VII. Jahrg. No. 15 9. Juli 1898 312 raden, werbt neue Mitglieder! Wir denken da besonders an die vielen bundesangehörigen Vereine. Sollten die es denn nicht fertig bringen, alle ihre Mitglieder zum Bunde anzumelden und Bundesvereine zu werden? Es ist doch nur eine halbe Sache, so ein bundesangehöriger Verein, die Teilung der Mitglieder in Sachsenbündler und Wilde nützt doch sicher dem Vereine auch nichts. Hier in Leipzig besteht ein junger Verein. Dessen Vorsitzender trat dem S. R.-B. bei. Er bewog die übrigen Vorstands mitglieder zum Beitritt, und der Verein wurde bundes angehörig. Nun arbeitete die Vereinsvorstandschaft rüstig weiter, und am vorigen Donnerstage meldete der Vor sitzende die drei letzten Mitglieder zum Bunde an und beantragte, den Verein als Bundesverein anzuerkennen, was natürlich recht gern geschah. So etwas ist erfreulich, leider nur zu selten. — Recht rüstig ist gegenwärtig die Leipziger „Radler lust.“ Wirklich wackere Sportsleute. Gilt es eine Streckenbesetzung, — die „Radlerlust“ ist da; heisst es ein Fest unterstützen, — die „Radlerlust“ erscheint. Frei lich hat der Verein im Kameraden Grosser auch einen aufopfernden Vorsitzenden, und die Mitglieder folgen ihm gern. Den 13. August feiert die „Radlerlust“ ihr dies jähriges Stiftungsfest in Verbindung mit Preisreigen fahren. Hoffentlich gestaltet sich dieses Fest zu einem glanzvollen Wettbewerbe unserer Vereine zur Ehre unseres Bundes. — Doch genug für heute. Auf Wiedersehen in Zittau. — Heil! Die Einäscherung von ■ er heutigen Tages nach dem blühenden Zittau kommt und daselbst die stattlichen Häuser, die sauberen, gutgepflegten Strassen, die 4 schönen Anlagen sieht, der ahnt nichts von j en v i e i en Unbilden, mit welchen gerade Zittau in den Kriegsläuften vergangener Zeiten heimge sucht worden ist. Im Hussitenkriege begannen ihre Lei den, und seitdem hat kein Krieg die Grenzen der Lausitz und Sachsens berührt, ohne gerade dieser Stadt die schwer sten Opfer aufzulegen. Der unglücklichste Tag in der ganzen Geschichte der Stadt ist der 23. Juli des Jahres 1757. Am 18. Juli desselben Jahres hatte Preussens König, der grosse Friedrich, bei Kollin zum erstenmal das Bittere einer schweren Niederlage empfunden. Sein Bruder, Prinz Wilhelm, der die Armee östlich von der Elbe anführte, sah sich bald genötigt, eilig den Rückzug nach Norden anzutreten, der ihn durch den Pass von Lückendorf, süd lich von Zittau, auf diese Stadt zuführte. Der Prinz Karl von Lothringen mit den Oesterreichern folgte ihm auf dem Fusse, aber Prinz Wilhelm vermied vorsichtig jede Schlacht. Da wandte sich der österreichische Feldherr gegen Zittau, wo die Preussen Magazine mit bedeutenden Vor räten besassen. Nur 800 Mann hielten die Stadt besetzt, aber sie wiesen die Aufforderung zur Uebergabe zurück. Nun pflanzte Karl von Lothringen am 23. Juli seine Kanonen vor der Stadt auf. Die Bürger hielten dies nur Zittau im Jahre 1757. für ein Schreckmittel, eine wirkliche Beschiessung fürch tete die offene Stadt nicht; war doch ihr Landesherr der Bundesgenosse der Oesterreicher. Daher dachte auch niemand daran, sein Eigentum in Sicherheit zu bringen. Aber der Donner der Kanonen riss die Bürger bald aus ihrem Irrtum, glühende Kugeln schlugen in die Stadt, schlugen in die Häuser ein, zündeten hier und dort, und in kurzer Zeit stand bald die ganze Stadt in Flammen. In wenig Stunden war Zittau ein Trümmerhaufen. Fast sämtliche Kirchen und öffentlichen Gebäude und gegen 600 Wohnhäuser, drei Vierteile der ganzen Stadt, lagen in Asche; in den Kellern, wohin sich die Bewohner geflüchtet hatten, erstickten durch den Qualm 73 Per sonen, eine Anzahl wurde unter den einstürzenden Häu sern und in den Flammen begraben, und viele starben an den Folgen des durch die Einäscherung herbeigeführten Elendes, sodass am Schlüsse des Jahres die Totenliste der Stadt 1002 Personen aufwies, unter welchen sich nur zwei Soldaten von den 800 Preussen befanden. Der Schaden, den die Beschiessung angerichtet hatte, belief sich auf 30 Millionen Mark. Noch im Jahre 1801 lagen von jener Zeit her 108 Brandstellen wüst. Heute merkt man freilich der Stadt von jener unnötigen Barbarei nur noch die unbeabsichtigten guten Folgen an, denn sie ist dadurch auch in ihrem Innern eine neue Stadt ge worden. Möge sie der Himmel vor der Wiederkehr so schwerer Zeiten bewahren. —