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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110307015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-03
- Tag1911-03-07
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Bezugs-Preis «ad d« tz«Nch« m rxig>««, w««». U»s«r», »«dUu^, Sch»«»«, Sch««»« «. Ja «L« idrt^a S»««1« »« »««0 d«ch bt» GWchchKd«S« d« MhttUlch. »« ti«chv,« T«««dl«n nn<d»nu »El iSgllch. k»«».«. tz<Nk,E» «« »«»«I»«. »d««»>«i««»»a»»« i Ua<>«»»»latz ^^^^b»»U«UE» «rteint-rr». Lt»,«I»»rr«,i«,,«,» »« »E»». «u»-od« >» ^ E »dE >»»««»« » Jod»»»'*««»« «- Zer-tEck«» l««L l4«^ 14«. Morgen-Ausgabe. MipttgcrTmlckait Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtcs der Lta-t Leipzig. Hnzelqe»-PreiS Mr Ialrrat« au« >.eiv<>g uns üingrvimq d»« «,«>r>a »rn« SO wm drei« H-kik^ilr 2L di« 74 ml» dr«c« N«Nam«zktlr I vm, «»«wart« cL> H. NrNameu i.Ä> Inserate van öebdrden m am liLen L«l di« 74 wm breit« Petit^il, d> ch, «eschä!t«anteiqen nm P ayvorichrilten und in der il^endau«gabe uu ^reuc erbest, »tavatt na» Lara. Äe,iageqedüdr s p. Lauien» erki. Lokt«edüdr. Fester«eilt« Nalträge können nildt »irrSck- a»»»gea werden. ,,ür da« Eriche, ne» «a »«jtuamwn Lagen uno Pla»«n wird l«tn« Garantie übernommen. Unzrigen-Annadmet Uuguliusplatz bei sämtlichen Filialen n. alle» «tnnoncea» Tipedilioneu o«, In- na» »nllanoech chauvt-Silial« Ver l«: Carl Dunü«k, Her,ogi ttavr. Hofbuch. Handlung Luyowstiane l(L (Tel r hon Vt. «<r. 40U3). Haupt-Filiale Lr«»deiu Lecjtrabc 4. L (Leleutzon 4SL1). sie sich in den schmutzigen, dunkeln Wohnungen der Eingeborenen aus die Menschen aus. Die jetzt in der Mandschurei wütende Epidemie ist die dem Europäer viel gefährlichere Lungenpest, und Weisse sind ihr auch schon zum Opfer gefallen. Dort sind die Menschen viel schlimmer als in Indien in grosser Zahl in engen Räumen zusammengedrängt, und die Unsauberkeit ist unbeschreiblich. Tausende von Leichen liegen zurzeit unbeerdigt. Es besteht also die Gefahr, dass sich die Seuche von dort aus mit grosser Schnelligkeit weiter verbreiten und den ganzen Osten bedrohen kann. Unter diesen Umständen ist die Umkehr das einzig richtige, so leid es auch dem Kron prinzen und allen Reiseteilnehmern tut. Da Kalkutta die Hauptstadt des indischen Kaiser reiches und Residenz des Vizekönigs ist, fand der Ein zug und Empfang des deutsä>en Thronerben am 3. Februar mit grösster Feierlichkeit statt. Der Vizekönig Lord Hardinge mit einem glänzen den Stab empfing den Kronprinzen am Bahn hofe, von wo nach Abschreiten der europäischen und der indischen Ehrenkompanie die Fahrt unter der Eskorte der Leibgarde des Dizekönigs nach dessen Palast ging. Militär und Polizei bildeten Spalier. Die Menschenmenge, die sich zu beiden Seiten des Fahrdommes staut«, zählte nach Zehntausenden und machte unausgesetzt« Ovationen dar. Es war wieder das fesselnd«, Lurcheinanderwogend«, orientalische Strassenbild mit seiner glühenden Farbenpracht, das ich schon mehrfach beschrieben. Aber etwas Neues kam hinzu: eine Menge europäischer Damen, die in eleganten Toiletten aus den Fenstern der mit Fahnen reichgeschmückten grossen Gebäude, unter denen man ches sich durch die ..Flagge schwarz-weiss-rot" als deut sches Besitztum kennzeichnete, dem deutschen Kron prinzen zujubelten. Auf der grossen Freitreppe des prächtigen vize königlichen Palastes hatten die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden, die fremden Konsuln, Offiziere der deutschen Kriegsschiffe „Gneisenau" und „Leip zig", die deutsche Kolonie und eine Menge vornehmer englischer Damen und Herren sowie viele indische Würdenträger Ausstellung genommen. Gegenüber am Einfahrtswege stand die Ehrenkompanie in scharlach roten Röcken und hinter ihr befand sich unter Palmen das malerische grosse Zeltlager für das kronprinzliche G«folae. Als der Kronprinz die Treppe hinanschritt, trat ihm das niedliche Töchterchen des Herrn Kalthaus, des Vorsitzenden vom „Deutschen Verei n", ent gegen, mit einem Blumenstrauss deutschen Will kommengruss entbietend. Oben erwarteten die Vertreter der Stadt Kalkutta den hohen Besucher, und der Sprecher verlas eine Adresse, die den Kronprinzen zunächst als den künftigen Kaiser eines Volkes feierte, dessen Nationalgefühl, und dessen Erfolge in Wissenschaft, Kunst, Handel und Industrie der ganzen Welt Ach tung und Bewunderung abnötigten, dann aber wurde der Kronprinz begrüsst als Vetter des englischen Königs und Urenkel der grossen Königin Viktoria, deren Andenken unauslöschlich in die Herzen des in dischen Volkes eingegraben sei. In seiner Erwiderung dankte der Kronprinz für den warmen Empfang und den Ausdruck freund schaftlicher Gefühle für Deutschland und versprach bei seiner Rückkehr in die Heimat nach besten Kräften dazu beitragen, das Interesse zu fördern, das seine Landsleute von jeher für Indien, seine Geschichte, Literatur und seine alten Kunstwerke gezeigt hatten. Abends fand Festtafel beim Vizekönig statt. Seine Tischrede gipfelte iy dem Wunsche, die augen blicklichen freundschaftlichen Beziehungen zwischen England und Deutschland möchten immer so bleiben. Der Kronprinz dankte zunächst für die grosse Mühe, die aufgewcndet worden ist, um seine Reise durch Indien zu einer so angenehmen und erfolgreichen zu gestalten, und führte dann in herzlicher Weise aus, dass auch sein Wunsch es sei, dass immer gutes Ein vernehmen und Freundschaft zwischen der britischen und deutschen Nation herrsche. Die Wertschätzung deutscher Gelehrtenarbeit und deutscher Wissenschaft fand am nächsten Tage, dem 4. Februar, ihren höchsten Ausdruck in der feierlichen Promotion des Kronprinzen zum Ehrendoktor der juristischen Fakultät der Ünioersittit Kalkutta. Aus dem Wege dorthin hatte sich eine ungeheure Menschenmenge angesammelt. Nicht nur die Strassen, die Fenster und auch die Dächer waren voll besetzt. Dom fast nackten oder in Lumpen gehüllten Kuli bis zum reichen Kaufmann in buntem seidenen Ge wände. von der alten Bettlerin bis zur vornehmen Hindufrau mit reichem Gold- und Edelsteinschmuck war alles vertreten, was in der mit den V^'tädten eine Million Einwohner zählenden Hafenstadt lebt. Mohammedaner. Hindus und Chinesen drängten sich aneinander, um einen Blick vom Kaisersohn des grossen Deutschen Reiches zu erhaschen. Dor der Universität wurde der Kronprinz von den Mitgliedern des Senates in Talar und Barett emp fangen und zum Sekretariat geleitet, wo er den Doktortalar anlegte. In feierlichem Zuge ging es dann in die Aula. Hier hatte sich eine glänzend« Gesellschaft europäischer und indischer Würdenträger und Damen eingefunden. Der Vizekanzler Iustice Ashutosh Mukerjee, gleichzeitig Mitglied des obersten Gerichtshofes, hielt die ausgezeichnete, eines Gelehrten würdige Festrede, die frei von jeder unangenehm berührenden Schmei chelei die Begründung der Promotion brachte. Der Vizekönig führte aus, dass Sie Ehrung dem sym pathischen jungen Kaisersohn und Verwandten de» englischen Königshauses persönlich gelt«, dann aber seiner Eigenschaft als Vertreter der grossen deutschen Nation, des Volkes, stark in Waffen, stark in Vater- landsliebe, stark in Wissenschaft und stark im wirt schaftlichen Leben. Dann wolle die Universität aber auch durch diesen Akt ganz besonders den deutschen Universitäten und deutschen Gelehrten dankbar Anerkennung zollen für die grossen Verdienste, die sie sich erworben durch ihre Forschungen auf dem Gebiet« der indischen Sprachen, der indischen Literatur, indischen Geschichte und Kunst, worin keine andere Nation den Deutschen nahe ge kommen sei. Es wurde dann eingehend erörtert, was den Sanskritsorschungen der Gebrüder Friedrich und August Schlegel, ferner von Wilhelm o. Humboldt, Theodor Benfey, Albrecht Weber, Friedrich Max Müller, Rudolf Roth, Haug. Butler. Vlocbinann zu danken sei, und wurde darauf verwiesen, dass an all^n 21 deutschen Universitäten Vorkehrungen für Sanskrit vorlesungen getroffen seren und dass die grössten Uni versitäten besonder« Professuren hierfür errichtet hätten. Die Rede schloss mit dem Wunsche, in der Zukunft möge es beschieden sein, dass das geistige Band Zwischen den indischen und den deutschen sowie anderen euro päischen Universitäten immer fester geknüpft würde, nicht nur im Interesse der Wissenschaft, sondern auch der Nationen, die sich durch die Annäherung auf dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst besser kennen, schätzen und verttauen lernten. Hieran schloss sich die Bitte, der Kronprinz möchte der grossen deutschen Nation und besonders den grossen deutschen Universi täten die besten Wünsche der Universität Kalkutta als Vertreterin der indischen Hochschulen übermitteln. Aus der Hand des Dizekönigs als Kanzler erhielt der Kronprinz sodann das Doktordivlom. (Der Schluss dieses Berichtes folgt.) Die künftige Reiürstagsmairipsrole beschäftigt die Oeffentlichkeit seit geraumer Zeit. Es bedarf ja auch starker Anstrengungen für die Regie rung, wenn sie der drohcirden sozialdemokratischen Flut einen Damm entgegenstellen will. Es entzieht sich unserer Kenntnis, wieweit praknjche Erwägungen über dieses Thema bereits gediehen sind: wir können aber nicht unterlassen, auf eine Reihe von Fragen hinzuweisen, die der Herausgeber der oemokratzchen Zeitschrift „Die Aktion" an den Reichskanzler richtet. Es heisst da: „Ist Ihnen, Herr Bethmann Hollweg, bekannt, dass in Berlin kürzlich (zweimal, dreimal) „vertrau liche" Besprechungen zwischen einigen „mass gebend««" Politikern stattgefunden haben zwecks Dich tung einer Wahlparole für die Regierung? Mit Vertrauensleuten der Regierung? Waren diese Vertrauensleute als „Privatpersonen" zugegen? Und wenn auch als Privatpersonen, sind Ihnen die Resultat« der Verhandlungen bekannt ge worden? Haben Sie in irgendeiner Form (als Kanzler oder als Eesellschaftsmensch) dazu Stellung genommen? Ist Ihnen der Wink geword.n, dass eigentlich unser Vaterland doch gar zu selbstsicher träumt? Ja? ist Ihnen vielleicht auch schon der Wink geworden, unsere Auslandspolitik auf merksamer de nn je belauern zu lassen, um (das wurde dem Unterbewusstsein gesagt) eine Wahl parole zu entdecken?" „Kennen Sie Aeusserungen wie: „Wir können der Dolksverhetzung, die von Liberalen und Sozialdemo kraten mit allen Mitteln betrieben wird, nur ent gegenwirken, wenn wir an die nationale Ehre desVolkes appellieren?" Oder ähnliche? Kennen Sie den Satz: „Das deutsch« Volk muss wieder an seine Ideale, für die seine Väter ihr Leben einsetzten, erinnert werden, soll es von den kleinlichen Inter essen, die ihm von Dersammlungsdemagogen ans Herz gelegt werden, absehen?" Und diesen: „Wir könren des inneren Feindes, der immer dreister wird, nur Herr werden, wenn wir das Volk zur Selbstbesinnung aufrufen, wenn wir auf den äusseren Feind die Blickx und Gedanken lenken?" Wissen Sie. Herr Reichskanzler, dass schon die D r o h n o t e an Serbien der Stimmung Rechnung getragen hat? Weiter: Ist Ihnen, Herr, der Vorschlag aemacht worden, im Sommer (wenn die Vorarbeiten zur Ueberrumpelung weit genug gediehen wären) den Reichstag nach Hause schicken zu lassen (auch der Vor wand ist schon erwogen!) und sofort die Neuwahlen („der Augenblick muss Taten zeitigen") auszu schreiben? . . ." „Diese wenigen Fragen für heute. Sie werden, Herr Reichskanzler, sich schon die Mühe geben müssen, eine deutliche Antwort zu geben." Wir hoffen und wünschen, dass der Reichskanzler eine Antwort geben kann, die den Erwartungen Le» Volkes entspricht. Volkszählung unü ReiHsülisnzen. Das Ergebnis, das die am 1. Dezember 1910 statt gehabte Volkszählung gehabt hat, wird auch den Reichsfinanzen zugute kommen. Wie er innerlich, ist zwischen den beteiligten Faktoren für die Reichsfinanzsanierungsperiodc, d. h. bis zum Jahre 1913, die stillschweigende Vereinbarung ge troffen, dass von den Einzelstaaten jährlich an un gedeckten Matrikularbeiträgen 80 Pf. auf den Kopf der Bevölkerung an die Reichskasse gezahlt werden. Nach den bestehenden Bestimmungen soll eigentlich das Verhältnis der Ueberweisungssteuern zu den Matrikularbeiträgen dafür entscheidend sein, ob und gegebenenfalls wie viel die Einzelstaaten an die Reichskasse zahlen. Im beiderseitigen Interesse liegt cs aber, wenigstens ick der Sanierungsperiode mit festen Beträgen rechnen zu können, und so ist die erwähnte Vereinbarung, der auch der Reichstag seine Billigung nicht versagt hat, zustande gekommen. Bisher hat die Bestim mung, dass an ungedeckten Matrikularbeiträgen 80 Vf. auf den Kopf der Bevölkerung gezanlt werden müssen, dahin geführt, dass von den Einzelstaaten an die Reichskasse rund 48V, Millionen Mark abgekührt wurden. Noch im Reichshaushaltsetat für 191 t ist di« gleiche Summ« dafür ausgeworfen. Die Matri- kularbeiträg« sind mit 212 Millionrn Mark, die Ueberweisungssteuern mit 163)4 Millionen Mark zum Ansatz gebracht. Die Differenz beider Summen stellt die ungedeckten, von den Einzelstaaten an das Reich herauszuzahlenden Matrikularbeiträqe dar. Nun hat aber die Volkszählung vom 1. Dezember 1910 er geben, dass die Bevölkerung im Deutschen Reiche sich Nr. es vknslsg, aen 7. MSrr isii. 105. Jahrgang. Vas Wichtigste. «Der deutsche Kronprinz ist am Montag in Kairo, wo sich auch die deutsche Kronprin zessin aufhält, «ingetroffen. (S. Dtschs. R.) * Der bayrische Prinzregent errichtete au» Anlass seine» SV. Geburtstage» mehrere Stiftungen. (E. Disch». R.) * Im preussische» Abgeordneten. Hause kam bei der Beratung de, Etat, der Bau - Verwaltung die Sprache auf den Bau des Elster —Saale-Kanal». (S. d. Ber.) * Im mitteldeutschen Kohlengebiet ist ein« Lohnbewegung eingetreten. (S. Dtschs. N.) ' * In beiden französischen Kammern wurde am Montag die Erklärung de, Ministerium, verlese». * Beim Brande eines Kiuematographen- theater, in verlogoje (Russland) kamen neu»- zig Personen »ms Leben. (S. Tageschr.) Sine unheilvolle Spielerei. Die Obertertia des Gymnasiums zuBeuthen rn Schlesien ist der Schauplatz eines erschüttern den Ereignisses geworden, das weithin in Deutschland das Mitgefühl mit den von schwerem Schicksalsschlage betroffenen Familien auslösen wird, aber zugleich Anlass zu einigen prinzi piellen Bemerkungen bietet. Während einer Stundenpause demonstrierte einer der Ober tertianer seinen Altersgenossen im Klassen zimmer den Mechanismus einer Browning pistole. Der junge Mann mag dabei unvor sichtig zu Werke gegangen sein, denn die Waffe entlud sich plötzlich und das Geschoß fuhr einem Mitschüler in den Leib. Der Verletzte konnte trotz Anwendung aller ärztlichen Kunst dem Leben nicht erhalten werden, sondern starb in der Nacht nach dem Ereignis. Welch ungeheurer bohrender Schmerz für das Elternpaar, das am frühen Morgen sein Kind frohgemut und lachend hatte zur Schule gehen lassen, und das am Abend schöne Hoffnungen erbarmungslos zerknickt sehen musste. Welche furchtbare Eewissenspeinigung aber auch für den fahrlässigen Täter, der unter dem Eindruck der schrecklichen Folgen seiner Spielerei gleich sich selbst das Leben nehmen wollte, aber noch glücklich an der Aus führung dieses Vorhabens gehindert wurde. Nie in seinem Leben wird dieser junge Mann jedenfalls das peinigende Gefühl schwerer Be drückung wieder los werden, einen Altersgenossen durch Unvorsichtigkeit ums Leben gebracht zu haben. Und so hat die menschliche Gesellschaft im Grunde den nutzlosen Verlust zweier zu guten Hoffnungen berechtigender junger Menschen zu beklagen, denn es ist immerhin möglich, dass der unglückliche Täter infolge der nie erlöschenden Erinnerung an das Ereignis der Iugendjahre nicht zu der Verwertung seiner Persönlichkeit im Leben gelangen wird, die er selbst sich gewünscht hat. Das Mitgefühl der Oeffentlichkeit wird sich jetzt zwischen den beiden von dem Unfall betroffenen, schwergeprüften Familien teilen. Aber man wird das trübe Ereignis dann wieder vergessen, bis die Ge müter wieder einmal durch einen ähnlichen Vorfall erschreckt werden. In den letzten Jahren haben sich solche Fälle die das Glück von Familien auf das grausamste zerstörten und vernichteten, derart gemehrt, dass es notwendig ist, von Zeit zu Zeit immer wieder auf gewisse prinzipielle Dinge, die damit im engsten Zusammenhang stehen, hin zuweisen. Die Ausstellung von Scheinen, die zum Tragen von Waffen berechtigen, ist zwar reichlich erschwert, aber die verhältnismässig geringe Bestrafung, die in Fällen unberechtigten Waffentragen» erfolgt — im Strafgesetzbuch ist dafür Geldstrafe bi» zu 150 Mark oder Haft ausgesetzt —, verhindert natürlich nicht, dass die Waffenverbote in ungemessener Zahl übertreten werden. Der Ankauf von Waffen unterliegt keiner gesetzlichen Beschränkung, und strafbar wird natürlich erst der Träger von Waffen, der bei irgendeiner zumeist recht ernst und traurig auslaufenden Angelegenheit auf der Heber- tretung des Verbots betroffen wird. Unter diesen Umständen ist in ernstliche Erwägung zu ziehen, ob die einschlägigen Bestimmungen nicht eine Verschärfung verdienen, und sicher wird die Kommission, die die Reform des Strafgesetz buches vorzubereiten hat, dieser Angelegenheit die nötige Beachtung angedeihen lassen. Damit würden natürlich nicht von Grund aus alle weiteren Verstöße gegen das Verbot des Waffentragens verhindert. Aber vielleicht ließe sich doch auch auf diese Weise mit ein besserer Schutz der menschlichen Gesellschaft vor unglücklichen Zufällen herbeiführen. Zwingender ist eine andere Erwägung, die sich gerade bei Betrachtung des erwähnten Falles uns aufdrängt. Es ist anzunehmen, daß der Obertertianer, der die Demonstration an der Browningpistole vornahm, sich diese Pistole nicht selbst gekauft hat, sondern, daß er sie vom Schreibtisch oder Nachttisch seines Vaters weggenommen hat, um sie seinen Klassenbrüdern zu zeigen. Es gilt ja heute wohl als besonders zweckmäßig zum Schutze gegen Einbrecher und ähnliches lichtscheues Gesindel, in der Wohnung einen Revolver bereit liegen zu haben. Zwar würde im Notfall, wenn der von einem Einbrecher in seiner Wohnnng Angegriffene über haupt zur Wehr gelangt, der erprobte G u m m i k n ü t t e l, der bei der Polizei in Amerika und in England ganz vorzügliche Dienste leistet, völlig genügen, aber vielen dünkt es klüger, sich durch Anschaffung einer Pistole zu sichern. Daß sich solche Maßnahmen oft in der beklagenswertesten Weise rächen, will nie- mand Wort haben. Selbstsicher erklären die meisten Pistoleninhaber, daß bei ihnen unglück liche Zufälle ausgeschlossen seien, obwohl die Tatsachen diese Meinung immer wieder auf das furchtbarste entkräften. Der beste Schutz vor Erschütterungen des Familienlebens und Zer störung des Familienglücks durch so bedauerliche Vorfälle wie jüngst in Beuthen liegt zweifellos darin, daß neben der schärferen gesetzlichen Ahndung jeder Uebertretung des Waffenver bots die Erwachsenen selbst fich's reiflich überlegen, ob die Anschaffung so ge fährlicher Instrumente, wie es Pistolen nun einmal sind, zu Notwehrzwecken über haupt erforderlich ist. Wenn aber jemand einer solchen Waffe durchaus nicht entraten zu können glaubt, mag er auch dafür Sorge tragen, daß sie in sichersten Gewahrsam gebracht wird. Es ist also in erster Linie Aufgabe der Eltern und Erzieher, mitzuwirken und mitzuhelfen, daß so erschütternde llnglücksfälle wie der Beuthener nicht vorkommen können. Wenngleich zu hoffen ist, daß solche Ereignisse immer vereinzelt bleiben werden, so darf man doch nicht achtlos daran oorübergehen, denn es handelt sich dabei so und so oft um blühende Menschenleben, deren Weiterexistenz für Staat und menschliche Gemeinschaft auf jeden Fall von großer Wichtigkeit ist. Die Weltteile Les üeutlchen Kronprinzen. Von Dr. Oscar Bongard. (Nachdruck verboten.) XU. Kalkutta, 14. Februar. Zn Kalkutta sollte der indische Abschnitt der Kron- prinzenreise sein Ende erreichen. Nun ist es das Ende der ganzen Reise geworden. Die Pest, die lm Osten Tag für Tag mehr an Schreck.'n erregen der Ausdehnung gewinnt, hat gebieterisch zur Um kehr gezwungen. Im ersten Augenblick scheint dies nicht recht einleuchtend, denn in Indien herrschen Pest und Cholera ununterbrochen. Die Zeitung „Empire" führt am 11. Februar an Todesfällen für die Woche bis zum 4. Februar allein für Kalkutta, unseren jetzigen Augenihalt, folgende Todesursachen auf: Cholera 60, Pocken 1, Pest 13, andere Fieber 73, sonstige Todesursachen 361, zusammen 508. Dl« Zahlen sind gegen das Vorjahr ausser ordentlich günstig, damals starben in derseloen Woche an Cholera 155, Pocken 21, Pest 174, anderen Todes- Ursachen S46, zusammen 1296. Zn den letzten vier Jahren find trotz der Anstrengungen der Regierung in Indien über dreieinhalb Millionen Menschen an der Pest gestorben. Und dennoch fürchtet sich hier kein Europäer vor ihr, denn Rernlichkeit, ein den meisten Eingeborenen unbekannter Begriff, scheint gegen di« hier vorkommend« Form der Pest immun zu machen. Die Seuche wird durch Flöhe von Ratte zu Ratte übertragen, und von diesen wieder breitet
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