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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.08.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190908023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-08
- Tag1909-08-02
- Monat1909-08
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Bezugs-Preis für Leipzig und Bnrort, durch uns«« Träger und Spediteure in« Hau« gebricht, SV 2t monatl., L.7V «ierteljährl. Bet unser» Filialen u. Annahmestellen abgeholt: 7S äs monatl., L.LL vierteljährl. Lurch dir P,ft: innerhalb Deutschland« und der deutsche» Kolonien vierleljthri. 8.» monatl. I-T* autschl. Postdestellgeld. Fern« in Belgien, DLnemark, den Donauftaaten, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schwei, u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« «eichästtstelle de« Blatte« erhtttlich. Da« Leipzig« Dageblat» erscheint wtlchent- lich 7 ma! und zwar morgen«. Abonnement-Annahme: AuguftuSplatz 8, bei uns««» Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesträgern. Di« einzelne Nummer kostet 10 äs. Redaktion und Geschäftsstelle: Johanmdgasse 8. Fernsprech«: 1469L 14683, 14694. nWgerLaMaü Handelszeitung Amtsblatt -es Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis Ist» Inserate au« Leipzig und Umgebung di« Sacivalten« Petitzeile 2L äs, finanziell« Anzeigen 30^, Reklamen 1 dmi au«wärt« 3V -Zs, Reklamen 1.20 vom Ausland SOäs, finanz. Anzeigen 73äs, Reklamen 1.50 ^gs. Ins«atev. vehdrden im amtlichen Dell 40 äh. Beilagegebübr b p. Lausend exkl. Post gebühr. Keichäilsanzeigeu an bevorzugter Stell« im Preise «HSHt. Rabatt nach Taris geliert eilte Austräge können nicht zurück- -ezogeu werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustusplatz 8h bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Lrprditionen Le» In- und Ausland««. Haupt-Ailiale Berlin: Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Haupt-Stlial« Dresden: Seeftratze 4,1 (Telephon 4621). Nr. 212. Montag 2. August 1909. 103. Jahrgang. Das wichtigste. * Bei der Begegnung des Zaren mit dem Präsidenten Fal- liäres wurden bemerkenswert«' Trinksprüche ge wechselt. sS. Ausl, und Letzte Dep.) * Die Nachrichten über die innere Lage in Spanien widersprechen sich. Einzelne Meldungen schildern — entgegen den amtlichen Beruhigungen — die Zustände, besonders in Barcelona, als sehr ernst. sS. d. des. Art. und Letzte Dep.) * Da s amerikanische Repräsentantenhaus hat das neue Tarifgesetz nach den Vorschlägen des Konfercnzkomitees angenommen. sS. Letzte Dep.O * Im Preis von Thüringen s30 000 As, der am Sonntag in Gotha zur Entscheidung kam, siegte Herrn A. v. Schmieders F.-H. „Osse r", mit Reiff im Sattel. — Den Preis von H e l e n e n th a l in Kottingbrunn gewann „Cynthia" unter G. Janeck. — Den Grand Prix de la Ville de Vichy, der am Sonntag in Vichy gelaufen wuvde, gewann Mons. A. Henriquets „Chulo", von Childs gesteuert. lS. Sport.) Das Auswärtige Amt. Die „N. G. C." bringt Mitteilungen von zuständiger, Stelle über die Reform, «die für das Auswärtige Amt geplant wird. Unter Reform scheint man neuerdings etwas ganz Besonderes zu verstehen: Die Kosten werden vermehrt; im übrigen bleibt alles beim alten. So bei der Reichsfinanzreform eben, so jetzt bei der Reform unseres bureaukra- tischen Schmerzenskindes. „Der Geschäftsgang des Auswärtigen Amtes, insbesondere der politischen Abteilung, beruht bis ins einzelne hinein auf Bestimmungen, die auf den Fürsten Bismarck zurückgehn." Und das Exerzierreglement der preußischen Infanterie bei Jena be- ruhte bis ins einzelne hinein auf Bestimmungen, die auf Friedrich den Großen zurückgingen. Auch damals hat man die Gefahr ge scheut, «die nach der offiziösen Auffassung immer naheliegt, „daß zweck- mäßige Formen, die dem Ideal der Modernität vielleicht nicht ent- sprechen, zerbrochen werden zugunsten von Aenderungen, die sich später als verfehlt Herausstellen". Lag diese Gefahr nicht aber schließlich auch nahe, als Bismarck seine Bestimmungen traf? Wer mit solchen Befürch tungen im wägenden Busen an eine Reform herangeht, der wird eine musterhafte Reform zustande bringen, weiß der Himmel! Nach Auffassung des Auswärtigen Amtes hat seine Reform zwei Seiten. In der „Nutzbarmachung der modernen Hilfsmittel", wie Tele phon, Schreibmaschine usw., ist „alles Erforderliche bereits geschehen". Sehr schön. „Die andere Seite betrifft die Personalfrage." Es sei ein Direktor der politischen Abteilung nötig; „die Bedürfnisse nach Personal- Vermehrung würden durch Schaffung dieser neuen Stelle allerdings noch nicht befriedigt sein." Auch schön; wenn nicht genug Personal vor handen ist, vermehre man es. Aber ist das wirklich alles? Etwas mehr hat man wahrhaftig verlangt und erwartet, wenn von der Reform des Auswärtigen Amtes die Rede war. Die Sache hat näm- lich noch eine dritte Sejje. Im offiziösen Musterdeutsch zu reden: „Die dritte Seite betrifft die Organisationsfrage." Und es ist erstaun- lich, daß man hiervon überhaupt nichts vernimmt. Man sollte meinen, daß die hier gemachten Vorschläge zum mindesten „gewürdigt" würden. Aber die Reformatoren scheinen sich als Leitgedanken das Sprichwort gesetzt zu haben: Llsl e-treint qui trop «mbrssse, wobei sie von der Spannweite ihrer Arme anscheinend selbst keine übertriebenen Vor stellungen hegen. Eine Reform des Auswärtigen Amtes, die diesen Namen verdienen will, braucht sich mit all dem Kleinkram gar nicht zu befassen. Es ist selbstverständlich, oder sollte es wenigstens sein, daß man alle modernen Hilfsmittel in den Dienst stellt; und wie das Dienstreglcment im ein zelnen geregelt ist, ist gewiß eine ganz wichtige Frage. Daß man hier nicht unnötig ändert, sondern das bewährte Alte beibehält, gleichzeitig aber ständig und nicht ruckweise auch diese Dienstvorschriften dew jeweils sich mehrenden Aufgaben anpaßt, und dadurch lebensfrisch erhält, auch das sollte sich von selbst verstehen. Desgleichen, daß man so viel Personal onstellt, wie erforderlich ist. All diese Dinge könnten in vorzüglichster Ordnung, und trotzdem eine Reform des Amtes notwendig sein. Und so wird diese Reform denn auch notwendig bleiben, wenn die Schoensche Reform vollzogen ist. Daß hier wirklich so viel zu tun sein sollte, können wir nicht einmal annehmen. Leute wie Herr v. Holstein werden schon einigermaßen dafür gesorgt haben, daß ihr Handwerkszeug in Ordnung war. Zuzugeben dürfte freilich sein, daß seit dem Ausscheiden dieser enormen Arbeitskraft das Bedürfnis nach Personalvermehrung sich fühl bar gemacht hat. All das hat aber, wie gesagt, mit der wirklichen Reform gar nichts zu tun. Das Auswärtige Amt zerfällt — und „zerfällt" ist hier nicht nur schlechtes Deutsch, sondern Tatsache — in die politische Abteilung, die Handels- und die Rechtsabteilung. Diese Einteilung mutet nach gerade ein wenig mammutisch an. Sie war wohl schon am Ende der Tätigkeit des Fürsten Bismarck leise antiquiert. Mit dieser Feststellung tritt man dem Fürsten Bismarck nicht zu nahe. Er war ein Kind seiner Zeit; mit diesem banalen Satze ist alles gesagt. Der Genialste kann nicht als alter Mann sein ganzes Weltbild umstülpen. Unser Weltbild ist aber seit der Gründung deK Reiches völlig umgestülpt worden. Muß man wirklich noch auseinandersehen, daß im zwanzigsten Jahr, hundert die Handels- und politischen Fragen überhaupt nicht aus- cinanderzuhalten sind? Daß schier jede politische Frage ihre Handels- feite hat? Und daß nur in verschwindend wenigen Fällen nicht auch die Rechtsseite irgendwie in Frage "kommt? Der gegenwärtige Zustand ist nun der, daß eine derartige Frage der Reihe nach in allen drei Ab teilungen bearbeitet wird. Der Politiker hat in seinem Referat nur die politische Seite zu beleuchten; auf die rechtlich« und die Handelsseite darf er swenu ander- die Drittelung des Amtes überhaupt irgend Siun haben soll) nicht eingehen. Entsprechend geht es dem Handels- und dem Rechtsreferenten. Braucht man noch ein Wort darüber zu verlieren, daß eine solche Einrichtung Zeit raubt, umständlich ist, einfache Dinge ver wirrt, verwirrte jeder Durchsichtigkeit beraübt? Tie einzig vernünftige Einteilung des Auswärtigen Amtes ist heute, in der Zeit der Verfilzung aller politischen, Handels- und Rechtsfragen, die geographische. Zum Beispiel — wir machen den Vorschlag aus gut Glück, nur um ungefähr ein Bild des Notwendigen zu geben — eine Abteilung: Europa, eine: mohammedanische Länder, eine: Ferner Orient, eine: Amerika, eine: europäische Kolonien. Die Abteilung „Europa" würde auch das europäische Rußland zu umfassen haben. Die Abteilung „Ferner Orient" würde Japan und China umfassen. Inner halb der Abteilungen wären selbstverständlich Unterabteilungen zu schaffen, z. B. in der Abteilung „Amerika" die Union und swas wohl praktisch wäre) Kanada in der einen, Mexiko, Mittel- und Südamerika in der anderen. Und so fort. Derartige Vorschläge möchten wir vernehmen. Wir möchten ver nehmen, daß man im Auswärtigen Amt endlich Verständnis dafür ge wonnen hat, daß sich der neue Wein der West. und Welthandelspolitik nicht in die alten Schläuche aus der Zeit der Kabinetts- und Europapolitik fassen läßt. LIinims non onrat praetor. Wenn es sich um weiter nichts handeln würde, aks hier einen Flicken aufzusetzen und dort die Oesfnung besser zu verschnüren, >so wäre dies mit Fug dem Auswärtigen Amt zu überlassen, das allein dafür sorgen mag, daß sein Kram in Ordnung ist. Hier handelt sich's um mehr. Vickesnt oonsulos no guick kletriinenti re» pnblioa espiat. Und unter die Konsuln sind in diesem Falle auch Presse und Abgeordnete einzubegreifen. Nachklange. Nochmals Meisten. Einige interessante Kleinigkeiten von der Festtafel in der Albrechts- bürg können wir unseren Lesern noch mitteilen. Der Wagenzug, der die Gäste zur Burg brachte, beanspruchte 25 Hofwagen, 16 Geschirre der Meißner Fuhrhaltereien und annähernd 100 Wagen der Dresdner Hof fuhrhalterei Göhler-Söhne. Auf der Galatafel prangten Vie goldenen Prunkstücke auS der Zeit August des Starken und Watteauporzellan, im Kirchensaale Silberdekoration und bas Dekor Roter Drache, in der Sammetmacherstube Silberdekor und das Muster Gelber Löwe. Ver- vollständigt war dieser künstlerische Schmuck durch die natürlichen Reize dunkelroter Rosen. Zum Fisch und den kalten Speisen war Porzellan, zu den warmen Spcsten Silbergeschirr verwendet. Die Ausstattung der Tafel besorgte der König!. Rechnungsrat Walter mit einem Stabe von über 200 Per sonen. 80 Wagen waren ungefähr eine Woche unterwegs, um die 22—23 000 Ausstattungs- und Jnventarstücke der Tafel nach Meißen zu bringen. Die Speisenfolge war die nachstehende: Klare Suppe Talleyrand. Türkische Pastetchen. Nheinlachs auf Moscoviter Art. Gedünstetes Rindstück. Rehschnitten mit Orangen. Französische Hühner. Salat, Früchte. Gefrorenes nach Montmorency. Käsespeise. Nachtisch. Dazu wurden gereicht: St. Peray rosee. Niersteiner Rehbach Spätlese 1904. Chateau Haut Brion 93er. Champ. Roederer. Cap. Constantina. In der Fürstengruft des Domes war die Gruft des Gründers der Universität Leipzig, des Kurfürsten Friedrich des Streitbaren, festlich geschmückt worden. Ein hoher Katafalk mit bronzenem Deckelnder sein Bild lebensgroß in getriebener Ausführung zeigt, zeigt hier seine Ruhe- stätte an. Der Katafalk steht inmitten neun anderer fürstlicher Gräber. Seine Schmückung war offenbar von feiner, kunstsinniger Hand durch die Verwaltung der König!. Hofgärten ausgeführt worden. An den vier Ecken des Katafalks stehen Lorbeerbäume, am den Mitten der beiden Längsseiten spitzblättrige Palmen, alle untereinander durch eine mit weißen Astern verwobene Girlande aus Fichtenästchen verbunden und di« Stämme der Bäumchen mit Lorbeer und Eichenlaub umwunden, lieber den Kopf des Katafalks ragt ein Farren vorsichtig heraus, und die Reisigranke ist in gleicher Höhe mit ihm befestigt. Zu fräßen stehen Gräser, und die Ranke senkt sich. Männertreue bildet die teilweise Um rahmung des gärtnerischen Schmuckkästchens. Unmittelbar vor der Fürstenkapelle steht aufrecht zur Seite eine Grabplatte mit dem „ge stochenen" Bildnisse des Bischofs Johann IV- von Meißen s1427—1459), vormals Universitätsprofessor Dr. Johann Hofmann in Leipzig. Die Platte ist mit einer Ranke mit bunten Blumen geschmückt. Ununter brochen hielt der Zug der Schaulustigen nach deyi Dome an, und alle Volkskreise, Männer, Frauen und Kinder., in der schlichtesten Arbeits und besten Salontracht sah man in ihm. Die Ehrenpromotionen. Die Namen der am Freitag aus Anlaß des Universitätsjubiläums von den Leipziger Fakultäten zu Doatoras stonoris causa promovierten Fürsten, Staatsmännern, Gelehrten und verdienstvollen Künstlern und Bürgern brachten wir bereits vollzählig. Vielfach sind die Verdienste der durch Promotionen geehrten Gelehrten jedem Gebildeten bekannt, und somit auch die Begründung zu der Promotion. Daß die theologische Fakultät den Wunsch hegt, dem Kultusminister Dr. Beck den Dank für seine rege Förderung der Interessen von Kirche und Schule zum Aus- druck zu bringen, ist ebenso leicht verständlich, wie die Promotion von Theologen, die durch innige Verbindung von wissenschaftlicher und Prak- tischer Tüchtigkeit ausgezeichnet sind: der Seelsorger zu St. Johannis, Lic. Rüling, und des Pfarrers zu St. Andreas Dr. Phil. Schu- mann. In den Konsistorialräten Clauß und Kohlschütter wurden zwei Männer geehrt, die sich durch Reichtum kirchlicher Er fahrung um die Landeskirche verdient gemacht haben. In Pastor Paul aus Lorenzkirch ehrte die Fakultät den bedeutenden Kenner und Förderer der Mission, in dem Maler Fritz von Uhde den Mann, der „im Bilde die den Geistern heilige Geschichte und insbesondere die Gestalt unseres Herrn lebendig anschaulich vor uns erstehen ließ." Die juristische Fakultät hatte den berechtigten Wunsch, die Fürst lichkeiten, die in ihr während ihres Leipziger Studiums inskribiert waren, zu ehren: König Friedrich August und die Groß herzöge von Baden und von Hessen. Sie promovierte ferner Roosevelt als den „kampfbewährten, tapferen und doch Friede wirkenden, mit allen staatsmännischen Tugenden ausgerüsteten, der Bürgerkrone würdi gen, für deutsches Wesen echt verständnisvollen letzten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, und den großbritannischen Bot- schafter in Washington James Bryce, den durch reiche akade mische, wissenschaftliche und poetische Tätigkeit aus- gezeichneten tiefen Kenner des amerikanischen Staatswesens, den Verfasser des klassischen Werkes: „The American Common wealth". Für bedeutende literarische Ar- beiten auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft wurden Hagerup in Kopenhagen und Fläsy in Wien ausgezeichnet. Der öster reichische Landesminister Prade wurde für den Schutz des Deutschtums geehrt; Zeppelin als der Mann, „der mit selten zielbcwußter Energie allen Hindernissen zum Trotz das Luftmeer dienstbar macht, der so der Kulrur, nicht zerstörenden Mächten, ungeahnte Bahnen er schließt, den echt deutschen, heldenhaften Mann feiern wir mit Tausenden. Als Männer des Rechts feiern wir ihn, der auch dem Rechte neuen hohen Flug eröffnet, neue Aufgaben und Probleme stellt." Emanuel Rei- nicke-Leipzig wurde Ehrendoktor für seine verständnisvolle Wahrung seiner Aufgaben als Veriagsbuchhändler. Es gereichte der medizinischen Fakultät zur besonderen Genugtuung, dem Gefühle ihres Dankes dadurch Ausdruck zn geben, daß sie den Minister der Finanzen von Rüger, den Staatsminister a. T., Kultusminister v. D. Tr. Paul von Seydewitz und den 1. Präsidenten der H. sächsischen Ständekammer Mehnert, zu Ehrendoktoren der Medizin ernannte. Fermer wurden von ihr promoviert: aus der Reihe der Biologen: Herr Dr. Eduard van Benedcn, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Lüttich' Herr Dr. Carl ChM, Professor der Zoologie in Leipzig; Herr Dr. Giovanni Battista Grain, Professor der vergleichenden Anatomie in Rom; Herr Dr. Hermann von Vöch- ting, Professor der Botanik in Tübingen; Herr Dr. Edmund B. Wilson, Professor der Zoologie in New Uork; unter den Vcrtrelern der übrigen Naturwissenschaften; Herr Dr. Ernst Beckmann, Professor der Chemie in Leipzig, Herr Dr. Arthur Hantzsch, Professor der Chemie in Leipzig, Herr Dr. Ernst Lecher, Professor der Physik in Prag, Herr Dr. Gabriel Lippmann, Professor der Physik in Paris, Herr Dr. Eduard Such, Professor emeritus der Geologie in Wien; Herr Dr. Otto Wallach, Professor der Chemie in Göttingen; in Anerkennung seines in opferfreudiger Weise bewiesenen Interessen für unsere Uni- versttät und Fakultät und seiner Verdienste für die wissenschaftliche Publizistik Herr Verlagsbuchhändler Georg Hirzel in Leipzig, und endlich auS dem Kreise der unserer Universität und Stadt nahesiehencen Künstler Herr Otto Greiner, Maler in Rom und Herr Carl Seff- ner, Bildhauer in Leipzig. Die Philosophische Fakultät brachte dem kunstsinnigem Förderer und dem Teilnehmer am wissenschaftlichen Leben der Gegen wart aus dem Hause Wettin, dem Prinzen Johann Georg den Doktorhut dar, ehrte in Binding den Mann, den das Ver trauen der Kollegen an die Spitze des Lehrkörpers setzte, ehrte die Stadt Leipzig in ihren beiden Oberhäuptern und alle anderen Promovierten als verdienstvolle Förderer der Wissenschaft auf ihrem Spezialgebiet, als Künstler (Gerhart Hauptmann und Schreck) die geistes bildend wirkten, als Förderer gelehrten Geistes ohne selbst Gelehrter zu sein, endlich Bädeker. Bemerkenswert ist noch, daß die philoso phische Fakultät den Dichter Detlev v. Liliencrom zum Ehrendoktor promovieren wollte. Liliencron war es leider nicht vergönnt, diese neue Ehrung noch zu erleben. Pre-ftiminen. Es ist einigermaßen befremdlich, daß das Prinzipielle der Leipziger UniversitätSjubelfei«r in der Presse bisher nur geringe Beachtung ge funden hat. Die meisten Blätter begnügen sich mit einer allerdings recht ausführlichen Berichterstattung, aber zu den verschiedenen Kund gebungen haben sich kritisch nur wenige Blätter geäußert. Der „Dresdn. Anzeiger" schließt seinen Epilog über das Fest mit folgenden Worten: Wenn wir heute auf die Festtage zurückschauen und uns fragen: Was war Wohl von den zahlreichen Darbietungen das Schön st e, Beste? Die Antwort ist schwer; wir wollen sie auch nicht ein seitig lösen. Der Zustimmung, vieler aber glauben wir sicher zu sein, wenn wir — prächtige Gruppen des Festzuges (die Lützower Jäger zum Beispiel) einfach unterschlagend — folgendes heraushcben: die Huldigung vor dem Gemälde Klingers in der Aula, der überaus glänzende Festaktus am 29. Juli im Stadttheater (der ganz besonders die Streitfrage auslöste: welche Summe an Geist und Wissen wohl hier vereinigt war, und wieviel davon Anspruch habe, bleibende Werte zu bilden), und innerhalb des zweiten Festakts (am 30. Juli) in der Wandelhalle die gemütvolle, ja väterliche Ansprache Bindings an die beiden zu immatrikulierenden Prinzen. Das waren Höhepunkte ethischerKultur, die man nie vergessen wird. Ganz in dem Sinne, wie es an dieser Stelle geschehen ist, spricht sich der „Hannov. Courier" über den die eigentlichen Jestklänge über dauernden Wert der Feier aus: Ob technische oder geistige Bestrebungen, ob Naturwissenschaft oder philosophische Weltbetrachtung jeweils in höherem Maße die innere nationale Entwicklung bestimmen — wodurch sie bedingt wird und worauf sie beruht, das ist wieder einmal in packender Weise zum Ausdruck gebracht in der würdigen Jubelfeier der asten deutschen Universität Leipzig: auf dem unbehinderten Streben nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit, nach Erkenntnis und Ver vollkommnung. Daß wir noch stolze und aufrechte Männer haben, die treu, offen und stark die Fahne deutscher Wissenschaft hoch- halten, das kann dem Deutschen Trost und Hoffnung sein in trüben Tagen, wo längst überwunden Geglaubtes von neuem schwarze Schatten auf das Licht des Fortschritts wirft, wo man ob immer neuer aufdringlicher Rückwärtserei fast zweifeln könnte, ob wir uns wirklich vorwärts und aufwärts bewegen. Das freimütige Bekenntnis Bindings hebt auch die „Frankfurter Zeitung" als wesentlichstes Moment hervor: Müssen denn nun bei solchen Anlässen die Landesfürsten — wie cs auch König Friedrich August heute tat — gar so viel von der „guten Gesinnung gegen König und Vaterland, Kaiser und Reich" sprechen? Sollte nicht in erster Linie auch aus Fürstenmunde die Achtung vor allen Kulturvölkern hier zum Ausdruck kommen? Sonderbarer noch mutete der Wunsch des Königs an, die Universität möge „eine Zuflucht und ein Schutz für unseren heiligen christlichen Glauben" sein — uns dies, nachdem eben dex. Rector magnificus Binding, Frankfurts be- rühmter Sohn, in formvollendeter geistvoller Rede bekannt batte, für den Lehrer der Universität müsse Wissen vor Glauben gehen, der Staat aber nutze den Hohen Schulen am meisten, wenn er die Freiheit ihrer F o r s ch u n g nicht beschränke. An bewußtem Gegensätze hierzu legt die „Deutsche Tagesztg." gerade das Schwergewicht aus den Inhalt der Rede des Königs, indem sie sagt: „Di« Kämpfe unserer Zeit fordern ganze Männer — Männer, die festgewurzelt sind in dem Nährboden des heiligen christtichenGlaubens; der Königstreue und der Vater landsliebe. Nur auf diesem unerschütterlichen und ewigen Grunde kann sich die Erziehung der Jugend und des Volkes ausbauen. Für diese Ersiehung und nicht nur für den äußeren Unterricht haben die Hochschulen das ihre, ja mit das wesentlichste zu leisten. Die Erinne- rung an diese Aufgabe aus königlichem Munde war und ist ein rechtes Wort zu rechter Zeit." Einen eifrigen Sekundanten findet das Berliner Bündlerblatt im konservativen „Vogtl. Anz.", und sicher werden andere Organe dieser Partei, falls sie überhaupt noch zu der Rede Bindings das Wort er- greifen sollten, mit ihnen übereinstimmen. Von ausländischen Preßstimmen interessieren natürlich am meisten die Prager. Di« Ernennung des ehemaligen Landsmannministers Prade zum Ehrendoktor bezeichnet das „Prager Tagblatt" als „eine Ehrung, die von höchstem Wert, erfreuend und überraschend und doch nichts Außerordentliches ist". Ganz besonders ist es ober mit Genug tuung über den ausgezeichneten Empfang der Prager Professoren und Studenten erfüllt: „Sie standen überall in erster Reihe; an der Spitze aller Gratu lanten in der Auslese der Gäste. Die Professoren und tue Fürsten bewillkommneten sie in besonderer Weise. In diesem Wetteifer für sie lag der Ausdruck der verständuisvollsteu Sympathie
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