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Sächsische Radfahrer-Zeitung : 15.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683809971-189904159
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683809971-18990415
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683809971-18990415
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Radfahrer-Zeitung
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-15
- Monat1899-04
- Jahr1899
- Titel
- Sächsische Radfahrer-Zeitung : 15.04.1899
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VIII Jahrg No. 8 135 15. Aprii;i899 „Wirklich?“ sagte ich, „es ist ja noch ganz dunkel.“ „Das wohl. Es thut aber nichts. Ich fürchtete, zu spät zu kommen. Uebrigens können wir ja auch im Dunkeln fahren.“ „Gut. Ich werde gleich miten sein!“ Eigentlich war es mir lieb so, denn dadurch steigerte sich die Möglichkeit, Herrn Papa Schöllen einmal zu zeigen, dass wir noch früher aufzustehen verständen als er, aber recht lachen musste ich doch über Gregor, der sicherlich in seiner Sorge die ganze Nacht kein Auge ge schlossen und den Moment nicht mehr erwarten konnte, von daheim aufzubrechen. Wie der arme Teufel sich freute. Kasch war ich angekleidet und tappte mit meinem Rade die Stiege hinunter. „So, da wären wir! Guten Morgen!“ „Guten Morgen!“ Warm drückte er meine Hand, und der Händedruck sollte mir sagen, wie dankbar er mir sei. Dann fuhren wir beim Scheine der Laterne ab. Die anbrechende Dämmerung fand uns schon weit draussen in der freien Natur, und jetzt erst wurde ich einen voluminösen Pack gewahr, den Gregor auf der Lenk stange befestigt hatte. Ich konnte mich nicht enthalten, zu fragen: „Was schleppst du denn da mit dir?“ „Das hier? Na, ich glaubte, — weil du sagtest — es sind Ostereier. Ich habe sie gestern Abend noch rasch besorgt.“ „Ostereier? Das müssen mindestens hundert Stück sein. So viele Kinder haben die Schöllers ja gar nicht.“ „Meinst du, es wären zu viele?“ „Etwas weniger wären freilich noch lange nicht zu wenig, aber es macht nichts. Wir werden sie schon unterbringen.“ Beruhigt setzte er seine Fahrt fort, immer seinen ein gehüllten Korb mit den Ostereiern sorgsam im Auge be haltend. Wir nahten dem schmalen Wege, der von rückwärts zum Schöllerschen Hause führt, denn wie Indianer auf dem Kriegspfade wollten wir die Ansiedler durch den Garten beschleichen. Da gewahrte ich etwas Helles zwischen den Bäumen. Vorsichtig, meinem Freunde grösste Lautlosigkeit be deutend, wendete ich um. Durch den Garten konnten wir ungesehen nicht, dort war jemand. Also von der Gasse her. Jetzt waren wir beim Thore angelangt. Ich sprang vom Rade, Gregor desgleichen. Un nötigerweise blieb er an seinen Clips hängen und stürzte samt seinem Rade. Im selben Augenblicke öffnete sich das Thor, was ich für Gregor sehr peinlich fand, und an der Schwelle zeigten sich Papa Schüller, meine Braut und noch einige Personen. Durch den Zwischenfall und das unverhoffte Auftauchen der Hausbewohner war ich ein wenig verwirrt, fand aber sofort, dass die Aufmerk samkeit der so plötzlich Erschienenen weniger mir, als meinem Freunde galt. Alle machten so sonderbare Ge sichter, weshalb ich fürs erste nicht einmal zur Be grüssung kam, sondern mich sofort nach Gregor um wandte. 0 gerechter Himmel! Jetzt begriff ich das eigen tümliche Zucken um Papa Schöllers Mundwinkel. Gregor stand da, wie ein begossener Pudel, wie, — ich weiss gar nicht wie. Er schwamm förmlich in Gelb. Ein Kanarienvogel war der reine Schornsteinfeger gegen ! ihn. So viel Gelb auf einem Menschen habe ich über haupt noch nie gesehen. „Mensch, was ist passiert,“ rief ich ihn an, und er vermochte nichts zu sagen, als: „Die Eier!“ Ein rascher Blick nach dem verhängnisvollen Eier- I korbe belehrte mich, dass er durch den Sturz recht gründlich zu Schaden gekommen war und seinen Inhalt über Gregor entleert hatte. „Wie konntest du denn aber auch rohe Eier ein packen!“ entfuhr es mir. „Ja, die Händlerin hatte keine anderen mehr, und sie meinte, diese da wären ebensogut richtige Ostereier, wenn man sie kocht, wie die anderen, und da nahm ich sie ! eben.“ Geschehen war geschehen, da liess sich nichts mehr ; ändern und man musste das Ding nehmen, wie es eben i kam. Ich hatte rechtes Mitleid mit Gregor und doch konnte ich nur schwer an mich halten, um nicht mit einer Lach salve loszuplatzen. Vom Thore her kicherte es ohnehin schon, wenn auch sehr diskret und unterdrückt. Da rang also auch schon jemand mit dem Lachteufel. Schliesslich und endlich musste der heiklen Situation aber doch ein Ende gemacht werden, Gregor konnte nicht den ganzen Tag in seinem Eierkostüm dastehen und sich | anstaunen lassen und ich wollte, all meinem Freund- I schaftsgefühle entgegen, schon endlich auch einmal meine | Braut begrüssen. Angenehm war für uns zwei Radler die Sache ent schieden nicht. Ich stellte also die Herrschaften mit Müh und Not einander vor, gab rasch einige Worte der Er klärung und trachtete, Gregor die Gelegenheit zu bieten, sich schleunigst wieder zu säubern. In sehr gedrückter Stimmung liess ich ihn in seinem Zimmer zurück und eilte in den Garten zu der mit Eierverstecken beschäf tigten Familie, mich an diesem lustigen Geschäfte be teiligend. Dort beichtete mir Melanie, dass sie geahnt, ich würde recht zeitig kommen, weshalb sie mit der jüngeren Schwester Agnes einen Späherposten im Garten bezogen. Agnes hatte uns auch gleich herankommen und wieder umkehren gesehen. Darum waren die Mädchen sofort nach vorne geschlüpft, wo sich ihnen auch die Eltern zur Begrüssung anschlossen und zur Eier-Bescherung Gregors gerade zurecht gekommen. Der Schalk Agnes bemühte sich, das erstaunte Gesicht nachzuäffen, das Melanie bei dem unerwarteten Anblick zur Schau getragen. Dies konnte ich ihr entschieden nicht verübeln, denn ich dachte wohl, Melanie sei allerdings darauf gefasst ge wesen, von mir mit irgend einem Osterei, aber nicht mit einem lebenden Eierkuchen überrascht zu werden. Agnes, der Kobold, gefiel sich noch in verschiedenen spasshaften Bemerkungen über den armen Gregor, dei’ einen so unrühmlichen Einzug gehalten, bis der Gefeierte nach geraumer Weile selbst erschien. Er hatte die Zwischenzeit nicht nur zur gründlichen Reinigung seines äusseren Menschen, sondern auch zur Sammlung seines inneren Ich benutzt und mochte zu dem Entschlüsse gelangt sein, gute Miene zum bösen Spiele zu machen und selbst mitzulachen, anstatt seine Verwir rung noch länger anhalten zu lassen. Dies trug wesent lich bei, sofort in Stimmung zu kommen; die Kleinen durchjagten den Garten und wir Grossen gefielen uns in ausgelassener Fröhlichkeit.
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