Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.02.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190902030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090203
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-02
- Tag1909-02-03
- Monat1909-02
- Jahr1909
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BezugS-Pret- M and «sro«, »und »B«r» tri«» und Sprdlicure tut -uu« gebracht r menatl.. t.70 »terrelithrl. v«t unlrrn Filialen u. «nnahmeftellen abaebolt» gtz m»«»U.. t.tL uU »ierleljtbrl. vnrch «» Onk: au erduld Deuiichland« und der deutlchen »olanien meriel,Li>rl. U 40 monatl. Heb autichl. PoftbeliellaUd. Ferner r» Äelgien, Din,mark, den Doa-uslaaten, Atalien. Luxemburg, «tederlande, «or» «ueueu Oesterreich - Ungarn, »tublaad, Schwede», Schwer» u. Spanien. In alle» übrigen Staaten nur dirrv durch di« Seichiittllell, d« «latte» erbiltlich. Da« Leipziger Lageblati erscheint wichent- ltchr mal und »war morgen». Lb»nniwem-<innadm«: vuguftu-platz S, bet unseren Drägern. Filialen, Spediteure» uad »nnahmeftellen. sowie Postämtern und tvriestrigern. Di« einzelne Nummer kostet 10 «rbukttou und «rschaflästrller Jobann>rg-sse 8. Fernsprecher: 11692, LI«», L1«t. MpMerTaMM Handelszeitung Amtsblatt -es Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. L^eige«. Preis sstr Inserate aut Leipzig und Umgebung di« 6gesvaltene Petitzelle L 4. sinanzlell« rlnzeige» 30 -ieklamen l ^U; »ml »»«wärt« 30 Ueklamen L.L> »°m Sui land SO^, ftnanz. Anzeige» 75 Reklamen USO I»ser,t«».veb0rd«n >» amtlichen Dell 10 4. veilagegebübr L p. Dausen» ex kl. Post- gebühr. Geschäiraanzeigrn an bevorzugt«. Stelle im Preise erhöht. Uubakt nach Dur, FefterteUl« Susträae können nicht zurück gezogen werden. Für »al iiricheinen an bestimmten Dagen und Plätzen wird lerne Garantie übernommen. Anzeigen, «»nähme: Dlugustuäplutz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- «rpödirionen de« In. und Luälande». Huupt-Siliule Verls»: Sarl Duncker, Herzogl. «avr. Hofbuch. Handlung, Lützowstratze LO. (Delepbon VI. «r. 1«A). Haupt-Filiale Lretzbe»: Seestrave 4, t ^Telephon 1621 l. Nr. 3i. Mittwoch 3. Februar 1909. m. Jahrgang. Das Wichtigste. * DaS preußische Staatsministerium trat am Diens tag unter dem Vorsitz seines Präsidenten Fürsten v. Bülow zu einer Sitzung zusammen. * Der in Berlin tagende Allgemeine Bergarbeiter kongreß nahm einstimmig eine Erklärung an, in der die einheitliche, reichsgesetzliche Regelung der Grubenkon- lrolle unter voller Sicherung der Unabhängigkeit und Selbständig keit der Arbeiterkontrolleure gesichert und verlangt wird. sS. d. bes. Art.) * Unterm 2. Februar wird uns aus Prag telegraphiert: Die heutige Feiertagspromcnade (Mariä Lichtmeß) der deut schen Studenten auf dem Graben verlies in voller Ruhe, da die Arrangeure der Exzesse nicht erschienen waren. * Aus Berlin wird uns von offiziöser Seite mitgeteilt: Die Ge rüchte von einer schweren Erkrankung des Sultans sind nach maß- gebendster Stelle unbestätigt. Der Sultan ist nur von zwei Todes- iällen in seiner Familie schwer betroffen. * Ueber den Inhalt des russischen Vermittlungsvorschlags in der türkisch-bulgarischen Krisis liegt jetzt ein ausführlicher offi ziöser Petersburger Bericht vor. Im übrigen ist nach Konstantinopeler und Sofioter Nachrichten eine merk liche Besserung >n der türkisch-bulgarischen Situation zu ver- zeichnen. (S. d. bes. Art.) * Wie in Wien verlautet, haben bereits alle Mächte dem russischen Vermittlungsvorfchlag zugestimmt und ist es sehr wahrscheinlich, daß der gemeinsame Schritt der Mächte in Konstantinopel und Sofia schon am 8. Februar erfolgt. Es wird übrigens erklärt, daß er sich nur gegen die bulgarischen Mobilisierungen und die türkischen Gren)gebi«ts- ' wendet und die Geldcntschädigungs- frage nicht berührt. sS. d. bes. Art.) * Ans Petersburg wird gemeldet: Nach hier eingetrofsenen, Meldungen werden auf Nordsachalin seit mebreren Tagen be ständig Erdstöße verspürt. Vorgestern erfolgte in Alex an- drowsk eine Erdschwankung. Deutschland und -er Atongostaat. Die Präludien zum Besuche des Königs Eduard in Berlin sind von englischer Seite nicht allzu freundlich. Vor kurzem haben einige Blätter in hochfahrender Art darauf hingewiesen, daß Deutschland von England nichts zu fürchten habe, weil ihm die Hegemonie über Europa längst ent glitten sei; Deutschland müsse sich nur mit diesem ihm noch ungewohnten Zustande abfinden. Dann wurde die Verstärkung der englischen Flotte in der Nordsee gemeldet, und wenn auch diese Maßregel die Konsequenz von Dispositionen sein mag, die schon früher getroffen wyrden sind, so ist eS doch eigenartig, daß der moralische Eindruck des Besuches durch eine derartige Demonstration verstärkt werden soll. Endlich haben jetzt die „Times" sich in höchst unfreundlicher Weise über Erklärungen ge äußert, die Herr von Schön, der Staatssekretär des Auswärtigen, in der Budgetkommission des Reichstages hinsichtlich der Stellung Deutsch lands zur Kongofrage abgegeben hatte. Herr von Schön hatte erklärt, daß Deutschland zu Belgiens Loyali tät Vertrauen habe und deshalb auf Beseitigung der Uebclstände in der Verwaltung des Kongo hoffe. Demgegenüber sagen die „Times": „Es ist bedauerlich, daß, während Sir Edward Grey von der belgischen Regierung noch genauere Informationen über die Schritte ver langt, die sie zur Abstellung der anerkannten Mißstände im Kongostaat zu unternahmen gedenkt, die deutsche Reichsregierung sich beeilt hat, die Annexion als eine vollendete Tatsache anzuerkennen und die unseres Er- achtens unhaltbare Auffassung zu vertreten, es handle sich in der ganzen Frage um eine häusliche Angelegenheit Belgiens. In Berlin gelten eben Erwägungen der Moral und des Gefühls, die keine materiellen Interessen unmittelbar berühren, als realpol,tisch unerlaubt. Auch das hier in Frage kommende Vorgehen der Reichsregierung ist offenbar von solcher Kurzsichtigkeit diktiert, denn Herr von Schön ließ im Reichstage deutlich erkennen, daß Deutschland über die Schattenseiten der Kongo wirtschaft genau unterrichtet ist. Verwahrte er sich doch ausdrücklich gegen die Annahme, als billige Deutschland alles, was am Kongo ge schieht. In der Tat aber spielen in dieser Frage noch ganz andere als ethische und sentimentale Rücksichten eine Rolle. Die belgische Monopol,- sierung des Handels in Landesprodukten des Kongostaates ist eine Ver letzung der Vertragsrechte aller übrigen Berliner Signatarmächte: die durch unmenschliche Unterdrückung hervorgerusene Erbitterung der Ein geborenen eine indirekte Bedrohung der Interessen aller Länder mit zentralafrikanischem Kolonialbesitz. Wir hoffen zuversichtlich, daß die deutsche Anerkennung der Annexion die belgische Regierung nicht dazu verleiten wird, die von England verlangten Garantien zu verweigern. Erst wenn wir diese erlangt haben, sind wir zur Anerkennung der Annexion bereit." Zunächst müssen wir unS gegen die unhöfliche Form verwahren, in welche die Einwendungen der „Times" gekleidet sind. Wenn dieses Blatt behauptet, Erwägungen der Moral gälten der deutschen Politik für unerlaubt, so ist dies angesichts der ganzen englischen Geschichte eine besonders unerfreuliche Dreistigkeit, denn sie ist mit einem nicht unerheb lichen Grade vom Pharisäertum erfüllt. Von den englischen Maximen gilt das witzige Wort des alten Fontane, der England bewunderte und genau kannte: „Sie sagen Christus und meinen Kattun." Auf diese Seite der Angelegenheit wollen wir nicht näher eingeben; eine Erörterung würde schwerlich zur Verständigung, sondern nmr zu gegenseitigen Rekriminationen führen. Zur Sache selbst aber muß manches gesagt werden, denn die „Times" haben mit ihrer Kritik nicht völlig unrecht. Zum Beweise dieser Behauptung bitten wir, auf die Geschichte des Kongostaates kurz zurückgreifen zu dürfen. Es wird sich dann ergeben, daß in der Tat die Regelung der inneren Verhältnisse des KongoslaatcS unter keinen Umständen als eine häusliche Angelegenheit Belgiens be trachtet werden kann. Wenn die Signatarmächte des Berliner Ver trages das Recht beanspruchen, die Annexion Bosniens und der Herze gowina zu sanktionieren, so sind die Signatarmächte der Kongoaktc nicht weniger berechtigt und verpflichtet, die Durch'ührung der in dieser Akte vereinbarten Bestimmungen zu fordern. < Am 26. Februar 1884 hatten England und Portugal unvermutet einen Vertrag geschlossen, durch den England eine bevorzugte Stellung vor anderen Natwnen eingeräumt und ihm namentlich die Möglichkeit gegeben wurde, seinem Handel besondere Vorteile zu verschaffen. Portugal dagegen sollte die Oberhoheit über beide Ufer des unteren Kongo erhalten mit der Berechtigung, von den ein» und ausgefiihrtcn Waren hohe Zölle zu erheben. Fürst Bismarck, der durch einige deutsche Handelskammern auf die Gefahren dieses Vertrages aufmerksam gemacht wurde, erhob gegen ibn Einspruch. Er ließ am 5. Mai in London erklären, Deutschland würde zwar am Kongo keine Privilegien beanspruchen, wünsche aber eine Regelung, die dem deutschen Handel in den bisher unabbängiaen Gebieten volle Gleichberechtigung mit dem Handel jeder anderen Nation sichere und ihn gegen Verdrängung aus einem Weltteil schütze, für deffen Erschließung auch Deutschland durch mutige Forscher und unternehmende Kaufleute große Anstrengungen gemacht habe. Es gelang dem Fürsten, die unbeteiligten Großmächte zur Anerkennung seiner Auffassung zu bewegen, und die portugiesische Re gierung machte nun selbst den Vorschlag, die» Regelung der Kongosrage einer internationalen Kommission zu übertragen. Frankreich erklärte sich zue Teilnahme an einer derartigen Konferenz bereit, wollte aber die Befugnis dieser Konferenz lediglich dahin obgrenzen, daß die Schiffahrisverhältnisso auf dem Kongo geregelt werden sollten. Mit der Regulierung der territorialen Verhältnisse sollte die Konferenz sich nicht befassen. Dieser Auffassung gegenüber vertrat Fürst Bismarck di; Ansicht, daß die internationale Verständigung alle den Handel zu Lande wie zu Wasser berührenden Fragen für das ganze Kongogebiet regeln müsse. Er drang mit dieser Auffassung vollständig durch und in der Zeit vvm 15. November 1N4 bis zum 28. Februar, 1MK tagte die Berliner Kongokonfcrenz. Die glänzende Aktion des Fürsten Bis marck — die, nebenbei gesagt, beweist, daß auch bereits geschloffene Verträge rückgängig gemacht werden können, ohne daß ein solcher Ver such zum Kriege führen muß — hat also den Kongostaat recht eigentlich geschaffen. Aus dieser kurzen geschichtlichen Betrachtung ergibt sich unwider- sprechlich, daß Deutschland in allererster Linie das Recht und die Pflicht hat, über die Ausführung der Kongo-Akte zu Wachen. Darin also muffen wir dem englischen Blatte beistimmen, daß die inneren Verhältnisse des Kongostaates auch nach der Annexion durch Belgien nun und nimmer- mehr als eine häusliche Angelegenheit Belgiens betrachtet werden können, in die niemand hineinzureden hätte. Wir haben auch nicht den Eindruck gehabt, daß Herr v. Schoen diesen Standpunkt vertreten hätte. Er hat nur eine freundlich abwartende Haltung eingenommen, während England mit gebieterischem Drängen auf Belgien zu wirken versucht. Wie ist nun die Lage im Kongostaat beschaffen? Entspricht sie den Bestimmungen der Kongo-Akte? Diese Frage muß rundweg ver- neint werden. Der Artikel 1 der Kongo-Akte lautet dahin, daß der Handel aller Nationen vollständige Freiheit genießen solle. Artikel 5 bestimmt, daß keine der Mächte im Kongogebiete Monopole oder Privi legien irgendwelcher Art, die sich auf den Handel beziehen, verleihen dürfe. Im Sinne dieser Bestimmungen ist bis zum Jahre 1892 ge- handelt worden. In diesem Jahre aber wurde eine Verordnung der Kongo-Regierung ausgegeben, die alles herrenlose Gut für Eigentum des Staates erklärte und es jedem Europäer untersagte, in den Herren- losen Gebieten Produkte aufzukaufen. Ter Aongostaat erteilte sich selber das Monopol über das ganze Land; da aber die Ausnutzung dieses Monopols dem Staate allein unmöglich war, verkaufte er einen Teil des Monopols an Handelsgesellschaften, an denen er sich jedoch finanziell beteiligte, so daß er sie stets kontrollieren konnte. Dies war das System des Königs Leopold, und es ist eigentlich nur erstaunlich, daß Europa diesem Raubbau, der die Interessen aller Länder auf das schwerste schädigte, mit verschränkten Armen zusah. Nun hat am 9. September 1908 Belgien den Kongostaat übernommen. Optimisten knüpften an diese staatsrechtliche Aenderung die schönsten Hoffnungen. Mit Unrecht: die Regierung hat sich ganz entschieden dahin ausge sprochen, daß die Konzessionen an die Gesellschaften im vollen Umfange weiterbestehen und daß ferner die Eingeborenen kein Recht auf die Produkte des Landes haben sollen. Dieser Entschluß der belgischen Regierung war vorauszusehen, denn nur unter diesen Voraussetzungen kann sie ohne Defizit arbeiten. Die Signatarmächte der Kongo-Akte sind aber nicht verpflichtet, sich mit Rücksicht auf belgische Finanz- schmerzen auch fernerhin gefallen zu lassen, daß sie von dem überaus umfangreichen Handel des Kongostaates einfach ausgeschlossen werden. Wir müssen vielmehr auf der völligen Freiheit des Handelsverkehrs be stehen, und der Zustand, der der Kongo-Akte entspricht, muß wieder hergestellt werden. Nach Artikel 34 der Kongo-Akte ist Belgien ver pflichtet, „den Akt der Ucbcrnahme mit einer an die übrigen Signatar- möchte gerichteten Anzeige zu begleiten, um dieselben gegebenenfalls in den Stand zu sehen, ihre Reklamationen geltend zu machen." Es ist eine Frage der Taktik, ob man etwas mehr oder weniger rücksichtsvoll auf der Innehaltung der Bestimmungen besteht; das eine aber ist sicher, daß wir uns nicht ohne weiteres desinteressieren dürfen. Wir würden, wenn wir dies täten, wieder eine wichtige Erbschaft der Bismarck'chen Zeit aufgeben und einen neuen Verlust an internatio- nalem Ansehen zu verzeichnen haben. Wie inan in Deutschland Arrltrrrrverte ehrt. Von FranzLangheinrich, dem Münchener Schriftsteller iund geborenen Leipziger), geht uns folgende temperamentvolle Aus lassung des Unmuts zu: Seit vielen' Jahren befindet sich in Berlin neben den wechselnden Ausstellungen und inmitten staatlicher Galerien und Sammlungen eine ständige Ausstellung deutscher Kunst, die zufolge ihrer einzigartigen Anlage nur wenigen bekannt und zugängig ist. Nahe dem Mittelpunkt der Residenz, dicht am prachtvoll bebauten Spreeufer, ist sie von einem Verbände von ungefähr 400 deutscher Hausherren in einem mächtigen Bau untergebracht worden. Ueber weitläufige Treppen und Korridore deS Gebäudes steigst du hinauf zu einem wahren Irrgarten von Gängen und Winkeln. Unter sicherer Führung, denn anders wäre es nicht auffindbar, stehst du endlich in einem Gelaffe, das eine verdammte Aehnlichkcit mit ocm Speicher- coume eines besseren Bürgerhauses hat. Und ganz wie dort Urväter hausrat liegt und modert, findest du hier über einem Holzschragen ein seltsames Etwas hingcworscn, gleich alten Leinwandsäcken oder Tier häuten buckelt und tchlafft cs über die Latten herab. Interessanter Staub überhiillt es ganz, die Ränder sind ausgefranzt und eingcriffen. Doch schaust du dann näher hinzu, so mußt du entdecken, daß es ein 30 Meter langer und fast 4 Meter hoher Fries ist, den du infolge seiner malerischen 2lusmachung anfänglich für eine znm Äusdörren hingehängte Tierhaut gehalten hast. Das Friesgcmälde rührt von der Hand eines der bedeutendsten deut schen Künstler her. Franz von Stuck Hal es für die Wandelhalle des Gebäudes gemalt, in dessen Bodenkammern es nun dem Untergänge preisgegeben wird. Und jetzt weiß natürlich auch der geneigte Leser, es kann nur das Reichstagsgebäudc sein, das diese so hocheigenartigc Kunstausstellung birgt. „Die Jagd nach dem Glück" nannte der Künstler, wie in dunkler Vorahnung, sein Bild. Und daß er das Glück und eine Anzahl der Gestalten, die es erjagen möchten, nicht mit pasto raler, wollener Rcformleibwäsche bekleidete, das ward das Verderben des Kunstwerkes. Es wurde verwiesen aus den Hallen, in denen der sittenstrenge Verband jener Hausherren in gedankenschwerer Medita tion und Verdauung nicht von der leichtfertigen Nacktheit irgendeines Weibsbildes abgelenkt sein will. Man riß die große Leinwand aus ihrer Umrahmung und warf sie wie einen Plunder droben über den Lattenverschlag, damit dort die Arbeit eines der besten deutschen Künstler zerbricht und zugrunde geht. Für diese kunstfreundliche Tat griffen die Hausherren in die Tasche des deutschen Volkes, dem das Gebäude am Reichslagsufer gehört, und entnahmen ihr 32 000 .<l. — Und heute, nach ungefähr zehn Jahren, übt man denselben Griff und enteignet eben dieser Tasche des Volkes diesmal 35 000 .E für ein weiteres Kunstobjekt, das man jener Kunstsammlung im Speicher «in- zufügen gedenkt. Professor Angelo Jank in München hat es im Auf trage der Hausherren wahrscheinlich eigens für diesen Zweck in drei jähriger Arbeit geschaffen. Man beklage sich nicht mehr, daß in Deutsch- land zu wenig für Kunst und Kultur getan werde. 2slw*ordüetc aus den entlegensten Provinzen deS - Geistes fühlen sich Griffen,' sach kundige Stellung zu Kunstwerken zu nehmen mit so hoher Sicherheit, als handele es sich um die nebensächlichsten-Dinge ihres Berufes Die großen unabänderlichen Gesetze, die jedem Kunstwerke inne wohnen, kümmern sic nicht. Sie brauchen nicht zu wissen, daß jede der Knnstübnngen, Malerei, Plastik, zeichnende und graphische Künste wiederum von eigenen immanenten Gesetzen regiert wird, die man nicht ungestraft verletzt oder verschiebt. Sie haben meist keinen Schimmer davon, wie unter seinen Gesetzen ein Kunstwerk entsteht, haben keine Idee von anatomischen Lehren und von der Farbenlehre, von Fleck- und Raumwirkungen, von Neberschneidungen und Ver kürzungen, kur», von allem Wissen und Müssen, das zum innersten Rüstzeug des Schaffenden gehört. Noch weniger wissen sie etwas vom technischen Werkzeug des Künstlers, ja, unter Hunderten solcher Kunst lichter und Merker wird oft kaum einer sein, der sich vorstellen kann, wie ein Bild überhaupt entsteht, was eine Grundierung, eine Unter malung. ein Malmittel ist. welcher Unterschied besteht zwischen Enkaustik, Tempera und Oelbildcrn, und so fort. In jedes Kunstwerk tragen sie Len öden Schall der meist verlogenen Änpfindungsduselei hinein, und wo sic nicht auSlegen können, legen sie ihn unter. Ihnen sollte einmal ein Künstler in ihr Handwerk und in dir Hantierungen ihres Berufes hineinreden, so wie sic den Künstler in seinem Schaffcnsgcbict stören. Es braucht die Herren auch nicht zu kümmern, daß sic vor aller Welt die ernste Arbeit von Männern herabwürdigen und vernichten, die ihre Namen in der Geschichte der Kunst feit begründet haben, die an der größten deutschen Kunstakademie als berufene Lehrer wirken. Sic bezahlen — wohlgemerkt nicht etwa aus ihrer Tasche! — den Mann, der, äh, das Ting da geliefert hat und haben damit das Recht, da? Kunstwerk zu vernichten. „O sc-eulum! 0 litorao! «kuvat viverc!" Wäre hier nicht dir Rechtsfrage zu erhoben, ob nicht, die Nation, als die Besitzerin solcher Kunstwerke, über ihre Existenz zu entscheiden bat? In jedem Kunst handbuche aber, in jedem Führer durch die Kunstsammlungen der Reichs hauptstadt, die nur ein wenig auf Vollständigkeit hallen, sei eindringlichst hingewicsen auf die ständige Kunstausstellung in den Speicherräumcn des Rcichstaasgebäudes, die von kunstverständigen Hausherren ans der Tasche des Volkes bezahlt und errichtet wird. Damit unS und späten Geschlechtern nicht unbekannt sei und bleibe, wie man in Deutsch- land Kultnrwerte, ehrt. Der Orient. Zur türkisch-bulgarischen Arisir. AuS unserer Berliner Redaktion wird uns geschrieben: Laut amtlicher Bestätigung ist am gestrigen TienStog von den Vertretern der Großmächte in Konstantinopel und Sofia Mitteilung gewacht worden im Sinne der russischen Z i r k u l a r n o t e. lWir geben deren Inhalt unten wieder. Red.) In Sofia beziehen sich diese (natürlich freundlich gehalceneul Vorstellungen auf die Inopportunität der militärischen Maßnahmen der letzten Zeit. In Konstantinopel wollen die Mächte zu er- kennen geben, daß die baldige Regelung des türkisch-bulgarischen Ver hältnisses nicht durch Hineinziehung von Grenz berichtigungsforderungen kompliziert werden möchte. E? ist zu erwarten, daß der Eindruck dieser Einmütigkeit Europas nicht nur beschwichtigend im Dienste des Friedens, sondern indirekt muh fördernd und in positivem Sinne auf die baldige Regelung der türkisch- bulgarischen Beziehungen einwirken wird. * Rtthlanb« Intervention. Petersburg, 2. Februar. sTelegramm.) Die Petersburger Telegraphenagentur erfährt auß authentischer Quelle: Angesichts der in der letzten Zeit Zwilchen der Türkei und Bulgarien entstandenen, wesentlich mit militärischen
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