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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902020701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902020701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-02
- Tag1902-02-07
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redactionsstrick >4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .46 «0.—, mit Postbeförderung .46 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag den 7. Februar 1902. W. Jahrgang. Das srnnMsche Heer im Jahre 1999. V. zv. Zwei im Dreyfus-Prvcctz besonders hervor getretene Persönlichkeiten, der Advveat Labvri nnd der Oberstleutnant Ptequart, haben im verflossenen Monat viel von sich reden gemacht; der Erstere als Herausgeber der „Grande Revue", der Andere wegen der Veröffentlichungen über die französische Armee in vor genannter Zeitschrift. Ein Theil der Ausführungen Picquart's gipfelt in dem Versuche des Nachweises, das; Frankreich und Dcntschland nach dem Kriege 1870/71 sich in gegenseitigen Nüstnngcn zu überbieten gestrebt hätten, daß aber Frankreich in Bezug auf sein Hcerescontingent dcu Höhepuuct schon lange erreicht und nunmehr sogar gezwungen sein werde, den Fricdcnsetat seiner Armee hcrabzusctzeu, während Deutschland weiter fvrtschrcttcn und vermöge der Uebcrzahl au verfügbaren Mannschaften Frankreich, so weit es wolle, hinter sich lassen könne. Natürlich haben sich in Frankreich zahlreiche Stimmen gefunden, die den Angaben Ptequart's cntgegcngetretcn sind und auf Grund umfangreichen Materials seine Zahlen und Berechnungen zu widerlegen versucht habe«. Es ist wohl eiulcuchtend, daß der Gegeustaud dieser Dis kussion auch für weite Kreise Deutschlands ein hervor tretendes Interesse haben muß, so daß cs am Platze er scheint, ohne auf Eiuzclhciten der ciuander gegenüber stehenden Ansichten cinzugehen, auf Grund einwandfreien Materials einige Daten über die gegenwärtige Wehrkraft Frankreichs zur allgemeine» Kenutniß zu bringen. Während vor einem halben Jahrhundert die Bevöl- kerungsziffern in Frankreich nnd in Deutschland mit je 35 Millionen die gleichen waren, gestaltet sich das Vcr- hältniß heute so, daß Frankreich nur 38 b/» Millionen Ein wohner, Deutschland dagegen 50 Millionen zählt. Die natürliche Folge dieses merklichen Unterschiedes und des Rückganges im Zuwachs der französischen Bevölkerung macht sich naturgemäß in sehr empfindlicher Weise auch auf die Hceresverstärkung und den alljährlichen Ersatz be merkbar, so daß es thatsächlich bereits heute der franzö sischen Nation schwer fällt, sich in Bezug auf die Höhe der Friedcnöpräscnzstärke ihrer Armee auf annähernd gleicher Höhe mit Deutschland zu halten. An diesen Thatsachcn vermag trotz aller außerordentlichen An strengungen auch die Zunahme und die große Ausdehnung des colonialen Besitzes Frankreichs nichts zu ändern, denn die Bevölkerung dieser überseeischen Landgcbicte, so zahlreich sic auch an sich ist, eignet sich entweder nicht zum Heeresdienst oder macht durch Abneigung gegen den selben ihre Ausbildung und kriegsmäßige Verwendung außerordentlich schwierig. Diese Zustände haben ja auch die französische Negierung bereits gezwungen, in ihren sämmtlichcn Colonien, trotz der völlig ausreichenden Zahl dort vorhandener waffenfähiger Bewohner, Besatzungen aus dem Muttcrlande mit zu verwenden und diese zn größeren Verbänden mit den schwachen einheimischen kontingenten zusammcnzufasscn. Hierdurch aber hat der Kolonialbesitz Frankreichs die Wehrkraft des Mutter landes schon seit geraumer Zeit nicht unerheblich ge schwächt, und diese Verhältnisse im Zusammenhänge mit der alljährlich abnehmenden Zahl der Geburten im Stammlandc machen die Schwierigkeiten erklärlich, mit denen das Ersatzgeschäft für die französische Armee in zunehmendem Maße zu kämpfen hat. Noch im Jahre 1898 betrug der Unterschied aus gebildeter Mannschaften zwischen Frankreich und Deutsch land 140 000 Mann zu Gunsten -es ersteren, und nach Berechnungen, die in jenem Jahre bei uns aufgestellt wurden, nahm man an, -aß diese Differenz auf der Basis von 14 000 Mann, die alljährlich mehr in die deutsche Armee eingestellt wurden als in die französische, inner halb von zehn Jahren ausgeglichen sein würde. In Folge der inzwischen eingctretcncn Verstärkung deö deutschen Heeres und der gleichzeitigen Festsetzung des Jahres- contingentcs auf 221 471 Mann, gegenüber einem solchen in Frankreich von 200 048 Mann, ist jedoch bereits heute der vorgenannte Unterschied beider Armeen wesentlich schneller verringert wvrdeu, als die ursprüngliche An nahme aussprach. Erwägt mau dazu die Thatsache, daß dem deutsche» Hecrcsersatze in Folge zahlreicher Anmel dungen noch nicht Gestellungspflichtiger (im Jahre 1899 waren es 22 669) trotz des erhöhten Nccrutenbedarfs und ungeachtet der viel strengeren Bemessung der Ticnsttauk- lichkcit immer noch eine, wenn auch kleine Zahl Taug licher überschüssig bleibt (im Jahre 1899 waren cs 5187 Mann), die zur Bildung von Ncuformativucn, eventuell zur theilwciscn Aufstellung -er noch fehlenden dritten Bataillone verwendet werden könnten, so erscheint der Schluß berechtigt, daß die in Rede stehende Differenz von 140 000 Mann schon in kurzer Frist ganz beseitigt sein werde. Ein Blick auf die vor einiger Zeit veröffentlichten Ucbersichten über die Ergebnisse der Heeres-Ergänzung in Frankreich und in Deutschland, sowie auf die dort unter bliebenen Ncusormationen der beiden letzten Jahre wird obige Schlußfolgerung noch etwas deutlicher veranschau lichen. Aus den erwähnten französischen Angaben ist zunächst ersichtlich, daß trotz aller Bemühungen, die Zahl der Freiwilligen zu vermehren (im Jahre 1899 waren es 25 882 — 12,4 Procent des Recrntenzugangcs) und, selbst unter erheblichen Vvrthcilcn und Erleichterungen, eine größere Anzahl von Capitnlationen mit Unteroffi- cieren und Gemeinen abznschlteßen (im Jahre 1899 kamen nur 6528 zu Stande), bereits im Vorjahre der Necruten- sollbestand nicht erreicht werden konnte und in Folge dessen schon damals die Aufstellung der noch fehlenden, aber längst bewilligten vierten Bataillone unterbleiben mußte. Allerdings hieß eö noch im vergangenen Jahre, die erforderlichen Mannschaften seien wohl vorhanden, allein der Kriegsminister habe aus finanziellen Rücksichten auf ihre augenblickliche Einstellung verzichtet, da er nach und nach sämmtlichc vierten Bataillone zu je einer neuen Brigade für das 19. Armeccorps des Inlandes zu- sammcnzustellcu beabsichtige. In Wahrheit aber erhielten im Jahre 1900 von -en 145 Infanterie-Regimentern des französischen Heeres nur 93 vierte Bataillone zu vier Compagnien, 11 Regimenter bekamen vierte Bataillone zu nur drei Compagnien, 22 Regimenter vierte Bataillone zu nur zwei Compaguicn, 16 Regimenter solche zu nur einer Compagnie nnd drei Regimenter vermochten noch gar keinen Stamm der vierten Bataillone aufzustellen. Anstatt daß nnn aber in diesem Jahre die noch fehlenden vierten Bataillone zu vollen vier Compagnien für 54 Re gimentern ausgestellt worden wären, hat sich die Negie rung in Folge des Mannschaftsmangels sogar ent schließen müssen, bereits vorhandene vierte Bataillone wieder aufznlüsen und im Ganzen 79 Compagnien ein gehen zu lassen. Erwägt man, daß diese neun- nndsicbzig Compagnien insgesammt die Stärke von Armeccorps ausmachen, so wird man in dieser Ncduction einen sehr empfindlichen Schlag für die Wehrkraft d e r f r a n z ö s i s ch c n Armee e r k e n n c n m ü s s e n und einsehcn, daß die Ansführungcn des Oberstleutnants Picquart nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern nur den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Der Krieg in Südafrika. Der holländische Ballon d'Essay. Mau schreibt nuS aus London, 5. Februar: Daß die englische Regierung daran denkt, mit den Bverenführern in Südafrika durch Lord Kttchencr über einen eventuellen Friedeusschluß überhaupt zu ver handeln, und daß in der Antwort des britischen Auswär tigen Amtes an Holland das böse Wort von der „be dingungslosen Unterwerfung", das früher immer die Quintessenz der britischen Anforderungen war, gänzlich fehlt, das ist eine wirkliche Uebcrraschuug in dem langen Communigue des Lord Lansdowne an den hollän dischen Minister des Auswärtigen. Die Bocrcn sollen, wenn sic Lust verspüren, sich an Lord Kttchencr wenden, „welcher bereits die nöthigcn Instructionen erhalten hat, nm jedes Anerbieten, welches er von den Vocrcnftthrern im Felde erhalten mag, nach London weiter zu geben". Diese Zugeständnisse sind natürlich an nnd für sich ziem lich nichtssagend, aber cS bleibt immerhin eine wohl- thuenbc Ucbcrraschung, daß die englische Regierung sich bemüßigt gefunden hat, gänzlich davon abzusehen, die früher mit Vorliebe energisch betonte „bedingungslose Uebcrgabe" neuerdings als conckitio sine gua non auf- zustellen und zur Basis aller eventuellen Fricdeusaus- sichtcn zu machen. Damit scheint ein großer Schritt vor wärts gemacht zu sein, und man ist sich wahrscheinlich in Downing Street längst darüber einig, inwieweit man heute bereit ist, von dem früheren schroffen Programm ab zugehen. Man hat also auf jeden Fall den Bocrcn Thor nnd Thürc geöffnet zu regulären FriedcnSverhandlnngen, für deren Durchführung man sogar „Mr. Lteiju uud Mr. Schalk Burger", also die beiden in Südafrika anwesenden officiellcn Vertreter der beiden Boercnvölkcr, rückhaltslos anerkennen will, wenn man sic auch in echt britischem Hoch- muthe nicht mit ihrem ihnen Ankommenden Titel als Präsident oder Viccpräsidcnt bezeichnet. Also Präsident Steijn und Viccpräsidcnt Schalk Burger sind nunmehr endlich rückhalt los von der britischen Regierung als die jenigen Männer anerkannt worden, in deren Händen alle Rechte und Pflichten einer Regierung im Freistaate und in Transvaal liegen, und so läßt sich erfreulicher Weise feststellcn, daß England anfä'ngt, wenigstens in etwas zur Einsicht zu kommen und mit seinem alten hoch- müthigen Princip des eingebildeten Siegers ein wenig zu brechen beginnt. In dieser Hinsicht wären also die Be mühungen der holländischen Regierung doch nicht ganz zu Schanden gekommen, sondern können vielleicht sogar noch die schönsten Früchte tragen, indem sic doch ans alle Fälle einei» Weg gebahnt haben, zn Fricdensvcrhandlungeu zwischen den beiden kriegführenden Parteien, die dieses Mal mehr Chancen ans einen befriedigenden Ausgang haben, weil England heute einfach nicht mehr im Stande ist, den früheren hochmüthigcn Standpnnct den tapferen Boeren gegenüber bcizubchalten, und sich ans das hohe Pferd des übermüthigen, imaginären Siegers zu setzen. Dabei kann es absolut keine Nolle spielen, daß in der eng lischen Antwort auch noch einmal die stolze Versicherung abgegeben wird, Großbritannien würde nach wie vor keine Intervention irgend einer anderen Macht gestatten oder acceptiren können. Davon war ja ans Seiten Hollands gar keine Rede, — nnd so ist denn wohl der holländische Ballon d'Effay nicht nmsonsi ausgelassen worden. Eine Rede Salisbury s. Auf einem Diner im Londoner Junior Cvu- stitutional Club hielt gestern Abend Lord Salisbury eine Rede, iu der er sagte, die Anwesenden würden von ihm nicht viel Auf schlüsse über diese Art Fchlkrisis (abortive Krisis) erhalten, mit deren Besprechung die Spalten der Blätter in den letzten Tagen gefüllt seien. Er könne sich absolut nicht vorstellen, welches Ziel eigentlich die holländis ch e R e g i e r n n g mit ihrem jüngst unternommenen Schritte zn erreichen hoffte. Es sei klar, daß sie von den ans dem Cvntinent weilenden Feinden Englands in keiner Weise die Ermächtigung hierzu erhalten habe. In dem Augen blicke, wo die holländischen Vorschläge veröffentlicht wurden, hätten alle diese Feinde einander mit Erklärungen überboten, daß die Vorschläge dnrchans absurd seien. Er wolle gern die freundliche Gesinnung der holländischen Negierung in jeder Weise anerkennen, die britische Ne gierung könne sich jedoch nicht darüber klar werden, ans welchen Gründen und in welcher Absicht diese selt samen Schritte nntcrnommen worden seien. Er könne nur annehmen, daß englische Bocren- freunde Veranlassung dazu gegeben haben. Man sei jetzt überhaupt in eine Periode gelangt, wo viele solcher Vorschläge gemacht würden. Der einzige Grund, weshalb er über diese Dinge spreche, die an sich nicht von sehr großer Wichtigkeit seien, liege darin, daß diese Vor schläge zu einer Zeit erfolgte», wo man mehr Gewicht ans die Eingebungen des Verstandes, weniger ans die des Gemüthes legen müsse. Viele liebenswürdige und vor treffliche Leute wünschten vielleicht, England solle Alles opfern, um einen Frieden zusammenzu- st ü m p e r n , d e r d v ch n i ch t a n d a n e rt c, sic müßten aber bedenken, daß jetzt von Gefühlen und Empfindungen keine Rede sei. England habe eine Arbeit an - g e fa n ge n, d ie e s d u r ch f ü h re n m ü s s e. England suche Sicherheit und würde nicht nnr gern, sondern mit Frendcn jede Wiederherstellung eines Friedens accep tiren, bei dem die Rechte des Königs anerkannt und die Sicherheit des Reiches verbürgt würden. Diese Sicherheit sei das einzige Entgelt, das England für alle Verluste und Opfer erstrebe. Redner fügte hinzu, cs gäbe noch andere zu erwägende Fragen, wenn der Krieg vorüber sei. Die Erhaltung der englischen Position in Ir land sei die vitalste Aufgabe, die jetzt dem Reiche obliege. Versagten die darauf gerichteten Bestrebungen jemals, so würde das Reich in die größte Gefahr gebracht, die man je gekannt habe; dies seien viel wichtigere Fragen, als der südafrikanische Krieg. London, 6. Februar. (Telegramm.) Lord Kitchener telegraphirt aus Pretoria: Oberst K e kevi ch berichtet, eine englische Truppe unter Major- Lender habe 7 Mann von Delarey ' s Commandv getödtet und 131 Gefangene gemacht, darunter den Com- mandanten Sarel Alberts, den Landdrost Potgicter und den Feldcornet Jan Dnklessis. Die Verluste der Eng länder seien geringe, Niemand sei gefallen. Tic Bocrendeputirteil nnd Sic englische Antwort. * Haag, «.Februar. („Neuter's Bureau". Ausführliche Meldung.) Die hier eingrtroffene Deputation der Boerenrepubliken spricht sich über den Inhalt des am Dienstag ausgegebenen Oranje- Buches wie folgt aus: Wir lasen mit Interesse die Mittheilung der niederländischen Regierung und die Antwort Englands. Wir erkennen die gute Absicht der niederländischen Regierung, den unheilvollen Krieg zu beendigen, an und wissen dieselbe zu würdigen, ebenso wie wir alle Anstrengungen schätzen, einen solchen Frieden herzustellen, auf den wir ein Recht zu haben glauben. Selbstverständlich sind persönliche Beziehungen zwischen den Delegirten in Europa und den Regierungen in Afrika wünschenswerth. Tie Behauptung, die Fsnrlletsir. Kiekchen's Maskenball. Novcllette von Luise Glaß. Nachdruck Verbote». „Nee!" sagte -er Schuhmachermeister Klcugel, „nee! Maskenbälle leid' ich nich." Eigentlich redete der alte Klengel jetzt ein höchst ge bildetes Hochdeutsch; er konnte sich's leisten, hatte zehn ttzescllen sitzen und kam von Stiefel zu Stiefel mehr in Ruf und Mode. An seinem Hochdeutsch konnte man ihm vielleicht etwas abhandeln, wenn er aber „Nee!" sagte, dann klang's wie ein scharfer Schutz: der saß nnd traf und war nicht unge schehen zu machen. Trotzdem versuchte das hübsche Nickcheu das Unmög liche. Sic stand in der Werkstatt, deren Hämmern und Pochen sie eben jetzt bitter ärgerte, weil alle Gesellen da- satzen und zuhörten. Natürlich hörten sie zu; sowie die hübsche Meisterstochtcr in die Werkstatt kam, flogen zwan zig Gesellen- und sechs Lehrjungcnaugcn hinter ihr drein, bis das Rickchcn hinter die Tapctenwand Huschte, die des Vaters Zuschncidctisch von dem allgemeinen Gros ab trennte. War der letzte Zipfel ihrer blauen Schürze ver schwunden, so wandten sich die sechsundzwanzig Augen wieder Leisten, Hämmer, Ahlen und Oertern zn, und statt ihrer legten sich sechsundzwanzig Ohren auf Kundschaft. Trotzdem tippte Rickchcn den Vater leise an die Schulter, uud sagte: „Ach, Vater! wo ich doch die Ein trittskarte geschenkt krieg'! — Eingeladcn, Vater! — Guck mal, so fein! Goldschnitt und einen hübschen Kasper d rauf! Nun bei den Studenten! — Zehn Bekannte gönnen mtr's kein bischen!" „Erscht recht nich!" „Hu, das Deutsch!" dachte Nickcheu, laut aber sagte sic: „Vater! und drüben das Röschen von Tischler Wer ners hat auch ctuc! Und die darf!!" „Meinetwegen, wenn der Röse ihr Verstand dabei aus den Fugen geht, leimt ihn der Vater wieder zusammen. Ich versteh' nur mit Hammer und Riemen zu flicken, Jeder nach seiner Hantirung." Die Handbewcgung dazu wäre schon deutlich genug gewesen, daß er aber dabei auch nvch mit einem Stück Leder auf die Zuschneidetafel knallte, damit man die Hand bewegung nur auch ja höre, daS trieb Nickcheu das Blut in s Gesicht. Jetzt lachten da drüben gewiß sechsund zwanzig Lippen! Hastig legte sie die Schuhblätter, die sie drüben an ihrer Maschine eingefaßt hatte, neben das Leder nnd hastig lief sic wieder hinaus. Keinen Blick hatte sic dabei für die sechsundzwanzig Augen der Werk statt, obwohl sonst der Altgeselle zum Mindesten einen be sonderen höflich kühlen Gruß erhielt. Und der Altgeselle verdiente jenen besonderen Gruß, denn er war des Meisters rechte Hand. „Wenn man keinen Sohn hat, sondern nur ein win diges Mädel, mutz man sich seinen Gesellen ordentlich ran» ziehe», damit er für's Geschäft denkt und nicht dagegen", sagte der Meister, wenn seine Frau von Verwöhnung sprach. Zweimal hatten die Auserlesenen denn auch die Ver wöhnung nicht vertragen, der Dritte aber, der Merten Franz, dem schien sie anzuschlagen. Der dachte in des Meisters Tasche, der arbeitete zu des Meisters Ehre, der kränkte sich bis in das Inwendigste, wenn eine Dumm heit aus der Werkstatt hiuaus kam iu die Welt. „Un das is das Wahre, Mutter, so Einer is echt, so bin ich auch gewesen!" Diesmal war auch Mutter Klengel einverstanden mit dem Auserwählten. Bescheiden, höflich, ein hübscher Mensch — „mir Frauen wollen doch auch was für'S Auge" — und standfest, wenn ihm der lebhafte Meister 'mal Un recht that. Kein Maulen, kein Trotzen, kein Widersprechen — aber standfest, und da das die Meisterin selber durchaus nicht fertig kriegte, hielt sie um dieser Standfestigkeit willen den Merten Franz für einen Helden, nnd die Mit- gcscllcn hielten ihn auch dafür. Nur Rickchcn erkannte des Altgesellen Vorzüge nicht an -- nein, durchaus nicht. Rickchcn ärgerte sich sogar über ihu; am allermeisten, wenn er stramm vor ihr stand und ihr in aller Höflichkeit eine etwas wellenförmig gc- rathene Einfatznaht wiedcrbrachte. Sie ärgerte sich auch, wenn er LountagS beim Vater saß und sich von dessen Lehr- und Wandcrjahrcn erzählen ließ. Das war doch nur Liebedienerei! Er hätte ebenso gut mit dem jungen Volke Kahnfahren können. Und sie ärgerte sich, wenn er den jungen Damen gar so sorgfältig Matz nahm. Sic saßen dann iu der Wohnstube, wo Riekchcu von der Maschine aus zuschc» konnte, un schwatzten mit Klengel s hübschem Altgesellen, als ob der weiter nichts zu thun hätte. Anfangs hatte sie ein paarmal gegen den Merten ge redet, da war der Vater „dem Gikak, das nichts verstand", aber allemal derb über den Mnnd gefahren, so ließ sie cs sein und gab ihm, mit ein wenig Spott gewürzt, die schuldigen Redensarten. Hente aber nicht, nein, heute war sie so böse aus ihu, als sei er ganz allein schuld daran, daß sic nicht auf den Maskenball durfte. Als sie fort war, wollte der Meister ihre Schuhblätter austheilen, aber da flog gleich ein: „I Du verwettcrtes Mädel!" durch die Werkstatt. Erschrocken sprang der Alt geselle auf und eilte hinter die Tapetcnwaud. „Ein, zwei, drei Stück nngcnäht! Das kommt von Maschkengcdauken. Jetzt will ich ihr gleich 'mal den Marsch machen." „Meister, ich könnte ja!" fragte Merten Franz sehr rasch. „Sic habcn'ö doch so eilig mit dem Zuschncidcu!" Meister Klengel sah das ein; er schob dem Altgesellen die ungenühten Blätter in die Hände. „Aber den Marsch machen!" rief er noch 'mal, daun war der Altgeselle draußen. Bor der Wohnstubcuthür holte er noch einmal tief Athem, bann klinkte er leise auf und trat ein. Drin war Rickchcn, sie drückte den Kopf in die Arme, die Arme ans die Maschine, schluchzte, hörte nnd sah nicht, und dachte noch weniger an'S Arbeiten. Die Einladungs karte mit Goldschnitt und Kasper lag auf der Erde, aus der Küche nebenan kam kein Ton, Mutter und Magd waren im Waschhaus, — den; Altgesellen war unbehaglich zu Mnthe. Er räusperte sich, aber wußte nicht, ob Riekchcu das vor Schluchzen hören konnte. Er starrte iu ihre Zöpfe hinein, die dick um dcu Kopf lagen, und daun auf das Stückchen Hals, das aus -er Blonse schaute und von dcu eigensinnig krause» Zank haaren verschüttet wurde. „Na, ja", sagte er endlich und legte die uugcnähtcn Schäfte auf die Maschine. Da fuhr Rickchcn auf, blitzte ihn aus den braunen Augen an uud ärgerte sich über ihn, wie sic sich überhaupt noch nie geärgert hatte. Mutzte er auch sehe», was sie kränkte ? Und dann natürlich spotten ? Gar nicht mehr schön war'ö zu Hause, seitdem der Alt geselle da war. „Da", sagte Franz Merten, „da sind drei nngcnähtc Schäfte, und den Marsch wollte der Meister Ihnen machen, von wegen der Vergeßlichkeit. Und — und — ja, aber Fräulein Rickchcn, geht Ihnen der vcrflirtc Maskenball denn gar so nahe?" Dabei machte er sein gutmüthigcs Gesicht, hob die Karte vom Boden auf und sah Rickchcn treuherzig in die blitzen den Augen. Das war aber natürlich nur Spott und Ver stellung. Rickchcn's Finger zitterten nnd die Lippen zitterten auch, aber sie sagte kurz ab: „Gar nichts geht mir nahe, und wenn schon 'mal, so hat Sic das nicht zu kümmern." Schnapp ab. „So", sagte der Altgeselle, „da weiß ich's ja, guten Morgen." Stramm und standfest ging er in die Werkstatt zurück, ohne sich noch einmal umzuschauen, und als Riekchcu später die Schäfte hinüberbrachte, grüßten sic nur vierund zwanzig Augen, Merten Franz hielt die seinen gesenkt, so lange des Meisters Tochter in Sicht war. „Duckmäuser, Brummbär, Trotzkopf", sagte Riekchcu vor sich hin. während sie am Herde stand; „Brummbär, Trotzkopf, Duckmäuser", sagte sie Abends vorn» Ein schlafen, denn er batte sic weder über Mittag, noch beim Abcndbrod angeschant. Gesehen hatte er sic aber doch. Hatte gesehen, wie der Studiosus der Mcdicin die Einladung geschickt hatte, sich seinen Dank holen wollte, und statt dessen einen weh-
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