vielleicht ist die Menschheit mit ihrer polaren Geburt zugleich auch wissenschaftlich in zwei Hälften gespalten und bringt uns die heutige „Arife der Wissenschaft" auch die tiefer erkennende Art der Wissenschaft des nicht intellektuellen Menschen näher: das wahrhaft weltumspannende (universelle) Denken, ohne das eigentlich kein Ding recht begriffen wird. Es liegt eine Gefahr für die heutige Menschheit, insbesondere aber für unser Volk darin, daß der intellektuelle Mensch auch das geistige Leben restlos beherrschen will durch sogenanntes „Beweisen", ohne sich in vollem Umfange der Grenzen dieses „Beweisens" bewußt zu sein, weil er letzte unmittel bare Erkenntnis, das blitzartige Erfassen der Welt, das wirkliche Bewußtsein bis zum „Erkenne dich selbst" nicht kennt, fa oft nicht ahnt! Deshalb seien eingangs der wenigen Worte, die wir hier Wirths Sprachforschungen widmen können, die Worte Eduard Sprangers gestellt, die er als Universitätsprofessor schon 1921 an die Philologen richtet und die eine der glänzenden Vorbestätigungen dessen sind, was der Wissenschaft durch Herman Wirth seit 1928 geschenkt wurde (siehe Eduard Sprangers „Aufruf an die Philo logie" in: „Der gegenwärtige Stand der Geisteswissensckaften und die Schule", 2. Kufl. 1926): „wir stehen heut zum dritten Male — wenn wir die wiederholten Renaissancen innerhalb des eigentlichen Mittelalters nicht mitzählen — an einer ähnlichen Stelle. Gläubig wie den Messias erwartet die junge Gene ration eine innerste Wiedergeburt. Es liegt schon in diesem Wort der Ge danke eines „ewigen Menschentums"; es liegt darin die stille Gewähr, daß „der neue Mensch" aus denselben unversieglichen Lebensquellen hervorgehen wird, aus denen das Größte und kleinste der früheren Menschheit geboren worden ist. wie in der llatur nach schweren Serstörungsprozessen an noch lebenskräftigen Organismen sich mit erhöhter Tätigkeit Heilstoffe und frische Substanzen bilden, so scheint auch in der geistig-moralischen Welt Gesundung von selbst aus geheimen Kräften aufzuquellen. Man fühlt es wachsen und werden, man fühlt es pulsieren, wo man die Hände unserer Tugend saßt. Und der Tag wird kommen, wo es wie ein Sturmwind herausschlägt und über die erstaunte Welt dahinbraust. Unsere heutige Philologie weiß von diesen Vorgängen durchschnittlich nichts. Ihre Hüter werden zu den erstaunten Erwachenden gehören, wenn sie nicht anfangen zu sehen, was ringsum gärt und ringt. Man kann einem Vor trag aus dem Wege gehen, wenn man in sich nichts findet, um ihn sich inner lich zu assimilieren. Uber man kann nicht um eine Weltepoche herumgehen. Und eine solche ist im Knbruch, wie tausend Seichen untrüglich verkünden. Vavon muß laut geredet werden, wenn es in den Studier st üben gehört werden soll... Es ist kein positivistisches Zeitalter, dem wir entgegengehen. Nicht deshalb, weil uns die äußeren Hilfsmittel oder die Seit zur inneren Samm lung und Reifung fehlen, die auf dem Loden materiellen Reichtums zur Ver fügung standen. Sondern deshalb, weil die Menschen, die diese neue Seit tragen werden, in ihrem geistigen Kern ganz anders ge wachsen sein werden, als es bei einer nur forschenden und sammelnden Generation der Fall war."