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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110316015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911031601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911031601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-03
- Tag1911-03-16
- Monat1911-03
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Bezugt-Prei» ur ' Mtzn» Leäaer ü»b Sv«tur»re 2»«l ttiltch >u«Hau« gebracht:SV 4 noaatl., ».70^» vceriei^hrl »et ilnftr» AUuUe» ». A». natz«Lü» ad^« Ä U»LÜ «M vrerrttiüyn. D^Az inaerbald Deutschl-nb« und der deultchen Nolonirn vierceliLdct. S.OO «F, «oaatl. 1^4 ait«1chl. Poftbe-ellgeld. 8««r m Belgien, Dtnemark, den Donanllaatrn, Italien, Lnrenibuva, Nieder la ad«, Sior- weaen, Lesl erreich-Ungarn, «ubland, Schweden, Schwei» u. Spanien. In allen übrigen Staaten »ur direkt durch di« «eichLitdslelle de» Matte» erhLlUich. La« Leip»iger Lagrdl att ericheint 2 »al täglich, Son», n. Feiertag» nur morgen«, ittdonneuiead-dlanahme: Auguitusplatz 8, bei unteren Lrägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. lgi»»«lverk»,s«pret« der Morgen- ruägabe 10 der «bendius-ab« a ch. Morgen-AuSgabe. 'cip.rigcrTagMalt Handelszeitung. ÄmtsVkatt des Aales und des Nokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Aazeige«-Preiö M 8»ft«r» au» i2ip»lg und Umgebung die s^lpaltene so uun breite Petit»«,lii 2d dt» 74 uu» breit« Reklamezetle l »», ««wärt« ltv Reklamen 1.20 Inserat» »en BebSrden 'm amtliche» Leil di« 74 la» breite Petitzeil« 40 «eschäft»an»eigen mit Pla-vorschrtsten und i» der Aden»au4aab« im Preis« erhSht. Rabatt nach Taris. Beilaaegebühr ä p. Tauten» exkl. Postgebühr. Feftertetlt« Aufträge kbnnen nicht jurück- geeoge» werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. »n»eigrn.Annahme: Augustu-platz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- rgpedttionen de« In» und «utzlande«. «edaktio» und «eschäft-stelle: Johannirgasse ü. Ferntprecher; 14ÜVlh 14t>i«, 14LV1. Haupt-Filiale Drräderu Seestrase 4,1 (Telephon 40^1). Nr. 75. Vonnrrslag, ürn lS. MSr; lSll. 105. Zshrgsng. Dss Dlchtiglte. * Der Reichstag beendete am Mittwoch die allgemeine Debatte über das Reichsamt des Innern. (S. Reichstagsber.) Die Beratungen über den Entwurf eines Ge- setzes wegen Versicherung der Privatbe amten werden im Bundesrat demnächst be ginnen. * Im preußischen Abgeordneten haus kam gestern derBerlinerProfessoren- streit zur Sprache. (S. Bericht.) * Die Lage in Marokko hat sich nach französi ¬ schen Konsularberichten seit den erfolgreichen Kämpfen der Sultansttuppen erheblich gebessert. (S. Ausland.) * Die Seeleute einer großen Anzahl von Staaten sollen für einen internationalen Streik sein. (S. Letzte Dep.) * Präsident Taft will noch in diesem Jahre dem Kongreß einen weitumfassenden Schiedsge- richtsoertrag mit England unterbreiten. (S. Letzte Dep.) Lin Rulturwerk ües üeutltzen Oltens. Ein kulturell bedeutsames Ereignis harrt der Ost mark! Mit der am 11. Mai zu vollziehenden Eröff nung der Ostdcutschen Ausstellung für In dustrie, Gewerbe und Landwirtschaft in der Prooin- zialhauptstadt Posen ist zum erstenmal der Industrie des Ostens Gelegenheit geboten, in einheitlichem Zu sammenwirken auf dem Schauplatz weitestragender Öffentlichkeit sich den Kennerblicken darzubieten und ihren Ruf gegenüber der westlichen und mitteldeut schen Industrie zu stärken und zur Beachtung zu bringen. Die nicht unberechtigte Frage drängt sich da auf, warum gerade in Posen, in einer vorwiegend land wirtschaftlichen Provinz, eine Industrie- und Ge werbeausstellung veranstaltet werden soll. Es ist in ¬ dessen in Betracht zu ziehen, daß es sich ja nicht um eine Industrieausstellung für die Provinz Posen allein, sondern für den Osten überhaupt handelt. Und Zweck und Ziel des Unternehmens? In einem großen, lückenlosen Bilde soll gezeigt werden, welche Industrien in den Provinzen Posen, Schlesien, Ostpreußen, Westpreußen und Pommern bestehen und — was sie zu leisten vermögen. Tatsache ist nun ein mal, daß im Osten Deutschlands entschieden viel mehr Fabriketablissements und geschäftliche Unterneh mungen bestehen, als man bei der vielfach recht oberflächlichen Kenntnis der dortigen Verhältnisse anzunehmen gewöhnt ist, und es erscheint gewiß des Schweißes der Edlen wert, hier einmal gründliche, umfassende Heerschau zu halten. Selbstverständlich durfte bei einer Beteiligung der Industrie und des Gewerbes auch die Landwirtschaft nicht fehlen; auf diesem Gebiete ist natürlich gerade die Provinz Posen berufen, Hervorragendes zu leisten — nicht minder auf den mit der Landwirtschaft eng ver bundenen Gebieten der Forstwirtschaft und der Ver wertung landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Produkte. Das bereits vor drei Jahren, wenn auch nur schüchtern, aufgetauchte Projekt, eine auf den ver schiedensten Gebieten anregend und befruchtend wirkende Ausstellung ins Leben zu rufen, wurzelte vor allem in der wohlbegründeten Erwägung, daß, während man im allgemeinen den Westen unseres Reiches als ausstellungsmüde bezeichnen kann, sich gerade in dem bisher noch wenig hervorgetretenen Osten für ein derartiges Unternehmen ein großes und dankbares Feld biete, zumal es doch eine Art Premiere galt, da eine großangelegte und großzügig durchgefllhrte Ausstellung im Osten Deutschlands, dessen fünf Provinzen ein volles Drittel der preußi schen Monarchie darstellen, noch nicht veranstaltet worden war. Am 20. November 1900 war es, wo nach mehreren vorbereitenden Besprechungen zahl reiche Vertreter aus Handels-, Industrie- und Ee- werbekreisen und Bevollmächtigte der Handels-, Handwerks- und Landwirtschaftskammern zu einer Entschließung kamen, worin der Plan eier Aus stellung in Posen allseitige Zustimmung fand. Mit diesem Votum war die Ausstellung gesichert, die nunmehr, nachdem im Laufe des Jahres die An meldeziffern alle Erwartungen übertrafen, in raschem Wachstum — gefördert von Tausenden fleißiger und erwartungsfroh schaffender Hände, zweckmäßig ganz in unmittelbarer Nähe des Posener Zentralbahnhofes gelegen — ihrer Vollendung ent gegenreift. Glücklich darf die Wahl der Stadt Posen besonders um deswillen genannt werden, weil die jüngste östliche Residenzstadt mit ihrem im vorigen Jahre eingeweihten prächtigen Kaiserschloß, ihrem neuen, mächtig blühenden Theater und ihrer stolzen Akademie und den sonstigen, im letzten Dezennium auf dem ehemaligen Festungsgelände erstandenen Prachtbauten heute nicht mehr die ehemalige kleine Prooinzmetropole darstellt, sondern zur modernen Großstadt geworden ist, die einen Vergleich mit west lichen Städten ihrer Größe keineswegs zu scheuen braucht. Die befruchtende Wirkung de» Unternehmens, da, unter der zielbewußten und umsichtigen Führung des Posener Oberbürgermeisters Dr. Wilms in die Wege geleitet wurde, dürfte auch außerhalb seines eigent lichen Zweckes in die Erscheinung treten. Die Aus stellung wird gleichzeitig auch Propaganda machen für den Osten im allgemeinen; man erhofft von ihr einen großen Fremdenzufluß nach dem Osten und damit Hand in Hand gehend eine Beseitigung oder doch Verminderung der mannigfachen Vorurteile, die trotz aller Bemühungen für die Hebung des Ostens bislang doch immer noch in den weitesten Kreisen derer bestehen, die nicht selbst im Osten leben und für die darum (hauptsächlich gilt dies von der Ost mark) bis heute torra ivoognita geblieben ist. Ueber den Streit der Tagesmeinungen hinaus wird die Ausstellung die verschiedensten Richtungen des poli tischen, konfessionellen und wirtschaftlichen Lebens einmal in einer großen, bedeutenden Aktion zu sammenfassen und so — deutscher Kultur im Osten Pionierdienste leihend — nach jeder Richtung hin segensreich wirken. Auf einem Terrain von 350 000 Quadratmeter mit 50 000 Quadratmeter bedeckter Fläche wird sich die vom 11. Mai bis Mitte September in Aussicht genommene Ostdeutsche Ausstellung erheben, deren Ehrenausschuß u. a. Reichskanzler v. Bethmann Holl weg (als Vorsitzender) und Landwirtschafts minister Freiherr o. Schorle m er, sowie Handels minister v. Delbrück angehören. Sie wird, ver anstaltet in einer politisch, wirtschaftlich und kul turell hart kämpfenden Provinz, sich in friedlichem Wettbewerb all den großartigen Friedensarbeitcn würdig anreihen, die die Provinz Posen im Laufe der letzten zehn Jahre zu einer bewundernswürdigen Umgestaltung der Dinge geführt haben. So dürste sich gewiß auch die Hoffnung des Fürsten Bülow, des Ehrenmitgliedes der Posener Akademie und Ehrenbürgers von Bromberg, erfüllen, mit der er die Nachricht von der Verwirklichung des Aus- stellungsplanes seinerzeit begrüßte: daß „die Aus stellung der deutschen Arbeit im Osten zur Ehre ge reichen möge und das Verständnis für die Wichtig keit der Ostmarkenfrage in allen Teilen unseres Vaterlandes wachsen" werde. Der deutsche Osten wird zu zeigen haben, welche noch unerkannte Werte er für unsere Gesamtkultur birgt und in die Wagschale der weiteren Entwicklung unseres Wirtschaftslebens zu legen hat. Möge er seine Prüfung vor den Augen des übrigen Deutsch lands, die auf politischem Gebiete so oft auf ihn gc richtet sind, in Ehren bestehen! Die Lage ües Zentrums. Aus unserem Leserkreise wird uns geschrieben: „In Ihrem Leitartikel ..Die Spaltung der Liberalen und die Reichstagswayl" in Nummer 63 Ihres geschätzten Blattes rechnen Sie damit, daß das Zen trum mit 100—104 Mandaten in den künftigen Reichstag einziehen würde. Ich teile diese Auf fassung nicht, und ich bitte deswegen, mir als lang jährigen Leser Ihrer Zeitung gestatten zu wollen, meine gegenteilige Auffassung aussprechen zu dürfen. Auch das Zentrum ist heute nicht mehr der unangreifbare Turm, der es früher war. Die Ereignisse der letzten Jahre werden auf einen Teil der Zentrumswäyler — und wenn es auch nur ein kleiner ist — nicht ohne Wirkung geblieben sein. Das. beweist schon die Nachwahl in Immen stadt-Lindau. Die Wahlbeteiligung war um ca. 1600 höher als 1907 und trotzdem büßte das Zentrum um ca. 200 Stimmen ein. Auch ist bei den nächsten allgemeinen Wahlen damit zu rechnen, daß die Stellung der Sozialdemokratie wesentlich anders ist als bei den Blockwahlen von 1907. Nur mit Hilfe der Sozialdemokratie war es 1907 in den 10 Wahlkreisen Osnabrück, Hamm-Soest, Germers heim, Zweibrücken-Pirmasens, Würzburg, Jmmen- stadt-Lindau, Donaueschingen, Freiburg, Kalmar, Straßburg-Land dem Zentrum möglich, in der Stichwahl gegenüber dem Nationalliberalen bezw. dem Freisinnigen seinen Kandidaten durchzubringen, wofür das Zentrum als Gegenleistung rn den 10 Wahlkreisen Wiesbaden, Duisburg - Mühlheim, Bielefeld, Bochum-Gelsenkirchen, Dortmund, Speyer- Ludwigshafen, Pforzheim, Karlsruhe, Offenbach, Straßburg-Stadt der Sozialdemokratie zum Siege verhalf. In einer ganzen Reihe von Wahlkreisen des Rheinlands, Westfalens, der Pfalz, Badens und Bayerns ist es möglich, das Zentrum zurück zudrängen, wenn von den Nativ nalliberalcn die richtige Persönlichkeit — kein zu weit rechts stehender und besonders ein sozial empfindender Mann als Kandidat gewonnen wird, damit es in der Stichwahl der Sozialdemokratie — wie in Immenstadt — hintan möglich ist, für ihn zu stimmen. Das Zentrum wird es sich in seiner berechnenden Klugheit angelegen sein lassen, in seinen gefährdeten Wahlkreisen „geeignete Leute" aufzustellen, um unter Umständen auch bei einem Teile der Sozialdemo kratie Wahlhilfe finden zu können. Ganz rechts stehende Nationalliberale vom Schlage der agrarisch gesinnten Hessen oder der rheinisch-westfälftchcn Schwerindustriellen sind in diesen Wahlkreisen ganz unangebracht. Werfen wir einen Blick auf die Wahlergebnisse 1907 in folgenden 12 Wahlkreisen: Osnabrück Mülheim-Wipper fürth Hamm-Soest Germersheim . . . . Zweibrücken- Pirmasens Würzburg Immenstadt-Lindau Donaueschingen. . . Freiburg Bingen-Alzey . . . . (Nachwahl) Kalmar Straßburg-Land . . 37152 34403 44361 39775 39554 35085 21414 19239 1355913909 6471 1995811218 12789 14872 8485 9102 8538 7246 1547 6016 >34092 30299.13495 10519 6282 ,25000 22044 6604 5821 8060 1559 12467 10022 12224 106.33 9863 5720 5840 1999 33667 30418 25648 21886 29797 24651 12013 26402 24040 11911 33667 29797 20405 18103 7883 5692 4515 21741 19994 1 8967 7022 3993 Obige 12 Wahlkreise sind, wie der Blick auf die Ergebnisse von 1907 zeigt, dem Zentrum sicher abzunehmen. Auch die Zentrumswahlkreisc Köln. Düsseldorf, Essen und auch Neichenbach-Neurode, in denen voraussichtlich der Sozialdemokrat mit dem Zentrum in die Stichwahl kommt, können dem Zentrum abgenommen werden, sofern ein Teil der nationalliberalen Wähler es als seine Aufgabe be trachtet — wie es schon der Reichstagsabgeordnete Paasche vor wenigen Wochen aussprach —, die klerikal-konservative Mehrheit unbedingt zu ver nichten, und vor allen Dingen zu verhüten, daß das Zentrum im Reichstage den ausschlaggebenden Faktor bildet. - Wahrlich, die Aussichten sind für den Gesamt liberalismus auch dem Zentrum gegenüber nicht ungünstig. Hoffen wir, daß es gelingen wird, in den bisherigen Zentrumswahlkreisen Len Erfolg zu verheißen, den liberalen Mann als Reichstags kandidaten zu finden, der die Unterstützung der Sozialdemokratie finden kann." Lehren unü Anregungen üer Sranprinzenrelle. Von Dr. Oscar Bongard. (Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) ö Die deutsche Einfuhr. Während sich, dem Charakter Indiens als vor wiegend Ackerbau treibendes Land entsprechend, die Msr SUnger über üle Dills Romans. Zu den Ausfühungcn unseres Mitarbeiters Dr. Robert Corwegh über die V i l l a R o m a n a, auf die er als schätzenswerte Einrichtung die Aufmerksam keit lenken wollte, hatte Herr Geheimrat Professor Max Klinger die Freundlichkeit, ihm folgende nähere Mitteilungen zu übersenden, die jedenfalls das lebhafteste Interesse unserer Leser finden werden. Herr Professor Klinger schreibt: Auf Anregung von Leipzig aus wurde im Jahre 1905 die Villa für den Deutschen Künstlerbund als Atelier- und Wohnhaus gekauft. Die Mittel dazu flössen aus Beiträgen und Opfern zumeist Leipziger, aber auch Berliner, Dresdner und anderer Künstler, Kunstfreunde und Kunstfreundinnen, die auch in hochherziger Weise die Mittel zum Umbau, zur Ein richtung und Geldbeihilfen spendeten. Gesetzlichen Vorschriften zufolge mußte bereits 1906 die juristische Trennung vom Deutschen Künstler bund erfolgen, und es bildete sich der Verein „Villa Romana", jur. Pers., mit Sitz in Leipzig, der bis heute noch alleiniger Besitzer und Eigentümer von Villa Romana ist. Der Zweck dieses Vereins ist: Selbständigen deut schen Künstler (jedes Alters), sofern sie Mitglieder Les Deutschen Künstlerbundes sind, einen ein- bis zweijährigen Aufenthalt in Florenz, bei freiem Atelier und Wohnung, zu gewähren. Es wird Wert darauf gelegt, auf dieses: Selb ständige Künstler. Denn für die noch studierende Jugend wird von allen deutschen Staaten und vielen Städten reichlich gesorgt. Den selbständigen jüngeren Künstlern wird eine solche Gelegenheit zur geistigen Erholung und Neubelebung nur äußerst selten ge boten. Und in Konsequenz zur Lebensstellung dieser Künstler gewährt die „Villa Romana" auch den Frauen und Kindern der Preisträger Wohnung und Aufenthalt. Die Verteilung der bisherigen drei Preise findet derart statt, daß jährlich zwei Preise auf den Aus stellungen des Deutschen Künstlerbundes vergeben werden, und zwar gleich von der Aufnahme-Jury. Den dritten Preis erteilt der Vorstand des Vereins „Villa Romana" nach Vorschlag. Diese Bestrebungen des Vereins „Villa Romana" wurden wesentlich gefördert durch drei hochherzige Stiftungen. Durch die Carl-Weichardt- Stiftung (Leipzig), die Therese-Bern stein-Stiftung (Berlin) und die Dr.-Lud, wig-Meyer-Stiftung (Berlin). Durch sie wurde der Verein in die Lag« gesetzt, die jährlich- Geldbeihilfe für jeden der drei Peise auf 2000 festzusetzen und die Vereinsgelder dem inneren Aus bau, der Verköstigung und der Hauspflege zuzuführen. An die Erteilung der Villa Romana sind keine Aufenthaltsbedingungen geknüpft, und es wird keinerlei Gegenleistung erwartet. Der Erfolg hat bisher den Erwartungen recht ge geben. Im Vorjahre waren für drei Preise 218 Be werber. Und zwar durchgängig mit künstlerischen Leistungen bester Art. Berufungen aus der Villa direkt zu Lehrstellen an deutschen Akademien. Trotz dem verkennen wir nicht, daß alles dies nur ein Anfang ist. Die Villa ist trotz ausgesucht schöner Räume und guter Anlage eben Wohnhaus. Und es ist auf das dringendste zu wünschen, daß das Terrain (ca. 15 000 qm), welches zur Villa gehört, mit 2 bis 3 wirklichen Ateliers besetzt werden könnte. Ebenso ist es erwünscht, ein ständiges zweijähriges Atelier mindestens einrichten zu können. Und es ist wohl nicht zu zweifeln, daß die Zeit die Mittel bringen wird. ^lax Klinger. Lin Leit in üer üsvenilchen SemSlüegalerie. Das vornehme gesellige Leben Berlins, das sich sonst im Tieraartenviertel des Westen» abspielt, hatte sich am Montag im Mittelpunkt unserer Stadt, am Sptttelmarkt, wo ein Gewirr von Straßen- ! bahnen sich kreuzt und der Geschäftsverkehr am stärk- l sten flutet, ein Fest geschaffen, wie wir es inter essanter und eigenartiger im Laufe des ganzen Win ters nicht genoßen Haven. Sein Schauplatz war die berühmte Ravenesche Gemäldegalerie, die einzige Prioatsammlung Berlins, die schon seit Iahrzehnren in ganz Deutschland bekannt ist und zweimal in der Woche von Kennern und Liebhabern der Kunst fleißig besucht wird. Louis Raven e, der Chef der namhaften Metall- und Eisen-Groß handlung, die seit der zweiten Hälfte des achtzehn ten Jahrhunderts besteht, begründete in den vier ziger Jahren aus bescheidenen Anfängen eine Bil dersammlung, die von seinem Sohn und Enkel mit liebevollem Berständnis immer mehr erweitert und gepflegt wurde. Gegenüber dem Platz, wo bis vor dreißig Jahren die kleine Spittelkirche wie ein altes verkrümmtes Mütterchen in den Weltbetrieb der Leipziger Straße hineinschaute, erhob sich später der riesige Neubau dieses Geschäfts. In dessen drittem Stock leuchten in einer Flucht von Sälen mit Oberlicht und kleineren Räumen die herrlichsten Kunstschöpfungen von den Wänden. Die ältere Berliner Malerei kann dort wie an wenigen an dern Stellen erfolgreich studiert werden. Kommerzienrat Louis Rave ne. der jetzige Leiter des Geschäfts und Besitzer der Galerie, hatte in ihr etwa zweihundert Gäste aus den tonangeben den Kreisen Berlins versammelt und ihnen vor der Erfrischung mit Speise und Trank auch eine vor treffliche geistige Bewirtung geboten. Zwei Män ner der Wissenschaft, der gefeierte Meteorologe, Professor Hergesell, der Mitarbeiter Zeppe lins bei der Konstruktion lenkbarer Luftschiffe, und Jean Mascart, Astronom der Pariser Stern warte, führten uns in ihren lichtvollen Vorträgen auf die seit zwei Jahren geschaffene Beobachtungs station auf Teneriffa. Auf den „glücklichen Inseln" nahe der Westküste Afrikas, erhebt sich vom Ufer des mrerumspülten Eilandes der Pic de Teyde zur Höhe des Montblancs, einer der gewaltigsten und schönsten Berge der Erde, den vor hundert Jahren schon Alexander von Humboldt auf seinem Maultier erstiegen und in seinen „Ansichten der Natur" in wundervoller Weise beschrieben hat. Das Andenken an den großen Naturforscher ist dort noch überall lebendig in schwindelnder Höhe auf der unvergleich lichen Bergterrasse, wo die von ihm bewobnte Villa noch jetzt steht, wie unten in dem Kurbaus, das einer deutschen Gesellschaft gehört und seinen Namen trägt. Professor Hergesell schildette in an ¬ ziehender Weise die Einrichtungen des dortigen Observatoriums auf den Caäadas mit ihren ver schiedenen Abteilungen, für welche Kaiser Wilhelm inmitten der herrlichen Natur ein transportables Wohnhaus stiftete. Der Franzose Herr Mas cart ergänzte diese Berichte nicht nur in anziehen der Weise, sondern erläuterte sie auch durch eine Reihe von Lichtbildern und die einschmeichelnde Art seines Vortrags, bei dem er sich seiner Muttersprache bediente. Zum Schluß betonte noch Geheimrat Müller von der Potsdamer Sternwarte die große Bedeutung dieses Observatoriums auf Teneriffa, wo man auch den Halleyschen Kometen besser als irgend wo anders beobachten und in photogra phischen Aufnahmen festhaltcn konnte. Dann gaben sich die Gäste an einer Reihe kleiner Tafeln den Freuden des Tranks und der Speise hin, wobei die Männer, Frauen und Kinder, die Tiere des Waldes und die Bögel in der Luft, wie sie auf den Bildern dargestellt sind, ihnen neugierig zu blickten. An der Tafel neben mir hatte der Haus herr die früheren Minister von Möller und Dernburg, den Oberbürgermeister von Berlin, Kirschner und unfern Polizeipräsidenten v. Ja» gow, um sich versammelt, den der Spreewitz seit seinem Briefwechsel mit Frau Tilly Durieur in der Stammtischplauderei als „Tillerich" zu verewigen sucht. Das prächtige Bild von Menzel „Friedrich der Große aus Reisen" hing mir dabei grade gegen über und die stolzesten Schätze der Galerie zu beiden Seiten, rechts die „Kühe" und die Hundekoppel von Troyon und links der Edelknabe mit dem Falke» von Couture. Der unvergeßliche Knaus, der mit achtzig Jahren der Welt so schnell Lebewohl gesagt hat, ist dort mit seinen besten Werken vertreten, vor allem mit dem Porträt von Louis Raven, selbst. In einem der Kabinette sitzt der berühmte, lesende Knabe von Meissonnier und wie viel ande res Schöne von seltenster Art wäre in dieser Galerie zu erwähnen, deren Wert auf die Kleinigkeit von elf Millionen geschätzt wird! Für einen der beiden Troyon sind dem glücklichen Besitzer neulich wieder .300 000 geboten worden. Der Hausherr hatte es meisterhaft ver standen, aus den verschiedensten Kreisen der Ber liner Gesellschaft Parlamentarismus. Staats bebörden. Kunst und Wissenschaft, Handel und In dustrie in ungezwungener und anregender Weise mit einander zu vereinigen, so daß im lebhaften Gc- svräch alle Tagesfraqen berührt werden könnten Kommerzienrat Loui« Raven« hat sich bekanntlich
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