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Sächsische Radfahrer-Zeitung : 01.10.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683809971-189810010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683809971-18981001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683809971-18981001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Radfahrer-Zeitung
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-01
- Monat1898-10
- Jahr1898
- Titel
- Sächsische Radfahrer-Zeitung : 01.10.1898
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Eduard Pötzl übers Radfahren. Eduard Pötzl lässt sich in folgender humoristischer Weise über das Radfahren aus: „Eines Tages erhielt ich durch die Post nachstehende Anfrage: Ich habe gelesen, was Professor Schwenninger über das Radfahren gesagt hat, bin aber nicht recht klar dar aus geworden, ob er diesen Sport für nützlich oder nach teilig hält. Als Professor hätte er sich schon bestimmter äussern können. Wollen Sie mir über den Gegenstand eine bestimmte Auskunft geben! Nützt oder schadet es? ■ Achtungsvoll Ein Unbekannter. Antwort: Ihr Charakter, geschätzter Fragesteller, bürgt mir dafür, dass Ihre Frage keine mutwillige ist. Danken Sie mir nicht, sondern erlauben Sie, dass ich gleich in das Altertum zurückgreife, aus dem uns die historische Forschung keinen Fall überliefert hat, dass das Radfahren irgendwelche schädliche Wirkungen geäussert hätte. Hervorragende Sportleute, wie Timon von .Athen, The- mistokles, Brutus und Papinianus haben nie über Be schwerden geklagt und erreichten ein hohes Alter. Bloss Kaiser Claudius, der überhaupt ein ungeschickter Mensch war, scheint einen kleinen Accident erlebt zu haben, wie aus seinem Namen hervorgeht; denn altera pede claudus heisst auf deutsch so ähnlich wie: Einer, der sich das Schienbein ordentlich angeschlagen hat. Man kann sich ungefähr denken, wie das zugegangen. Wahrscheinlich dachte dieser Despot in seinem Cäsarenwahne, er brauche das Fahren nicht erst zu lernen, sondern es hätten ihm die Götter diese Kunst schon in die Wiege gelegt. Da täuschte sich der Mann aber und schlug in sein erhabenes Schienbein so viele Löcher, wie jeder andere Sterbliche, der ungeübt das Rad besteigt. Mit seiner Anspielung auf derartige Verletzungen singt bekanntlich Horaz: Nunc pede libero pulsanda tellus — mit wieder unverbundenen Füssen die Welt durchradeln. Eine Schädlichkeit des Radfahrens aus diesen Eigentümlichkeiten herleiten zu wollen, wäre ebenso ein Unsinn, wie z.B. einen Regen schirm gefährlich nennen, weil man ihn zufällig jemandem in den Mund stecken und darin aufspannen könnte. Bedenklichere Nachrichten über das Rad liegen uns aus dem Mittelalter vor. In dieser Zeit hat es entschie den zahlreiche Todesfälle verschuldet. Es entsprach ganz der Roheit dieser Epoche, dass sich die Radler damals dazu hergaben, Uebelthäter so lange zu überfahren, bis sie mausetot waren. Wollte man es kurz machen, so liess man dem Delinquenten das Rad zuerst über den Kopf gehen, was bei dem Umstande, dass die Gummireifen noch unbekannt waren, in der Regel keiner lange aushielt. Grausamer war die Prozedur von unten herauf. Andere Zeiten, andere Sitten. Damals fand man nichts Schreck liches daran, während heute ein Zetergeschrei erhoben wird, wenn ein Radler einem bloss über die Zehe fährt. In der Gegenwart kommen Fälle vor, aus denen ein oberflächlich Urteilender auf eine gewisse Schädlichkeit des Radfahrens schliessen könnte. So sah ich selbst einen bedeutenden Verehrer von Frauenschönheit in einer Allee ein hochbetagtes, runzeliges Bauernweib, das einen Milch hafen in der Hand trug, stürmisch umarmen, während ein anderer im November ein Vollbad in einem Weiher an der Chaussee nahm. Beide hatten vorher auf Falirrädern gesessen und entschuldigten sich nachher mit unüberwind- I lichem Zwange, der sie zu dieser That gezwungen. Ein dritter versuchte plötzlich in der Gegend der Reichs brücke auf einem k. k. Briefträger spazieren zu fahren, was sich dieser Staatsbeamte nicht ruhig gefallen liess, sondern um Hilfe schrie. Auch da gab der Schuldige eine | Art Sinnesverwirrung als Ursache an. Und einen vier ten sah ich nach einer achtstündigen Distanzfahrt. Es war ein frommer Mann, der immerfort den „heiligen Ulrich“ anrief. Aber es half ihm nichts, schliesslich fiel er doch um und schielte und schäumte so schrecklich, dass ich mir mitleidig dachte, ein wenig müsse ihm die Tour doch geschadet haben: denn niemals sah ich einen Rei senden, selbst wenn er noch so lange in der Postkutsche gefahren war, so erbärmlich leiden. Kenner versicherten mir jedoch, dass nur die individuelle Anlage entscheidend sei. Manche müssen zur Erhaltung ihrer Gesundheit dreihundert bis vierhundert Kilometer im Tage fressen, während auf andere wieder die blosse Nähe des Rades, beispielsweise wenn es auf der Eisenbahn im Gepäckwagen und der Eigentümer im Coupe untergebracht ist, eine heil same sympathische Wirkung ausübt. Es ist merkwürdig: Wenn ein Sport einmal solche Geltung gewonnen hat, wie das Radfahren, so zieht es auch Elemente in seine Kreise, die ihm eigentlich fern stehen. So ergeht es mir mit dem Radfahrsport. Ich habe es ein einziges Mal versucht, ein Zweirad zu be steigen und erinnere mich aus dem Verlaufe dieses Aben teuers nur noch an den Umstand, dass ich einen gewissen Zeitraum hindurch auf dem Kopfe gestanden habe. Ich glaube, es wäre dies meine Lebensstellung geworden, wenn ich das Radfahren fortgesetzt hätte. Dann entschied ich mich, es sein zu lassen, gelte aber seitdem als eine Art Unparteiischer in Radfahrfragen, offenbar, weil ich gleich mässig von allen den einschlägigen Dingen nichts ver stehe. Zu Unparteilichkeit scheint eben in erster Linie ein allgemein anerkanntes Unverständnis zu gehören. In dieser meiner Eigenschaft war es mir, wie eben erzählt, ' vor einiger Zeit gegönnt, die schwierige Frage, ob das Radfahren nützlich oder schädlich sei, mit einem zuver sichtlichen Ja. zu beantworten. Bald darauf legte man mir abermals eine für alle Radfahrer wichtige Frage vor: die des Warnungssignals. Bekanntlich können es die armen Radler niemandem recht machen. Läuten sie mit ihrer Schelle, so hüpfen die Gewarnten entsetzt herum und geraten just dadurch in ihr Verderben. Läuten die Radler nicht, sondern sausen sie einfach vorbei, so wird ihnen nachgeschimpft, warum sie das Warnungssignal nicht gegeben haben. Die ! meisten Unfälle entstehen auf die erstere Weise. Der Schreck vor der Glocke ist so typisch, dass man aus ihm sogar eine gute Episodenfigur für das Theater schaffen könnt?. Das wirksamste Warnungszeichen wäre, ohne Zweifel, wenn der Radfahrer jedesmal, wenn er um eine Strassenecke biegt oder ihm eine Gasse allzubelebt vor kommt, einen Schuss abfeuern würde. Einen Schuss kann i man nicht so leicht überhören und er würde auch jene Gassenjungen ein wenig abschrecken, die den Radlern zu- 1 weilen ein Bein stellen. Allein gegen den Schuss lässt sich ernstlich einwenden, dass ihn schwachnervige Perso- i neu vielleicht noch weniger vertragen, als die Schelle, und zweitens würde bei einer grossen Anzahl von Rad-
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