licher Fachzersplitterung in der schöpferischen Idee eines Menschen auszugleichen gesucht. Nur auf diese weise — sie mag von eng herzigen Fachgelehrten mit den veraltenden sogenannten positivi stischen Methoden des 19. Jahrhunderts hier und da angefochten werden — gelang es trotz allem Wirth, Sinn in das Geistesleben der Vorzeit zu bringen und damit die Geistesgeschichte der Mensch heit um zehn Jahrtausende zurückzuverfolgen. Es ergab sich: die Urreligion der Menschheit war ein hochentwickelter Lichtglaube, darin das Leben des Menschen gleichsam kultisch im Rhythmus der Jahreszeiten, im Rhythmus des Kosmos, des Goetheschen „Stirb und werde" verlief. Sie hat mit Anbetung der Sonne nichts zu tun, sondern war gleichsam abstrakt, geistig. Für sie war die Sonne und ihr Iahreslauf ein Gleichnis des Menschenlebens, ein Symbol des Lebens überhaupt, des inneren wie des äußeren. Dem Ursprung jedes höheren Geisteslebens, den Anfängen höchster Gesittung, aller Kultur und Religion liegt das Erlebnis der Wintersonnenwende (Julnacht, Weihenacht!) zugrunde. Da erreicht die Sonne ihren tiefsten Stand im Jahre: alle ihre Wohltaten verschwinden, und der Mensch wird sich seiner kosmischen oder natürlichen Abhängig keit und geistigen Freiheit zugleich bewußt. Oer Ursprung höherer Menschwerdung liegt daher nur in nördlichen und mittleren Breiten, denn hier allein wird die Sonne durch den auffälligen 6n- und Aufstieg zum wirklichen Erlebnis des Menschen. Sichtbarer Ausdruck dieser Urreligion ist an erster Stelle der Kalender, in späteren Seiten noch erhalten in Form der „Steinsetzungen" (Stonehenge) oder der Stab- oder Bauernkalender. Sämtliche Schriftzeichen gingen aus dem „Ka lender", dem „Jahr Gottes" hervor und hatten kultsymbolifchc Bedeutung. Ihr weg über die Erde läßt sich mit dem Menschentyp. der sie schuf, und seinen sonstigen Kulturäußerungen gleichzeitig verfolgen, vieles ist bei dieser Wanderung der Kultur von Norden nach Süden durch Rassenmischung gerade in den letzten Jahrtausenden verdunkelt worden. Aber noch ist in den großen Dffenbarungsreligionen der Urglaube des nordischen Menschen erkennbar, der die Trennung von Leib, Seele, Geist nicht kennt, dem das „5 t i r b u n d w e r d e" der Sonne zugleich das Gleichnis (Symbol) für sein eigenes, freies, im Weltall aber geborgenes Sein bedeutet. Unser Geschichtsbild bedarf eines weit umfassen deren Gesichtsfeldes, um die erste Bewußtwerdung der Menschheit zu begreifen. In diesem Sinne führt Wirth weiter aus: Vie wiege der Kultur-Menschheit lag nicht, wie die indo germanische Sprachwissenschaft der Romantik vor mehr als hundert Jahren annahm, im Dsten (in Indien), auch nicht etwa im Siidosten