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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111228011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911122801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911122801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-12
- Tag1911-12-28
- Monat1911-12
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Morgen-Ausgabe Bezvfl-.Prei» Luzeign». Preis »ieneUadrl <»« »»ter» 8U«»le» » U» «ahmeftelle» ak>«k!>»u » «. «o»att, LL «t oleaeMchru Nr. 35S los. Ishrgsny vonnerstsg. üen 2§. Oezemver lSU 1SZ.50 24 Seiten u.n i»e Saal» pten per 172,SO 124,75 11^75 rr7,- 4Z<»I 177^70 rn- ZVZ- 1^- ri». 15Z, Rosen- late 54'1». IN,. SZ, vorhe» isö?rr» lenden, KV», selt 5 oos. HW- Unsere gestrige Abendausgabe umsaht 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen * Von Ceuta sind 2000 Mann spanische Truppen nach Melilla abgcgangen. (S. bes. Art. S. 2.) * Die Aussperrung in der englischen Baumwollindustrie hat begonnen. (S. Ausl. S. 9.) * Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht ein Ge setz über die Verlängerung der Gültigkcits. dauer des Gesetzes betr. militärischeStrast rechtspflege im Kiautschau-Gebiet. " Rach einer türkischen Meldung soll die ita lienische Flotte wieder im Aegäischen Meere gesichtet worden sein. (S. bes. Art. S. 2.) aus Y.in nd zwrr U'-r, Ü17 : 55 iiilo ttndgcw. n». l«z- rk ?an u r.er^, den für * Der deutsch-japanische Handels vertrag ist nunmehr offiziell verlängert worden. (S. Dtsch. R. S. 9.) Tel.-Anschl. E »4 «ss j148S4 S5.N i»ö- irs,7s Z7»!- »rn - . - s K SSS lR«ch»«.iquqi Lel.-Jlvschl. r >4«S3 i 14 884 Amtsblatt des Rates und des Volizeiamtes -er Ltadt Leipzig 1. sinn 54,.5» Sss Wichtigste. * Die Prinzen August Wilhelm und Oskar von Preußen sind zu Ehrcnrittern des Johanniterordens ernannt worden. r7s,ss - irs.ss icksltrn 55.- 54.55 tzäsl-loiS. zeir und vorige Saison 155174 24551 145ZO 2ZZ5N 155ZZ 5755 ier-z 8124 z?4» o! <j. anicrtk. Wcizeu da —,— <-l- rs«>. * Der englische Konsul von Schiras Smart ist von Persernüberfallen worden. Ucber seinen Verbleib herrscht Ungewißheit. * Der Fischvergiftung im Berliner städtischen Obdachlosenasyl sind 18 Männer zum Opfer gefallen. (S. Tageschr. S. 10.) ! - 27»,- ! ZU,so 25»,- 15S,- iro,- >! isz.so ! 1S0,- rrr.ro > 75- iro- fN Snferati a»» »nd Umgebung «» llpaltta» VetlU«"« L Pf di« Reklame- »,U» I NN. »»» andwän» 50 Pf. Reklame» UV Ml. 2n>«ral« »»» ««doidrn »m antt- ltch«» Tetl di« P«Nt»«ti« «I Pf »«fchästdandit,«, mtl Pia»voklchnf««n im Prey» erdödl Rabatt nach Taris. Vetlagegedllhr Telaml« anfiag« b Ml » Ianl«nd «rkl. Postaeinihr. TeNdetla,, döb«r FefteNetU» iilutträa« können ittcbt nurück- ar»»g«n werde». »Sr da» Ertcheinen an bestimmten Tagen und Plag«» wird keine ibaranti« übernommen. Ülnt«ig«n - tlnnadm«: I»da»ai»«»l1« 8, b«i lSmiliche» Ktltale« » allen iünnoncen- Ervdbitlon«» de» 2n» and »»»lande». »rn« »ad vertag »»» glich», » ttürge, Inhaber: Pani ttürfte». Medattion »nd »«Ich51t»v,ll»: 2»danni»ga!i« il Handt-gtlial« D»«»d»»r Seeftrag« < i lTeieptzon 4Ü21). «4,- 1555 Zise», 11,.N no.ro im diplomatischen Dienst bisher dein Bürgertum verschlossen scl)einen. Das ist ein Bann, den unsere Staatsleiter alle Veranlassung haben zu brecl-en. Ob sich damit die Lelstungsfähigkcic unserer Diplomatie steigern wird, das kann frei lich nur die Erfahrung zeigen. Frankreich, das ja eine sehr vornehme, heute aber ganz machtlose Aristokratie besitzt, hat unter dem republikani schen Regiment den größten Teil seiner Diplo matie mit Männern von einfachster Herkunft besetzen müssen. Vielleicht werden sic im gesell schaftlichen Auftreten, in dem damit gewöhnlich verbundenen Takt, der in so prüsentativcr Stel lung wünschenswerten Würde und Sicherheit usw. nicht allen Ansprüchen genügen, aber niemand wird bestreiten, daß sie durch ihre Leistungen diese Mängel auswetzen, und keine fremde Regie rung verweigert ihnen die vollste Gleichberech tigung mit den Prinzen und Grafen, die andere Mächte als ihre Kollegen senden. In der diplo matischen Welt entscheiden heute an letzter Stelle nicht Aeußerlichkeiten, sondern die Fähigkeit, die Interessen des eigenen Landes zur Geltung zu bringen. Der Besitz dieser Fähigkeit allein darf bei der Auswahl entscheiden, und es müßte wirt lich seltsam zugehen, wenn sich auf diesem Gebiete unsere bürgerlichen Kreise als völlig ungeeignet erwiesen. innerhalb Deniichlond» an» der dentfchen Kolonie» oierteliddtl 5.« VN. «onatt. 1LV MI au»schl P»ltd»ft»0aeld Kern« in Bria««», danemair »en dononftaaten. Italien, Laremdai» R>«d»rt»»d». R«» wen«», ^>en»ei»>a Unuoin Bubland, Schweden, ve>w»U » S»o»«e» 3» ollen üdlinen Sloan» »»» anekt d»,ch dt« <b»lcha>l»it,U« Blatte» «rhaUUüb Da» e«>p,«,„ Ta,«blatt er»»«»« »«al täpua» San». » K«i,r»aa» »»> m»r„»^ Vdonn»m,»»».<o»ad«» 3«ba»»t»a»Ii» l^ bei »nie«,» 1 raaer» liiUate». Spedtteore» und Vaaahmeliill«» >«»», Ballümter» «»b Bn«N,a„r» >»«»«>»,,t»,!»»,,»» 10 U4 Die üeuMe Diplsmstte. (Don L. Ra sch lau, Kaiserl. Gesandter z. D.) Die Frage der Reformbedürftigkeit unseres Auswärtigen Amt- Hot sich in unserer öffent lichen Meinung dahin zugespitzt, ob unsere Diplo matie ihrer Aufgabe gewachsen sei. In einem großen Teil unseres Volkes ist man — mit Recht oder Unrecht — mit dem Gange unserer aus- wärtigen Politik seit Jahrzehnten nicht einvcr-. standen, und man sucht die wesentliche Schuld an dem angeblichen Mißerfolg in der unzu- Die Wahrheit über üie SoMtüemakrstie. Bei der bevorstehenden Neichstagswahl ist cs die erste und dringendste Pflicht aller bürgerlichen Par teien, die Sozialdemokratie mit aller Kraft nicder- zuringen. Hier kann es uns darf es kein Zögern und Zaudern geven, hier gibt es nur eins: einmütiger, rücksichtslofer Kampf gegen die rote Flut auf der ganzen Linie. Wer in diesem Kampfe zu leickt befunden werden sollte, würde sich selbst ausstreilyen aus Len Reilfen der Rational- acsinnten. der deutschen staatstreuen Bürger: denn die Sozialdemokratie i st und bleibt eine gemeingefährliche Partei. Darüber kann niemand im Zweifel sein, und ob auch die sozial demokratischen Agitatoren vor den Wahlen sich mög lichst friedlich gebärden, es bleibt dabei: die soz äl- demokratie ist revolutionär uiild bedroht das eigene Vaterland durch den Umsturz der bestel)endcn staars- und Gesellschaftsordnung. Der Kampf gegen den inneren Feind, der die Massen bewusstermaß'n durch einen beispiellosen Terrorismus systematisch auf wiegelt. ist nicht minder ernst und wichtig als der Kampf gegen äußere Feinde. Die Geschichte der Sozialdemokratie beweist es, mit welcher unerhörten Dreistigkeit die Führer der roten Internationale den deutschen Namen geschändet, das deutsche Vaterland mit Füßen getreten haben. Als Deutschlands Söhne 1870 71 in weltgeschicht lichen Siegen mit heldenmütiger Tapferkeit das neue Deutsche Reich ausrichten, da bezeichnete sie Karl Marx als „Schurken und Narren", und Liebknecht und "Bebel verherrlichten von der Reichstagstribüne herab die Greueltaten der Pariser Kommune. Bebel betont« am 14. April 1871 im Reichstage, „daß die Pariser Kommune stellenweise noch mit einer Mäßi gung verfahren sei, die wir vielleicht in einem ähn lichen Falls in Deutschland schwerlich anwendcn wür den." Auf dem Parteitage in St. Gallen führte Bebel aus: „Wer freilich glaubt, daß auf friedlichem Wege die letzten Ziele des Sozialismus erreicht wer den können, der kennt dieselben nicht, oder aber er ist ein Betrüger." Im „Vorwärts" las man: „Za. wir sind Revo lutionäre, die die bevorstehende Umwälzung wirt schaftlicher und politischer formen als eine innere Notwendigkeit der Geseilschast betrachten." Auf dem Parteitage in Jena sprach es Bebel aus: „der Massenstreik, hinter dem die blutige Revolution lauert, ist unser Kampfmittel." Die Sozialdemo kratie bekennt sich offen zur Revo lution. Kautsky schrieb: „Es gilt, den Gegner niedcr- zuwcrfen und ihm die Macht abzunehmen." Lieb knecht erklärte: „Der Sozialismus ist eine Macht frag«, die nur auf der Straße, auf dem Schlachtfeld« zu lösen ist." Singer rief die Massen auf: „Die Gemüter müssen revolutionär gehalten werden." Bebel sagte: „Wir sind gegen alle Autorität, himm lische wie irdische." Noske stellt« 1910 für die kommenden Wahlen die „Forderung der Republik". Zentgraf rief soeben in einer Versammlung in Gotha aus: „Der Militarismus muß mit allen Mit kin bekämpft werden, bis zum Kampf mit dem Messer!" Der „Vorwärts" schrieb vor einigen Zähren zur Verherrlichung der Schreckensherrschaft der Pariser Kommun«: „Die Kommune, das war die neue Welt, das war der Sozialismus." Di« Sozialdemokratie ist die ge schworene Feindin Les Vaterlandes: Franz Mehring schreibt in seinem Buche „Die deutsche Sonaldemokratie": „Der innerste Kern der Sozialdemokratie ist Haß gegen das Vaterland." Liebknecht sagte: „Das Wort Vaterland, das ihr im Munde führt, hat für uns keinen Zauber; Vater land in eurem Sinne ist uns ein überwundener Stand punkt, «in kulturfeindlicher Begriff." Die Sozialdemokratie will die Reli gion beseitigen. Karl Marx schrieb: „Ver nichtung der Religion werd« der Anfang des wirk lichen Glückes des Volkes sein." Friedrich Engel» sprach sich folgendermaßen aus: „Wir haben der Re ligion und den religiösen Vorstellungen «in für alle mal den Krieg erklärt." Wilhelm Liebknecht wandte sich gegen die Religion mit den Worten: „Das Thristentum ist Knechtseligkeit. Fäulnis, Tod." Die Sozialdemokratie ist die ärgste Feindin de» Bauernstandes. Zhre Wort« und Taten reden in dieser Beziehung eine laute Sprache: Da» Zerrtralorgan der Sozialdemokratie, der reichenden Besetzung unserer auswärtigen Ver tretungen. Ist dieser Vorwurf begründet? Die Frage ist durchaus nicht so leicht zu beantworten. Die Tätigkeit unserer aus wärtigen politischen Vertreter vollzieht sich ge rade rn ihrenr wichtigsten Teile in Formen, die fast durchweg dein Einblick des Publikums ver borgen bleiben. Ein auswärtiger Vertreter, der bei Reklamationen geschädigter Deutscher Eifer entwickelt und im übrigen freundschaftliche Be ziehungen zur Kolonie unterhält, findet bei uns unschwer eine sogenannte gute Presse. Das sind aber Seiten seiner Tätigkeit, die verhältnismäßig *eicht zu erfüllen sind. Wie er aber in der ihm obliegenden Haupttätigkeit, in der Führung wichtiger politischer Verhandlungen und in dec Berichterstattung an seine vorgesetzte Behörde wirkt, davon erfährt die Öffentlichkeit so gut wie nichts oder nur bei ganz außergewöhnlichen Vorgängen. Die regelmäßige Wirksamkeit eines Bot'.cl-asters bleibt dem Publikum unbekannt und muß es bleiben. Letzteres ist nicht in der Lage zu beurteilen, ob die erfolgreiche Tätigkeit un serer Diplomatie ihr oder der sie instruierenden Zentralbehörde zu verdanken ist, und es tveiß ebensowenig, ob ein Mißerfolg der Bericht erstattung des Botschafters oder der verfehlten Strategie des verantwortlichen Ministers zuzu schreiben ist. Die Folge dieser Unkenntnis ist dann natürlich eine unzutreffende Einschätzung der Beteiligten. Mit der Verurteilung in Bausch und Bogen begeht also unsere öffent liche Meinung eine Ungerechtigkeit, die von manchem Betroffenen, der seine Pflicht tut, schmerzlich empfunden wird. Man wird sich aber der Einsicht nicht ver schließen dürfen, daß in unserer Diplomatie Män gel bestehen, die die volle Ausnutzung dieses wichtigen Werkzeugs der Staatskunst stark be einträchtigen. Ich will an dieser Stelle nur einen herausheben, der gerade in den letzten Monaten, wo man die Möglichkeit eines genaue ren Einblicks in ihre Tätigkeit gehabt hat, be sonders stark hervorgetreten ist. Man hat in weilen Kreisen den Eindruck, daß es, verglichen mit der Diplomatie anderer Großmächte, der nnsxigen an Initiative und Regsamkeit gebricht. Vielleicht liegt der Fehler weniger in den Anlagen der Persönlichkeiten, als in der herrschenden Routine, im System. Unter dem großen Kanzler, auf den wir bei solchen Betrachtungen immer zurückzugehen pflegen, haben unsere Diplomaten sich ganz und gar nach den Weisungen des Meisters richten müssen. Kaum daß der einzelne Botschafter sich getraute, in einem amtlichen Bericht eine bedeutsame An regung oder gar eine Vorstellung gegen die an der Zentrale herrschende Auffassung zu machen. Die Botschafter haben einzuschwenken auf Kom mando wie die Unteroffiziere, so lautete die Parole. Dieses System mußte notgedrungen einen Wandel erfahren, als der Gewaltige schied. Waren bisher unsere Vertreter mehr Aus führende, so mußten sie jetzt mehr Mit arbeitende werden. Das scheint aber in dem wünschenswerten Maße nicht geschehen zu sein. Man hat iininer wieder den Eindruck, daß unsere Diplomatie die Dinge zu sehr an sich hcrankom- men läßt, ohne ihnen, in übertriebener Zurück haltung, entgegenzugehen. Sie kommt damit ins Hintertreffen. Nun sucht man in unserer öffentlichen Mei nung sich dieses mehr passive Verhalten daraus zu erklären, daß bei uns die Diplomatie einem bevorrechteten Stand entnommen wird, und der Ruf ist allgemein, daß die Bevorzugung des Adels aufhörcn müsse. Bestände dieses Vorrecht grundsätzlich, so wäre es in der Tat ein Unglück. Wenn ein bestimmter Stand, ohne innere Berech tigung, d. h. ohne die Voraussetzung, daß ihm tatsächlich die erforderlichen Eigenschaften in er höhtem Maße beiwohnen, im Staatsleben bevor zugt wird, so geht naturgemäß seine Leistungs fähigkeit zurück. Es sind auf die Länge immer nur die ringenden und strebenden Elemente, die zu Großem fähig sind, und das Bürgertum, dem das heutige Deutschland seine große wirtschaft liche Kraft verdankt, aus dem Mitbewerb auszu schalten, wäre eine Verkehrtheit. Diese Ansicht wird ja auch ohne Zweifel von allen unseren Staatsmännern geteilt. Wer im öffentlichen Le ben steht und den Nutzen des Staats im Auge hat, kann heute gar keine andere Auffassung haben. Aber der Durchführung legt sich eine Macht in den Weg: die Tradition. Jedes Jahr wehrt sich der Kriegsminister energisch ge gen den Vorwurf, er begünstige die Ausschließ lichkeit des Adels in gewissen Regimentern. Und dennoch ändert sich nicht viel in den Zuständen. Aber, wie es scheint, mehr aus Gründen, bei denen der Minister nicht mitsprechen kann. Ja, die bürgerlichen Kreise selbst tragen Bedenken, in Kreise einzutreten, in denen sie sich beengt fühlen würden. Bei der Diplomatie liegen die Verhältnisse günstiger; das bürgerliche Element ist hier bereits stärker vertreten, als man ge wöhnlich ausrechnet, denn bei einer solchen Sta tistik muß man die Frisch geadelten ver nünftigerweise de ni Bürger st ande zu gesellen. Freilich, der Eindruck, daß der Adel eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Lauf bahn in der Diplomatie sei, wird durch die übliche Nobilitierung verstärkt. Und dazu kommt, daß tatsächlich die besten und wichtigsten Stellen achlichen Fragen ausleben, so hätte das Volks ganze mehr davon. —v. Regierung mit» vrrlchnwrene. Zwischen der Regierung und den Alldeut schen hat es wieder ein kleines Geplänkel ge geben. Bei den Sammlungen für die Geschädig ten in Bluneenau wollte das Auswärtige Amt den Alldeutschen Verband als solchen nicht her- anzichen; der Alldeutsclze Verband hat darauf eine besondere Sainmlung für die Südbrasilianer eingeleitet. Von «Politikern, die man als all- dcuisch bezeichnen kann, ist ehedem den Deutschen in Brasilien eine besondere Aufmerksamkeit ge widmet worden; man hat in diesen Siedlungen die Grundlage zu einem deutschen Staatswesen erblickt und für die praktische Politik daraus Folgerungen ziehen wollen; diese Gedanken sind in Süd- und Nordamerika nicht vergessen; von nicht deutschfreunülick)er Seite werden sie zum positiven Schaden des Deutschtums ausgenutzt; das Auswärtige Amt als Bewahrcrin der Gegcn- wartsinteressen des Deutschen Reichs und seiner Angehörigen empfindet die Verpflichtung, solche Schädigungen abzuwenden. Mag dieser Zusam menhang nun ausdrücklich von einem Mitglieds des Auswärtigen Amtes gegenüber einem Mit glied« des Alldeutschen Verbandes ausgesprochen sein oder nicht, so ungefähr werden die Tinge wohl liegen. Daran ist nichts besonders Auf fallendes. Aehnliches vollzieht sich überall. Ein Kaiser muß gegen die Kaiserlichsten, ein König von Preußen gegen die Preußischsten, ein bayri scher König gegen die „besten Bayern", ein Papst gegen die Päpstlichsten auftreten. Oft sind die Verwalter der Gegenwart beschwert und beengt durch die Pioniere der Zukunft und die aus schweifendsten Anhänger. Ter Gegensatz zwischen Alldeutschen und deutscher Regierung ist nicht ein Gegensatz der Personen. Tas ist er gewißlich heute auch: er hat sich sogar zum heftigsten persönlichen Streite zugespitzt; alldeutsche Politiker provo zieren und verunglimpfen fortgesetzt den Staats sekretär des Auswärtigen Amtes; aber dieselben haben vor Wut geschäumt, als Staatssekretär v. Schoen am Ruder war, und wenn heute der Vorsitzende des Alldeutschen Verbandes zum Staatssekretär gemacht werden würde, würde in wenig Wochen die Wut über ihn in den Kreisen seiner ehemaligen Anhänger wahrscheinlich noch größer sein; je enger vorher die Fühlung, desto lchärfer der Bruch, desto wilder der Haß; an einen Bekannten vermag der Haß, der etwas Vampir artiges hat, sich besser anzusaugen als an einen Unbekannten. Jetzt saugt er vom Blute d«S Staatssekretärs v. Kiderlen. Gewisse alldeutsche Politiker — nicht alle, waS hier gesagt ist, gilt immer nur von einem Teil« der an Individuali täten reichen Organisation — sind von dieser Beschäftigung ganz yingenommen; schon seit Wochen vernachlässigen sie andere Aufgaben und sie glauben ihre Einseitigkeit mit dem Hinweise rechtfertigen zu können, daß eS heute nur darauf ankomme, diesen Mann von seinem Posten zu jagen und erlittene Unbill zu rächen — das echte Bild des Fanatismus, dem so oft irgendein gewaltsames Geschehnis als die dringendste For derung des 'Tages erscheint, obwohl dadurch nichts Wesentliches an den Verhältnissen geändert würde. Dauert dieser Zustand noch lange, so wird man es als Irrtum Kiderlens erkennen lernen, daß er glaubte, mit alldeutschen Kreisen Füh lung nehmen zu können ohne weitere Folgen für die Zukunft. Betrachten wir einen Ausjchlütt aus der Zeit der Fühlung. Dem Staatssekretär ist die Schrift des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandet Dr. Elaß: „West-Marokko deutsch!" bekannt gewesen, bevor sie in der Oefscnt- lichkeit erschien. So gibt, übrigens in indrrcktec Rede und scheinbar auszugsweise, das Protokoll der Budgettommission des Reichstages eine Aeußerung Kiderlens wieder. Trotz dieser Un- vollständigleit der Quelle hat Elaß ertlärt, die Behauptung des Staatssekretärs sei „unrichtig". Ter Staatssekretär habe in dem Broschüren entwurf nur geblättert. Nun l^eißt es aber im übernächsten ^>atz des Protokolls: Er (der Staatssekretär) habe vielmehr dem Herrn, der sie ihm im Entwurf gezeigt habe, ausdrücklich vom Druck abgeralen. Durch die;en späteren Satz wird der frühere erläutert; durch ihn erhält der Hörer und Le^er genau das Bild von dem Vor gang, wie Claß es entwirft: irgend jemand hat dem Staatssekretär den Entwurf gezeigt, und dieser hat, so gut es bei solck-er Gelegenheit geht, davon Kenntnis genommen. Obwohl, falls hier ein Unterschied der Darstellung vorhanden wäre, es gleichgültig wäre — Claß selbst deutet das mit Recht an — und keinen Menschen inter essieren würde, hat diese Sache doch eine Rolle, wenn auch nicht die Hauptrolle, in den Vor würfen gegen den Staatssekretär gespielt. Nicht gleichgültig aber war die Behauptung, daß der Staatssekretär die Schrift gebilligt habe. Gegen diese in der Presse ausgestellte Behaup tung hätte von alldeutscher Seite, wo man das Gegenteil wußte, sofort Widerspruch erhoben wer den sollen. Es ist, soviel wir beobachtet haben, nicht geschelsen. Bon Deutschland und England ist die Erörte rung auf die Art der Uebermittlung einer Bro schüre abgeirrt. Auch das ist typisch. Wir wollen nicht in den gleick-en Fehler verfallen. Ter All deutsche Verband wird weiter bestehen und wird hoffentlich weiterhin eine segensreiche Tätigten zur Schärfung des völkischen Ehrgefühls und zur Bekämpfung alles Undeutschen in den Seelen und Gewohnheiten der hierin bekanntlich beson ders lässigen Deutschen fortsetzen. Er wird auch fortfahren, auswärtige Politik zu treiben, und wird dabei mit dem Staatssekretär des Auswärti gen u<nd dem Reichskanzler Zusammenstößen, mögen sie heißen, wie sie wollen. Sind aber die Leiter des Verbandes verständige Leute, so werden sie diese Zusammenstöße nicht ohne weite res der Unfähigkeit und Niedertracht der Ne gierungsmänner auf diechnung setzen, sondern sie werden sie als naturgemäß betrachten. Der Alldeutsche Verband hat nicht den Charakter eines Wohltätigkeitsvereins, der desto mehr leisten kann, je mehr Mitglieder er zählt, sondern, wenn wir die in ihm wirkenden Kräfte und Pcrsön- ichkeiten recht verstehen, den Charakter einer Gemeinde, einer „heiligen Schar" von deut- chen Vorkämpfern, von „Verschworenen". Er vricht nicht die Sprache, die unter gewöhnlichen Verhältnissen allen 65 Millionen Angehörigen des Deutschen Reiches verständlich ist und ihre Zustimmung findet. Er spricht für die Aus erlesenen. Tas ist vielleicht kein Fehler, es liegt eben in seinem Wesen. Genau umgekehrt ist die Aufgabe einer jeden nicht pflichtvergessenen Re gierung. Sie muß sich aufs emsigste bemühen, für den Ernstfall alle Parteien, Gruppen, Volks kreise, Klassen und Rassen zu gemeinsamer Kraftanstrengung zu vereinigen. Für den Ernst fall wäre es nicht wünschenswert, daß eine Schar von mutige' zur Selbstaufopferung bereiten Männern vorausstürmt, aber niemand nachfolgt. Es ist wichtiger, Herz und Sinn der dem natio nalen Gedanken nicht so ergebenen breiten Mas sen für ein auswärtiges Unternehmen zu ge winnen, als das Häuflein der für Deutschlands Größe Verschworenen. So wird jeder denken, der an verantwortlicher Stelle steht. Weil es so sein und bleiben muß, wird auch der Gegen satz zwischen der Regierung und den in diesen Fragen zu ihr haltenden Parteien auf der einen «eite, den „Verschworenen" auf der andern Seite »estehen bleiben. Daß dieser Gegensatz sich in >en häßlichsten persönlichen Formen bewegt, cheint unS freilich unnötig; würde er sich in den riMer T agMaü Handelszeitung INI» TN rn .lU-b ll. rmae» x von lerea» 11», 142. 274^ »4»,. 1S1, es, -aug- ÜUte S8 - - 40 aeerc 4Z 4» ninci e) . — iichtscw irren ,unn er. yrcn kr s» - 54 » » 54 Kühe — rsgang
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