirkungen zu. Es war ein recht unglücklicher Einfall, viel Rühmens von einem Abkommen zu machen, das die Hauplbeschwerde Deutschlands, die eigentliche Ursache der Mißhelligkeiten, ungcänvert fortbesleben läßt: den Ausschlag auf deutschen Zucker. „In Naturaliensammlungen fehlt oft unter den Fischen der Walfisch." Aber daS ist kein Trost. Oie Thronbesteigung Victor Emanuels III. Der König Victor Emanuel III. hat, wie unS der Draht aus Rom meloct, gestern vor dem Parlament feier lich den Eid auf die Verfassung geleistet. Der Sitzungs saal in dem Senatsgebäude, dem Palazzo Madonna, in dem die Feier abgebalten wurde, trug reichen Trauerschmuck. Tie Plätze der Senatoren und die Tribünen waren mit schwarzen Draperien bedeckt. Der Thronsessel nahm die Stelle ein, wo sonst der Piäsident seiuen Sitz bat. Der Saal war von Senatoren und Deputirlen Licht besetzt,während auf den Tribünen die ausländischen Abordnungen, die Vertreter der obersten Staatsbehörden und der Diplomatie, sowie einige Geladene Platz genommen hatten. Die Königin Helene und die Königin Maria Pia, die Prinzessinnen des Hauses! Savoyen wurden von der Menschenmenge, die dicht gedrängt in der Umgebung des Hauses stand, ehrfurchtsvoll begrüßt. Vor dem Haupteingange des Senatsgebäudes war ein Pavillon errichtet, in welchem die Königinnen von den Abordnungen deS Senats und der Kammer empfangen, und von wo sie zur königlichen Loge geleitet wurden. Als die Königinnen den Sitzungssaal betraten, erhoben sich die bereits Ver sammelten und brachten ihnen begeisterte, lang andauernde Huldigungen dar. Einige Minuten später trat der König Victor Emanuel in Begleitung des Herzogs von Aosta, des Grafen von Turin, des Herzogs von Genua und der Großwürdenträger deS HofeS in den Pavillon, wo er unter begeisterten Zurufen der Menge von den Abordnungen deS Parlaments und von den Ministern empfangen wurde, die ihn in den Sitzungssaal geleiteten. Bei seinem Eintritt wurde ihm eine Huldigung bereitet: alle Senatoren und Deputirten empfingen ihn mit dem Rufe: „ES lebe der König!" Der König setzte sich sodann auf den Thron. Neben ihm nahmen der Herzog von Aosta, der Graf von Turin und der Herzog von Genua Platz. Der Ministerpräsident Saracco forderte hierauf die Sena toren und Deputirten auf, sich zu setzen, und machte ihnen die Mittheilung, daß der König den Senat und die Kammer um sich versammelt habe, um den durch die Verfassung vorgeschriebenen Eid zu leisten. König Victor Emanuel erhob sich sodann. Auch alle Anwesenden erhoben sich von ihren Sitzen, und der König verlas mit lauter Stimme folgende Eidesformel: „Vor Gott und der Nation schwöre Ich, die Verfassung zu achten und die königliche Autorität nur nach den Gesetzen und in Uebereinstimmung mit diesen ausüben zu wollen, jedem nach feinem Verdienste sein volles und genaue- Recht werden zu lassen und bei allen Meinen Handlungen nur da» Interesse, da- Btdeihen und die Ehre der Nation anstreben zu wollen I" Alle Anwesenden klatschten Beifall und riefen: „ES lebe der König!" Der König unterzeichnete sodann tie EideS- acte, worauf der Siegelbewahrer den Senatoren — darunter auch dem Herzog von Aosta, dem Grafen von Turin und dem Herzog von Genua, die Senatoren von Recht« wegen sind — die Eidesformel vorlaS. Die Senatoren riefen zusammen: „Ich schwöre!" Der gleiche Vorgang wiederholte sich auch bei den Deputirten, wo der Ministerpräsident Saracco die Eidesformel vorla«. Nach dieser Ceremonie verlas der König die Thronrede. Hierauf ver ließen unter demselben Ceremonirll, wie bei der An kunft, zuerst die Königinnen und die Prinzessinnen, sodann der König mit den Prinzen den Saal und begaben sich unter den begeisterten Kundgebungen einer ungeheuren Menschen menge nach dem Ouirinal zurück. In der königlichen Loge hatten der Erzherzog Rainer, der Großfürst Peter, der Fürst von Montenegro, der Herzog von Oporto und Prinz Victor Napoleon der Feier beigewohnt. Die Thronrede hat folgenden Wortlaut? „Mein erster Gedanke gilt Meinem Volk«; es ist der Gedanke der Lieb« und Dankbarkeit. Da- Volk, da- an der Bahre seines König- weinte, da- sich liebend und vertrauensvoll um Mich schaarte.hatgezeigt.wie festeWurzelndieliberaleMonarchie im Lande hat. Ich entnehme dieser Plebiscits-Trauer die besten Aussichten für Meine Regierung. Der edle und pietätvolle Ton, der aus der Seele der Nation bei der Kunde von dem tragischen Ereignisse kam, legte dar, daß in den Herzen der Italiener noch die patriotijcheStimme klingt, die allezeit zu Wundern des HeldenmutheS begeistert hat. Ich bin stolz darauf, diese Stimme vernehmen zu können. Wenn da- Volk in das Buch seiner Geschichte eine solche Seite geschrieben hat, wie die unserer nationalen Erhebung, so hat es ein Recht, die Stirn hoch zu tragen und die idealste» Ziele anzustreben. Mit erhobener Stirn und mit Lein Blicke aus die idealsten Ziele weiß Ich Mich eins mit Meinem Lande, mit aller Inbrunst und Kraft, deren Ich Mich fähig fühle, ' mit aller Kraft, die Mir die Vorbilder und Traditionen Meines Hauses eingeslößt haben. Das Wort Meines hochherzigen Ahns Karl Albert, der dem Lande die Freiheit gab, war heilig. Heilig war das Wort Meines Großvaters, dec die Einigung Italiens vollendete. Heilig war auch das Wort Meines erlauchten Vaters, der bei allen Thaten seines Lebens sich als der würdigste Erbe seines Vaters seinem Vateriande erwies. Seinem Worte hat die Mit arbeit Meiner erhabenen und hochverehrten Mutter Unterstützung, Anmuth und Glanz verliehen, Meiner Mutter, die das Pflicht gefühl Les Fürsten und Italieners in Mein Herz ge pflanzt und in Meinem Geiste eingeprägt hat. Des gleichen wird Meinem Volke die Mitarbeit Meiner er lauchten Gemahlin zur Seite stehen, die, gleichfalls einem starken Stamme entsprossen, Ihr ganzes Leben dem Vaterlande und seinem Wohle weihen wird. Einen beredten Beweis ihrer freundschaftlichen Gesinnung haben uns alle Mächte damit ge geben, daß sie sich durch ihre erhabenen Fürsten und hohen Ver- treter an unsererTrauer betheiligten. Ihnen allen binJch aufs Tiefste erkenntlich. Italien ist immer ein wirkjamer Factor der Eintracht gewesen und soll es auch während Meiner Regierung sein, für das gemeinsame Ziel, di« Erhaltung des Frieden-. Der Friede aber nach außen allein genügt nicht, w'-' bedü-feu auch deS inneren Friedens und der Eintracht aller Männer von gutem Willen für die Entwickelung unserer intellectuellen Kräfte und unserer wirthschaftlichen Energie. Wir müssen unseren künftigen Generationen die Verehrung des Vaterlandes und das Gefühl der Ehre einpflanzen, von dem unser Landheer und unsere Marine in so hohem Grade erfüllt ist, die beide dem Volke entstammen und das Unterpfand sind der Brüderlichkeit, welche die große italienische Familie zusammenschließt und ihr Gefühl der.Zusammengehörigkeit und der Vaterlandsliebe rege hält. Wir müssen uns sammeln und vertheidigen durch eine weise Gesetzgebung und eine stricte Befolgung derselben. Das Königthum und das Parlament müssen zur Ausführung dieses heilsamen Werkes eng zusammen- gehen. Ich besteige den Thron unerschrocken und guten Muthes, mit dem Bewußtsein der Rechte und Pflichten als König. Italien möge Mir nur vertrauen, wie Ich dem Stern des Vaterlandes vertraue! So wird keine menschliche Kraft im Stande sein, zu zerstören, was unsere Väter mit so großer Entsagung ausgebaut haben. Wir müssen wachsam fein und alle unsere Kräfte entfalten, um die großen Errungen schaften, die Einheit und Freiheit, unangetastet zu er halten. Ich werde stets rin unerschütterliches Vertrauen zu unseren liberalen Staatseinrichtungen haben. Es wird Mir auch nicht fehlen an kräftiger Initiative und Thatkraft, um die ruhmreichen Einrichtungen des Lande- und das kostbare Erbe unserer Vorfahren energisch zu vertheidigen. In der Liebe zur Religion und zum Vaterlande auserzogen, rufe ich Gott zum Zeugen Meines Versprechens, Laß Ich Mich von nun an mit ganzer Seele der Größe und dem Gedeihen des Vaterlandes weihen werde." Der König verlas mit fester Stimme die Thronrede, die einen großen Eindruck auf alle Anwesenden machte, tief bewegt; er wurde häufig durch laute Beifallsbezeugungen unterbrochen. Nach seiner Rückkehr in den Ouirinal wurde daS KönigSpaar von einer ungeheuren Menschenmenge mit begeisterten Zurufen begrüßt und mußte sich zweimal auf dem Balcon der Menge zeigen. Oie Wirren in China. Der russische „RegierunzSbote" schreibt: Am 9. August hat daS Ministerium des Aeußern unmittelbar von dem Gesandten tn Peking ein Telegramm erhalten, daS offenbar mit einem Expreß boten dem örtlichen Namen der Provinz - Hauptstadt Tsinan ü vermittelt und durch dieses Damen telegraphisch nach seinem Bestimmungsorte befördert worden ist. In dieser Depesche meldet der Gesandte GierS, daß der Belage rungszustand fortdauere, und die Belagerten noch einigen Vorrath an Lebensmitteln hätten. Die chinesische Regierung schlage den Gesandten vor, deren Telegramme zu übermitteln, bestehe aber auf der Abreise der Gesandten au-Peking. Da diese keine genügenden Bürgschaften für ihre Sicherheit hätten, hätten sie geantwortet, daß sie für ihre Abreise die Erlaubniß ihrer Regierung haben müßten. Mit Genehmigung deS Kaisers wurde dem Gesandten v. Gier- gestattet, mit dem ganzen Personale der Gesandtschaft und auch mit den Landungstruppen nach Tientsin abzureisen, aber nur in dem Falle, wenn die in Peking befindliche Regie rung und der Kaiser von Cbkna die sichersten Bürg schaften böten, daß die Abreise völlig gefahrlos vor sich geben würde. Gleichzeitig wurde der Gesandte v. Gier» angewiesen, auf die schwere Verantwortung aufmerksam zu machen, die China und den Kaiser von China treffen, in dem Falle, daß die Unverletzlichkeit aller der Per sonen auch nur im Geringsten angetastet werte, die gleich zeitig mit dem russischen Gesandten nach Tientsin reisen würden, sobald die Abreise möglich sei. * Berlin, 1l. August. (Telegramm.) Es ist eine vou dem deutschen Geschäftsträger io Peking chtffrirte Depesche Angegangen, deren Inhalt mit dem Telegramme deS französische« Gejandten Pichon an seine Regierung übereinstimmt. (Wiederh.) Tic Streitkräfte der Mächte in Ehina. Das „Militärwochenblatt" schreibt in einem schon tele« graphisch kurz erwähnten instructiven Artikel: Die Lage in China hat in den letzten Wochen eine wesentlich andere Gestalt angenommen und dadurch die Bereitstellung erheblich größerer Streitkräfte, namentlich in Rußland, veranlaßt. Die unerwartete Energie, mit der die Chinesen in der Mandschurei an allen Orten austreten, ließ Rußland nicht nur den größten Theil seiner in Asien stehenden Truppen in Kriegsbereitschaft setzen, sondern auch aus Europa die Absendung noch weiterer Streitkräfte vorbcreilcn. In England sieht man die Lage im mittleren und südlichen China für so bedenklich an, daß von der auS Indien ent sandten Division bereits die Hälfte für Hongkong bestimmt worbe» ist und daß eine dritte und vierte Brigade demnächst wahrscheinlich nach dem Uangtse abgehen werden. Aber auch auf dem im Vorder gründe dks Interesses stehenden Kriegsschauplätze in Petschili hat sich das Bild wesentlich verändert. Deutschland ist vor der Hand in Tientsin immer nur noch mit 300 Mann Schiffsbesatzungen und mit 4 Geschützen vertreten, ebenso Italien und Oesterreich mit je 140 Mann. Frankreich verfügt dort über da- 16. Marine-Infanterieregiment und 3 Batterien auS Tongcking, sowie über Landungstruppen, insgesammt über 2600 Mann und 18 Geschütze. England hat die Hälfte einer Division au- Indien in Taku gelandet: 6 Bataillone, 4 EscadronS, 3 Batterien, sowie Schiffsbesotzungen, zusammen 6000 Mann mit 18 Geschützen. Amerika: 6 Bataillone und 1 Batterie, gleich 2900 Mann und 6 Geschütze. Japan eine Division, wahrscheinlich die fünfte aus Hiroschima, mit 12 Bataillonen, 3 EscadronS und zunächst 4 Bat terien, gleich 16HOO Mann und 24 Geschütze. Rußland hat augenblicklich verwendungsbereit: 8 Schützenbatailloue, 4 EScadronS, 7 Batterien, etwa 10000 Mann, 44 Geschütze. Danach belaufe» sich heute die vereinigten Streitkräfte bei Tientsin auf 38 000 Mann mit 114 Geschützen. Bei Berechnung dieser Zahlen sind Volle Kriegsstärken an genommen. Nimmt man an, daß diese nicht überall erreicht sind, und zieht man außerdem einen Procentsatz an Verlusten »c. ab, so wird man doch insgesammt etwa 30 000 Mann als zur Zeit sür den Marsch auf Peking verfügbar annehmen dürfen. Diese Zahl wird sich bis Mitte August wie folgt erhöhen: auf deutscher Seite: um 2 Bataillone, 1 Batterie (Generalmajor v. Hoepfner), gleich 2500 Mann, 6 Geschütze; auf fran zösischer Seile: um das 17. Marine-Jnsanterie-Regiment, 3 Bataillone und 2 Batterien, gleich 2080 Mann und 12 Geschütze; aus Japan: nm 5 Bataillone und 5 Batterien, gleich 6000 Mann und 30 Geschütze, insgesammt um 10 Bataillone, 8 Batterien, so Laß Mitte August eine Gesammtstärke von 40 500 Mann mit 162 Geschützen erreicht sein wird. Im weiteren Verlause deS August bezw. Anfang September werden dann in Taku noch eintreffen: aus Frankreich Las 18. Marine-Jnfanterieregiment, 3 Bataillone, 1 Batterie, aus Italien 2 Bataillone, 1 Batterie mit zusammen 4000 Mann und 14 Geschützen. Aus eine Vermehrung des briti schen Contingents in Petschili dürfte nicht zu rechnen sein, da, wie bereits angedeutet, 2800 Mann der indischen zweiten Bri gade schon in Hongkong gelandet sind, während über den Bestim mungsort der übrigen Truppen dieser Brigade noch nichts bekannt ist. Wahrscheinlich werden sie, ebenso wie die neuerdings beorderte 3. und 4. indische Brigade, auch in Hongkong oder in Shanghai verbleiben, so daß England dort über etwa 12 000 Mann ver fügen wird. Eine wesentliche Verstärkung ihrer Truppen in Petschili haben dagegen im Laufe LeS September Deutschland, Frankreich und Rußland zu erwarten. Tas ostasiatische Expeditions corps unter Generalleutnant v. Lessel, 8 Bataillone, 3 EscadronS, 6 Batterien, gleich 11300 Mann mit 34 Geschützen, wird Mitte September gelandet werden können; eine gemischte französische Brigade, 7 Bataillone, 2 EscadronS, 5 Batterien, gleich 10000 Mann mit 20 Geschützen, unter General Voyron, dürfte um dieselbe Zeit eintrcffeu, ebenso wie die russische 4. Schützenbrigade, 8 Bataillone, 3 Batterien, gleich 8700 Mann, 24 Geschütze, deren Einschiffung in Odessa am 25. Juli begonnen hat. Dies würde bis Ende September einen weiteren Zuwachs von 28 Bataillonen, 5 EscadronS, 16 Batterien oder von 34 000 Mann mit 92 Geschützen bedeuten. Daß Japan jederzeit in der Lage ist, innerhalb weniger Tage erhebliche Verstärkungen nach dem Kriegsschauplatz zu schaffen, ist bekannt, Loch verlautet nichts Bestimmtes über die Absichten der dortigen Regierung. Zu erwähnen bleiben noch der Vervollständigung halber 800 Mann Marineiüsanterie, 12 Ablheilungen Cavallerie und 4 Batterien, zu sammen 2000 Mann mit 24 Geschützen, welche aus San Francisco abgegangen sein sollen, ferner 860 Matrosen und Marinesoldaten aus England, 250 Mann aus Australien und 350 Maim mit schweren Geschützen vom Cap. Aus eine Mitwirkung der deutschen Truppen in Kiautschan gegen Peking kann zunächst wohl nicht gerechnet werden, da diese für eine etwaige Bertheidiqung des Schutzgebietes gegen die in Schantung siebenden Truppen des dortigen Gouverneur- Uuan- jchikai bereit gehalten werben müssen. Damit wären diejenigen Streitkräfte aufgezählt, über welche die Mächte bis Ende September in Petschili bezw. im südlichen China verfügen. Es sind in Petschili rund 78000 Mann mit 280 Ge schütze n. Für die Operationen in der Mandschurei bezw. gegen den Norden Chinas hat Rußland außerdem noch eine Armee in Be- reitschaft gesetzt. Ta Rußland ein großes Interesse daran hat, daS kostbare Material der im Bau begriffene» Mandschurischen Bahnen zu schützen und gleichzeitig den an diesen Bahnen stehenden Kosaken- Schutztruppen zu Hilfe zu kommen, sind russische Truppen bereit- von fünf Puncten gleichzeitig in die Mandschurei eingerückt, näm lich von Port Arthur, Wladiwostok, Chabarowsk, Blagowjesch- tschenSk und Nertschinsk auS. Diese Truppen in einer Gesammt stärke vou etwa 37l«00 Mann mit 104 Geschützen dringen con centrisch gegen die wichtigsten Puncte an den Eisrnbahnliuien Mukden, Charbin, Zizikar, Chailar vor. Außerdem sind in dec Krieg-Vorbereitung bezw. schon lm Aufmarsch begriffen: im Uffuri- Gebiet 16000 Mann, im Transbaikal-Gebiet 5600Mann, imMili- tärbezirk Sibirien 40 000 Mann, im Gebiet Ssrmirjätfchje 9000 Mann, endlich im Europäischen Rußland di« 1., 2., S. und 5. Schützeiibrigade mit 35000 Mann, in-grsammt also noch 105000 Mann mit 138 Geschützen. Bon diesen letztgenannten Schützen brigaden ist di« 3. bereit- Mitte Juli mit der Eisenbahn nach Libirien in Marsch gesetzt, während die drei anderen, ebenso wie die bereits erwähnte 4., von Odessa zur See obgehen werden. Der «eewcg ermöglicht rin schnelleres Eintreffen dieser Truppen auf dem Kriegsschauplatz« und gestattet auch noch bis zuletzt Arnderungen hinsichtlich der Ausschiffung in Taku, Port Arthur oder Wladiwostoks
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