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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020224022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902022402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902022402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-02
- Tag1902-02-24
- Monat1902-02
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Bon gefahrvollen Stürmen auf der ganzen Ueberfabrt begleitet, trotz schwerer See, ist Prinz Heinrich von Preußen gestern in New Hork gelandet, von den Vertretern der Ber einigten Staaten und der Bevölkerung der Stadt auf da» Herzlichste und Ehrenvollste begrüßt. Die Gedanken und während der letzten Tage auch die Sorgen de» deutschen Volkes waren ununterbrochen mit dem Bruder unseres Kaisers, und Alle» alhmete erleichtert und freudig auf, al» die Kunde berübergekabelt wurde: „Prinz Heinrich an Land!" Möchte auch die weitere Reise durch die Hauptstädte der Union, die um die Begrüßung deS deutschen Fürsten wetteifern, so glücklich von Statten gehen, möchte der Prinz die angenehmsten und erhabendsten Eindrücke mit sortnehme» und vor Allem das Bewußtsein mit nach Hause bringen, daß all« Wolken, die zeitweilig zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten auftauchten, oder vielmehr von unsichtbarer, aber bekannter Hand zwischen die Coulifsen zu schieben versucht wurden, völlig verschwunden sind und d«r Himmel wieder heiter und klar ist! Ueber die Reise, die Landung und den Empfang des Prinzen Heinrich gehen uns folgende Meldungen zu: * New Bork, 23. Februar. Sonntag, den >6. d. MtS., 9 Uhr AbendS verließ der „Kronprinz Wilhelm" Cher bourg bei sternenklarem Wetter. Bald außerhalb deS Hafeng erhob sich eine leichte Dünung, die während der Nacht zu Montar stetig zunahm ; gleichwohl ging daS Schiff mit unvermindertes Geschwindigkeit. Prinz Heinrich widmete sich Montag Vormittag der Besichtigung der Maschinenräume, unterhielt sich auf daS Liebenswürdigste mit dem Personal und ließ sich alle Einzelheiten der gewaltigen Doppelmaschiue eingehend erklären. Das fallende Barometer zeigte von Mittag au daS Herannahen eines Minimums an. Nachmittag verweilte der Prinz längere Zeit im Rauchzimmer, mehrere ihm bekannte Personen ins Gespräch ziehend. Abend» nahm der Prinz mit Gefolge das Diner im Speisesalon, wobei, wie an den vorhergehenden Abenden, die Wilheltzhavener Capelle vorzüglich concertirte. Die Nackt zu Dienstag brachte zunehmenden Nordwest- wind, der am Dienstag Vormittag einen stürmischen Charakter annahm und am heftigsten zwischen 9 und 11 Uhr wurde, sodann etwas abflaute, doch herrschte fortwährend schwere Dünung. Der Prinz verfolgte das herrliche Schauspiel deS Oceans stundenlang von der Commankobrücke aus und ver brachte dann einige Zeit lesend im Salon. Trotz deS heftigen Sturmes war die allgemeine Stimmung frisch. Nach dem am Vormittag ein mächtiger Ventilator vom Sonnendeck Hera bgeschleudert war, warf Nach mittags eine Sturzsee ebendaselbst einen arbeitenden Matrosen nieder, der den Arm brach. Der Prinz zog sogleich Er kundigung über das Befinden deS Verunglückten ein; es konnte ihm mitgetheilt werden, daß dasselbe ein befriedigendes ist. Während Montag zahlreiche prächtige Bollsegler gesichtet wurden, begegnete am Dienstag dem „Kronprinz Wilhelm" kein Schiff. Gegen Abend trat besseres Wetter ein. AuS der zahlreichen Gesellschaft im Rauchzimmer berief der Prinz zwei Herren, Armour, aus New ?)ork an seinen Tisch, unter hielt sich mit ihnen über den Aachtsport und lud sie zum Frühstück am Mittwoch ein. Die Nacht zu Mittwock war gut. Da» Schiff, welches Dienstag nur 21 Seemeilen stündlich machen konnte, ging wieder kurze Zeit mit voller Fahrt. Montag den 24. Februar 1902. W. Jahrgang. Mittwoch früh kündigte da» stark fallende Barometer ein neues Minimum an, e» wehte etwa« Wind au» Südwest. Der Prinz erschien zeitweilig auf der Brücke, verweilte aber sonst in der Kabine. Im Laufe des Vormittags passirt» zuerst der Cunarddampfer „Campania", weitab sodann rer Cunarddampfer „Lucaoia", Capitän Mackah. Letzterer telegraphirte mittel» Marconi-ApparateS Vormittags 11 Uhr: „Oaptaio, crov uasssuM's sonck oamplimouäs dsst wisliez princs Uvm^ Der Prinz antwortete sofort: „Llaoz- uoatr/ tßavks to eaptaai, ersv passeiiger»gooä Mssage. kxiuos Usur/ ?russi»". Der erwartete Sturm traf pünctlich Mittwoch Mittag «in. Windstärke neun wurde erreicht und am Nachmittag sogar überschritten. Schwere Seen aus Westen käme« gerade dem Schiff entgegen. Es war ein unbeschreibliche» Schauspiel. Schwer stampfend, aber ohne Schlingern durchschnejdet der Dampfer di, tobenden Wogen. Nachmittag» fand inmitten de» Tumulte« der Natur im Salon eine zweite General probe für ein Donnerstag geplante» Eoncert statt. Musikdirector Wählbier-WilhelmShaven dirigirte. Während de» ganzen Mittwochs gab e» keinen Augenblick Sonne; e» herrschten häufige Böen; der Wind nahm immer an Stärke zu. Bi» Montag Mittwoch konnten ab Cherbourg in 15 Stunden 348 Seemeilen znrückgelegt werden, di« Dienstag Mittag weitere 520, bis Mittwoch Mittag nur 491 Seemeilen. Donnerstag früh schien der Wind etwas abzuflauen, nahm aber alsbald in mächtiger Steigerung zu, so daß die redu- cirt« Fahrt forttzauerte, Mittwoch Abend verbrachte der Prinz wieder im Rauchzimmer und unterhielt sich mit mehreren deutschen ihm bekannten Passagieren. Das Wetter war de« ganzen Tag trübe und stark unsichtig. Dabei fiel da» Barometer fortwährend. Die Hoffnung, am Sonn abend einzutreffrn, wurde bereit» aufgegeben. Am Donnerstag Mittag waren weitere 430 Meilen gemacht; ein Beweis für die ungünstige Einwirkung de» Wetter». PrinH Heinrich erschien auch am Donnerstag wiederholt auf der Kommando brücke und machte nach dem Lunch eine kurze Prome nade auf dem gemeinsamen Deck. Die Temperatur war seit Cherbourg ziemlich hoch; da» Barometer fiel auch am Donnerstag Nachmittag. Bei ununterbrochen schwerem Seegang« arbritet da» Schiff wirklich wundervoll, obgleich oft genug die Schrauben außer Wasser toben. Seit Donnerstag 2 Uhr Nachmittag« stand da« Barometer aus 742, und erreichte damit den tiefsten Stand, weicher bi» Freitag 5 Ubr früh anhielt. Natürlich stiegen Sturm und Seegang. DaS für Donnerstag Abend beabsichtigte Concert mußte unterbleibe», da das Rollen des Schiffe» dasselbe unmög lich machte. Gleichwohl herrschte heitere, fröhliche Stimmung. Nach 4 Tagen ununterbrochenen Sturmes und schweren Seegange« war Alles daran gewöhnt. Am Freitag früh bei stark sinkender Temperatur ging der Wmd endlich nach Nordwest; da» Barometer stieg auf 747; da erlaubte einige Hoffnung. Die vorhergehende Nacht war übrigen» die schlechteste, weil da» Schiff offenbar dauernd gerade durch ein auSgebreitete» Minimum hindurchkam. Der Prinz zog in den letzten Tagen wiederholt den Capitän Richter, sowie die Officiexe de» Schiffe» zu Tische. Gestern frühstückte bei dem Prinzen der mitsahrende Flügrladjutant d«S Prinzen von Wale«, Cust. AbendS besichtigte der Prinz die Zeichnungen verschiedener Zeichner. DaS stürmische Wetter dauerte auch am Freitag ungeschwächt bis zum Abend an. Von Donnerstag bi» Freitag Mittag konnte der Dampfer nur 394 Meilen machen, ein Beweis für die Gewalt der ent- aegenrollenden Seen. Fast unaufhörlich kamen die Schrauben außer Wasser und erschütterten donnernd das ganze Schiff. Immerhin ging die Wind stärke allmählich auf 8 bis 7 zurück. Das Concert wurde abermals abgesagt und auf Sonnabend, Washington's Geburtstag, verschoben. Freitag Nacht war eS ziemlich ruhig, der Wind flaute gänzlich ab, kam aber am Sonnabend Vormittag aus Ost mit immer schwererer Dünung. Am Sonnabend Mittag waren weitere 480 Meilen znrückgelegt; noch 457 sind bis Sandy Hook zu machen, so daß wir Sonntag Mittag einzu treffen hofften. Andere Schiffe sind nock mehr durch das Wetter aufgehalten worden. Heute Mittag passirten wir den „Sanct Louis" von der American Line, welcher am 15. d. Mt«., 10 Uhr Vormittags von Southampton abging. Gleichzeitig wurde mit einem anderen Dampfer mittels Marconi'scher Telegraphie gesprochen, der sich jedoch nicht nannte. Der Prinz empfing am Nachmittag die an Bord befindlichen amerikanischen und deutschen Vertreter der Presse und unterhielt sich mit jedem Einzelnen in der liebenswürdigsten Weise längere Zeit. Am Abend fand das Abschiedsessen statt und gleichzeitig eine Washington-Feier, sodann daS Concert- Als wir uns am Sonnabend Abend bei schwer rollender See dem Nantucket-Feuerschiff näherten, sandte Prinz Heinrich mittels Marconi-ApparalS an den Präsidenten Roosevelt nachstehendes Telegramm in englischer Sprache: Präsident Roosevelt, Washington. Ich hoffe, daß der Gesundheitszustand des jungen Herrn Roosevelt günstig fortschreitet und wünsche ihm »ine baldige Genesung. Gestatten Sie mir, Sie und das amerikanische Volk zu dem heutigen Gedächtnißtage von Washington's Geburtstage zu beglückwünschen. Ich bedauere sehr, Sie durch eine verspätete Ankunft zu enttäuschen, welche durck sehr schwere, anhaltende Weststurme veranlaßt wurde, die eine raschere Fahrt selbst für dieses schöne Schiff unmöglich machten und sehe der Zusammenkunft mit Ihnen mit Freuden entgegen. ' Prinz Heinrich von Preußen. * New Park, 23. Februar. Als der Dampfer „Kron prinz Wilhelm" in den Hafen von New ?)ork einfubr, ließen die in der unteren Bucht liegenden Schiffe, die fest lichen Flaggenschmuck angelegt batten, zum Gruße ihre Dampspfeife ertönen. Die Forts und das vom Contre-Admiral Evans befehligte Geschwader, bestehend aus den Kriegsschiffen „Illinois", „Olympia", „San Francisco" und „Cincinnati", feuerten die Salut schüsse ab. PrinzHeinrich dankte, auf der Commando- brücke deS Dampfers stehend, für dies« Ehrenbezeugungen. Eine Anzahl Häuser auf den Anhöhen bei dem Fort WadS- worth grüßten in reichem Schmucke deutscher und amerikanischerFlaggen herab. Unterhalb der Quarantäne station begab fick Admiral Ev ans mit seinen Officieren an Bord de-DampserS „Kronprinz Wilhelm". Hier begrüßte der Admiral den Prinzen in der Wohnung des Capitäns in formeller Weise mit den Worten: „Ich bin sehr erfreut. Sie zu em pfangen. Jedermann in den Vereinigten Staaten harrt darauf, Sie zu bewillkommnen." Prinz Heinrich erwiderte: „Ich danke Ihnen; ich freue mich sehr, hier zu sein. Seine Majestät der Kaiser bat mich beauf tragt, Ihnen, Herr Admiral Evans, seine Grüße zu über bringen, und ich habe daS Vergnügen, diesen Auftrag auS- zusühren." Admiral Evans dankte und Prinz Heinrich begab sich sodann mit ihm und den amerikanischen Officieren auf die Commandobrücke und verweilte dort mit ihnen, während der Dampfer „Kronprinz Wilhelm" weiter in den Hasen einfuhr. Die Wälle der Hafenbatterie und alle Landungs plätze zu beiden Seiten deS Hudson waren dicht mit Menschen angefüllt, die den „Kronprinz Wilhelm" bei seiner Einfahrt begrüßten; in der Nähe deS für den Dampfer be stimmten Anlegeplatzes waren gegen 25 000 Menschen zusammen gestromt, die dem Prinzen Heinrich einen herzlichen Willkommen bereiteten. Kurz nach 12 Uhr Mittag legt» „Kronprinz Wilhelm" am Pier der 34. Straße an. Prinz Heinrich begab sich alsbald quer über den Anlege platz, der eine reiche, purpurfarbene Ausschmückung erhalten hatte, nach der an der anderen Seite des Piers liegenden ^acht „Hohenzollern". An Bord der Aacht empfing Prinz Heinrich den Besuch de« Botschafters von Holleben, sowie des General» Brooke als Vertreter» der Armee der Bereinigten Staaten und der drei Delegirten des Präsidenten Roosevelt, deS Sekretär« deS Staatsdepartements, Hill, des Generals Corbin und des Contre-Admirals Evans. Letzterer stellte hierbei die zum Besuche Erschienenen vor. Prinz Heinrich wird die Besuche heut« Nachmittag erwidern. * New Port, 23. Februar. Die Einfahrt de» „Kron prinz Wilhelm" in den Hafen erfolgte bei herrlichstem Sonnenschein und bot ein wundervolle« Schauspiel. Dichte Menschenmassen umsäumten die Ufer und die Brook lyner Brücke. Die Sonntag« sonst stillen Straßen hallen wieder von den Ausrufen der ZeitungSver- käufer, die Extraausgaben feilbietrn mit den Worten: „Prinz Heinrich ist eingetroffen." Als daS Schiff an legte, wurde e« von den Volksmaffen und von den Vertretern der Prisse überaus herzlich begrüßt. Im Irviog-Place- Theater fand Galavorstellung statt, welcher Prinz Heinrich nicht beiwohnte. Direktor Conried hielt eine Ansprache. Zur Aufführung gelangte anstatt de» „Weißen Röhl" Wolzogen's „Unbeschriebenes Blatt". Da» Publicum begrüßte den deutschen Botschafter v. Holleben, den Vertreter de» Präsidenten Roose velt, den Bürgermeister Low und die Officiere der „Hohen zollern" mit großem Enthusiasmus. A. Ne» Park, 23. Februar. (Privattelegramm.) „Kronprinz Wilhelm" hißte 10 Uhr 50 Min. Vormit tags die deutsche Flagge, daS Zeichen für das amerikanische Geschwader zum Salut. Die Kriegsschiffe „San FranciScy", „Cincinnati", „Olympia", „Illinois" in Paradeformation hißten die deutsche Flagge, worauf die Salutschüsse er folgten. Prinz Heinrich genoß, mit Admiral Evans und dessen Stabe auf der Commandobrücke stehend, da- herrliche Schauspiel. Die Bai und der Hudson strom wimmelten von Fahrzeugen, die Fäbrboote waren mit Menschen überladen. „Kronprinz Wilhelm" wurde, GovcrnorS-Island passirend, mit der letzten Geschützsalve salutirt. DaS Ufer von Battery-Place bi« zur 34. Straße war von dichten Menschenmassen besetzt; die meisten Piers waren beflaggt und Schleppeampfer begrüßten „Kronprinz Wilhelm" auf landesübliche Weise mit betäubendem Pfeifen. Prinz Heinrich dankte lächelnd nach allen Seiten, häufig zuwinkend, und drückte den anwesenden Amerikanern seine herzliche Freude über die populäre Begrüßung aus. Mittags erreichte der Lloyddampser den militärisch besetzten Pier. Fast eine Stunde verging, ehe elf Schlepp dampfer den „Kronprinz Wilhelm" in den Dock hereingezogen halten. Prinz Heinrich verließ den Lloyddampser unter Len Hurrahrufen der Menge, durchquerte den festlich ge schmückten Pier und begab sich direct nach der „Hohen zollern", wo die Marinecapelle den Präsentirmarsch spielte. Die ersten Besucher auf der „Hohenzollern" war General Feuilletsn. Rittmeister Eckhoff. Numan von A. von Trystedt. Natddruck verbeNn. Fran von Eckhoff wäre nie auf den Gedanken ge kommen, daß diese dreißigjährige, dem Verblühen nahe Frau cs auf das Herz ihres flotten, stolzen Sohnes ab gesehen habe. Und Selma rechnete so sicher und bestimmt auf beide, den Siegcsprcis und den Besiegten! Sie wollte alle Beide besitzen! Bis zur Wiese hinüber tänzelten die Pferde im Schritt. Die junge Frau war höchlich erstaunt, auf ihre lau nigen, oft paradoxen Bemerkungen so einsilbige, zerstreute Antworten zu erhalten und machte kein Hehl daraus, daß sie sich verletzt fühlte. Eckhoff hatte das treibende Boot vor Augen. Er hatte es fertig gebracht, ohne eine Frage nach Ste phanie das Gehöft zu verlassen. Nun war ihm sein Eigen sinn bitter leid. Bon Neuem bemächtigte sich jene heiße, quälende Angst seiner, die das Blut zum Herzen treibt und es dann jäh wieder zurückdämmt. Er begriff sich selbst nicht mehr! Wie war eS nur mög lich, daß er stillschweigend davonritt, anstatt seine Wahr nehmung, die Vermuthung, daß ein Unglück geschehen sein müsse, anSzusprechen? War eS nicht der Gipfel aller Grausamkeit, einen Menschen, welchem vielleicht noch Rettung zu Thetl werden konnte, hilflos seinem Schicksal zu überlassen? Aber jetzt nahm ihn das eigene Herz in Schutz. „ES ist nicht geschehen!" flüsterte es ihm zu, „und diese Ansicht war es ja auch, die Dich davon -urückhielt, Lärm zu schlagen!" Ein befreiender Athemzug hob seine Brust. Das «ar cs, er hatte gefürchtet, sich lächerlich zu machen mit einer übertriebenen, ganz unnöthigen Besorgnitz! Obenein hätte Stephanie sich wer weiß was darauf einbtlden können. Einen solchen Triumph aber gönnte er ihr »m keinen Preis! Die Stimme der jungen Frau an seiner Seite schreckte ihn aus seinen selbstquälerischen Grübeleien empor. „Die herrlichste Rennbahn, die sich denken läßt!" rief sie, ganz Begeisterung und Entzücken für den bevorstehen den Ritt, „wenn Sic aber nicht bester Acht geben, wird Oreste Sie sanft absetzen, mein bester Eckhoff, -er Deibel hat seine Nucken!" Bor ihnen lag, soweit das Ange zu reichen vermochte, einige Morgen breit, aber in der Ausdehnung wohl eine Stunde Weges für -en Fußgänger bedeutend, wunder volles, kräftiges Wiesenland. Das Gras hatte jetzt erst eine Höhe von vielleicht zehn Centimcter erreicht, aber schon blühten bunte Blumen, die dem Erdboden das An sehen eines von zarten Farben durchwtrkten Teppichs ver liehen. „In entsprechenden Abständen durchschnitten Gräben, in denen jetzt zur Frühlingszeit reichlich Master floß, und über die hier und dort Holzstegc führten, die grünen Triften. Die Reitenden dachten natürlich nicht daran, diese improvisirten Brücken zu benutzen, vielmehr bildeten ihnen die Gräben ein willkommenes Hinderniß, das mit Aplomb genommen werden sollte. Hier und dort standen auch kleine Gruppen von Pappeln, Weiden oder Kastanien und, mit dem Horizont in eins verschwimmend, tauchte drüben in nebelhafter Ferne der Wald hervor, da- Ziel, dem man zustrebte. Es war vielleicht elf Uhr Vormittags. Die Sonne lag warm, mit blendendem Glanz über -er segensreichen Landschaft. Wohin sich auch das Auge wandte, begegnete cs der zarten Fülle des Frühlings. Vögel durchschnitten jubtlirend die Luft, man hörte das behagliche Blöken einer Kuh, das Gackern der Hühner durch die stille, klare Luft — eine DaseinSfreudtgkett ohne gleichen überkam die junge Frau- „Eckhofs, seit wann sind Sie ein Träumer!?" rief sie mit ihrer Hellen, scharfen Stimme, „jetzt starren Sie seit mindestens fünf Minuten auf einen Puncr, al» gäbe eS hier nicht Dutzenderlet zu sehen. Wie niedlich die Kar toffeln kommen und wie prächtig Ihr Weizen steht! Und sehen Sie mal blos den Gtnterroggen an, der hat schon angesetzt, darauf möchte ich wetten!" Eckhoff sah die Sprechende starr an und dann gerade aus ins Wette. „Wenn ich sie jetzt fragen könnte, ob sie Stephanie gesehen hat," dachte er, aber schon beider Vor stellung flammte seine Stirn, ein Zeichen hochgradiger Er regung bei ihm. Sollte er sich lächerlich machen? Um keinen Preis. Zudem war ihm die Kehle wie zugcschnürt. Eine Frage hätte ihn die allergrößte Ueberwindung gekostet! Die Pferde tänzelten, sic waren kaum noch zu halten. Der duftige, weiche Wiescngrund lockte gar zu gewaltig. „Wollen wir wieder nach Hause reiten?" fragte Selma ungeduldig. „Sic sind krank, Verehrter, ein verdunkeltes Zimmer wäre der passendste Aufenthalt für Sie gewesen." Eckhoff schüttelte den Kopf. Er raffte sich auf. „Bitte, haben Sic ein wenig Nachsicht mit mir, meine Gnädige, es ist mir heute Morgen etwas so — Schreckliches, Aufregen des begegnet —" „Aber so sprechen Sie doch, theilen Sie sich mit — der gleichen muß vom Herzen herunter, sonst frist es wie Rost an uns! Haben Sic ein Gespenst gesehen?" fügte sie, mit dem Versuch, zu scherzen und schnell versöhnt, hinzu. „Vielleicht!" Er preßte cs zwischen den Zähnen hervor, während ihm ein Schauder über den Rücken rann. Dort unten in dem grünen, in der Tiefe so unheim lichen Wasser lag sie vielleicht, und nie wieder würden ihre schönen Augen aufleuchtcn, nie wieder — Gewaltsam riß er sich los von den qualvollen Vor stellungen. „Ich bin bereit," sagte er, sich straff aufrichtcnd. „Ich bin cs längst!" „Gut! EinS — zwei — drei —" Ein leichter Schlag auf den Schenkel, ein Schnalzen mit der Zunge, und dahin flogen die beiden edlen Renner, erst in kurzem Trabe, dann in eine immer schnellere Gang art verfallend, und nach wenigen Minuten, wie die Windsbraut dahiujagend — wenigstens, was Sclma's Pferd betraf. Blitzartig grell und markant war wieder solch' ein Alles beleuchtender Gedanke in Bernhard aufgestiegen. Wenn Stephanie den Tod gesucht hatte, so war das ein Beweis dafür, daß er ihr schweres Unrecht gethan. Dann verachtete sie das Geld und das Leben, und sic über ließ ihm Alle», Besitz und Genuß, schweigend, weil sie seinen Spott, seine Feindseligkeiten nicht länger ertragen konnte. Der Tod sühnt Alles, er zeigt uns mit schmerzender Deutlichkeit, was wir an einem Menschen verloren haben!.... Aber war denn eine solche Sühne nothMndtg, um ihn zu überzeugen, daß er maßlos übertrieben hatte, von ge kränkter Eigenliebe und unsinnigem Trotze beherrscht? Wäre es nicht vielmehr seine Pflicht gewesen, ihre Reue, ihr Bemühen, gut zu machen, gelten zn lassen? Der Gaul stand schon minutenlang auf ein und dem selben Fleck, die Zügel lagen schlaff in der Hand des Reiters, der Braune aber benutzte die Pause, um sich au dem frischen, duftenden Grase zu laben. Selma hatte bereits einen beträchtlichen Vorsprung ge wonnen, und immer undeutlicher hob sich das blau-weiße Sportgewand von -er klaren Luft ab. Erich s Worte waren doch nicht ans ganz unfruchtbaren Boden gefallen, ohne daß Eckhoff sich dessen bewußt ward, wälzte er sich mit ihnen, wie mit einer schweren, nicht lvs- zuwerdendcn Last herum, sie peinigten ihn und gaben keine Ruhe. Dazu kam die Furcht, daß Stephanie ein Unfall zu gestoßen, daß Schlimmeres vielleicht noch geschehen sein könne. Eckhoff litt Höllenqualen. Er hätte aufschreicn mögen vor Schmerz und Reue, wenn er sich vvrstellte, daß sic ihm für immer verloren sei! Und doch, trotz Allem war nach wie vor ein Rest finsteren Starrsinnes in ihm! Denn sobald die Geister des Wahnsinnes, der krankhaften Erregung von ihm üblichen, sobald er erwog, ob er vergeben und vergessen könne, wenn all' seine Besorgniß umsonst gewesen, wenn sie ihm daheim wieder strahlend in Schönheit und Ge sundheit cntgegcnträte, dann verhärtete sich sein Herz und das Mißtrauen regte von Neuem seine unheimlichen Schwingen. Und in einer solchen zornigen Aufwallung riß er plötzlich sein Pferd empor, stieß eine Verwünschung ans, die gewiß nicht für Damenohrcn bestimmt war, faßte die Zügel straff und ließ das erschreckte Thier die Sporen fühlen. Es wollte ausbäumcn, aber Eckhoff zeigte ihm den Meister, und so jagte es in langen, gleichmäßigen Sätzen, mit dem Bug säst den Erdboden berührend, dahin. Jetzt ließ Bernhard es ruhig ausgreifen und im Moment gab er sich ganz der Freude an einem solchen Ritt hin. Der Braune ward sich seiner Kraft bewußt, zudem witterte cs die „Elinor", und nun bedurfte es auch nicht mehr der leisesten Aufmunterung. Die Hufe schienen den Boden kaum zu berühren, in wildem Jagen flog cs dahin
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