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Sächsische Radfahrer-Zeitung : 08.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683809971-189801082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683809971-18980108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683809971-18980108
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Radfahrer-Zeitung
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-08
- Monat1898-01
- Jahr1898
- Titel
- Sächsische Radfahrer-Zeitung : 08.01.1898
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mit dem „kranken Fuss“ stiess mich heftig in die Seite und murmelte etwas wie „Todesurteil.“ Pepo reichte mir die Papiere und sagte: „Das ist mein Aehterreigen.“ Ich sah das Ding an, die vielen Striche, j Bogen und Nummern, wusste aber nicht, was das zu bedeuten habe. „Sehr hübsch“, bemerkte ich endlich, „haben Sie das i gezeichnet?“ „Natürlich hab' ich das entworfen.“ Ich fühlte, dass ich mich schlecht ausgedrückt habe und beschloss daher im Stillen, etwas vorsichtiger zu fragen. Pepo aber begann zu erklären: „Das ist der Aufmarsch, 2 mit 4, 3 mit 6, 1 mit 7 und 5 mit 8.“ „Mhm — die fahren aber da — zusammen.“ „Ah — woher! Denken Sie sich, Sie haben Nummer 4.“ Und so ging es fort und fort. Ich armer Narr musste einen langen Vortrag anhören, musste mich bei jeder zweiten Frage blamieren und ruhig warten, bis Pepo mich ausliess. Pepo ist Reigenfahrer mit Leib und Seele. Er schaut auf der Strasse jedem Radfahrer nach, wenn er bei einer Strasse einbiegt, ob er auch reine Curven macht, ob er gut ausweicht, ob er — — — u. s. w. Im Bureau, wenn andere bei geöffneter Schublade „Fliegende“, „Kladderadatsch“ u. a. lesen oder sich eifrigst mit der Pflege ihrer Fingernägel beschäftigen, sitzt Pepo vertieft über einem Bogen blaucarrierten Papiers, zieht Linien, Achter, Kreise, nummeriert und grübelt über einen Reigen. Ilie und da steht er auf, geht um den l isch herum, dann bleibt er eine Weile stehen, denkt nach, macht kehrt, wendet sich links oder rechts, dann setzt er sich wieder nieder und malt einen Strich aut sein blaucarriertes Papier. Im Cafe zieht er häufig seinen Bleistift aus der Tasche und kritzelt die Marmorplatte voll, im Gasthause das Tisch tuch. murmelt dabei leise vor sich hin und ärgert sich, wenn er niemand bei sich hat, mit dem er über seinen geliebten Reigen sprechen könnte. Als ich mit Pepo kürzlich zusammen meine erste Partie nach Heinbuch gemacht habe, suchte er seine Landkarte. Er hatte sie zuhause liegen lassen, aber sein Reigenbüehlein hatte er bei sich. Seiner Ansicht nach gibt es zweierlei Menschen: solche, welche reigenfahren können, und solche, welche gar nicht wissen, was ein Reigen ist. Sonst philosophierte Pepo selten, aber ärgern konnte er sich furchtbar, wenn er im Übungs saale sass und auf sieben Reigenfahrer warten musste. Am meisten ärgerte er sich aber erst dann, wenn schon sieben Fahrer beisammen waren und — einer, der achte, fehlte. Seine Lieblingsausdrücke für solche Pflichtvergessene waren: „Hund“ und „Bestie“. Jeder, der bei seinen Reigen nicht mitfuhr, war ein „Patzer“. Probierte wer im Saale zu fahren, so sagte Pepo gleich: „Mhm, Sie können fahren; ein Froschhäusl grün an streichen können’s, aber fahren, das können’s nicht!“ Unter unsäglichem Sehweissverspritzen waren die Reigen endlich einstudiert, die bange Stunde kam, und sie wurden tadellos gefahren. Die Stimmung Pepo’s zu schildern, erfordert eine geübtere Feder als meine. Er hätte am liebsten die ganze Welt umarmt - es war ihm so leicht um’s Herz — so unendlich leicht! Vor lauter Freude schmeckte ihm das Essen gar nicht, er ging von einem zum andern, drückte jedem die Hand und blinzelte dabei vergnügt durch seinen Kneifer. Und doch konnte Pepo keinen Schlaf finden. Unruhig wälzte er sich in seinem Bette umher, es war ihm so heiss er kehrte die Polster um und wieder um, dann endlich schloss er seine Augen. Kreise — Achter — Fronten, alles zog gespensterhaft an ihm vorbei, er hörte das leise Surren der Räder, die ge dämpfte Musik, das monotone Glockenzeichen, das Schleifen der Pneumatics bei den scharfen Wendungen. Alles zog in gleichmässigen Fäden durcheinander, und Pepo hielt den Atem an sich und zitterte; die ganze Angst musste er nochmals durchmachen, dann aber wurde er endlich wach, als schon die Sonne durch den Nebel gedrungen war. Zu Rad in die hohe Tatra. Von A. Grützner. (Fortsetzung.) Da rasseln Wagen heran. Helle Juchzer lassen uns nach | der Thüre springen. „Ah — wirklich originell!“ Dem ersten | Leiterwagen, der, wie die andern auch, zur Feier des Tages | im alltäglichen Schmutze prangt, entklettern Musikanten: 1 Trompeter, 1 Bassgeiger, 3 Klarinettisten — wahrlich, eine feine Besetzung. Über den zweiten Wagen ist ein riesiger Marktschirm gespannt. Drunter sitzen auf weichen Polstern — mit Stroh oder Heu gefüllten Säcken — junge und alte, hübsche uud hässliche Weiblein. Das dritte Gespann bringt das männliche Geschlecht. Jetzt ordnen sich die Paare. Die Musik begrüsst den Zug mit dem Gedudle der wahrscheinlich extra zu solchen Feierlichkeiten komponierten, uralten und echt polnischen Weise: „Siehste wohl, jetzt kimmt’r“, und hinein geht* in die grössere Gaststube. Die Musik nimmt die eine Ecke in Be schlag, die Männer frequentieren den Schanktisch, und die Damen besetzen die Bänke am Rande. Ein Bursche begiesst I die ausgetretenen Dielen mit Wasser, die Musikanten brummen, dudeln und pusten so etwas ähnliches wie einen Walzer zu sammen, und Terpsichore hält ihren Einzug. Wozu dieser Bearbeiter des Basses eigentlich 4 Saiten auf seinem Instru mente haben mag ? Seine Aufgabe sieht er ja nur in der Markierung des ersten Viertels durch einen kräftigen Riss, und dazu scheint ihm die stete Benutzung nur eines einzigen Tones gerade genug zu sein. Und nun betrachte ich mir die Paare genauer. Sie walzen wirklich flott, aber sehr weit ab, da sich die Röcke der Tänzerinnen wie eine Krinoline bauschen. Der Grenzaufseher versichert mir, dass diese Bausehung von dem dicken, steifen Watterocke herrühre, über welchen dann bis zu einem Dutzend je mehr, desto feiner — Unterröcke gebunden werden. Schulter und Stirn sind in bunte Tücher gehüllt und der Hals ist fast bei allen mit einer Korallenkette geschmückt. „Herr Aufseher, es ist doch wirklich auffällig, dass man hier so wenig hübsche Gesichter sieht, manche Weiber möchte ich sogar hässlich nennen.“ „Die Leute sind alle sehr arm, ihre Feldarbeit ist schwer und die Nahrung kärglich. Wochen tags wird fast immer „Schurr“ gegessen, das ist ein Gemenge von gestampften Kartoffeln und grobgeschrotenem Weizen mit etwas Fett angemacht. Es ist kein Wunder, dass das Volk kraftlos isf und schnell altert“. „Wenn die Armut wirklich so gross ist, dann muss ich mich über die Menge der Hochzbitsgäste wundern". „Von den Paaren ge hören nicht die Hälfte zur Hochzeit. Die Polen lieben Musik und Tanz und an solchen Festen nimmt das ganze Dorf teil. Die Burschen lassen sich der Reihe nach einen Tanz für ihr Geld aufspielen, die Getränke bezahlen sie auch aus der eignen Tasche und so kommt es, dass der Hochzeits vater sehr billig wegkommt.“ Jetzt tritt ein junges Pärchen in unser Herrenstübel. Der Bursch verlangt Wein. Wir staunen. „Sie trinken nur billigen Apfelwein, aber Wein muss es heissen.“ Anderen bieten wir Bier an. „Tanzen Sie mit uns, so trinken wir mit Ihnen“. — Stolz lieb ich mir den Spanier!“ Mein Kamerad leistet der Einladung Folge, lässt unter allgemeinem Beifall für 50 Pfg. die Musikanten staunen ob dieser fürstlichen Gabe — aufspielen und hat nun das Vergnügen, wohl 10 Minuten lang in diesem Gewühle schwitzen zu dürfen. „Wann kommt denn nun die Braut?“ „Da werden Sie immer noch eine Stunde warten müssen.“ „Das dauert uns zu lange. Der Regen hat etwas nachgelassen; wir werden aufbrechen“. „Machen Sie nicht erst den Umweg über Oswiecim, sondern fahren Sie über Klein-Helm. Der dortige Einnehmer ist ein Radlerfreund; wenn er noch dazu Ihre Maschine sieht, wird er sieh sicher für Sie interessieren und Sie anstandslos passieren lassen“. So lautet der Rat unseres lieben Grenzers. Allgemein wird bedauert, dass wir schon scheiden wollen, und dann gehts fort, unser Glück zu versuchen. Wieder kommen wir zum Zollhaus. „Die Herren sind
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