Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.06.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190906080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090608
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090608
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-06
- Tag1909-06-08
- Monat1909-06
- Jahr1909
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BezuqS.Preit ür Leipzig und Borort« durA o»Iee» Träger und Spediteure in« Hau« gebracht SV H monatl., R.7V »ierteliäbrl. Bet unser» Filialen u. Annahmestellen aboehottr 7t mouatl., R.LS vtertellLhrl. Durch di» Dost: innerhalb Deutschland« und der deutsche« Kolonien virrteljährl. Ü.tS monatl. Eid au«schl. Postdeftellgelb. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftaaten, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schwei« u. Spanien. In all«, übrigen Staaten nur direkt durch di» «eschcht,stelle de« Blatte« erhältlich. La« Leipziger Tageblatt erscheint wich end lich 7 «al und zwar morgen». «donnemenl-Annadme - Augustutplatz 8, bei unseren Träger», Filialen, Spediteure« und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Di« einzelne Nummer kostet IS H. Nedattion und Gelchäfttsteller Johanniogaste 8. Fernsprecher: I46S2. l<68ll. 14694. Nr. 157. riWgrr Tageblatt Handels,citnng NmtsvkatL des Rates und des Nolizeiamtes der Lladt Leipzig. Anzeigen-PrerS lür Inserate au« Leipzig und Umgebung dw Laeloaltene Petitzeile 2b ch, finanziell« Anzeigen Ät H, NeNamen 1 von »»«wärt« lil) H, Reklamen i.2Ü ,o« »ulland SOch, finan,. Antigen Reklamen l.SÜ ^g. Inserate». Behörden im amtlichen Teil 40ch. Seilagegebüdr L p. Tausend exkl. Post gebühr. »eschasleanzeigen an bevorzugter Stelle im Preis« erhiht. Rabatt nach Tari' Fefterteilte Auitrtge kinnen nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Antigen-Annahme: Sugustutplatz 8, bei stmklichen Filialen u. ollen Annoncen- Ezpeditlonen des In- und Au«lande«. Haupt-Filiale Berlin: Varl Duncker, Herzogs. Bayr. Hösbach- Handlung, Lützowstrabe IO. lTelepho» VI, Nr. 4M3). Haupt-Filiale Dresden: Eeesirafie 4. l lTelesbo i 462l>. Dienstag 8. Juni 1909. 103. Jahrgang. Das wichtigste. * KönigJriedrich August trifst heute vormittag mit Extra zug um 11 Uhr 37 Minuten auf Station Wahren ein, zur Abnahme einer Parade über die Garnison Leipzig. Gleich nach der Kritik fährt der König von Wahren wieder nach Dresden zurück, berührt also die Stadt Leipzig selbst nicht. * Die diesjährige Hauptversammlung der Deutschen Kolo- nialgesell'chaft beginnt heute unter Vorsitz des Herzogs Johann Albrecht in Dresden. Gestern abend sand auf dem Königlichen Belvedere durch den Vorstand ein Empfang statt. IS. Letzte Dep.) * Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die Aenberung der Tclegraphenordnung vom 16. Juni 1904. Die neuen Bestim mungen treten am 1. Juli in Kraft. L» * König Ferdinand vonBulgarien ist, wie aus Wien gemeldet wird, in strengstem Inkognito in Fiume eingetroffen. * Der Zar beabsichtigt, den bevorstehenden Besuch Kaiser Wilhelms im Lause des Sommers in Kiel zu erwidern. * Wie auS Marseille zum Seemannsausstand gemeldet wird, haben sich die streikenden eingeschriebenen Seeleute für die Fort setzung des Ausstandes entschieden, aber auch den Aus schuß beauftragt, die Vorschläge der Reeder von Marseille zu prüfen. * Der „Matin" meldet auS Cadiz, die dortige Presse fass: die Konzentrierung eines französischen Geschwaders von 17 Schiffen in den spanischen Gewässern als eine Demon stration auf, welche an der m a r o k k a n i sch c n K ü st e zur Unter stützung der spanischen Aktion stattfindcn soll. siS. auch Ausl.) * Nachrichten, die soeben aus Konstantinopel in London eintrefsen, wollen von einem nahen Krieg zwHchen oer Türkei und Griechenland wissen. sS. Ausl.j Die neue Entrevue. Die bevorstehende Zusammenkunft zwischen dem Deutschen Kaiser und dem Zaren Nikolai ist gewiß geeignet, einen deutschen Beurteiler, irotz aller Erfahrungen mit dem „persönlichen Regimentes zu erfreu- üchen politischen Betrachtungen .anzuregen. Welch eine Wendung seit dem Tage von Reval! Umsonst hat man im neidischen Ausland, vor nehmlich in England, alle Mittel einer lügenhaften Journalistik aufge boten, um die Vorgeschichte der Entrevue als eine neue deutsche Intrige erscheinen zu lasten und daraus den Verdacht herzuleiten, daß deutsche Tücke und Hinterlist dem unbeholfenen russischen Bären gefährliche Fallen und Hinterhalte zu stellen sich anschicken. Diesmal konnte die deutsche Diplomatie mit gutem Gewissen den Schleier vor der Wirklich keit lüften. Alle Welt sieht jetzt klar und deutlich, daß die Anregung ganz und gar von russischer Seite ausging, und weil diese Anregung so bald nach Beendigung der serbischen Krise erfolgte, kann sie nur dahin ausgelegt werden, daß man am Petersburger Hofe sich von England ab und Deutschland zuwenden will, ohne, wie früher, dabei auf eine gewiss: bevormundende Rolle Anspruch zu erheben. Rußland sucht Deutsch land soll das heißen, daß wir am Vorabend eines Zeitabshnittes der europäischen Geschichte stehen, wo statt wie bisher die englische, die deutsche Diplomatie im Konzert der europäischen Mächte den Ton an geben darf? Das Gefühl der Genugtuung, das solche Erwägungen in uns Her vorrufen mögen, birgt jedoch die Gefahr in sich, daß wir die Augen vor einer Möglichkeit verschließen, die daS deutsche Volk um die Früchte auS seinen Kämpfen im November vorigen Jahres betrügen könnte, wo es über das „Daily Mail"-Jnterview zu Gericht saß. Wenn die öffentliche Meinung in Deutschland unter „Stillgestanden" und „Gewehr bei Fuß" abwartet, was die Monarchenzusammenkunft ergeben und was unsere Diplomatie daraus folgern und «bleiten und ihr Handeln bestimmend beeinflussen lassen mag, so kann die Zusammenkunft, deren nähere Um stände so schmeichelhaft für die heutige Stellung Deutschlands in Europa sind, uns geradezu zum Verhängnis werden. Die öffentliche Meinung in Rußland blickt mit Besorgnis auf die kommende Begegnung. Man befürchtet von ihr «ine Stärkung der kul turfeindlichen Neigungen der Petersburger Regierung in der inneren und äußeren Politik. Das sprechen einflußreiche Blätter wie „SIcwo" und „Rjetsch" unverhohlen aus. Man hat zu England und Frankreich das Vertrauen, daß sich auS einem freundschaftlichen Verhältnis der Petersburger Regierung zu ihnen Folgen ergeben müssen, die dem Kul- turfortschritt in Rußland dienlich sind. Zu Deutschland hat man ein solche- Vertrauen nicht. Ist es Zufall,daß der Petersburger Hof unmittel bar nach dem Siege derer vom „Bunde der echt russischen Leute" in der persischen Angelegenheit Fühlung mit Berlin sucht? Die neueste Wen dung in der russischen Politik in Persien konnte die englische Diplomatie nicht mehr gutheißen; daS war ein zu derber Schlag inS Gesicht ihrer Kulturmission. Wird die Berliner Diplomatie weniger Kultur gewissen offenbaren und sich bereit zeigen, ihre allzu menschlichen Regungen zugunsten eines für seine Freiheit kämpfenden asiatischen Volkes zu unterdrücken, um den „echt russischen Leuten" zur heiß ersehnten „Kompensation für Bosnien" zu verhelfen, nach der sich die breite Masse des russischen Volkes nicht im geringsten sehnt? Die deutsche Diplomatie hat Gelegenheit, der öffentlichen Meinung in Rußland den Beweis zu liefern, daß sie besser ist als ihr Ruf. Sie kann, auf die Gefahr hin, den Petersburger Hof wieder vorübergehend mißlaunig zu machen und ihn dazu aufzureizen, noch eiue Zeitlang mit sich bringen würben. Von der Zollerhöhung würden hauptsächlich englische und französische Parfümerisartikel betroffen werden. Nachdem nun der deutsche Export in Parfümerien ausschließlich nach englischen und französischen Kolonien geht, so würden die genannten Staaten sofort Repressalien ergreifen und die deutsche Einfuhr in ihre Kolonien so sehr wie möglich zu erschweren suchen. Lum Schlüsse der Enquete erklärte Staatssekretär Sydow, dcch die Besprechungen der Regierung einen Einblick in die geschäftliche Lage der mit dem Parfümeriebandel verbundenen Gewerbe gewähren sollten, damit das Reichsschatzamt sich Klarheit über die eventuelle Wirkung .der von der Finanzkommission beschlossenen Parfümeriesteuer verschaffen könne. Zur Frage der Steuer selbst nahm der Staatssekretär nicht LtelluLg." wider den Stachel der neuen deutschen Machtstellung in Europa zu lecken zu suchen, klar und unzweideutig zu verstehen geben, daß sie keine Lust hat, die Zeiten der heiligen Allianz wieder herausbeschwören zu helfen, daß ihr vielmehr an russischer Freundschaft nur soweit etwas liegt, als ihrem moralischen Kredit im In- und Auslande dadurch keine Schädigung droht. Als die Wiener Regierung so plötzlich und eigen mächtig die bosnische Frage übers Knie brach, wuschen wir unsere Hände in Unschuld. Wir fanden die Art und Weise, wie Freiherr von Aehren- thal seinen Zweck zu erreichen suchte, etwas brüsk, aber wir ließen gleichzeitig keinen Zweifel darüber aufkommen, daß wir gegebenenfalls trotzdem Oesterreich als treue Verbündete die Konsequenzen seiner Hand lungsweise tragen helfen würden. Das war in der Ordnung. Soll jetzt doch noch der Fehler gemacht werden, den wir damals vermieden? Soll jetzt das bosnische Abenteuer Aehrenthals, nur weil es besser auslief, als man gedacht hatte, nachträglich von uns als ein Unter nehmen gebilligt werden, das Rußlands Anspruch auf eine „Kompen sation" begründen könne? Rußland will nicht in Täbris stehen bleiben, es will durch ganz Aserbaidschan bis an den Urmiasee Vordringen und einen furchtbaren Keil zwischen die beiden mohammedanischen Reiche, die Türkei und Persien, treiben, um dann zu gelegener Zeit nach rechts und links ausholen und seinen Erdhunger stillen zu können. Indem die russische Regierung verhindert, daß in Persien eine verfassungsmäßige Ordnung wirklich aufkommt, indem es dreimal hintereinander einen Sieg der persischen Freiheitskämpfer auslöschte oder im letzten Augenblick Hintertrieb, vollführt sie ein Experiment im kleinen, daS her nach. im großen in Rußland selbst wiederholt werden soll. Daher die Angst aller fortschrittlich gesinnten russischen Politiker vor einem glücklichen Gelingen des persischen Abenteuers. Auf dem Spiele steht also nicht nur die persische und daneben die türkische Freiheit, sondern auch das, was sich das russische Volk mühsam an Freiheiten erkämpft hat. Die russischen Reaktionäre haben Mulden vergessen; wir aber sollte» darum nicht auch Schimonoseki vergessen. Unsere damalige Einmischung in die Verhandlungen zwischen Japan und dem besiegten China aus Freundschaft zu Rußland trug uns die Feindschaft des japanischen VokkeS ein, ohne die England in den letzten Jahren wohl kaum seine asiatischen Besitzungen so seelenruhig japanischem Schutze hätte anvertrauen können, I geführten Fernbahnen.' Ein weitmaschiges Netz von Fernschnellbahnen um seine ganzen politischen Machtmittel sü" eine deutschfeindliche euro- I soll die Verkehrszentren, zu denen er höflicherweise auch Leipzig rechnet, päische Politik mobil zu machen. Sollte es unL nicht in ähnlicher Weise verbinde^, und. ein System von Zubringernctzen soll die Fernbabnen »..Li—I weiten. Für tue großen Städte bringt er ein besonderes Radial-Peri- verhangnlsvoll werden .onnen. wenn wir uns, Rußland zuliebe, de, I pherieiystern in Vorschlag, und durch diese neue Organisation will er mohammedauilchen Volkern dre letzte» Sympathie« verscherzen?. j den geiamten deutschen Jnlandverkehr zum einfachen Lokalverkehr ver vollkommnen. Was er erreichen zu können angibt, ist allerdings des ernsten Studiums wert. Es ist die Lösung der Aufgabe, vop Berlin ist etiles Stunde'nach Leipzig und in knapp vier Stunden nach München zu fahren. Die Haupthindernisse-für eine Lösung dieser Aufgabe unter den heutigen Betriebsverhältnissen sieht Scherl in der jetzigen Ver quickung von Personen- und Güterverkehr aus denselben Linien und in der Dampfbahn auf zwei Schienen, die eine sehr wesentliche Geschwin- digkeitserhöhung gar nicht verträgt. Den Personenverkehr will Scherl deshalb vollständig vom Güterverkehr, dem das bisherige Bahnsystem überwiesen werden soll, lösen, und den mangelhaften des Dampfbetriebes und daS Zweischienensystem will er durch elektrische Einschienenbahnen ersetzen. Die Züge sollen in sehr kurzen Zeiten folgen, nur mit wenigen Minuten Zwischenraum, und mit Zweihundertkilometer-Stunden- geschwindigkeit durch die Lande fahren. Die Zubringerbahnen sollen 150 Kilometer in der Stunde leisten und die reinen Lokalbahnen immer noch 60 Kilometer. Die Fernbabnen können natürlich keine Niveau bahnen sein, sondern müssen auf hoben, Damm über den anderen Ver- kcbr binweggeleitet werden, auch über die Großstädte binweg, wo sic durch in die Häuser eingebaute eiserne Betonpfeiler Stützen finden. Für Leipzig hätte die Durchführung dieser Pläne insofern einen kleinen finanziellen Beigeschmack, als ja dadurch unser neuer Hundert- fünfzig-Millionen-Bahnhof noch vor der Vollendung antiquiert werden würde. Dach werden ja wohl noch einige Jährchen vergeben, ehe die neue MetW>e realisiert werden wird, so daß das Unglück nicht zu groß werden dürfte. Wie die Idee im einzelnen bereits dnrchgedacht und technisch verarbeitet worden ist, muß Respekt eirnlößcn, und die Vor teile, die vor Augen geführt werden, sind verlockend genug. ^Das Reisen wird nicht nur verbilligt umd beschleunigt, sondern auch sehr viel an genehmer gemacht, denn in geräumigen, bequemen Salons wird der Reisende in Zukunft durch August Scherl in wenigen Stunden durch das Deutsche Reich geführt. Für die kindlichen Gemüter bat Scherl gleich verlockende Büfetts und eine Konzertauf'ührnng im Salonwagen illustrieren lassen. Aber^der wichtigste Punkt des ganzen Unternehmens ist das neue Seherische System der allein echten Eisenbahnschienen. Wir haben schon heute bekanntlich Einschienenbahnen, sogenannte Schwebe- bahnen, deren Schwerpunkt unter der Fahrschiene liegt, oder die Behr- bahn, bei der das Fahrzeug im Reitsitz auf einer Sattclschiene ruht, und schließlich die Tunisbahn, die außer der unteren Lausschiene noch eine obere Gleitschiene nötig hat. Denen gegenüber läuft August Scherls Einschienenwagen, ähnlich einem Fahrrad, ohne jede Unter stützung (beinahe hätten wir gesagt, ohne alle Apparates auf einer Schiene. Und das Geheimnis des Gleichgewichts dieser Wagen, bei deren Anblick auch dem modernen Menschen angst und bange werden kann, sind kompendiöse, im Wageninnern untergebrachte gyrostatische Apparate, auf deutsch rotierende Metallkreisel, die durch das ihnen innewohnende Trägheitsmoment den Wagen vor dem Umkippen behüten sollen. August Scherl hat sich die Versuche mit dem Schiffskreisel von Schlick zunutze gemacht und darauf weiter bauen lassen, um labile Fahr- »euge mit Hilfe von Kreiseln stabil zu machen, lieber die Art der Lösung dieser Aufgabe gibt er wörtlich folgendes an: „Ich selbst habe in eigenen Versuchswerkstätten eingebende Studien über die Stabilisierung von Fahrzeugen mit Pilfe vou gyrostatischon Apparaten anstellen lassen. Es sind bereits entscheidende Resultate erzielt worden, und die Versuche werben nunmehr Anfänge eines besonderen technischen Unternehmens auf weiterer finanzieller Grundlage »nd in großem Maßstabc weiter geführt werden. Die positiven technischen Ergebnisse wird die Öffent lichkeit bei anderer Gelegenheit erfahren. Für die Zwecke bieser Broschüre genügt die einfache Mitteilung, daß das echte cin- schienige Fahrzeug nunmehr tatsächlich vorhanden, das Mittel also bereit ist, die neue Organisation in der Praxis erfolgreich durchzu führen." Bis hierher darf man August Scherl ohne Skepsis folgen, aber er wird es uns nicht verübeln, wenn wir die Erfindung des echten, stabilen Einschienenwagens, der in der Praxis brauchbar ist, vorläufig für das halten, was sie ist, nämlich für eine Scherlsche Behauptung. Er bleibt uns jeglichen Beweis für diese Behauptung schuldig, und man wird deshalb den Beweis erst abwartcn müssen, um sich ein Urteil zu er lauben. Nur auf einen Punkt darf man schon heute aufmerksam machen, das ist die Sicherheit dieser Seherischen Wagen, deren Stabilität doch nur durch die Rotation der Kreisel gewährleistet wird. Was geschieht, wenn die Kreisel durch irgend welchen Umstand verhindert werden, zu rotieren? Dann fällt eben der Wagen um. Und bei der Gelegenheit möchten wir doch auch nock darauf Hinweisen, daß August Scherl zwar ' daS Recht hat, sämtliche Vorzüge seines Systems nach Kräften zu be- Iuv Reichsfinanzreform. Die Abwehrversammlung. Die Nachfrage nach Eintrittskarten zu der Abwebrverfammluno am Sonnabend, den 12. Juni, ist so gewaltig, daß der KOO Personen fassende Saal der Philharmonie zur Unterbringung der Beiucher bei weitem nicht ausreichl. Die einbernfenden Verbände baden daher, wie wir schon am Sonntag mitteilten das Versammlungslokal nach dem Zirkus Schn- mann (Berlin 6, Am Zirkus 1) verlegt. Die bisher ausgestellten Eintrittskarten haben selbstverständtich auch jur das neue Versammlungs lokal Gültigkeit. Nach den auS allen Teile» deS Reichs den einladenden Verbänden zugegangenen Zuschriften hat namentlich der Gedanke der Bildung einer dauernden Vereinigung von Industrie, Handel und Bank- wesen zum Zwecke der Stärkung des Einflusses dieser Stände auf di« Gesetzgebung allenthalben begeisterten Wiederhall gefunden. Die Besprechung im ReichSschatzamte über die Besteuerung von Riech« »nd Schönheitsmitteln. Zu den Besprechungen im Reichsschatzamte über die Besteuerung von Riech- und Schönheitsmitteln, die die Finanzkommission des Reichs, tages dem Entwurf eines BranntweinsteuergesstzeS eingesügt hat, wird uns von beteiligter Leite folgendes mitgeteilt: „An den Besprechungen nahmen außer Vertretern des ReichSschatz- amtes Vertrauensmänner der Parfümeriefabrikauteu, der Droglsten und Friseure teil. Den Herren wurde ein Fragebogen mit 12 Fragen vorgelegt mit dem Ersuchen, sich zu jeder der ausgezeichneten prägen einzeln zu äußern. Die erste Frage bezog sich auf die Abgrenzung der zu besteuernden Gegenstände, die zweite Frage behandelte den Klein- vcrkaufswert der zu besteuernden Parfümerien. Drittens wurden die Vertreter der Interessenten gefragt, ob die vorgeschlagene Besteuerung mittels Anbringung von Steuerzeichen ausführbar und die Anbringung der Banderolierung technisch möglich ist. Zu dieser Frage äußerte sich namens des Reichsjchatzamtes ein als Sachverständiger geladener Ober- Zollinspektor in längeren Ausführungen. Die anwesenden Vertreter der Industrie sprachen sich übereinstimmend gegen jede Banderolierung aus mit dem Hinweis auf die hohen Kosten unv die sich für die Exporteure ergebende Notwendigkeit, für den Jnlandtonsum und für den Export bewndere Fabrikationen einzurichten. Die nächste Frage behandelte die Höhe der Steuersätze. Die Vertreter der Interessenten wurden ersucht, sich zu äußern, ob Steuersätze von 10 -s, 50 ^,1, 2, 3, 4 und 5 ^l, und gegebenenfalls für Äebeimmittel das Dovpelte dieser Sätze, jedoch min destens 1 -tl, angemessen wäre. Sowohl die einaeladenen Fabrikanten und Drogisten, als auch der Vertreter des „Bundes deutscher Friseur innungen sprachen sich mit größtem Nachdruck gegen jede Steuer auf Riechmittel und kosmetische Artikel aus; besonders der Vertreter der deutschen Friseure wies in längeren Aus führungen darauf hin, daß ein großer Teil der deutschen Friseure dem geschäftlichen Ruin preisgegeben würde, wenn die von der Kommission vorgeschlagene Besteuerung Gesetz werde Ju Berücksichtigung der hohen Anforderungen in sanitärer und hygienischer Beziehung, tne heute an das Friseurgewerbe gestellt werden und der verhältnismäßig geringen Preise »ür Rasteren »nv Frisieren könne der größte Teil deS deutschen Friseur standes sich nur durch den Verkauf von Riechmitteln und kosmetischen Artikeln behaupten. Wenn nun eine Besteuerung durchgeführt werben würde, die den Preis der gangbarsten Parfümerieartikel und Riechmittel ganz unverhältnismäßig erhöht, so daß beispielsweise eine Flasche Odol oder Eau de Cologne, die heute icho .4 koste, nach der Banderolierung für 2L5 .tl verkauft werden müßte, so wäre die unmittelbare Folge ein rapides Nachlassen deS Verkaufes, waS für Tausende von Friseuren gleichbedeutend mit dem geschäftlichen Ruin wäre. Die folgenden Fraaen befaßten sich mit der Zahl Gewerbetreibender jeder Art, die im Deutschen Reiche vorhanden sind, ferner in welcher Höhe eine Nachsteuer zu er heben sein wird, ob sich «ine Stundung für Steuer und Nachsteuer empfiehlt, wie d,e amtliche Ueberwachung der Betriebs- und Lagerräume zu ordnen sein wird, und wann die Danderolesteuer frühestens in Kraft treten könnte. Eine lange Debatte knüpfte sich an die von der Finanzkommission vorgeschlagene Erhöhung des Eingangszolles für Waren der bezeichneten Art von 300 auf 600 -L für den Doppelzentner. Hier wer- den es insbesondere die Vertreter der exportierenden Fabriken sLohse und Wolff, ferner MühlenS-Kölu, Eau de Cologne), die auf die großen Gefahren hinwiesen, die eine Erböbuna ^e« Eingangszolles um 100 Proz. ! großer Borschsi Scherl als Erfinder. Wer kein Freund des Zeitungsmannes August Scherl und seines Systems ist, hat noch nicht das Recht, dem ideenreichen Manne auf seinen sonstigen Betätigungsgebieten entgegenzutreten. Und auch wer den Pferdefuß in Scherls unzweifelhaft groß gedachtem, aber gräß lich korrumpierendem Sparlotto und dem damit verbundenen Scherlschen Generalanzeiger für Deutschland erkannt und bekämpft hat, gewinnt noch lange nicht das Recht, nun alle weiteren Projekte des Viel- geschäftigen zu verwerfen. August Scherl ist mit einer neuen Idee an die Oeffentlichkeit ge treten. aber er hat mehr getan, als die Projektenmacher gemeinhin zu tun pflegen. Er legt einen völlig durchgearbeiteten und erschöpfend mo tivierten Plan in einem großen, mit zahlreichen Illustrationen und Zeichnungen versehenen Werk vor s„Ein neues Schnellbahnsystem. Vor- schläge zur Verbesserung des Personenverkehrs von August Scherl. Druck und Verlag von August Scherl), das er selbst in koketter Be scheidenheit eine Broschüre nennt. Scherl qlaubt im Vorwort sich verteidigen zu müssen gegen die Vorwürfe, die man gegen sein Laientum vorbringen könnte. Mag sein, daß er nicht unrecht hat. wenn er von der Ueberschätzung, von dem künstlich eingepflanzten Respekt vor der hoben Schulbildung, vor Examen und Titeln spricht, aber er kann deshalb doch ernster Beachtung sicher sein, wenigstens soweit die Presse in Betracht kommt, die mit dem Namen Scherls immer den Begriff eines technisch seriösen, sorgfältig organisierten Unternehmens verbindet. Also Scherl will den Personenverkehr verbessern. Er geht dabei wirklich gründlich vor, indem er in den Kreis seiner Vorschläge einfach jeglichen maschinellen Personenverkehr zieht, von dem Autoomnibus angesangen, über ein System von Zubringernetzen, bis zu den gradlinig geführten Fernbahnen. Ein weitmaschiges Netz von soll die Verkehrszentren, zu denen er höslicherweise am, ...... .. verbinden, und ein System von Zubringernctzen soll die Fernbabnen pheriesystern in Vorschlag, und durch diese neue Organisation will er den ««samten deutschen Jnlandverkehr zum einfachen Lokalverkehr ver vollkommnen. Was er erreichen zu können angibt, ist allerdings des
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