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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190208038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020803
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig, S. 5419-5422 (3. Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-03
- Monat1902-08
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1902
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuanuohm« SS H («xcl. Porto). Ertra vetlage« (gefalzt), nur mit der Moraeu-Au-gabe, ohne Pvstbesörderung 66.—, mit Postbeförderung 70.—. Aunahmeschluss für Anzeige»: Lbeud-AuSgab«: vormittag» 10 Uhr. Morg «»-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeige« sind stets an die SxpedMv» zu richten. Di« Expedition ist Wochentag» ununtrrbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz Ur Leipzig. Nu M Sonntag den 3. August 1902. 98. Jahrgang. Aus -er Woche. Die Emdener Kaiserrede hat, besonder« in de» ersten Tagen nach ihrer Wortmeldung, nicht allzuviel Erregung ver ursacht. BemerkenSwerth wurde daS Commentire» erst, als auch da« Organ des Bundes der Landwirthe, die „Deutsche TageSreitung", erklärte, keinen Zweifel zu hegen, ,daß die Gegenüberstellung von Demutb und Schreien in der Rede des Reichsoberhauptes seine Spitze gegen daS Agrarier- thum kehre. DaS Blatt bezeichnet die Aeußeruug als ein Symptom und zugleich als ein Motiv. Es geht aus dieser „Erläuterung" mit Gewißheit hervor, daß die Herren Röstke, Hahn u. s. w. die Emdener Ansprache als Agitations material zu verwerthen entschlossen sind. Bei dieser Arbeit wird die Behauptung einer angeblichen Benachtheiligung der Landwirthschaft zu Gunsten deS Handels die Hauptrolle spielen. Die Verhetzung zwischen Industrie und Land- wirthschaft hat der offenbar zu viesem Zweck dahin entsandte Herr vr. Hahn sogar in der ReichötagStarifcon,Mission un gescheut betrieben. Er unterbrach mit Beifallsruf einen Socialdemokraten, der die Begehrlichkeit der Industriellen über die der Agrarier gesetzt hatte. Vorher schon hatte die „D. TageSztg." die beiden im inneren Zollkampf, soll ihm ei» innerer Zollfriede folgen, auf Genossenschaft angewiesenen Erwerbsgruppen durch di« Bemerkung zu entzweien gesucht, es wäre die richtige Methode, die Landwirthe über den Löffel barbieren zu lassen, wenn man jetzt, in erster Commissionslesung, einen Roheiseuzoll nach der Regierungsvorlage bewillige. Graf Könitz uud der Centrums mann Herold haben dies dennoch gethan, wenn auch unter Vorbehalt ihrer definitiven Stellungnahme im eigentlichen ^Ernstfall", also bei der zweiten oder gar erst dritten Lesung un Plenum. ES ist dieser Vorbehalt ein Rauchopfer, daS die beiden Herren dem thöneren Götzenbild ihrer — von der Commission bekanntlich vorläufig angenommenen — Anträge auf Erhöhung per Mindestzölle für Getreide bringen zu muffen glaubten. Auf einen Erfolg dieser Scheinmanöver werden Centrum und Conservative wohl selbst nicht hoffen, auch wenn sie mit ihm einen wirksamen Druck auf andere Gruppen deH.Rx.jchS auszuübeu vermöchten: die Entscheidung über eine etwaige Aenderung der Getrriderollsätze liegt ausschließlich bei den Regierungen. Wenn diese, was manche Leute noch immer für möglich halten, auf eine mäßige Erhöhung de« Mindest zolles für Gerste ringehen sollten, so würde sich vielleicht auf nicht klerikal-conservativer Seit« eine Anzahl von Abgeordneten finden, die diesem Zugeständniß zu einer Mehrheit verhilf«. Aber bisher scheinen die Negierungen noch fest. Gar ein Mehr und ein Anderes ist aber von den Regierungen in keinem Falle zu erwarten, auch nicht, wenn man mit der Ver werfung des grundlegenden EisenzolleS der BuudeSrathSvor- lage Ernst macke» sollte. Die Aenderuuge», die in diesem interessanten Abschnitt deS Eisenzolls hinauf und hinunter in der ersten Lesung der Commission beschlossen worden sind, Werden daS Werk der Tarisreform nicht gefährden. Hier stehen vielfach Industrieintereffen gegen Zndustrieintrreffen, und die Industrie als Ganzes ist geschäftlich zu gut geschult, um e« durch Selbstzerfleischung dahin zu bringe», daß — Keiner etwas bekommt. Diese Zuversicht wird sich auch bei dem an und sür sich unversöhnlichen Gegensatz zwischen Spinner und Weber rechtfertigen. Es bleibt nur noch zu wünschen, daß die Vertretung der Landwirthschaft so viel innert Kraft gewinnt, daß nicht mangels des Verzichte« auf ein unerreichbares Mehr alles ihr Gebotene verloren geht, Im Falle Löhning hat sich die Berliner linksliberale Presse, von der socialdemokratiscken reden wir nicht, wieder einmal durch gedankenlose Voreiligkeit eine Blamage zugezogen. Ein gewesener Beamter — versckuldet unter ihn im hohen Maße compromittirenden Umständen die Veröffentlichung von Behauptungen, die, wenn sie sich erweise» lasse», der Regierung harten Tadel zuziehen müssen. Aber sie sind noch nicht erwiesen, während die, die gegenwärtige Politik an ihrem delicatesten Puncte berührenden und^ den Beamten auf« Lergste bloßstellenden, Thatsacken erhärtet, weil durch de» Manu selbst und mit Unterschrift bezeugt sind. DaS Letztere aber, unter allen Umstanden daS Ausschlag gebende für die Beurtbeilung de» Vorkommnisse«, ist für die Berliner Presse Nebensache, sie stürzt sich mit einem wahren Heißhunger auf da«, waS sich eigentlich nur als „ein Pro blem«" herauSstellt uud i» jedem Falle nur Beiwerk, wenn auch, wie nicht zu bestreite», häßliches Beiwerk war. Wenn es sich lediglich um die Partei der Polen handelte, so würde die Erscheinung weniger ärgerlub sei». Aber eS mischten sich allsogleich Blätter in den wilden und thörichten Lärm, die theilS von Anbeginn di« Polenfrag« nicht unrichtig beurtbeilt, theil« in letzter Zeit, unter rem unwiderstehlichen Eindruck der Haß und Blut predigenden Propaganda im deutschen Osten und ihrer Unterstützung durch Ausländer sich aus die deutschen Lebrnsintereffen besonnen hatte». ES zeigt sich eben, daß realpolitische Auffassung und gesundes Staats- gefühl immer noch nur wie eine dünne Schicht über einer Presse liegen, die Jahrzehnte hindurch, ohne durch die sckwersten Miß erfolge eine« Besseren belehrt zu werden, in der Opposition um jede» Preis und an jedem Ort ihre einzige Ausgabe erblickt hat. Jetzt, nachdem die liberale Presse im Reiche und ganz besonders die in den Ostmarken, die den Dingen oder Personen am nächsten steht, sich sehr viel anders über die Posener Geschichte bat vernehmen lassen, wird auch die freisinnige Berliner Publicistik stiller und wenn sich Herr Löhning etwa als Entschädigung ein freisinniges LandtagS- oder Reichstagsmandat gedacht hat, so ist eS damit schon nichts mehr. Und auch die Aussichten auf ein klerikales sind, obwohl die ultramootane Presse den Fall auf da» Gehässigste entstellt, recht schwach. Die Gesinnung des Störers der Poleupolitik seiner Regierung ist dem Centrum schon recht, aber di« kluge Partei täuscht sich nicht über deu Eindruck, den die Verfehlungen deS Beamte» an den maßgebende» Stelle» hervorgebracht habe» muß. Au diesen Stellen wird man aber hoffentlich auch Folgerungen auS der systematischen Natur der Thatsache ziehen, daß ein solcher der Weisung der Vorgesetzte» vor seine» Untergebenen und auderwärt« hohnsprechender staatlicher Functioaär im Osten überhaupt im Staatsdienst so lange verbleiben konnte. Die Spitzen der Regierung werde» Wohl auch unbefangen, ohne Ansehen der Person, untersuche», wa« an den Behauptungen über die Verlobung mit der „UnterosficierStochter" Wahres ist und daS Wahre ahnden. Ueberraschend wäre un« die Entdeckung von Mißgriffen gerade nickt; die neupreußische Ungeschicklichkeit hat sich häufig auch dort bewährt, wo es galt, einen an sich richtigen Gedanken That werden zu lassen. Deutsches Reich. * Leipzig, 2. August. Dir „Sächs. uat.-lib. Corresp." schreibt: „Au der Erörteruog über ein etwaiges Reichs tagS- wahlcartell der OrdnungSparteieu in Sachsen nimmt auch da« ultramoutane Parteiblatt „Die Sächsische Volkszeitung" Antheil. Während die gesammte bürgerliche Presse den Grundgedanke» eine» solchen Zusammenschlusses freudig zugestimmt, ist e« der „Sächsischen Volkszeitung" Vor behalten, mit den Quertreibereien gegen diese» Plan zu be ginnen. Sie meint, daß bei diesem Cartell der wahre Libe ralismus zu kurz komme: denn, sagt sie, bei den Conserva- tiven uud Nationalliberale», die man unter den OrdnungS- Parteien iu Sachsen verstehen müsse, sind« man vom echten Freisinn, der lebt und leben läßt, nicht die geringste Spur". Auf diese mangelhafte und kurzsichtige Gesinnung führt sie denn auch die Machtstellung der Socialdemokratie zurück. „Tausende Wähler", meint sie wörtlich, „sind mit deren Absichten nicht einverstanden, aber sie vertritt auch solche be rechtigte Interessen, welche bei keiner Partei eiuen genügende» Schutz finde», und darum wählen sie socialdemokratisch." Hiermit bekennt sich die uenbegründet« katholische Zeituug offen zu jener ultramontanen Taktik, welche die Centrumswähler aus Mißgunst gegen die übrigen bürger lichen Parteien der Socialdemokratie anderswo zugesührt hat. Wenn mit dieser Kritik auch für die nächsten Reichstags wahlen angeküodigt werden soll, daß dir Ordnungsparteien ia Sachsen die Unterstützung der CentrumSwähler missen sollen, so können diese getrost auf diese wenigen .freisinnige»" ultramontanen Stimmen verzichten. Habeaot sidi! Berlin, 2. August. (Streikausschreitungen.) Die „Hamburger Nachrichten" berichten über eine große Anzahl gröblicher Ausschreitungen bei dem Streik im Hamburger Bauklempnereigewerbe. Da wird zunächst eine Reihe von Fälle», in denen Arbeitswillige gemißhandelt wordea sind, erwähnt: dann kommt ein Fall, in dem mehrere Gesellen durch Bedrohung mit Schlägen zur Niederlegung der Arbeit gezwungen wurden; in einem anderen Falle wurde ein Geselle hinterrücks zu Boden geschlagen; einem weitere» Ge sellen wurde beinahe daS Nasenbein eingeschlagen; endlich wurden in mehreren Neubauten Klempnerarbeiteu vollständig demolirt. Das Hamburger Blatt hält eS für nothwendig, daß die weitere Oeffentlichkeit über alle diese Vorgänge auf dem Lausenden erhallen werde, damit sich vielleicht die Ueber- zeugung Bahn breche, daß die Rechtslage in dieser Be ziehung noch keineswegs als geklärt zu betrachten und daß es an der Zeit sei, über Maßnahmen zum Schutze vor Allem der kleineren Arbeitgeber nachzudenkeu. Wir brauchen kein Wort darüber zu verlieren,daß wir derartige Ausschreitungen auf das Stärkste mißbillige», aber wir können nicht finden, daß die Rechtslage gerade in den angeführten Fällen nicht ge klärt und deshalb weitere Maßnahmen nothwendig seien. Alle die hier angeführten Ausschreitungen sind klare Verstöße gegen daS Reichsstrafgesetzbuch. In den ersteren Fällen handelt eS sich um gewöhnliche Körperverletzungen gemäß tz 223, bei denen auf Gefängniß bis zu 3 Jahren erkannt werden kann; in mehreren Fällen, wo der Mißhandelte von Mehreren angegriffen oder mit einem Knüppel über den Kopf geschlagen oder hinterrücks zu Boden geschlagen wurde, liegt ein Vergehen gegen Z 223« vor, wo auf Gefängnißstrase bis aus fünf Iavre erkannt werden kann; wäre dann weiter dem einen Mißhandelte» das Nasenbein uicht nur „beinahe", sondern wirklich und in irreparabler Weise eingescklagen worden, so könnte der Missethäter gemäß tz 224 — „wenn der Verletzte in erheblicher Weise dauernd entstellt wird" — mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft werde». In den Fällen, wo Arbeitswillige durch Bedrohung mit Schlägen zur Niederlegunz der Arbeit gezwungen wurden, liegt Ver gehen gegen tz 240 (Nöthigung) vor und ist Gefängniß- strafe bi« zu 1 Jahre zulässig; die Demolirunz auS- aeführter Klempnerarbeiten endlich kennzeichnet sich als Sachbeschädigung gemäß tz 203, bei der Gefängniß bis zu 2 Jahren zulässig ist. Man sieht also, daß in allen diesen Fällen ohne jede« neueGesetz eine ganz energische Ahndung der Ausschreitungen der Streikenden möglich ist. Ob freilich die Richter in jedem Falle auf die hier angeführten Höchststrafen erkennen würden, hängt von ihrer Beurtheilung des einzelnen Falles ab. Daran könnte ja auch ein Special gesetz nichts ändern, denn die „Hamb. Nachr." werden Wohl kaum den Rückschritt verlangen, daß daS Strafgesetzbuch wie vor 100 Jahren den Richter für jeden einzelnen Straffall auf eine ganz bestimmte Strafe festnagelt. Oder denke» die „Hamb. Nachr." nicht sowohl an die Ahndung be gangener Miffethaten, als vielmehr an die Verhütung von Ausschreitungen gegen die Arbeitswilligen? Dann wüßte» wir freilich nicht, was sie sich unter den zu ergreifenden Maß nahmen vorstellen. Die Streiks an sich kann man heutzutage ebensowenig verbüten, wie den Regen oder den Ausbruch eines Vulkans. Die Ausschreitungen der Streikenden aber könnte man «ur daun verhüte», wen» mau die Arbeits willige» fortgesetzt, sowohl auf der Arbeitsstätte wie auf dem Wege von uud nach ihrer Wohuuug polizeilich oder militärisch schützte, was wohl auch die „Hamb. Nachr." al« nicht immer durchführbar anerkennen werden. 2» der Hauptsache kann der Schutz nur in der drohenden Macht einer rücksichtslosen Bestrafung verübter Ausschreitungen liegen, zu der aller dings aller Grund vorhanden ist. (-) Berlin, 2. August. (Telegramm) Gegenüber der von den „Berl. Pol. Nachr." au- in die Presse gekommenen Meldung, betreffend den Marincetat »an 1WS, stellt die „Nordd. Allg. Ztg." fest, daß der im Reich-marineamt ab geschlossene Etatentwurf von 1903 sich durchaus in dem Gesammtrabmen des Flottengesetze« hält. (-) Berlin, 2. August. (Telegramm.) Die „Berl. Corresp." veröffentlicht eine allgemeine Verfügung des Landwirthschaftsmiuister« v. PodbielSki, um einer weiteren Verbreitung des AnsteckuugSstoffe« bei den immer noch hier und da vorkommenden Maul- und Alaueuseucheu- sällen schnell und kräftig begegnen zu können. Die Ver fügung ordnet iu acht Paragraphen a», daß der Vieh besitzer die Erkraukuugen sofort der Polizei zu melden hat, welche schnellstens den Kreisthierarzt verständigen und die nothwendigen Sperren verhängen soll. Der Landrath hat einen Gendarm an dem Seuchenorte zu statiouen. Au« dem Seuchengehöfte oder der Sammelmolkerei, wohin die Milch geliefert wird, darf dieselbe nur abgekocht weiter ab gegeben werden. Das auf dem Seuchengehöfte vorhandene Federvieh ist zu isoliren und die Hund« sind lestzulegen. — Ein Seitenstück zu dem viel besprochenen Krefelder „Tanz'-Husaren erzählt die „Staatsbürgerzeitung", der aus Emden berichtet wird, der Kaiserbesuch habe die Gewißheit gebracht, daß Emden Marineflatioa werde. Der Kaiser richtete an die Tochter de« Oberbürgermeisters die Frage: „Sind da- alle« junge Damen au-Emden?" uud auf die bejahende Antwort sagte er: „So? Alle« Zukünftige für meine Mariueosficiere? Daraus werde geschloffen, daß Emden Marinestation werden solle. (-) Memel, 2. Augnst. (Telegramm.) Anläßlich der LSOjährizen Jubelfeier der Stadt Memel fand um 10 Uhr im Festsaale de« Rathhause« eine Sitzung statt, au der der RegirrungSprasidrut von Waldow, Landrath Cranz, Landeshauptmann Brandt uud sämmt- liche Stadtverordneten theilnahmen. Bürgermeister Alten berg hielt die Festrede; er warf eine» Rückblick aus die letzten 50 Jahre und wünschte der Stadt eine gute Zukunft. Redner schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. RegierunaS- präsident v. Waldow begrüßte die Stadt NamevS der Re gierung; er wies auf die Schwierigkeiten hin, mit denen die Stadt zu kämpfen habe und drückte seine Freude über die Fortschritte auS, die die Stadt mache. Landes hauptmann Brandt betonte in einer Ansprache, daß die Stadt durch die Erweiterung ihrer Verkehrsmittel nunmehr Groß stadt werde. Nach Verlesung der Glückwunschtelegramme, darunter eines solchen vom Oberpräsidenten, beantragte der Stadtvrrordnetenvorsteher Pretsch die Zusammenlegung ver schiedener städtischer und privater WohlthätigkeitSanstalten. Der Antrag wurde einstimmig angenommen und die Fest sitzung geschloffen. Um 11 Uhr fand die Einweihung de« Wasserwerkes statt. Der Bürgermeister hielt eine An sprache und übernahm daS Wasserwerk Namens der Stadt. Um 1 Uhr folgte ein Festessen. Ein von der Stadt im Schützengarten gegebenes Concert beschließt die Feier. * Bon der russischen Grenze. Wie dem „B. T." aus Eydt kühnen geschrieben wird, ist die Zahl der russischen Grenzplackereie» um eine neue bereichert worden. Für jede Equipage, Droschke und dergleichen, die auS Preußen stammt, muß jetzt, wenn das Fuhrwerk die Landes- grenze bei Kibarty passirt, jedeSmal ein Erlaubnißschein gegen eine Gebühr von 15 Kopeken gleich 33 Pfennig gelöst werde». Die gleiche Gebühr haben auch Schöne Menschen. Von Theodor Lamprecht. SNwdruck Verbote». Es unterliegt keinem Zweifel, daß unsere Zeit im Ver gleiche mit anderen Epochen verhältnißmäßig arm an schönen Menschen ist, und cs beginnt über diese Thatsache sich allmählich ein allgemeines Einverständniß zu bilden. Biel haben dazu die ethnographischen Schaustellungen bei getragen, die in den letzten Jahrzehnten bet uns üblich ge worden sind. Selbst dem, der dem Probleme -er mensch- lichen Schönheit fern steht, konnte es nicht entgehen, daß diese Neger, Araber, Inder, Polynesier im Allgemeinen einen höheren Grad von Schönheit aufwcisen, als im Be reiche der menschlichen Cultur zu finden ist. Man sah da Körper von einer so vollendeten Schönheit, wie wir sie nur noch bei Werken der Kunst zu suchen gewöhnt sind; und obwohl die GcsichtSzüge der Männer und Frauen unserem Geschmacks häufig nicht zusagten, so übten sie doch einen großen und bei längerer Betrachtung stets wachsenden Zauber aus durch den Glanz der Augen, die Frische und Kraft der Züge, die Beweglichkeit und Natürlichkeit deS Ausdruckes und die Schönheit des Lächeln-, da- gerade bei -en Naturvölkern häufig von überraschender Anmuth ist. Betrachtete man diese Naturmenschen, so erschienen wir Kinder der Cultur in einem kläglichen Lichte, in dem Lichte verkrüppelter, entarteter und unschöner Wesen. Wie verhält sich nun in diesem Puncte unsere Zett zu anderen Zeiten? Giebt es andere Epochen, in dcncn die Menschheit eine größere Zahl schöner Menschen hervor brachte? Diese Frage ist zu besahen. Selbst wenn wir annehmen, daß die griechischen Künstler die menschliche Gestalt idcalisirt haben, so bleibt eS doch unzweifelhaft als Thatsache bestehen, daß die Menschen, die die Modelle ihrer Werke bildeten, von einer außerordentlichen und, was die Hauptsache ist, von einer allgemeinen Schönheit gewesen sind, daß, ander- au-gedrückt, bet dem griechischen Volke ein hoher Grad durchschnittlicher Schönheit die Regel war. Da aber die Griechen eine Lebensweise führ ten, die für unser Klima ausgeschlossen ist, so sind sür uns die Menschen der Renaissance von größerer Wichtigkeit, und zwar besonders die Italiener der Renaissance, über die wir in der Kunst wie auch anderweitig in der Ueber- lieferung ein besonders reiches Material besitzen. Wir ersehen daraus, daß auch in der italienischen Renaissance die Menschheit allgemein von einer größeren Schönheit war und daß damals der schöne Mensch nicht, wie heute, die Ausnahme, sondern die Regel bildete. Die Schönheit von Menschen, wie Leonardo oder Raphael, bas herrliche Gretsenangesicht des Tizian sind bekannt; aber es genügt, irgend einen Blick in die Kunst der Renaissance zu werfen, um eine fast unübersehbare Fülle von Frauen- und Männergestalten der verschiedensten Art zu finden, denen das Eine gemeinsam ist, baß sie einen außerordentlichen Grad von Schönheit besitzen. Diese Erscheinung finden wir in allen Epochen wieder, die einen Höhepunct der Cultur darstellen, un- wir finden sie in dem Maße wieder, al- diese Zeiten einen Höhepunct der Cultur bilden. Cs erübrigt sich, an dieser Stelle diese Behauptung an -en Egyptern, an der Zett der Gothik oder an der des Rococo nachzuwetscn; es genügt für uns die Erkenntniß, daß die menschliche Cultur überall auf ihren Höhepunkten eine schöne Menschheit erzeugt hat. Ist dem aber so, so müssen in diesen Zeiten bestimmte Ursachen wirksam gewesen sein, die dazu geführt haben, daß die Menschen durchschnittlich — jeder in seiner Weise und jeder natürlich in ver schiedenem Grade — schön waren. Ich will diese Ursachen für die Periode der Renaissance kurz skizztrcn. Die Schönheit spielte in dem Leven der Renaissance eine vollkommen andere Rolle al- beute; sie bildete da ein Lebensprincip, da- bet allem menschlichen Thun mit der grüßten Sorgfalt beachtet und entwickelt wurde. Den Menschen der Renaissance galt die Schönheit nicht, wie uns heute, al» ein Glück, da» einem Mensche» von ungefähr in den Schooß fällt, als ein günstiger Zufall, sondern es war für sie eine Bedingung, die sie an jeden Menschen stellten, der zu -en guten Classcn der Gesellschaft zählen und als voll angesehen werden wollte. Die jungen Leute wurden angewiesen, sich in allen körperlichen Künsten und Fertig keiten auf das Höchste zu vervollkommnen und so ihrem Körper -en größten erreichbaren Grad von Schönheit und Vollendung zu geben. Sie lernten in Gang und Be wegung anmuthig und bedeutend sein; sie wurden darauf hingewiesen, ihre Stimme so zu schulen, daß sie angenehm klang, und so zu sprechen, daß cs für die Hörer eindrucks voll, bedeutend uud genußreich war. Sie trugen Kleider, die zu ihren Gestalten paßten und sie durch Farbe, Form und Schmuck hoben. Sie beschäftigten sich mit allem Schönen; sie lernten singen, sie spielten die Laute und achteten darauf, -aß sie diese Fertigkeiten nicht allein gut, sondern auch, daß sie sie in schöner Weise ausüben konnten. Alles, was schön war, wurde um seiner Schönheit willen geliebt und gefördert; schöne Blumen, schöne Thiere, schöne Häuser, schöne Kunstwerke wurden gepflegt und geehrt, und keine Schönheit entging dem suchenden und geschulten Auge der Menschen jener Zeit. So wird von Leonardo er zählt, daß er den Andrea Salaino um seines lockigen nnd welligen Haares willen liebte.*) Kurz: die Menschen strebten darnach, ihr ganzes Leben mit Schönheit zu um stellen, in einer schönen Welt selbst schön zu werden; nnd daß hierin ein Princip lag, beweist Ser Eifer und der Ernst, mit dem die Renaissance von Anfang an dem *) Man lese hierüber den betreffenden Abschnitt in der Abhandlung über Leonardo nach, die Walter Pater in seinem Buche über die Renaissance veröffentlicht hat. Dies Vnch ist vor kurzer Zeit bet Engen DtedertchS in Leipzig in deutscher Uebersetzung erschienen; und eS ist ein Verdienst des Verlegers, durch diese Veröffentlichung da deutsche Publicum mit dem bedeutendsten Kunstkenner nnd Kunstkritiker, den England in neuerer Zeit nächst RuSkin erzeugt hat, bekannt zu machen. Probleme der Schönheit nachging. So hat schon Boccaccio in einem seiner Romane das Ideal der Frauenschönheit so geschildert, wie nach Burckhardt's Bemerkung die Maler es ein Jahrhundert darstclltcn. Zu welchen Ergebnissen dies unausgesetzte Bestreben der Renaissance, den Menschen schön zu gestalten, geführt hat, beweist am Besten das Beispiel des Lorenzo von Medici. Lorenzo war nach der Angabe der gleichzeitigen Schriftsteller feiner äußeren Erscheinung nach beinahe grundhäßlich zu nennen; kurzsichtige Augen, eine ein gedrückte, an der Kuppe plump überhängcnde Nase, ein ungewöhnlich grober Mund, eingefallene Wangen und fahle Hautfarbe — so wird uns von den Schriftstellern Lorenzo geschildert. Wir müßten also glauben, daß er — wie man heute gewöhnlich sagt — ein häßlicher Mensch ge wesen sei. Nun hat aber Warburg jüngst eine für jeden Freund deS Problems der menschlichen Schönheit und jeden Liebhaber der Renaissance überaus interessante und anregende Schrift über „Btldnißkunst und florentinisches Bürgerthum" veröffentlicht (Verlag von Hermann See mann Nachfolger in Leipzig), und darin in Bild und Wort auf das einzige authentische zeitgenössische Porträt Lorenzo's Im monumentalen FreScostile aufmerksam ge macht, da- erhalten ist. Es war schon vorher bekannt, aber nicht ausreichend beachtet, nnd cs findet sich auf einem großen Fresco des Ghirlandajo in Santa Trinttä in Florenz. Wie erscheint da der „häßliche" Lorenzo! Welche Feinheit de« Ausdruckes lebt in seinen Zügen; welche fürstliche Vornehmheit drückt seine Haltung und sein Ge sicht an«; welch' schalkhafter Humor glänzt in seinen Augen! Nein, das ist kein häßlicher Mensch, den wir da sehen; wir begreifen angesichts dieses Bilde- vielmehr den außerordentlichen Zauber, den Lorenzo nach der Angabe der Schriftsteller aus seine Umgebung auSgeübt hat; wir begreifen, daß er eine wahrhaft schöne Persönlichkeit war und als solche wirken konnte, eine Persönlichkeit, bei der die grotc-ken Züge des Gesicht» geadelt und durchleuchtet werben von jener hohen inneren Schönheit, die oa» Er-
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