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Sächsische Radfahrer-Zeitung : 26.10.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683809971-190110264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683809971-19011026
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683809971-19011026
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Radfahrer-Zeitung
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-26
- Monat1901-10
- Jahr1901
- Titel
- Sächsische Radfahrer-Zeitung : 26.10.1901
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X. Jahrgang No. 22. 301 26. Oktober 1901. Etwas vom Läuten. Von Johannes Troll. »Mit mahnender Stimme die Glocke spricht Ins schwarze Gewissen dem Bösewicht.« So singt irgendwo einmal irgendwer von all den vielen, die über die Glocke schon gesungen haben, und da wir nun dieses Motto gerade unserer Betrach tung vorausschicken, so ist nicht daran zu zweifeln, dass es mit Bezug auf die Glocke des Radfahrers ge schehen ist. Nun ist aber damit durchaus nicht ge sagt, dass die Glocke des Radfahrers, wenn sie ertönt, Bösewichtern ins schwarze Gewissen spräche, nein, es soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass die Glocken Stimmen haben, mit denen sie sprechen können, und dass die Radfahrerglocke keine Ausnahme von dieser durch in- und ausländische Dichter fest gestellten Thatsache gemacht. Das Wesen der Sprache einer Radlerglocke ist allerdings etwas weniger.poetisch als das anderer Glocken, von der grossen erzgegossenen bis herab zu dem Glöckchen, das an einem Bändchen um das Hälschen eines Lämmchens hängt, dafür aber hat diese Sprache den Vorzug, dass sie nicht mühsam verdolmetscht werden muss, sondern ohne weiteres von selbst verständlich ist. Wie man eine Sprache an und für sich unter scheidet in eine gewählte und eine rohe, eine höfliche und eine unverschämte, eine plärrende und eine ein schmeichelnde, eine barsche und eine sanfte, eine etc. und eine etc., so hat auch die Sprache der Radfahrer glocken die gleichen Unterschiede aufzuweisen. Je nach ihrer Beschaffenheit ist ihr Ton ein befehlender oder bittender, ein höflich bestimmter oder ein un geberdig grober, ein böswillig erschreckender oder ein tausendmal entschuldigender, ein flegelhaft burschikoser oder ein mädchenhaft schüchterner, oft auch, nament lich bei recht neuen Glocken, ist ihr Ton ein angst voll verzweifelter, während besonders alte klingen wie ein bösartiger Rachenkatarrh. Wie nun alle Glocken, mit Ausnahme der Käseglocken, die Bestimmung haben, mit ihrer Sprache zu irgend jemand zu reden, so natürlich auch die Radfahrglocken, und diese sogar von polizeiwegen. Vorzugsweise sind es hier die Fuss gänger, an die sie sich zu wenden haben, eine Sorte von Wesen, die zwar im Aussterben begriffen ist, vor läufig aber doch noch respektiert werden muss, da sie eben noch da ist und ihre ausschliessliche Aufgabe für den Rest ihres Daseins darin erblickt, mitten auf der Strasse zu gehen, sich über die Glocken der Rad fahrer zu ärgern und dieserhalb oft recht ungemütlich gegen letztere zu werden. Um nun das Zusammen leben mit vorerwähnter Spezies thunlichst erträglich zu gestalten und ferner um die jederzeit zu unvermutetem Hervorbrechen bereite Ungemütlichkeit im eigenen Interesse nicht unnötig zu reizen, ist es jedem Rad fahrer zu empfehlen, beim Ankauf einer Glocke genau darauf zu achten, auf welchen Ton sie gestimmt ist. Zur Bequemlichkeit für solche, die sich unsern Rat zunutze machen wollen, greifen wir einige der mar kantesten Arten heraus: Da gibt es z. B. Glocken, die sich folgender massen ausdrücken: »Achtung, wir kommen! Wir sind aber noch gut hundert Meter hinter Ihnen, Sie haben somit noch bequem Zeit, sich mit Ihrem Nachbar auszusprechen.« Dann etwas später: »Jetzt trennen uns nur noch fünfzig Meter — ping — ping.« Und nach einem Weilchen: »Jetzt ist es aber höchste Zeit — ping. Mit diesen Glocken hat man in allen Fällen den gewünschten Erfolg. Dann gibt es welche, die sich etwas kürzer fassen: »Bitte um Platz — ping — ping ping!« Diese sind sehr zu empfehlen. Auch die gehen noch an: »Kling! Bitte.« Leider ist aber die Anzahl derjenigen Radfahrer, die sich vorstehender drei Glockenarten bedienen, noch eine verhältnismässig geringe, grösser ist dagegen die, welche die minderwertigen Fabrikate der Firma Lackelmann, Plärrhausen und Patzig benützt. Da ist eine, die sagt einfach: »Kreg — weg!« Das ist noch verhältnismässig die beste Qualität. Dann kommt die zweite Qualität etwa mit: »Krrrrrrrrrrrr! Platz gemacht, die Strasse gehört mir und der Fussweg auch!« Die dritte, Patent Patzig, spricht Dialekt: »Piep, piep, pleb, pleb — druck Di, damischer Ritter!« Ist schon oft kaput geschlagen worden. Die vierte endlich benützt Herr Lackelmann zum Glück nur selbst; sie lässt sich etwa folgendermassen vernehmen: »G’scherter Hammel, g’scherter, mach’ an Luft sprung, oder i derwirf Di!« Herr Lackelmann behauptet, schon oft mit dieser Glocke gestürzt zu sein, aber er kann sich für kein anderes Fabrikat entscheiden, da er es selbst er funden hat. Was endlich die neuen Glocken anbetrifft, die sich meistens folgendermassen vernehmen lassen: »Reissen’s aus um Himmelswillen, ich kann weder halten, noch abspringen, ich kann nur fahren,« so ist es zu empfehlen, sie erst einigemale da zu probieren, wo niemand, sie werden mit der Zeit schon natürlich. Junge Damen benutzen am besten ein zierliches: »Ach bitte schön«-Glöckchen, während etwas mehr Vor geschrittene in knapper Hosentracht es mit einiger Vorsicht wagen können, sich folgender Glocke zu bedienen: »Ein Weib bin ich und mein Recht will ich — Brrrrr!« Schwiegermüttern ist es freigestellt, welche Glocke sie wählen wollen, denn ihnen geht man schon von selbst aus dem Wege. Alles in allem aber sieht man, dass es von äusserster Wichtigkeit für den Radfahrer ist, was für eine Glocke er am Rade hat, denn man ist leicht geneigt, nach der Sprache, die diese führt, ihn selbst zu beurteilen. »Das Fahrrad.«
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