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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.02.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110223024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911022302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911022302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-02
- Tag1911-02-23
- Monat1911-02
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^czusiS-Pre.o >ür r.«>pzig und Vororte durch umer« TrLger uid LpeLileure 2»«l ttalich m»Hau» g«dracht:AÄ^ nouatl., >.7V^» vurtrljLhrl. vet untern zili-Ien n. Ln. nahuMeU«» abgehnlir 7» L.T5 vierteliäbrl. Durch dt« PoR: >nn«»h«Id Lruklchland« und d«r deaychen »olontrn virrteljthrl. 6.6» «»natl. IL» autschl. Postbellrllgcld. Ferner >n Belgien, DLneniark, den Donauslaaten, Ftalien, Luremdur^ Niederlande, Nor< wen« Oesterreich-Ungarn, Siustland, Lchwede», Schweiz u. Spanien. I» allen übrigen Staaten nur direkt durch di« GeschLlttftell« de« Blatte« erhältlich. Ta» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal läglich, «oun> u. Feiertag« nur morgen«. Avonn«'.«ot-Lilnahm« : Nngustutplatz 8. b« unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesirägern. Stnzelderkauieprei« der Morgen- au-gabe 1U-lz, der Lbend iu«gade s Redaklton und Seschäft-stellr: JohanniSgajje 8. Fernsprecher-. 14692. 14696, 146S« Abend-Ausgabe. WpMcrTagMM Handelszeitung. Amtslilatt -es Aales und -es Noilzeiamtcs -er LtaSt Leipzig. Preis lstr Fnserai? au» reisug » '' umgedun» d>« Sgewaltene 50 mm breite Petit,«.l- 25 di« 71 mm breite Steklamezeile I von autwänr 50 Reklamen 1.20 Inserat« von Behörden 'M amtlichen Teil die 7« ww drcit« Petitzeile 40 «rschästSanicigen mit Plavvorschristen und in der Abendausgabe im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegebühr 5 p. Tausend exkl. Postgebühr. ",esterteilte Au-träge können nicht zurück gezogen werden. Für da» ürscheinen an beltiminten Tagen und Plätze» wird keine Garantie übernommen Anzeigen-Annahme: Augustutplatz 8, ve> sämtlichen Filialen u. alle» Annoncen- üxpeditivnen de« Fn- und Aullande«. Haupt-Siliale lverlin: Carl Tu ncker, Herzogl. Bahr. Hofbuch handlung Lützowstras-e 10. (Tel Phon VI, Nr. 4605). Haupt-Filiale Dresden: Leestra lj« 4, 1 (Telephon 4621 >. llr. 54 Vonaersra-, -en LS. Februar isl l. Der Beginn Les verksllnngs- kampkes in Gnglsnü. Am Dienstag hat das Kabinett Asquith die Vetobill im Unterhause eingebracht, die die Rechte des Hauses der Lords erheblich einschränken und dieses namentlich in Finanzsachen mundtot machen will. Damit hat der schon lange vorbereitete Kampf begonnen, der, wie kaum ein anderer zuvor, die politischen Leidenschaften im britischen Reiche aufwühlt und von gewaltiger Bedeutung für das staatliche Leben Erofrbritanniens ist. Die Vorlage, die der Premierminister dem Unter hause soeben unterbreitete, war schon in der vorigen Legislaturperiode entstanden. Ihre Grundlage bil deten die Vetoresolutionen, die das Unterhaus im Frühjahr 1910 mit einer Mehrheit von etw* 100 Stimmen angenommen halte. In der Einleitung wird auf die Absicht verwiesen, an Stelle des jetzigen Oberhauses eine zweite Kammer zu setzen, die auf volkstümlicher statt auf erblicher Basis gebildet werden soll. Da aber eine solche Verände rung nicht sofort durchgeführt werden könne, sei es zweckmäßig, die Rechte der Lords vorläufig einzu- schränken. Der Gesetzentwurf sieht vor, das? eine vom Unterhausc angenommene Finanzbill, wenn sie nicht spätestens einen Monat nach der Vorlage von den Lords gutgeheißen sein sollte, dem Könige zur Erteilung der Zustimmung überreicht und nach Er teilung der königlichen Sanktion Gesetz werden soll. Wie man sieht, werden die Rechte des Oberhauses be schnitten, die Prärogativen der Krone dagegen durch die Vorlage erweitert. Don der Minderheit des Unterhauses wird der Gesetzentwurf scharf bekämpft. Der Führer der Unio nisten Balfour steht auf dem Standpunkt, -aß d as Oberhaus jederzeit das Recht haben müsse, durch Ab lehnung einer Finanzvorlage die Auflösung des Hauses der Gemeinen herbeizuführen. Doch hat die Regierung eine sichere Mehrheit, so daß die Annahme der Bill im Unterhause keinem Zweifel unterliegt. Aber vorläufig hat das Oberhaus noch ein Wort mit- zusprechenz und es wird die Bill verwerfen. Dann ist der kritische Augenblick gekommen, wo die Krone die Entscheidung in der Hand hat und sich für oder gegen die Regierungsvorlage zu entschließen hat. Wenn gesagt wird, das? der Premierminister am Dienstag keine Andeutung darüber machte, welche Politik die Regierung verfolgen wolle, falls das Oberhaus die Bill nicht annehmen sollte, so ver weisen wir darauf, daß Asquith im April v. I. im Unterhaus erklärte, die Regierung würde in keinem Falle die Auflösung des Parlaments empfehlen, es sei denn unter Bedingungen, die cs sicherstellen wür den, datz in dem neuen Parlament das Urteil des Volkes, das in den Wahlen zum Ausdruck komme, zum Gesetz erhoben werde. Da das Parlament aus gelöst worden war, so mutz das Kabinett von der Krone die erforderlichen Garantien für die Durch führung -er Vetobill erhalten haben. Ueber den bisherigen Verlauf des Kampfes liegen folgende Depeschen vor: London, 23. Februar. (Telegramm.) Nach der Votierung der Parlamentsbill ertönten von den Bänken der Ministeriellen langanhaltende Lheers und besonders der Premierminister Asquith war Gegenstand begeisterter Kundgebungen. Bei Schlutz der Debatte erklärte der Minister des Innern Churchill, er weise die Behauptung, datz ein Kompromitz möglich sei, zurück. Wenn die Re gierung die Einladung der Opposition zu einer Konferenz über die Reformfrage annehmen und so eine Erledigung der Vetofrage bis zum nächsten Jahre verschieben wollte, würde sie im Unterhaus« nicht 50 Stimmen zu ihrer Unterstützung finden. Die Regierung werde keinen Schritt ungetan lassen, der nötig sei, um die Parlamentsbill schnell zum Gesetz zu erheben. London, 23. Februar. (Telegramm.) Im Unter hause wurde gestern di« erste Lesung der Parlaments bill unter lautem Beifall der Ministeriellen mit 351 gegen 227 Stimmen angenommen. Treue um Treue. Im Reichstagswahlkreise M i l i t s ch - T r e b n i tz, den Abg. Dr. v. Heydebrand vertritt, hatte die Zentrumspartei bisher immer einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Bei den nächsten Wahlen aber will sie, wie die „Schles. Dolksztg. meldet, auf einen eigenen Kandidaten verzichten und sofort für Herrn v. Heydebrand stimmen, und die ..Germania" fügt hocherfreut hinzu: „Die Zentrumspartei har jedenfalls kein In teresse daran, die Liberalen in ihrem Be mühen. die Konservativen zu verdrängen, zu un ter st ü tz e n. Je rücksichtsloser dies Bemühen her vortritt, um so mehr muh die Zcnrrumspartei es zu vereiteln bestrebt sein. Uebrigens ist die Ge fahr, datz Herr v. Heydebrand verdrängt werden könnte, nicht allzu grotz. Im Jahre 1907 wurde er mit 10977 gegen 2723 freisinnige. 2811 Zen trums- und 1215 sozialdemokratische Stimmen ge wählt." Der Verzicht des Zentrums auf eine eigene Kan didatur läßt ja nun eigentlich gerade darauf schlichen, datz man die Aussichten des Herrn v. Heydebrand als stark gefährdet anjieht, wofür übrigens auch der Umstand spricht, daßr-sich der konservative Führer vorsichtshalber noch in einem anderen Wahlkreise aufstellen lietz. Jedenfalls halten wir den Zentrums Verzicht bei -en unschätzbaren Diensten, die die Kon servativen unter Führung des Abg. v. Heydebrand dem Zentrum allein schon in Sachen der Papstdekrete leisteten, für einen selbstverständlichen Akt der Dankbarkeit. Das Zentrum pflegt seine Wahl hilfe sonst ja lieber seinem Alliierten auf der anderen Seite, der Sozialdemokratie zuteil werden zu lassen: aber die Ausnahme, die es hier zugunsten des Herrn v. Heydebrand macht, mutz nach dem alten, schönen Wort „Treue um Treue!" unbedingt als gerechtfertigt angesehen werden. plllitMe Aschrichten. Zentralvorstandssitznng der nationalliberalen Partei. Der Zcntralvorstand der national liberalen Partei wird am 19. März zu seiner üblichen Frühjahrssitzung in B e r l i n zu- sammentrcten. Bieheinfuhrverbot in Oesterreich. Wien, 23. Februar. (Telegramm.) Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht einen Erlatz des Acker bauministeriums, wonach wegen der in Deutschland herrschenden Lungen-, Maul- und Klauen seuche die Einfuhr von Rindern und andern Klauen tier« n zu Zucht- und Nutzzwecken ver boten wird. Der passive Widerstand in Triest. Triest, 23. Februar. (Tel.) Im Postdienst sind die Verspätungen nur» stellenweise be deutend. im Telegraphenverkehr daaeaen überhaupt geringer. Der Schalterdienst geht glatt van statt en. — Die Geschäftswelt plant einen all gemeinen. dreitägigen Geschäfts- schluß, falls der passive Widerstand nicht in der nächsten Zeit aufhört. Streik der Cherbourger Caissonarbeiter. Paris, 23. Februar. Aus Cherbourg wird ge meldet: Die bei dem Hafenbau beschäftigten Caissonarbeiter sind in den Ausstand getreten. Sie verlangen, mit Rücksicht auf die schwierig« und ge fährliche Arbeit eine Lohnerhöhung. Man be fürchtet, datz sämtliche Arbeiter sich dem Streik an- jchlietzen werden. Englische Festvorbereitungen. London, 23. Februar. (Tel.) Einem hiesigen Blatte zufolge ist der Oberzeremonienmeister damit beschäftigt, das Programm für die Enthüllung des Denkmals der Königin Viktoria am 16. Mai aufzustellen. Bei der Feier, die mit allem Pomp vor sich geht, werden zugegen sein: das Königspaar, alle Mitglieder der königlichen Familie, das Deutsche Kaiserpaar, Vertreter fremder Höfe und das gesamte diplomatische Korps. Ruh land wird voraussichtlich durch den Großfürsten Michael Alerandrowitsch vertreten. Neue russisch-persische Zwischenfälle. Teheran, 23. Februar. (Tel.) Die hiesig« Presse ist über zwei neuerdings vorgekommene Vorfälle in der Nähe von Ardebil in Aufregung. Wie be richtet wird, hatte nämlich die russ ische Garnison in zwei verschiedenen Fällen dort einen Zu sammenstoß mitSchahsewcnen, und zwar in der Gegend zwischen Ardebil und Astara. Zwei Kosaken sollen dabei verwundet worden sein, von denen nachher einer gestorben ist. Ferner wird gemeldet, daß eine starke russische Ab teilung von Ardebil die Ortschaft Vera- mouni überfallen, Männer, Frauen und Kinder verwundet und die Wohnungen niederge brannt habe. Nach denselben Blättermeldungen sind 600 Mann russischer Truppen von Baku nach Astara abgegangen. Amerikanische Küstenverteidigung. Washington, 23. Februar. (Tel.) Das Re präsentantenhaus nahm einen Gesetzentwurf an, in dem 5 300 000 Dollar für die Verteidi gung d e r Küsten und Inseln vorgesehen sind: die Befestigung des Panamakanals ist nicht einbegriffen. !25. Zshryrmg. Ans Leipzig und Amgegenü. Leipzig, 23. Februar. Wetterbericht der Königl. Sächs. Landeswetterwarte in Dresden. Voraussage für den 21. Februar 1911. Lebhafte westliche Winde, wolkig, milde, zeit weise Niederschlag. Pöhlbcrg: Schwache Schneedecke nur auf -em Berge, Schneetiefe 30 Zentimeter, Sturm aus Süd bis West. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel, gute Schlittenbahn bis in die Täler hinab, starker anhaltender Reif, Bäume stark mit Rauhsrost be hangen, Cchneetiese 220 Zentimeter. * Constantin Georg Naumann f. Am 21. Fe bruar im Alter von 69 Jahren starb der Verlagsbuch händler Constantin Georg Naumann, früherer Mitinhaber der Firmen C. G. Naumann und C. G. Naumann Lierlag in Leipzig. Der Ver storbene übernahm in Gemeinschaft mit seinem ihm im Juli 1910 im Tode vorangegangenen Bruder Ernst Theodor Naumann im Jahre 1869 das väterliche Ge schäft C. E. Naumann, das unter beider sorgsamer Führung zu hoher Blüte gediehen ist. Besonders durch eifrige Förderung der anfangs wenig beachteten Werke von Friedrich Nietzsche hat sich Con stantin Georg Naumann als ein weitblickender Ver leger erwiesen. Neben anderer philosophischer Lite ratur widmete der Verstorbene einer . Medizinischen Bibliothek für praktische Aerzte" (von der Fachpresse als „medizinischer Reclam" bezeichnet) sein« Sorgfalt und fügte seiner Verlagstättgkeit in ernster, um- sichtiger Arbeit noch manch ander« Verdienste hinzu, so daß er bei seinem Scheiden aus dem Buchhandel — Ende 1909 ging der Verlag an die Firma Alfred Kröner Verlag in Leipzig über — auf ein von reichen geschäftlichen Erfolgen begleitetes Wirken zurück blicken konnte. Dem Vereins- und öffentlichen Leben hielt sich Constantin Georg Naumann fern. — Seines Lebensabendes sollte er sich nicht lang« erfreuen,- nach ganz kurzem Krankenlager setzte ein sanfter Tod seinem Leben zu bald ein Ziel. Mit Constantin Georg Naumann scheidet ein Mann von seltener Herzensgüte, dessen Verlust alle schmerzlich empfinden werden, die ihm nahestanden. Möge er nun aus ruhen von seinem arbeitsreichen Leben. * Das neue Schulgebäude an der Lößmger Straße wird außer dem Keller- und Erdgeschoß drei Ober geschoße enthalten, in denen 42 Klassenzimmer unter gebracht sind. Vom Einbau einer besonderen Aula ist auch bei dieser Schule abgesehen worden; es soll vielmehr eine der beiden Turnhallen zugleich als Aula eingerichtet werden. Die Außenarchitektur des Gebäudes ist in Putzbau bei sparsamer Verwen- düng von Werkstein gedacht. Im Kellergeschoß wird sich das Brausebad und auch eine Haushal- tuuasschule mit zwei Lehrkursen befinden. Die Klassenzimmer sind verteilt mit 9 auf da» Erd geschoß, 11 auf das 1. Obergeschoß, 12 auf das 2. Ober- gescpoß und 10 auf das 3. Obergeschoß. In letzterem wird ein Zeichensaal und ein Nähsaal uniergebracht werden. Die Gesamtfläche des Grundstückes beträgt 4700 Quadratmeter. Die reine Bausumme für das Hauptgebäude beläuft sich auf 437 746 ^t. Eine rede der beiden Turnhallen kostet 32 960 .4t. Die Straßen- Herstellungen werden 44 666 erfordern. Unter Hin zurechnung der Mobiliarkosten und der anderweiten Ausgaben sind die Gesamtkosten auf 667 000 <4t veranschlagt worden. Oer Kloarhvk. 8s Von Max Geißler. Bei der Hochzeit des Erddüwels ist cs sehr laut hergegangen. Sic haben getanzt, daß die Diele ge dröhnt hat. Erst im Lichte des Morgens brachte der Wagen das neue Paar über di« Heide. In der Hütte der stieren Lake trat von diesem Tag ab keine weitere Veränderung ein, als daß die Ivngen Leute das Bett der dicken Trina übernahmen. Die suerc Lale schlief nun gleich rechts neben der Türe in dem schmaleren Bette des Erddüwels. Die Bäume, die Trina Renken in den Sot ge pflanzt hatte, waren schon wieder verräuchert. Links von der Türe standen die Ziegen; darüber hausten die Hühner. Alles wie einst. Auch die trägen unsreudigen Tage. Die Hütte hatte ja nur einen Raum. Bekka Holsten wohnte nun tagsüber nicht mehr in ihrer Hütte im Moor. Sic war hinüber auf den Hof gezogen . . . aber nicht für immer. Wenn sie jemand fragte, ob sie nicht für immer -ort wohnen wollte, wehrte sie sich mit beiden Händen dagegen — — wenn das einmal fei, dann wäre eine Sorge daheim auf dem Hofe, die alle Helligkeit ausgelöswt hätte! Es blühen viele, schöne weiße Wasserrosen in den Teichen der Moore. Aber daneben wächst viel häß liches, tagscheues Gewürm und Wasserpest. So war cs auch bei diesen Menschen . . . Bekka Holsten schwamm als die blanke Seerose obenauf, und man wußte nicht, woher st« all ihren Glanz hatte und wie sic ihre freundliche Helligkeit so rein bewahrte. Seit der Hochzeit hatte das Feuer auf ihrem Herde nicht mehr gebrannt . . es war nun Mitte August . . Zuerst hatte sie nicht recht mit der Sprache heraus gewollt. Aber das tote Feuer in ihrer Hütte erzählte mehr als ihr Mund, der die Leute vom Moorhofc so gerne schonen wollte. Wie sie daheim so fix mit dem Tuche gelaufen war. die Fenster blank und die Teller und Gläser blitzend gehalten hatte, so trieb sie's nun auch drüben. Nicht, als ob sie von früh bis spät im Haus auf- und niedergelaufen märe und dem Staube den Krieg erklärt hätte — es waren in diesem Hause Menschen, in die erst einmal richtig das lichte Gold dieser Sommertagc fallen mußte, damit es auch Sommer werde in ihnen ganz und gar. Und wenn sic da mit Aleit zusammensaß und der warmen Sonne einen Weg in die junge Frau wies und die alte Bolten machte sich in der Nähe zu schaffen, so sagte Bekka Holsten: „Siehst du, Keffke Bolten, das ist herrlich schön, daß du dich gerade auf ein bützchen horchen verlegst, indem du dann nich viel zu tun hast! Du könntest eben mal die Flettsenster putzen von draußen: deun die host du doch noch nich blank gemacht in das neue Sekulum. Da hab ich auch gleich zwei Lappen, und nu nimm dir mal en Pott un geh eben fix ans Werk, Bolten, ehe es Nacht wird! Du wirst sehen, dabei kommst du so schön in Schweiß, un das wird dich gut tun!" Und wenn Gcjfke Bolten nach ihrer Art ihre Be denken gegen die Arbeit zum Ausdrucke brachte, so sagte Frau Holsten: „Dein Schimpfen, Bolten, hat jetzt keine Geltung mehr. Du mutzt auch viel mehr oufdrücken bei das Putzen, so, als wir aufdrücken, wenn wir aus dich eine nette Mutter herausdestillieren wollen." Mit Aleit hatte es Bekka Holsten in diesen Tagen ganz besonders wichtig. „Siehst du, Aleit", sagte sie. „das ist ein Finger zeig von der Gnade Gottes, daß Lütje Bickhusen sich nu wo anders niedergeslagen hat als ein Nebel vor der Sonne. Mit die Sonne mein ich in diesem Falle mich. Und Lütje Bickhusen hat sich verduftet wie ein Röslein auf der Heide, wenn ein Frost sich auf die Stiewel macht. Ich glaube wohl, daß er «inen ordentlichen Reif hat abaekriegt in der Frühlings nacht, wie das Lied so schön sinat. Siehst du, Deern, ünd nu mußt du dich noch en bützchen mehr ranhalten an Lür Bolten un mußt ihm jeden Morgen, Mittag und Abend eine Helligkeit über seine Suppe lachen. Die swimmt dann zu oberst als gute Fettaugen. Denn sollst du man sehen, was der Mann einen Appetit kriegt zu das Esten . . Für solche Belehrungen hatte Aleit Bolten dann immer einen wehmütigen Seufzer bereit. Aber Bekka Holsten ließ ihn nicht gelten. Oder Aleit sagte „Mutter, ich glaube, Lür Bolten is ein büßchen zu alt un zu ernst für mich." „Nein, Deern, da bist du mit auf dem Holzweg, indem ein Mann von scchsunddreitzig und eine Deern von einundzwanzig gerade den richtigen Unterschi:- haben, der zwischen Eheleuten bestehen muß. Ich will dir gleich mal das Exempel rechnen: das Leben eines Bauern läuft langsamer als der Pflug durch das Feld: denn er muß sich auf vieles besinnen und muß Nachdenken. Das Leben einer Frau aber surrt sich herunter als das Werg vom Rocken. Siehst du, so ist das. Und eine Frau ist schon mit fünfzehn Jahren so gescheit als sie werden kann, ein Mann aber erst mit dreißig. Nu rechne dich das mal zu sammen: einundzwanzig Jahr List du gleich alt, Deern — und die fünfzehn, die du zeitiger gescheit bist als der Bauer, das macht genau scchsunddreitzig." Bei diesem Exempel hielt Aleit im Kartoffel schälen ein bißchen ein und sagt«: „Mutter, du weißt, ich bin immer die Meinung gewesen, daß du en höllsch fixen Kopp hast un dazu ein wohlbeschlagenes Herz — aber in diesem Falle hast du doch unten etwas herausbekommen, das nich richtig stimmt." . „Ach wo, Deern, bei mich stimmt das unten immer! Denn warum? Weil es oben ganz richtig eingestellt ist. Und du mutzt dich nich auf alte Eier setzen: denn so was macht keine ordentliche Henn'..." Aleit ließ die Hände abermals in den Schoß sinken — „Hast du nich eben von der Henne geredet?" „Tja, Deern, aber mit die Henn' hab ich dies- mal dich im Auge, un mit das faule Ei Lütje Bick husen." „Ach Mutter, ich habe die ganze Zeit her nicht an ihn gedacht" . . . „Geffke Bolten, bist du schon wieder ans Lau schen? Willst du woll en bützchen zusehen, daß du fertig wirst? Oder hast du etwa einen Sukkurs ge kriegt, wo das steht mit die Henn', die in der an deren Nacht mtt das ganze Nest verswunden is? Ich habe die Henne auf die Eier gesetzt als eine schone Erinnerung an euerem Hochzeitstage, und nun? Es heißt da immer, es wären längstens alle Schranktüren aufgeslosten in der Welt und es könnte abslutment nix nich passieren, was nich schon mal dagewesen wäre. Prost Mahlzeit. Bolten, nich wahr? Daß «in« Henn' mitsamt das Nest wegläuft — an so was ist selbst in das himmlische Reich nicht zu denken, allwo die Wunders doch in Blüte sind als bei uns die Katzenswänzc . .. Und nun war Bekka Holsten wieder ganz im rich tigen Fahrwasser, in das sie sich hatte so sachtweg hineinrudern wollen. Morgen oder über den anderen Tag sollten näm lich junge Kücken auskriechen auf dem Moorhose. Bekka Holsten hatte der Henne dreiundzwanzig Eier untergelegt, die hatte sie von den besten Hüh nern ausgcwählt . . . „Dreiundzwanzig, Bolten; denn cs war eine große Henne und es konnten zwei davon slccht sein; dann hätte es immer noch einundzwanzig gegeben. Aber der Teufel hat es in seinem Unrat anders be stossen . . ." Wie Bekka Holsten heute früh so leise zu dem Neste getreten war, um ein bißchen zu lurcn, ob wohl schon so ein Kleines aus dem Ei geschlüpft sei, stand sie da als ein Stamm, den der Vlitz geschlagen, guckte dahin und dorthin — es war aber nichts zu sehen. - „Deern, Deern," rief sie, „hat dich denn der Platz gar nicht mehr angestanden, wo ich hab den Korb hingestellt?" „Welchen Platz, Mutter?" „Daß du hast de» Nestkorb weggenommen!" „Mein Gott", har Aleit gesagt, „du tust ja gerade, als gäb es für mich sonst nichts zu denken und zu tun, als datz ich mit solch ein Hühnernest in das Haus herumsoaziere . . ." Gesste Bolten, die das kleine Flettsenster offen hatte, wurde in diesem Augenblick« von einem heftigen Fleiß befallen und arbeitete mit ihrem nassen und mit ihrem trockenen Tuche an der Scheibe herum, daß ihr der Helle Schweiß auf der Stirne stand. „Siehst du, Bolten, wie dich das schön steht! Die Perlen hast du schon, nu brauchst du bloß noch 'ne Kron'; dann bist du eine richtige Königin aus das Märchen." Weil es schon sachte zu schummern begann, kam auch Lür Bolten vom Felde. „Ah, da is ja auch Lür Bolten — schön, daß du kommst, indem in uns eine richtige Sehnsucht nach dir is; denn, Lür Bolten, ich muß dich fragen — aber ich denke nicht, daß du halb so dumm bist —, hast du -en Korb mit der Bruthenne an ein anderes Ort gesteppt?" Lür Bolten lachte gerade heraus —
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