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Sächsische Radfahrer-Zeitung : 25.06.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683809971-189806251
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683809971-18980625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683809971-18980625
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Radfahrer-Zeitung
- Jahr1898
- Monat1898-06
- Tag1898-06-25
- Monat1898-06
- Jahr1898
- Titel
- Sächsische Radfahrer-Zeitung : 25.06.1898
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VII. Jahrg. No. 14 288 25. Juni 1898 Der Oybin. Einen Glanzpunkt des diesjähri gen Bundestages unseres Sachsen bundes in der grössten und reichsten Stadt der sächsischen Oberlausitz wird das Nachtfest auf dem Oybin bilden. Derselbe liegt unfern der Stelle, wo sieh der enge Thalspalt des Töpfer berges und Ameisenberges nach der Stadtflur öffnet. In einem engen, [ schön gewundenen und von hohen | Waldbergen umschlossenen Wiesen- ' gründe ragt er mit fast nackten, schroffen Wänden als j ein mehr wie turmhoher, freistehender, gewaltiger Sand felskegel empor, dessen Form nicht unpassend mit der eines Bienenkorbes verglichen wird. Seine bedeutendste, durch kühne Modellierung ergreifende Seite kehrt der un geheure Felskegel nicht sowohl dem an seinem Südfusse malerisch gelegenen Dorfe, als vielmehr dem nördlichen, einsamen Hausgrunde zu, einer tiefen Waldschlucht, der wohl unter allen Partieen des Zittauer Gebirges der Preis der Gebirgsromantik zukommt. Phantastisch genug ist der an die Sandsteingebilde der Sächsischen Schweiz erinnernde Oybinfels, von dessen nur auf Treppen ersteigbarem Gipfel man in enge, hochumran dete Thälchen schaut und bloss durch eine enge Berg pforte einen Ausblick in die freundlichen Auen von Zittau gewinnt. Was aber den Oybin vor allen seinen Felsge nossen auszeichnet, das verdankt er der Kunst, die hier in vollem Maasse verstanden hat, der Landschaft ein Bau werk anzupassen. Wir besitzen in Deutschland manche schönen Ruinen von Klosterkirchen und darunter mehrere, die die Kirche des Oybin durch Alter und kunstgeschichtliche Bedeut samkeit übertreffen, aber in der Harmonie mit der Land schaft, im Anschmiegen an den Grund und Boden, durch welches ein Bauwerk wie vom Naturgeist hingedichtet er scheint, überbietet gewiss der Oybin alle jene herrlichen Reste mittelalterlicher Kunst. Der kleine Gottesacker, der sich auf schmaler Fels terrasse an den Fuss der Ruine lagert, die halb in den Felsen gesprengten Kreuzgänge, die zur Kirche empor führen, das schmale, einschiffige Langhaus, dessen Wan dung zum Teil der lebendige Fels und dessen Decke der Himmel bildet, der über 10 m hohe majestätische Bogen, der den Chor vom Schiff abschliesst, die Fenster, durch deren gothisches Masswerk dunkle Fichten hereinschauen, — alles das stimmt unter sich und zur Umgebung so wunder schön, dass der Beschauer von andachtsvollem Entzücken erfüllt wird. Die Geschichte des Oybins könnte man kurz zusammen fassen: Er war zuerst eine Raubburg, dann eine Büsser- anstalt und ist jetzt ein Wallfahrtsort aller Natur freunde. Ueber die Ritterburg, von der noch einige Trümmer stehen, berichtet ein Chronist des 14. Jahrhunderts: „Daz woren die irsten rowber, die man ye in desem lande ir- kante; dacz czogen die hie (in Zittau, die Zittauer Bür ¬ ger) woren vndt zwbrochen daz haws vndt vortreben die herren.“ Dies geschah im Jahre 1280, aber bald darauf hatten die Ritter, für die eine solche Felsenfeste wie ge schaffen war, eine neue Burg erbaut, welche Kaiser- Karl IV. in der Mitte des 14. Jahrhunderts zerstören liess. An Stelle der zertrümmerten Raubburg gründete er für einige Mönche des Cölestiner-Ordens, die er von Avignon mitgebracht, im Jahre 1384 ein Kloster, das auf 12 Brüder berechnet war. Er stattete diese seine Schöpfung mit umliegenden Gütern und mit Zinsen aus, sodass das Kloster in Besitz mehrerer Dörfer und eines mit Mühle, Bäckerei und Brauhaus verbundenen Väterhofes in Zittau kam. Die Regel des Ordens war streng und scheint immer so befolgt worden zu sein, dass die Sitten der Mönche keinen Anstoss gaben. — Schweigen war Haupt pflicht, nur mittags war auf kurze Frist ein Zwiegespräch erlaubt. Lautlos schritten die ernsten, in weisse Kutten und schwarze Kapuzen gehüllten Männer einher, wortlos sassen sie in ihren Zellen. Der Oybin stellte eine grabes- stille Felseninsel dar. Für Fremde wurde in einer Felsen nische Brot und Wein zur Labung ausgestellt; Besuch kam nur am Gründonnerstag über die Schwelle, an dem die Väter zwölf Zittauer Schülern die Füsse wuschen. — Als die Hussiten gleich wilden Fluten in die Lausitz drangen, brandeten ihre Scharen machtlos an der Felsen burg des Oybins und konnten nur die Klosterdörfer ver heeren. Die Cölestiner fühlten sich noch im Anfänge der Reformationszeit so sicher, dass sie im Jahre 1516 ein Tochterkloster auf dem Königsteine an der Elbe anlegten, das jedoch schon acht Jahre später einging. Indes konn ten sich die Oybiner Mönche, an deren Patmos die Hussiten stürme abgeprallt waren, vor dem Frühlingshauche der neuen Zeit nicht abschliessen; Luthers Einfluss machte sich auch in ihren Zellen geltend. Im Jahre 1525 ver heiratete sich der Prior des Klosters in Wittenberg; 21 Jahre später verliessen die letzten Cölestiner den ver einsamten Oybin, um ihre Tage im Väterhofe zu Zittau zu beschliessen. Der böhmische König als Landes- und Lehnsherr liess die Klosterschätze nach Prag abführen und verpfändete die Liegenschaften dem Rate zu Zittau, der sie später käuflich erwarb. Kloster und Kirche zer fielen infolge eines Brandes, der 1577 durch Blitzschlag entstand. — Da die Kirche erst im Jahre 1829 von dem Schutte befreit worden ist, der sich durch den Einsturz angehäuft i hatte, so ist der Oybin, obgleich schon in früherer Zeit be schrieben, abgezeichnet und besungen, erst spät zu dem wohlverdienten Rufe gekommen, in dem er jetzt steht. Den Teilnehmern am Bundesfeste wird er sich besonders festlich darstellen, wenn der Zug der Cölestinermönche mit frommem Gesänge durch die schweigende Sommer nacht ernst und gemessen dahinschreitet, und wenn seine alten Gemäuer erglänzen im Scheine bengalischer Flam men.- Möge sich kein Bundeskamerad diesen seltenen Ge nuss entgehen lassen. Niemand wird es bereuen, wenn er dem Rufe folgt: Auf nach Zittau! —
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