02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120429020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912042902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912042902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-04
- Tag1912-04-29
- Monat1912-04
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ISlL. S«zer. r1w»La. taatsbahnen. statt. - Grburt-tag. nng »u halben d>> Preise' Tie Pre'en: Aanft. - Monlag: Ti« von Leo Fall. — 'adSky. A. 0iStör ft. A. Tharau. C. Klemoi. L. Laslo. H. Holthau«. F. Uietztnacr. F. Echumann. un^lern. tctnrer, n>. der 3. A t im rct> jedem All. jiüm- und Telo. 4 11 Uhr. onntnana-limittag c üli gust n. ttsg. . --- Halb« Preise. Hans. Ein me Bonivard. hiltz. Ki. tmiv. E. »zzr L.«tpri8« 1912: VlSi^ ^arl6N8. dreien: ll-kM.kIr.lS. kkriilalr. -tt. «n1»»U8«8. eiev Eintritt. » 2.-, a 6e8e!Ised»ttz- Oebi-octc. 1 vlu-, VLA6N !Ul c!«r bereit. 8 (Wst. »nisn Ic. 12—, Ist. 8.—. ri»si räkl SS. «u»r Uuck.^?»Im kütte. Ulir abend:>. 7 Ltsenuer. che Lokalan-eiger Lausgab«. nd Zalirradteile, genftäide rc. Viißt 7, H-s. »reinigt u. repaliert. .Lmn-Men en auch bei Zuqale Lotstes. Leipsta, nüber I ohannisstis^ «»» ei „kx»kt". Fernruf 12718. »li,« nvf sibin u.auß.d.H. ,tr. 16, H. p. <„o« »«» dl» V*«r innerhalb Deutschland, »nd de» dentschen Nolonien virrteljahll. 3.« »»., »«»all. 1^0 Mt. an.ichl. Postdrft«lla«lL. Ferner in velgte«, Dänemark. de» Donanskaaten, Italien. Uuremdura. Riederland«, Vor- wegen, ^enerreich. Unaarn, Rußland. Schweden und Schwei». In allen udria», Staaten nur direkt durch die Eeichäst— stell« d«» Blatt«» erhältlich. Da» L»ip»t,«r Tageblatt «richetnt Lmal täglich. Sonn- ». Feiertag» nu, morgen». Rdonn«ment»»Rnnahme S«han»»»,«ße 8, bet »nleren Tragern. Filialen. Spediteuren »ad illnnahmestellen, sowie Postämter» und Briefträger». <rin»«l»,rk»»t»»r«t» w P». Bezug--Prei- iZr L«i»,ia und Voroa, d»rch »nie« Iraner »«» Soedfteur« 2»»l tialtch in» Hau» gebracht: dl» VI. monatig 3.7» Ml. »terüliahrl. Bet unser» Filiale» «. nahmestellen adaehoU: 7» Vf. »«atl,, 2L ««. »ietteltährl. Abend Ausgabe. WpMcrTaMaü , -« ... l 1^-SS iR«cht«,schl»tzf LL D M f »llaemetn« Deutsch« Lredit. 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Die vorliegende Ausgabe umfaß' w Seilen. Oss Dichtlglte. * Unter den Schiffern des Rieder- rheins ist ein Streik ausgcbrocben (S. Dtschs. Reich.) * Die z w e i t c A k t i o n der i t a 1 i c n i s ch c n Flotte iin AcgLi s ch e n M cerc soll angeblich heute beginnen. (S. Letzte Dep.) ' In dem Schuppen eines Oellagers in Großzs chocher brach heute vormittag ein Schadenfeuer aus. (S. Leipzig u. Umgeb.) Ztslien unü Äutzlsnü. Von unserem römischen Mitarbeiter. Und Ssasonow sprach: . . . Seine Worte waren so wunderbar klar und enthielten doch so viele Rätsel für die Italiener, daß diese nach der Rede des russischen Ministers nur noch mehr verwirrt worden sind. Besteht nun der vielange- kündigtc Akkord zwischen Rußland und Italien, oder besteht er nicht? Das ist die Frage, die sich die italienischen Politiker, soweit sie nicht zu fällig auch Minister sind, früh und spät vorlegen. An dem Akkorde hängt, nach dem Akkorde drängt doch alles.... O diese Armen! hätte ich bei nahe geschlossen. Aber so arm, wie man sich im Ausland vielfach die Italiener in des Krieges schweren Rot denkt, sind sie wirtlich nicht. Sie werden gerettet 'werden. Fragt sich nur, wie und wann! Wenn Rußland cingriffe, sagen uns die einen, dann sind wir in Italien schön heraus. Und wenn Rußland nicht eingreift, sagen die andern, dann werden wir für ein erneutes Bom bardement vor den Dardanellen und damit auch für ein erneutes Eingreifen der Friedensvcrmitt- lungsmächte sorgen. Und auch dann sind wir schon heraus. Wenn man von dem intransigen ten Teil der sozialdemokratischen Partei absreht, der heute weiter nichts Besseres zu tun hat, als Märchen über meuternde Soldaten zu erfinden, mit deren Aufnahme inan in Deutschland schon wegen der anrüchigen Quelle des italienischen Vorwärts(„Avanti") recht v orsicht ig sein sollte, wissen sich heute alle Parteien darin eins, schlim mer als bisher kann es nun nicht mehr kommen. Die Lage erscheint allen geklärt, nachdem Ssasonow sich dahin geäußert hat, daß „die Be ziehungen zwischen Rußland und Italien, die in dem Besuch von Racconigi ihren klaren Ausdruck gefunden haben, sich fortgesetzt konsolidieren und und daß ihre Festigkeit in der besten Form auch durch die Identität der Anschauungen der beiden Regierungen über die B a l k a n s i t n a ti o n ge sichert ist, da Italien ebenso wie Rußland einer friedlichen Entwicklung der Balkanvölker günstig gestimmt ist." Mir liegt der russische Original text der Worte nicht vor, ich kann mich nur auf 9f ÄÜ8. Geschichte eines Frauenherzcns. Von Emmy von Pannewik. «Nachdruck verboten.) Die einst als Herrin hier gewaltet, sie weilt fern in Oesterreich, in dem Schloß am Berge mit dem Blick auf den See und Traunstein. Da mögen wohl üie Gedanken oftmals zurückflicgen in die nordische Ebene, an Len reizlosen Leinestrand, der nur den einen Reiz besitzt, den der Heimat. Vergänglichkeit alles Irdischen, stürzende Throne und schwankende Kronen, das ist die Predigt von Herrenhausen in un endlichen Variationen. Tas empfanden auch die beiden Frauen, Sic Arm in Arm durch die Gänge wandelten. Jetzt wandten sie sich dem großen Halbpavillon zu, in dem das überlebensgroße Standbild der Kurfürstin Sopbio sich befindet. Mit einem Buche Leibniz', ihres be rühmten Freundes, in der Hand hat der Künstler sie dargestellt. „Siehst du die Jahreszahl ihres Todes", fragte die ältere Dame ihre Gefährtin. „Za, Tante Sybille, 1711". antwortete Frau Ada. „1711, gerade als die Königskron« der Stuarts mit dem Kurhut der Welfen vereinigt wurde, als das Ziel ihrer ehrgeizigen Wünsche erreicht, ereilte sie der Tod und ihr Sohn bestieg den englischen Thron, während seine Gemahlin in Ahlden in grau samer Gefangenschaft saß. Daß im menschlichen Le ben Höhen und Tiefen dicht aneinander grenzen, das lernen wir hier in Herrenhausen. Aber komm, Kind, nun wollen wir weiter wandern, damit wir morgen mittag deinem Gatten Bericht erstatten können." Adas Müdigkeit war wie sortgeweht, als sie hier am Arm der Tante an dem sonnigen Sepiembertage spazieren ging. Sie freute sich des Schönen, das «re sah, und doch erfaßte ihr Herz voll den wehmütigen Zauber dieser Stunde in dem Garten der Vergangen heit. Sie gingen weiter, zum Berggarten, wo das Mausoleum am Ende einer breiten Alle«, in der das Gras üppig emporschoß, lag, umschloßen von einem Hain von Koniferen. Dort ruhen der König Ernst August mit seiner Gemahlin Friederike, der Schwester der unvergeß lichen Königin Luise von Preußen. Hier wie in Tharlottenburg hat Rauchs Meisterhand die Mar- morbiloer der Entschlafenen geschaffen. — Ernst« Gedanken bewegten die beioen Frauen. Dann noch «in kurzer Besuch im Museum, welches, in dem einstigen Pagenhaus untergebracht, nur Fa die italienische Uebersetzung berufen. Daker kann ich nicht finden, daß der Passus der Ministerrede über die Beziehungen zwischen Rußland und Italien sich durch eine ganz übermäßige Wärme auszeichnet. Man hätte nach dem Prognostikon, das die italienische Presse schon tagelang vor her der Ministerrede ausstellte, etwas mehr erwarten sollen. Aber den Italienern genügt das, was er gesagt hat, vollauf. Nur in der Deutung seiner Worte sind sie sich nicht klar geworden. Und was sie aus den Worten nicht heraus lesen, das legen sie getrost hinein. Darin geht der regicrungsoffiziöse „Popolo Romano" mit gu tem Beispiel voran, wenn er schreibt: „Die Er eignisse werden es uns sagen, ob Italien seine Schiffsaktion später bis zur äußersten Grenze treiben muß; jetzt sagt cs Ssasonow offen heraus, daß auch die zeitweise Entfernung unserer Schiffe von den Dardanellen der Türkei jeden Vorwand nimmt, jenen Welthandelswcg geschlossen zu hal ten, und daß die Türkei bequem wieder schlie ßen könnte, wenn unsere Schiffe wie bei ihrem ersten Erscheinen von neuem sie ersten Vcrtei- digungswerke niederschossen haben werden." Das bedeutet nach der offiziösen Verlautbarung: Italien wird sein Bombardement in bestimmten Zeitabschnitten so lange wiederholen, bis die. Türkei klein bei- gibt. Zu diesem Geduldsspiel hat nach den Worten des Regierungsorgans Rußland den Segen gegeben. Es fragt sich aber, wie wird sich England zu solchen Störungen stel- len? Und wird sich Frankreich eher auf feiten des ihm verbündeten Rußlands und damit auch aus feiten Italiens stellen (was die italienischen Blätter nach der warmen Betonung des Bündnis verhältnisses durch Ssasonow erwarten zu dür fen glauben) oder wird Frankreich sich lieber an die Entente cordinale mit England erinnern und dann Rußland und Italien in den Darda- nellen bchinderlich sein? Diese und ein Dutzend anderer kleiner Fragen stellt man in Italien auf. Ich gebe sie zu? Beantwortung weiter aus die Gefahr hin, auch außerhalb Italiens keine Antwort zu erhalten. Denn Ssasonows klare Worte haben das Dardanellenrätsel nicht gelöst. Die russischen Truppenzusammenziehungen im Kau kasus. Wie verlautet, hat Ssasonow auf das Er suchen des türkischen Botschafters Aufklärung wegen neuer Truppenkonzentrationen Rußlands im Kaukasus geantwortet, das von Kasan entsandte Militär sei dazu bestimmt, die Lücken in den Be ständen der russischen Truppen im Kaukasus auszu- f ü l l e n. Rußlqnd hege keine feindliche Ab sicht gegenüber der Türkei. Die angeblichen Beschädigungen italienischer Kriegs schiffe. Gegenüber der in der „Neuen Fr. Pr." veröffent lichten Nachricht, daß der Kreuzer „Francesco milienerinnerungen der letzten Generationen des Welfenhauses enthält. „Entzückende Kinderbilder", meinte Ada, auf eine Kreidezeichnung deutend, wo ein süßes Zungen gesicht mit strahlenden Augen in die Welt hinein sieht. ..Es ist der unglückliche König Georg, ehe ewige Nacht ihn umhüllte", antwortete Sybille. Der Kastellan nickte und Ada sandte durch di« Fenster einen Blick hinab auf die Bank, wo ihr Söhnchen mit seiner Mike wartet«. Gefällig zeigte der Kastellan den sich für alles interessierenden Da men die reiche Garderobe, die hier ruht. Gestickte uno spitzendeietzte Kleidchen und Schühchen, der ersten Kindheit der königlichen Prinzen und Prinzessinnen angehörig, Vrautgewänder und Paradeuniformen. Orden uno Ehrenzeichen, alles ist dort zu finden. Vor einem großen Schrank blieb Ada stehen. Nicht auf den Gold- und Silberstickereien haftete ihr Blick, er wurde aufgehalten von einer einfachen Uniform, an den Nähten schon blank getragen, chne jeden Schmuck. „Wie mag die hicrherkommen?" fragte sie mit leiser Stimme. „Majestät trugen sie bei Langensalza", erwiderte der Kastellan, indem er den Hut abzog. „Za, wie mag die oen Weg zurückgefunden haben! Armer, zwiefach blinder König!" murmelte Sybille. Dann ging's zu den Pferden, den weißgeborenen mit den roten Schabracken, auf denen das „Georg Rex" rn Goldschritt prangte. Die mattrosa atlas- gleiche Haut, die seidenweichen Schweife, wie bas verkörperte Märchen muteten sie Ada an. Aber die Zeit drängte, noch ein flüchtiger Blick zu den Zsabellen, dann ging's zu dem Wagen zurück, vor dem bi« Rappen schon ungeduldig scharrten. Die Lvasser hatten zu springen aufgehört, die ge putzten Menschen, die Leben in die verödeten Gärten gezaubert, waren hcimgekehrt, und wieder breitete Kirchhofssnlle ihre düsteren Schwingen über das ver lassene Königsschloß. Ada atmete auf. Sie liebte nicht das Düster« des Lebens und hatte sich ihm doch nicht verschließen können. „Tante, wollen wir nach all dem Gesehenrn die Augen ausruhen lassen in ber Eilenriede?" Und als die Tante beistimmte, ries sic dem Kutscher zu: Ucbcr die List und Zoologischen Garten durch die Königstraße." Bequem lehnten die Damen sich .zurück, und in schlankem Trabe eilten die mutigen Rosse davon. Fcrruccio" und nicht die „Varese" bei den Darda nellen gesunken sei. erklärt die „Agenzia Stefani": Diese Nachricht ist ebenso unrichtig, wie die vom Untergang der „Varese". „Francesco Fcrruccio", der unter dem Befehl des Kapitäns Casalino steht, befindet sich in ausgezeichneter Verfassung und ist bei dem Bombardement der Dardanellen ebenso wenig von einem Geschoß getroffen warben, wie die „Varese" oder die übrigen italienischen Schiffe. Der Ssupworltsnu ües Deutschen Oltmarken-Vereins hat in seiner aus allen Teilen ves Reiches zahlreich besuchten Sitzung folgende Erklärung zu dem Re- gierungskurs in der Ansiedlungspolitit beschlossen: Die dauernde Sicherung der deutschen Ostmark ist eine der vornehmsten Aufgaben Preußens und des Reiches. Das unverrückbare Ziel der staatlichen Ost martenpolitik muß daher der Schutz und die Förde rung des Deutschtums auf allen Gebieten 'des öffent lichen Lebens bilden. Die wirksamste gesetzliche Maß nahme zur Erreichung dieses Zieles ist eine deutsche Bodenpolitik, in erster Reihe eine stetige und plan mäßig« Ansiedlung von deutschen Bauern und Land arbeitern in der Ostmark. Di« Ostmarkenpolitik darf nicht durch Rücksichtnahme auf das Ausland beein flußt oder aus Parteirücksichten zum Stillstand ge bracht werden. Diese Bahnen hat Fürst Bismarck der deutschen Ostmarkenpolitit gewiesen, auf diesen Grundsätzen ist der Deutsche Oftmarken-Dcrcin aus gebaut. In der deutschen Bevölkerung werden nunmehr seit bald zwei Jahren begründete Zweifel laut, ob die bisherig« bewährte Bahn von der Staatsregie rung jetzt noch eingehalten wird, und trotz aller Ver sprechungen und feierlichen Erklärungen ist das Ver trauen zu ihr auf eine weitere kraftvolle Fortführung der Ostmarkenpolitik im Bismärckischen Sinne in weiten Kveisen geschwunden. Mutlosigkeit und Ver wirrung sind wiederum, wie zu Caprivis Zeiten, in die Reihen der Deutschen gedrungen. Dies festzu stellen und offen auszusprechen, ist Pflicht des Deut schen Ostmarken-Versins. Auch die Erklärung der Königlichen Staatsregie- rung im Büdgetausschuß des Abgeordnetenhauses vom 17. April bei Beratung des Berichts der An siedlungskommission sind nicht geeignet, diese schweren Besorgnisse zu beheben, haben vielmehr die Beweise erbracht, daß eine Schwenkung auf Lein Gebiete der Ansiedlungspolitik vorliegt. 1) Die jetzt amtlich angekündigte Maßregel, daß nur solcher Boden, der fernerhin Lurch Lesitzwechsel aus deutscher in polnische Hand übergeht, enteignet werden soll, stellt eine neue, nicht im Gesetz erforderte Einschränkung der Enteignungsbefugnis dar, di« «ine planmäßige Besiedlung unmöglich macht und daher den Fortgang Les Ansiedlungswerkes in hohem Maße beeinträchtigen muß. 2) Dieselbe Wirkung muß die vom Ostmarkcn- Verein seit Jahren beklagte, nunmehr auch amtlich zugestandene Verringerung der Ansiedlungstätigkcit haben, und das in einer Zeit, wo die Zahl der an siedlungslustigen Bewerber größer ist, als je zuvor, und zahlreiche brauchbare Rückwanderer aus dem Auslände der alten Heimat verloren zu gehen drehen. llj Bezüglich des nicht minder wichtigen und dring lichen Parzellierungsgesetzes wird di« gleiche aus weichende und hinhaltende Verzögcrungspolitik beob achtet. Durch immer neue Verheißungen weiden die mahnenden Stimmen innerhalb und außerhalb des Landtags zum Schweigen zu bringen gesucht. Alle amtlichen Versicherungen, denen nicht die Be tätigung folgt, können daher nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht mehr die Besorgnis beseitigen, daß die Regierung auf dem Wege ist, eine Schwen kung in d:r Ostinartcnpoliti! cinzuschlagen, ungeach tet aller Lehren, die eine hundertjährige Geschichte so eindringlich dem deutschen Volke predigt. Der Hauptvorstand des Deutschen Lstmarken-Ber- eins richtet daher an die Vertreter der nationalen Parteien im preußischen Landtage die dringende Bitte, bei jeder sich bietenden Gelegcnhoit für di« Politik cinzutreten. die unser größter Staatsmann eingeleitet hat, und die gerade in letzter Zeit sicht bare Erfolge aufweisen konnte. Di'e Leitung des Vereins wird aber fortfahren, die verhängnisvollen Folgen einer Schwenkung in der Polenpolitik dem deutschen Volke mit aller Deutlichkeit und Schärfe vor Augen zu führen, und es zur Mitarbeit an der Aufgabe aufzufordern, für den Schutz und die För derung des Deutschtums in der Ostmark cinzutreten. 3. Bunüesmy ües Bunües üer /ellbelolüeten. Der Bund der Fcstbesoldeten trat im Lehrervereins- hauie in Berlin zu seinem 3. Bundestage zusammen. Aus allen deutschen Gauen sind Vertreter erschienen, namentlich aus Mitteldeutschland, dem Süden und Westen des Reichs. Hauptzweck des Bundes ist. das bisher politisch fast völlig indifferente Beamtentum über seine politischen Interessen auszuklären und für politische Bestrebungen zu interessieren und zu ge winnen. Nach dem Geschäftsbericht Les Herrn Ober postassistenten Bornern ann-Berlin sind Neu gründungen von Ortsgruppen an verschiedenen Orten in Sachsen, in Mannheim, Bruchial. Wilhelms burg lElbes. Hattingen (Ruhr), in Oldenburg und Mecklenburg erfolgt. In den letzteren Staaten, auch Thüringen und Baden, haben die Ortsgruppen des Bundes wiederholt lebhaft und erfolgreich an Land tags- und Ltadtverordnetenwahlcn teilyenommen. Bei der Besprechung des Gcschüttsberichtes berichtet Trautmann-Karlsruhe über günstige Entwicklung des Bundes im Süden. Claus-Leipzig leitet die Debatte auf politisches Gebiet über. Teleoraphensckretär Marquardt-Schwerin be richtet, daß es der Tätigkeit des Bundes der Fest besoldeten gelungen sei. auf eine wesentliche Besse» rung des Einkommens der Altpensionäre sowohl in Mecklenburg-Schwerin als auch in Mectlenburg- Strelitz hinzuwirken und auch die höheren Be amten für die Bestrebungen des Bundes zu inter essieren. Fehlhauer-Leipzig macht eingehende Mitteilungen über die Ausbreitung des Bundes gedankens in Sachsen. Ln Leipzig zählt der Lund allein etwa 1060 Mitglieder und hat es verstanden, erheblichen politischen Einslusi zu gewinnen, der fortgesetzt im Steigen ist. Durch die Bildung einer Baugenossenschaft und Beschaffung von 500 preiswürdigen Wohnungen hat der Bund auch ver- Sechstes Kapit«l. Am äußersten Ende der alten Letter Heerstraße, beinahe bis zu-m Lister Turm hinaus, steht noch ein altes Haus aus Vorväter Zeiten, das in dem großen Garten wie vergessen stehen geblieben ist aus alter Zeit, als die guten Hannoveraner Landpartien nach hier unternahmen, als die Eilenriede ein ziemlich unwegsamer Wald war, wo zeitweise Räuberbanden ihr Wesen trieben. Heute ist der Verkehr der Großstadt an ihm vorübergebraust, Pferdebahnen läuten unaufhörlich und der einst gefürchtete Wald ist von Promenaden wegen durchzogen, die ein Stadtviertel mit dem anderen verbinden. Das Häusch:n im großen schönen Garten, um schattet von alten Bäumen, hat einst einer reichen Patrizierfamilie gehört, die es als sogenanntes Sommerhaus benutzte, wenn sie, um dem Lärm und Getriebe der „Großstadt" zu entfliehen, im Sommer hinauszog auf das „Landgut vor dem Tore". Später, als die Familie ausgestorben, war cs durch Kauf in die Hände eines Landschaftsmalers gelangt, der dort mit seiner Frau und seinem einzigen Sohne ein stilles Dasein führte, nur in die Stadt fahrend in fieber Hafter Aufregung, wenn es galt das Urteil der Jury über sein neuestes Bild zu erfahren. Anspruchslos und bescheiden lebte er mit seiner Frau, alles was die beiden vortrefflichen Menschen sich am Munde absparen konnten, wurde zurückgelegt, um dem Sohne, einem fleißigen und außerordentlich begabten jungen Manne, die Mittel gewähren zu können, seinem großen Wunsche zu folgen, zu studieren. Nacki vielerlei Entbehrungen hatten sie cs beisammen und als ihr Hans das Abiturium mit großer Auszeich nung bestand und als Student nach Berlin ging, da kannte das Glück der Eltern keine Grenzen. Aus dem tüchtigen Knaben und Jüngling war ein ebenso tüchtiger Mann geworden, dem Stipendien aller Art das Dorwärtskommen erleichtert hatten, war man doch überall dem strebsamen bescheidenen Manne mit Wchlwollen entgegengekommen. Auf Wunsch eines früheren Lehrers habilitierte er sich als Professor der Geschichte in Göttingen und bald als man auch in Gelehrtenkreisen aufmerksam auf ihn wurde, er hielt er auf Grund eines Aussehen erregenden Buches über die Ausgrabungen in Sizilien, betrachtet vom geschichtlichen Standpunkte, einen Lehrstuhl für alt« Geschichte an der Universität zu Dorpat. Das war die letzte Freude seines Vaters. Bald darauf schloß Herr Hans Horst der Aeltere die Augen zu ewigem Schlummer. Seine Witwe wohnte noch heute in dem Häuschen, da ja Las Grundstück von Jahr zu Jahr im Werte stieg, hoffte sie ihrem Sohn Hans es einmal als für ihre Begriffe großes Erd teil zu hinterlassen. Heute herrschte keine fröhliche Stimmung im dem kleinen Hause. Frau Horst saß in einem tiefen Lehn stuhl am Fenster. Vor ihr stand ihr Sohn, dessen hohe breitschulterige Gestalt fast zu groß erschien für den kleinen sauberen Raum mit den wenigen ein fachen Möbeln und den schneeweißen Fähnchen an den Fenstern, in dem die beiden sich befanden. Ein stolzer Kopf mit schön geschnittenen Zügen, tief dunklem Haar und Bart und ebensolchen Augen, aus denen ein Strahl innigster Kindesliebe brach, als er auf die alte Frau am Fenster niedersah, paßte zu der ebenmäßigen Gestalt in elegantem Sommeranzuge. Die Mutter blickte seufzend auf: „Wenn das der gute Vater noch erlebt hätte, wie würde cs ihn be kümmert haben, Hans." „Hätte es auch, mein Mütterchen, aber nun ser tapfer, halt den Kopf hoch, es wird sich schon wieder etwas finden." „Ach Gott, die schöne Stelle, du hattest die feste Einnahme —" klagte di« Frau am Fenster. „Bekomme ich auch wieder, Mutter, mein Wissen kann mir niemand nehmen. Du, die du sonst so fest bist im Glauben und Vertrauen auf Gott, du wolltet so kleinmütig klagen? Nein, Mutter, Kopf hoch! Danken wir doch dem Herrn, daß cs so gnädig ab- gelaufen ist. Mit großen Herren ist nicht gut Kirschen essen, das ist nur zu wahr und trifft besonders in Rußland zu. Zn den Ostsceprooinzen, da darf man kein« Ohren zum Hören und noch weniger einen Mund zum Sprechen haben, das ist erwiesene Tat sache. Und Mutter." fuhr er erregter fort, „anzu sehen, wie das deutsche Element dort geknechtet und mißhandelt wird, wie die herrliche deutsche Sprache immer mehr russisiziert wird, wie man deutsches Evangelium auszurotten versucht, als wäre es eine postartige Krankheit; Mutter, wer das mit erleben und anhören kann, ohne den Mund zu öffnen und mit donnernder Rede die Ungerechtigkeiten der Re gierung zu geißeln, wer das kann, sag« ich, der ver dient nicht mehr den Namen eines Deutschen!" Bewundernd hing Las Auge der Mutter an dem Sohn, der hinreißend zn reden wußte und seine Hörer nicht ließ, sie mutzten ihm folgen, wohin er sie führte. - (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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