Sportbrief aus Frankfurt a.M. Von Gulliver. Frankfurt a. M., 15. März 1899. (j^Jhe ich Ihnen schon per Karte berichten konnte, sind seit dem 6. März die den Fahrrad verkehr in Frankfurt a.M. regelnden oder besser ge sagt hindernden Polizei vorschriften in der Weise geändert worden, dass den Radfahrern sämtliche Strassen, freien Plätze und Brücken der Stadt ohne irgendwelche besondere Einschränkungen zum Befahren freigegeben worden sind. Dieser Familie Professor Lendis^in Tokyo, Japan. (Zu unserem japanischen Sportbrief aus Tokyo.) geschlagenen Lampion zug beteiligt, der der Freude der Frankfurter Radler „über die Frei gabe der inneren Strassen und der Brücken für den ungehinderten Ver kehr mit dem Fahrrad“ Ausdruck geben soll. Mir erscheint eine der artige Kundgebung zum mindesten überflüssig und ich glaube nicht, dass eine solche zu stände kommen wird. Für das Fahrrad geschäft ist die Auf hebung der seitherigen Beschränkungen von der höchsten Bedeutung und lässt ein vorzügliches Frühjahrsgeschäft er warten. Ist dann auch plötzliche Umschwung kam wohl niemand unerwarteter als den Radfahrern selbst (einige wenige Eingeweihte vielleicht ausgenommen), und gross ist die Freude über diesen be merkenswerten Sieg des Fahrrades. Ohne für jetzt weiter nachzuforschen nach dem Grunde dieses so unvermittelt ein getretenen Systemwechsels wollen wir uns dankbar und freudig der Gegenwart freuen. Es ist wirklich eine Lust zu sehen, wie sich jetzt wieder die Radfahrer und Radfahrerinnen durch die Strassen der Stadt bewegen, und schier erstaunt horchte man in den ersten Tagen nach der Freigabe des Verkehrs auf, wenn man immer und immer wieder das wohlbekannte, aber bisher innerhalb der Stadt so selten gehörte Klingling der Rad schellen oder den scharfen, durchdringenden Warnungsruf der noch der Wettergott ternerhin so gut gelaunt, wie er es in den letzten Tagen gewesen ist, dann werden wir mit stolzem Mute und gehobenem Radlergefühl einen abermaligen und diesmal doppelt bedeutungsvollen und nachhaltigen Aufschwung der Radfahrerei in unserem schönen Frankfurt A. D. 1899 verzeichnen dürfen. Bekommen wir dann auch vielleicht noch den schon so lange ersehnten und schon so oft pro jektierten Sportplatz, dann haben wir allen Grund zufrieden zu sein. Wir wollen hoffen, dass dies aber auch in vollstem Um fange bei unserer radelnden Damenwelt der Fall sein wird; hoffentlich finden die von der Göttin des Geschmackes für die beginnende Fahrsaison komponierten Neuheiten ihren Beifall. hier sehr beliebten und für lebhaften Strassen verkehr auch äusserst praktischen Radlauf glocken ertönen hörte. Und das Unerhörte ist wirklich möglich geworden: es geht so ganz gut. Zwar darf nicht verkannt werden, dass die Uebergangszeit an Radler und Publikum neue und zum Teil auch vielleicht anfangs etwas unbequeme Forderungen stellen wird, aber entgegen den pessimistischen An schauungen von so gar manchem Uebel- wollenden oder Allzuvorsichtigen hat sich bis jetzt, von einigen kleinen und ganz nie zu vermeidenden ungefährlichen Kollisionen ab gesehen, kein ernster Unfall ereignet und die mit Recht ge- und befürchtete Rubrik „Rad fahrerunfug“ der Tageblätter hat bislang, Gott sei Dank, noch keinen Beitrag erhalten. Möge es so bleiben und mögen die Frank furter Radfahrer alles thun, was in ihren Kräften steht, um sich der neuerworbenen Fahrfreiheit würdig zu erweisen. In diesem Sinne haben auch der Aus schuss des Gau IX des D. R. B. sowie der Vorstand des Frankfurter Bicycle - Clubs Be kanntmachungen erlassen. Wenn die Frank furter Radfahrerschaft das thut, so thut sie aber entschieden mehr, als wenn sie sich an dem von einem hiesigen Vereine vor- Mancherlei Neues ist in Vorbereitung, doch es wäre ungalant und könnte viel leicht den Erfolg des ersten Eindruckes ab schwächen, jetzt schon Einzelheiten aus zuplaudern. Warten wir damit noch ein wenig! Alsdann werde ich Ihnen ein Mehreres über dieses wichtige und stets interessierende Kapitel des Damensports be richten dürfen. Einstweilen sei nur das er wähnt, dass man dieses Jahr mehr wie vorher nur Stoffe bevorzugen und den Gipfel des Geschmackes nicht in einer möglichst gewählten und harmonischen Zusammen stellung der Farben sieht, sondern vielmehr in einer Einfachheit und Einheitlichkeit der Dress, die an den Geschmack und die Be fähigung der hierbei in Betracht Kommenden zwar die höchsten Anforderungen stellt, da für aber auch vollen und ganzen Erfolg verheisst. Ich schliesse für heute mit dem Wunsche: All Heil und gutes Radlerwetter!