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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.06.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110606017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911060601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911060601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-06
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Bezugs-Preis »«» «U« Ktllxl*» x Ax» <2».tz2t: « «I. ««mll. t«. »t«rr»1tLtzrL L« r»»«sum «Xdrt« »»M täglich, ksx» x F«t«««g, « ««,««. Udoml»««»r»->>nlLl>x» : I, v«t xalrrr» Irigirx. FUtalrx kp-dllrxr«« «xd Lxxahmxltell««, i»»t, V»ftt»tt«rx «xd krt es träger». Gtxigtxxrtxxtxpr»», »Vl. Morgen-Ausgabe. MiMMrTaMaü «Ä.-Ä»schi.^»M Handeiszeitung. «-1.-^1^«^ Amtsblatt -es Aales «nb des Nslizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Lnzeiqeu-PrelS M» Sxserxr» »»» tret»«», «xd Umgeb»»« bi, llpalttg« V«ttU»U» »«Nom«. »etl, 1 Mr.: »»» »»»wärt» LbU »ieNamk, I2V Mk.^ snsera» »«» vehärde» tm m»t- llche» Teil dt» v«ttt»etl» Sl> Pf Setchasteantelgex m« Plaxoerlchnste» x t» der Ldkndauegab« im vreU« erhöht Rabatt nach Tartt Lettogegedüqr (beiamt» anslag« L Mk. 0 laalend erst, vastgedüht TeUdeilagr Höher. FtftettrUt» Nuscrao« können nicht ivttti» arrogen werden Für da» Erich«!»«» a» betttinarten Tagen and Plagen wird ketn» varantl» Ldernommen. Snjetgen » Annahme Jede,»regest, ch bet sämtlichen Filiale» x allen Lnaone»» Slpedtti»»«« de» 2n» »nd Lnelaedex Dnrck »»» Verlag de« Let»»t>« Lage» blatte» E. V»>» Sntzader. va»I KLegex Redektte» »,g L«schast»ll«U.: Iohanntagass« L F»»»t»Filiale Dreede»! Leestrast» < 1 lTrlevhoa SVIX Nr. 155. virnstny, üen s. Juni lSil. 105. IllhrgSNg. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 14 Seiten. vis vxpsMiollsn äss LvlpriSvr VaxodlrUvs und der leSlprigsr' ^llASmsinvn Lvituflßs deäadsa sied aur vood levipriß, IodLUllt8ß»88« 8, VocclerxedLud« pxrterrv ilvks Lm vedäuäs äss lL§6blLttes. Dss Wichtigste. * Im Schlußspiel um di« Deutsche Fußball meisterschaft siegte am Sonntag auf der Dresdener Hygiene-Aus st ellung der Berliner Fußballklub „Viktoria" über den Leipziger Verein für Bewegungsspiele mit 3 : 1. (S. d. bes. Art.) * Auf dem Sportplatz Plauen trug sich am Sonntag ein schwerer Unfall zu. wobei Scheuermann und Stellbrink erhebliche Verletzungen davongetragen haben, daß sie in das Krankenhaus gebracht werden mußten. (S. Sport.) * Auf der Zehlendorfer Radrennbahn kam am Sonntag der auch in Leipziger Sportkreisen wohlbe kannte Dauerfahrer Fritz Theile durch Reifen schaden zu Falle und verunglückte tödlich. (S. d. bes. Art.) , * Im Großen Preis von Hamburg (100 000 .41) siegte Fürst Hohenlohe-Oehringens F.- St. „Kassandra" in einem Felde von sieben Pferden. Das Oefterreichische Derby (114 000 Kronen) gewann Baron G. Springers F.-H. „Deale r". „Golf II" und „Eargantuli" endeten im Felde der Geschlagenen. (S. ^port.) Das bringt üie Keichsuecstcherungsorümmg? II. Invaliden- «nd Hinterbliebenenoersicherung. Der Kreis der gegen Invalidität versicherten Per sonen ist teils erweitert, teils auch eingeschränkt wor den. Neu einbezogen in die Versicherung sind die Gehilfen und Lehrlinge in Apo theken. die Bühnen- und Orchestermit- alieber ohne Rücksicht auf den Kunstwert ihrer Leistungen. Die Betriebsbeamten. Werkmeister und Techniker sollen in Zukunft nur versicherungspflichtig sein, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet. Nach dem Invalidenversicherungsgesetz gilt diese Beschränkung nicht. Versicherungspflichtige, die während oder nach der Zeit eines Hochschuluyzerrichts zur Ausbildung für ihren zukünftigen Beruf oder in einer Stellung beschäftigt werden, die den Uebergang zu einer der Hochschulbildung entsprechenden verficht- rungsfreien Beschäftigung bildet, können sich auf ihren Antrag von der Dersicherungspflicht befreien lassen. Bezüglich der freiwilligen Versicherung sind erhebliche Aenderungen nicht eingetreten. Die Leistungen auf dem Gebiete der Inva lidenversicherung sind wesentlich erweitert worden. Die Invalidenrente selbst ist nicht erhöht worden, doch hat das Gesetz Zuschläge für Familienväter eingeführt. Hat nämlich der Empfänger einer Invalidenrente Kinder unter 15 Jahren, so erhöht sich die Invalidenrente für jedes Kind um ein Zehntel, bis zum höchstens anderthalb fachen Betrage. Ein Invalidenrentner mit 5 unver sorgten Kindern, der bisher 250 .4l Rente bezog, würde also nach der Reichsversicherungsordnung 375 erhalten. Rentenemvfänger, deren Rente schon vor Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung festgesetzt ist, haben auf diese Erhöhung keinen An spruch. Neu eingeführt ist die Hinterbliebenen- versicherung. Verstirbt eine gegen Invalidität versicherte Person, die zur Zeit ihres Todes die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die Anwartschaft aufrechterhalten hat. so haben seine Hinterbliebenen Anspruch auf Rente. Die Witwe er hält eine Witwenrente, aber nur dann, wenn sie invalide ist. d. h. wenn sie nicht mehr ein Drittel des durchschnittlichen Lohnes verdienen kann. Witwerrente erhält nach dem Tode der ver sicherten Ehefrau eines erwerbsunfähigen Ehemanns, die den Lebensunterhalt ihrer Familie ganz oder überwiegend aus ihrem Arbeitsverdienst bestritten hat. der Witwer, solange er bedürftig ist. Waise n- rente erhalten nach dem Tode des versicherten Vaters seine ehelichen Kinder unter 15 Jahren und nach dem Tode einer Versicherten ihre vaterlosen Kinder unter 15 Jahren. Als vaterlos gelten auch uneheliche Kinder. Die Kinder einer verstorbenen weiblichen Versicherten erhalten die Waisenrente auch dann, wenn die Mutter aus andern Gründen die Ernährerin der Kinder war. Hinterläßt der Ver sicherte elternlose Enkel unter 15 Jahren, deren Unterhalt er ganz oder überwiegend bestritten hat, so steht ihnen die Waisenrente zu. solange sie be dürftig sind. War die Witwe, die Anspruch auf Witwenrente hat. selbst gegen Invalidität versichert, so erhält die Witwe a»ßer der Rente ein einmaliges Witwengeld und die Waisen eine einmalige Waisenaus st euer. Die Höhe dieser Hinter bliebenenrenten hängt ab von der Zahl und der Lohnklasse der für den Verstorbenen peleisteten Bei träge. Das Reich zahlt zu jeder Witwen- und Witwerrente jährlich 50 ,4t und zu jeder Waisenrente jährlich 25 ,4t, für jedes Witwengeld einmalig 50 ,4l und für jede Waisenaussteuer 16^ ,4t. Außerdem aewährt die Versicherunasonstalt bei Witwen- und Waisenrenten bei Waisenrenten für eine Waise V-o. für jede weitere Waise V- der Invalidenrente, die der Versicherte zur Zeit seines Todes bezog oder bei Invalidität bezogen hätte. Die Witwen- und Witwerrcnten fallen bei Wiederverheiratung weg. Ein Heilverfahren darf die Versicherungs anstalt in Zukunft auch für die rentenberechtigte Witwe übernehmen. Ferner ist die Versicherungs anstalt berechtigt, die rentenberechtigten Waisen in einem Waisenhause oder in einer ähnlichen Anstalt unterzubringen. Diese wesentlich höheren Leistungen erfordern natürlich auch höhere Beiträge. Bisher be trugen die Beiträge in den Lohnklassen I—V 14, 20, 24. 30. 36 Pf. Die Reichsversicherunqsordnung hat sie erhöht auf 16. 24. 32. 40. 48 Pf. Höhere Lohn klassen sind nicht aufgesetzt worden, dagegen hat die Reichsoersicherungsordnung eine besondere Zu satzversicherung eingeführt. Es sind nämlich alle Dersicherungsvflichtigen und alle Versicherungs berechtigten befugt, zu jeder Zeit in beliebiger Zahl Zusatzmarken in die Ouittnngskarte einzukleben. Sie erwerben dadurch Anspruch auf Zusatzrente für den Fall, daß sie invalide werden. Der Wert der Zu satzmarke beträgt 1 ^4t. Für jede Zusatzmarke, die der Versicherte eingeklebt hat, erhält er als jährliche Zu satzrente sovielmal 2 Pf., als beim Eintritt der In validität seit Verwendung der Zusatzmarke Jahre vergangen find. Hat also jemand im Jahre 1912 1000 Zusatzmarken geklebt, so beträgt dre Zusatzrente, wenn er nach Ablauf von 10 Jahren invalide wird, 200 "tt jährlich. Würde die Invalidität erst nach 30 Jahren eintreten so würde die Zusatzrente jährlich 600 -4t betragen. Daneben wird dann die gewöhn liche Invalidenrente gewährt. Die gewönhlichen Beitragsmarken müssen fortab in jedem Falle mindestens in der letzten Woche eines Vierteljahres einqeklebt werden. Die Vorschriften über das Erlöschen der Anwart schaft sind insofern verschärft worden, als unter Um ständen ein Wiederaufleben der Anwartschaft durch weitere Beitragsleistung nicht mehr stattfindet. Wer die Marken nicht rechtzeitig einklebt, kann fortab angehalten werden, außer der Strafe und anßer den nachgeklebten Marken noch den ein- bis zweifachen Betrag der Marken an die Versicherungs anstalt zu bezahlen. Sur ksnülüstur Graler wird dem „Vogtl. Anz." von „maßgebender konser vativer Stelle" geschrieben: „Trotz der Kundgebung des nationalliberalen Landesoereins halten wir daran fest, daß die Reichs tagskandidatur des Herrn Julius Graser keine K o m p r o m i ß kandidatur, sondern eine natio nalliberale Parteikandidatur ist. Wir Konservativen haben uns entschloßen, für diesmal von der Aufstellung eines eigenen Kandi daten abzusehen und die nationalliberale Kandidatur zu unterstützen, weil wir den gemäßigten, dabei aber gut nationalen politischen Standpunkt des Herrn Städtrctt Graser kennen, und weil wir insbesondere wissen, daß er für di« Aufrechterhaltung der Schutz zölle eintreten wird. Daß Herr Julius Graser sich unsere Unterstützung nur durch Konzessionen oder durch irgendwelche Zusagen, die seiner eigenen Ueberzeugung nicht voll und ganz entsprechen, gewonnen habe, ist für jeden, der die Persönlichkeit dieses hochachtbaren Herrn kennt, vollständig ausgeschlossen. Derartigen Unter stellungen, die entweder aus Mißverständnis oder von interessierter Seite aus bösem Willen ausgestreut worden sind, muß auf das schärfste entgegen, getreten werden. Wenn Herr Stadtrat Graser seine Stellung zu der dem nächsten Reichstag obliegenden Neuordnung unserer handelspolitischen Beziehungen uns gegen über noch besonders gekennzeichnet und klargestellt und dabei seiner wohlbegründeten Ueberzeugung von der Notwendigkeit fortgesetzten ausreichenden Zollschutzes für industrielle und landwirtschaftliche Erzeugnisse Ausdruck gegeben hat. so geschah dies deshalb, weil wir im Interesse desjenigen Teiles unserer Partei freunde. denen die Person und die politische Stellung des Herrn Stadtrats Graser unbekannt war, auf diese Klarstellung besonderen Wert legten." Der Vorstand des Nationalliberalen Landesvereins hat so bestimmt seine Stellung zur Kandidatur Graser gekennzeichnet, daß es recht eigentümlich berührt, wenn die maßgebende konservative Seite sich über diese Kundgebung einfach Hinwegfetzen zu können glaubt. Der Wahlkampf wird zeigen, daß trotz dieser konservativen Erklärung die Kandidatur Graser nicht als nationalliberale Parteikandidatur betrachtet wird. Deutsches Reich. Leipzig, 6. Juni. * Die Delegiertenversammlung des Sesamtver. Landes der Evangelischen Arbeitervereine Deutsch lands findet vom 6. bis 8. Juni in Leipzig statt. Die Tagesordnung weist folgende Punkte auf: Dienstag, den 6. Iuni, nachmittags ^4 Uhr: Aus schußsitzung des Gesamtverbandes; abends 8 Uhr im „Pfauen-Saal" des Zoologischen Gartens: Geselliges Beisammensein der Delegierten mit den Leipziger Freunden. Mittwoch, den 7. I u n i, morgens 9 iHr, ebendaselbst: Delegiertenversammlung, n. Eröffnung mit Gesang und Gebet, b. Begrüßungen, o. Vor trag von Herrn Professor Dr. v. Wenckstern-Breslau über: „Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie." ck. Bericht des Vorsitzenden D. Weber. Mittags 1 Uhr: Gemeinsames Mittagessen (Preis 1,75 ^t). Anschließend ein Rundgang durch den Tierpark des Zoologischen Gartens. Nachmittags 3 Uhr: Fort setzung der Delegiertenversammlung. «. Bericht des Schriftführers Pastor Arndt, d. Kassenbericht, v. An träge. Abends 8 Uhr: Feier des 20. Jahesfestes des Evang. Arbeitervereins Leipzig. Festrede v. Weber. Donnerstag, den 8. Juni: Schluß der Delegierten versammlung. n. Eröffnung, b. Vortrag von Herrn I. Bärrn übe r die Internationale Hygiene-Aus stellung zu Dresden, o. Anträge. Mittags 1 Uhr: Gemeinsames Mittagessen. Nachmittags 3 Uhr: Be sichtigung des Reichsgerichts. Nachmittags 5 Uhr: Besichtigung des Völkerschlacht-Denkmals. Im An schluß an die Delegiertenversammlung findet am Freitag, den 9. Juni, ein Besuch der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden statt (Fahrt mittels Sonderzugs, Preis 2,20 .4t). Der Eintritts, preis wird außerordentlich ermäßigt. Er beträgt bet zahlreicher Beteiligung für di« Person 50 Pf. Für Gaethetsge in Weimar. II. Weimar, 4. Juni. Der alte Zauber der Residenz an der Ilm be- wüyrl sich in zevem Jahre von neuem. Wenn man der Goethe-Gesellschaft lange angehört und ihre Versammlungen häufig mitgemacht hat, so fühlt man sich heimisch in dieser Stadt und steht vertrauter mit ihren Bürgern. Freudig bewegt uns der Ruf des wchaftners „Weimar!", und mit gehobener Seele wandern wir vom Bahnhof aus in die Stadt, die uns Deutschen so viel bedeutet. In den Eoethetagen geht es dort lebhafter zu, als sonst; 600 Menschen sind in die Residenz eingezoaen, und die Nachzügler müßen von Hotel zu Hotel fragen, bis sie ein Zimmer auf- rreiben. Hat man sich aber vorher versorgt, so kann man sich rasch auf den Weg machen und die wichtigste Antrittsoisite abstatten: bei Er. Exzellenz dem Herrn Staatsminister von Goethe. Er ist immer zu Haus für uns, und wir wißen, daß wir freundlich aus genommen werden. Wir steigen die breite Treppe hinauf und sehen uns in dem großen Salon, wo die Kolossalbüsto der Juno Ludooisi steht, und der Flügel, an dem Felix Mendelssohn dem Dichter vor- gespielt hat. Hier pflegte Goethe seine Besucher zu empfangen, und oft war die ganze Fensterflucht des ersten Stockwerks erleuchtet und zeigte den Wei maranern an, daß beim Geheimderat Gesellschaft war. Nach dem Garten zu liegt das Arbeitszimmer, in dem Goethe wohl den größten Teil seiner 50 Wei marer Jahre zugebracht hat; mit Ehrfurcht erfüllt uns dieser kleine, bescheidene Raum, wo so viele un sterbliche Meisterwerke entstanden sind. An das Ar- beitszimmer grenzt dicht da» Schlafzimmer, auch Sterbezimmer genannt. Tiefe Stille herrscht in diesen Räumen, nur flüsternd tauschen die Besucher ihre Bemerkungen aus. und ein andächtiges Gefühl erfüllt sie alle. Dollbelaubt stehen die Bäume des Gartens in der Junisonne, und auf ihnen mag Goethes Blick ost geruht haben, wenn er beim Dik tieren durchs Fenster blickte oder morgens, des neuen Tages froh, sich vom Schlummer erhob. Wir wandeln weiter durch da, Haus und wißen, daß wir bei Goethe zu Gast find. Wir sehen ihn nicht körper lich, aber fühlen ihn geistig, und sein eigenes Wort: kommt uns in den Sinn: Die Stätte, die ein guter Mensch betrat. Ist einqeweiht; nach hundert Jahren klingt Sein Wort und sein« Tat dem Enkel wieder. * Aber achs Luch manche Wehmut beschleicht uns, wenn wir nach Weimar wiederkehren. Co viele, die der Goethe-Gesellschaft Führer und Freunde waren, sind dahinqeschieden und sollen uns nicht mehr durch Wort und Gegenwart erfreuen. In seinem Jahres bericht erinnerte ErichSchmidtan den Martins- lag des vorigen Jahres, an dem der 100. Geburtstag Eduard von Simsons pietätvoll gefeiert wurde, des ersten Präsidenten der Gesellschaft, der als junger Mann noch von Goethe freundlich ausgenommen wurde. Ein aufrichtiger Freund der Gesellschaft war auch Josef Kainz, den das letzte Jahr uns raubte. Er machte in Weimar einst mit seinem vulkanischen Temperament und seinem modern nervösen Emp finden den Taßo lebendig, und vortrefflich charakteri sierte ihn Erich Schmidt mit wenigen prägnanten Worten: „Ein Meister der Gestaltung und des Wor tes, ein Verjünger und Beschwinger des altklassischen Repertoires, ein herrlicher, liebenswerter Mensch!" Auch Friedrich Spielyagen, der dahingegangen ist, war bei der Gesellschaft zu Gaste und hielt uns einstmals einen Vortrag aus der reichen Schatz kammer seines Dichtens und Denkens. Auch von den eigentlich"!! „Goethebeamten" fehlt einer in diesem Jahre: Bernhard Suphan, der Direktor des Archivs. Man erinnert sich, unter welch tragischen Umständen er aus dem Leben schied. Erich Schmidt entwarf ein Bild seiner Persönlichkeit in großen Zügen. Suphans Schriften enthalten Köstliches. Er verfügte über ein außerordentliches Wißen, eigenste Auffaßung und eigensten Ausdruck; Empfindsamkeit verband sich in ihm mit Empfindlichkeit. Zartheit mit Zähigkeit. Einen wohlverdienten Ruhm hat er sich erarbeitet und erkämpft. Das schleichende Leiden, das ihn schließlich hewältigte, beeinflußte sein Wesen schon Jahre vorher. Wenn uns das Hin scheiden Suphans auch ein ^kernmito rnori bedeutet, so wollen wir dies Wort in ein Ickernsnto vivsrv um wandeln: Gedenke, daß du leben mußt und leben und weiterschaffen sollst, es bleibe dem Archiv der Gei st Suphans! — Der Unterzeichnete entsinnt sich Suphans aus dessen frohester, arheits- und hoffnungs reichster Zeit. Auf dem großherzoglichen Schloße, wo damals noch das Archiv untergebracht war. legte er in meine Hand das gewichtige Paket, das die dra matischen Entwürfe Schillers enthielt. Einige von ihnen studierte ich als Material für eine wißen« schaftliche Arbeit. Täglich sah ich ihn dort, und immer war er heiter und liebenswürdig und bereit, zu fördern. Ehre dem Andenken diese» Mannes, der unserer deutschen Wissenschaft zur Ehre gereicht! Nach den Nekrologen wurden wir dann rasch in das Lehen der Gegenwart zurückgefilhrt. Santtäts- ratVulpius.der von einem Bruder der Thristiane stammt, regte cm, den Schillerbund-Festspielen, di« allsommerlich im Weimarer Hostheater stattfinden, und die der deutschen Jugend unsere klassischen Meisterwerke vorführen sollen, eine Ehrengabe zu bewilligen. Es wurden 2000 -A gestiftet. Die große Goethe-Biographie, die der Jnjelverlag mit einer Subvention der Gesellschaft herausgibt, wird 1913 er scheinen. Der in Zürich im vorigen Jahr neu auf- gefundene „Ur - Meister" ist für das Goethe- und Schiller-Archiv erworben worden und wird im Druck in der Sophien-Ausgabe von Goethes Werken er scheinen. Die Söhne Suphans haben die sehr wert volle Herder-Bibliothek ihres Vaters, die 300 Bände umfaßt, dem Archiv geschenkt. Der Katalog von Goethes Privatbibliothek, den Prof. Dr. Schüddekopf bearbeitet, befindet sich im Druck; ein großer Führer durch das Goethehaus ist von Frl. Dr. Schütte-Leipzig auf das sorgfältigste aus gearbeitet und bereits erschienen. Trotz beschränkter Mittel sind zahlreiche Ankäufe für das Goethe- Museum und das Archiv gemacht worden. Aus den Mitteilungen, die Herr v. Oettingen machte, in dessen Händen jetzt die Leitung des Museums wie des Archivs vereinigt sind, geht hervor, daß die Goethe- Anstalten Weimars sich in lebendiger Entwickluna be finden. O Am Nachmittag des Sonnabends fuhr die Gesell schaft nach dem Bade Berka hinaus, das durch mannigfache Erinnerungen mit Goethe verknüpft ist. Berka ist ein stattliches Dorf und kleines Schwefel, bad. für das sich Goethe sehr interessiert hat. Das Kurhaus wurde noch zu Lebzeiten des Dichters gebaut (1825); es hat einen schönen Saal mit einem inter essanten Tonnengewölbe als Dach und genügt seinem Zwecke auch heut« noch vollständig. Aber den Berkaern ist es nicht mehr modern genug und sie wollen es gern Niederreißen, wogegen die Hüter der Goethe-Erinne rungen sich gar sehr sträuben. Di« alte Schwefelquelle läuft lustig weiter, und in ihrer Nähe zeigt man ein ganz kleines Haus, wo Goethe gebadet hat. lieber Goethe und Berka unterrichtet sehr hübsch und or^r.d- lich ein zierliches kleines Heft, das von Prof. Gräf für den Goethetag verfaßt und bei Kiepenhauer rn Weimar erschienen ist. Sehr herzlich wurden wir von der Berkaer Bevölkerung begrüßt. Unsere Gastgeber hatten die alten Bauernkostüme aus der Zeit zwischen 1780 und 1810 hervorgesucht und führten eine Bauern hochzeit auf. Nach den Dorreitern kam di« Musik, die das „Heil dir im Siegerkranz" blies, dann folgten zahlreiche Paare, di« sich zu ländlichen Tänzen ver- einigten. Hierauf kam. von stattlichen Ochsen- ge zogen, der Hochzeitswagen heran, von dem Braut und Bräutigam fröhlich herabwinkten. Sehr lustig nahm sich der folgende Wagen aus. der mit der ganzen be- weglichen Habe des Paares bepackt war. Schränken und Tischen. Wanduhr und Vogelbauer. Würsten und Schinken. Drei munter singende Handwerksburschen schloßen den Zug, der sich zum Kurhaus begab, wo man die Teilnehmer und Teilnehmerinnen smiter beim Bier und Tanz sehen konnte. Wir zogen nach der Wilhelmsburg, wo wir uns unter den Fichten des Waldes an sauber gedeckten Tischen an Kaffee und Kuchen erlabten. Junge Mädchen in Bauerntracht schenkten den Kaffee ein, und wenn wir sie sahen und der anderen stattlichen Mädchen gedachten, die vorhin im Hochzeitszug marschierten, so mußten wir daran denken, daß der greise Goethe im Jahre 1830 dem jungen Felix Mendelssohn verboten bat. nach Berka zu fahren, „weil", wie Felix nach Hause berichtet hat, „da ein schönes Mädchen wohne, und er mich nicht ins Unglück stürzen wolle". Das ist 81 Jahre her, und seitdem hat die Raße sich nicht ver schlechtert. „Fräulein, noch ein Täßchen!" * Bei dem Festmahl, das di« Mitglieder am Abend versammelte, klangen die mannigfachen Anregunaen. die der Goethetag gebracht hatte, in den Reden wider. Der Karlsruher Generalintendant Dr. Bürklin sprach auf Prof. Marcks, der am Vormittag über Goethe und Bismarck gesprochen hatte, indem er den bedeutenden Historiker charakterisierte und die Summ« seines Schaffens zog. Marcks antwortete in schwungvollen Ausführungen. Der Damentoast des Prof. Klaar aus Berlin nahm seinen Ausgang von Goethes „Natürlicher Tochter" und entwickelte sich zu einer geistreichen Wirkung dieser Dichtung. Herr Norden aus London, ein Abgesandter der English Goethe-Society, überbrachte eine Ein ladung zur 25jährigen Jubelfeier dieser Gesellschaft. Sie ist ein Jahr nach der deutschen gegründet worden. Die echten Weimarpilger laßen sich aber an den offiziellen Veranstaltungen des Goethetages nicht ge- nilgen. Da gibt's noch manche stille Klause in Weimar, wo es sich gut und lange bei den Getränken sitzen läßt, die aucb Goethe sich gut hat schmecken laßen, und wo wir den Dichter weiterfeiern können, der uns di« Erdenfreundfchast und die Lebensfreude ge- lehrt hat. Dr. ImZvix gtsttsnsisivi. !
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