Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 06.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190409062
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- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19040906
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19040906
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-06
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heftig beschossen. Unsere Verluste sind unbedeutend. — Soeben habe ich vom Chef der Garnison in Liaujang eine Devcsche, 10 Uhr 35 Minuten vormittag« aufgegeben, erhalten, wonach die Japaner da« im Zentrum der Stellung gelegene Fort an gegriffen haben und unter sehr großen Verlusten zurückgeschlagen worden sind; bei diesem Angriff sind auf unserer Seite 6 Mann gefallen. Petersburg, 3. September. General Ssacharow meldet unter dem gestrigen Datum: Heute griffen unsere Truppen die Höhen bei Sikwantun, 16 Werst östlich von Liaojang auf dem rechten User de« Taitse-Flusse« an. Nach einem hartnäckigen Kampfe wurde die ganze Gebirgskette im Westen von Sikwantun von un« genommen. Gleichzeitig stellte sich heraus, daß wir zahlreichen japanischen Truppen gegenüberstandcn, die die Front von der Höhe bei den Steinkohlengrubcn von Jantai bi« zum Taitse-Flusse besetzt hielten. Die Abteilung de» Generalmajor« Orlow, welche die Steinkohlengruben deckte und sich etwa« vor gewagt hatte, stieß auf überlegene Streitkräfte auf einer starken Stellung und wurde zum Rückzüge genötigt. Generalmajor Orlow ist verwundet, aber die Gefahr einer Verfolgung der sich zur Station Jantai zurückziehenden Truppen durch den Gegner ist beseitigt. E« rückten die tapferen Regimenter de« Ersten sibirischen Armeekorps heran und General Freiherr v. Slackelberg hielt die verrückenden Japaner auf. Bei diesem Kampfe wurde der aus gezeichnete Kommandeur de« Zweiten sibirischen Regiment« OserSki schwer verwundet. Um 9 Uhr abend« ließ der Kampf auf der ganzen Linie nach, c« war nur Geschützfeucr bei Liaujang zu hören. Die Truppen der Garnison von Liaujang sind, wie tele graphisch gemeldet wird, abmarschicrt und haben einen zweiten Angriff von der Westfront unternommen, um die Streitkräfte de« Feinde» seslzustellen. Durch da« Vorrücken von zwei Regimentern wurde hierbei nach einem heißen Kampse sestgestelll, daß diesen beiden Regimentern mehr al« zwei Divisionen gegenüber standen. Der Gesamtverlust der Armee am heutigen Tage ist noch nicht genau sestgestelll. Nach den bereit« vorliegenden Angaben beträgt er aber mehr al« 3000 Mann an Toten und Verwundeten. Tokio, 3. September. (Amtliche Mitteilung.) Marschall Ojama meldet, daß der dem linken Flügel und dem Zentrum der japanischen Armeen gegenübeistehende Feind am 2. d. M. den Rückzug auf da« rechte Ufer de« Taitseflussc« fortsetzte, mit Ausnahme eine« Teile«, der die von Süden nach Nordwesten von Liaujang sich hinzichenden VerteivigungSwcrke und die Höhen nordöstlich von Mutehang besetzt hält. Die japanischen Armeen letzen den Angriff fort. Der rechte Flügel der Japaner besetzte in der Frühe de« 2. d. M. einen Teil der Höhen westlich von Heijingtai. Marschall Ojama meldet ferner, daß am 3. Sep tember um 9 Uhr vormittags der Uebcrrcst de« zurückgeworfcncn feindlichen Heere« außerhalb von Liaujang immer noch einigen Widerstand leistete. Das Zentrum und der linke Flügel der japanischen Armeen greifen an. Tokio, 3. September. (Meldung des Rcutcrfchcn Bureaus). Die letzte Linie der zwischen den japanischen Stellungen und der Bahn im Norden von Liaujang befindlichen Hügel ist von General Kuroki genommen worden. E« ist immer noch ein heftiger Kampf im Gange. London, 3. September. Eine Meldung de« Reuterschen Bureau« au« Petersburg besagt, die Russen hätten Liaujang geräumt und diese« sei von den Japanern besetzt worden. Das Erste sibirische Armeekorps unter General v. Slackelberg in der Stärke von 25000 Mann sei westlich von Liaujang durch die Japaner abgeschnitten worden. — Die schweren Katastrophen, die die russische Flotte in Ostasicn jüngst betroffen haben, lassen die Mißstimmung in den leitenden Kreisen Petersburg« immer noch wachsen. Den Admiralen, die ihre Pflicht nicht voll erfüllt haben, wird der Unwille de« Zaren wohl bald fühlbar werden. Der russische Admiralstab hat beschlossen, den Admiral Fürsten UchtomSky wegen seine« Verhalten« bei der letzten Au«fahrt der Port Arthur- Flotte vor ein Kriegsgericht zu stellen. — Der deutsche Marine-Attachü Hentschel von Gilgenheimb und der französische Attache de Cuverville, die Port Arthur auf einer Dschunke verlassen hatten, gelten jetzt al- verschollen. Locale und sächsische Nachrichten. — Dresden, 3. September. Bei einem Stubcnbrand im Hause Elisenstraße 70 sind heute vormittag ein Knabe und ein Mädchen der Eheleute Pätzold in den Flammen u m - gekommen. — Dresden. Am 2. diese« Monats hat eine abermalige Auslosung Königlich Sächsischer StaatSpapiere stattgefunden, von welcher die 3"/„ StaatSschulden-Kassenscheine vom Jahre 1855 betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonder« mit dem Hinzusügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger veröffentlicht, auch bei sämtlichen BezirkSsteuereinnahmen, sowie bei allen Stadträten, Bürgermeistern und Gemeindevorständcn des Landes zu jedermann« Einsicht ausgelegt werden. — Leipzig, 2. September. Dem »Leipziger Tageblatt' zufolge hat die Kriminalrolizei fünf Personen scstgenommcn, welche in der Nacht zum 29. Mai den Lomerschcn Rauchwarendieb stahl am Brühl auSgefühit haben. Vier der Täter sind schon mit Zuchthaus vorbestraft. Bi« jetzt sind für etwa 30000 Mk. der gestohlenen Waren im Werte von über 100000 Mk. wieder herbeigeschafft worden. — Zwickau, 1. September. Heute morgen ist der un verheiratete 37 Jahre alte Handarbeiter Paul Bretschncidcr au« HundShllbel, ter sich seit einiger Zeit hier aufhielt, in einem Gasthaus tot ausgefunden worden. Der Mann hatte sich gestern abend stark berauscht und war an Alkoholvergiftung gestorben. — Plauen i. V., 3. September. Geheimnisvolle« Dunkel umhüllte den Tod de« 18 Jahre alten Arthur Arno Seidel, gebürtig au« RebeSgrün, dessen Leichnam am Donnerstag mittag von einem Waldarbeiter 800 Schritte von der Straße Asch HaSlau im Komenda-Hochwalde, bei dem Orte Himmelreich im Heide gestrüpp ausgcsunden worden ist. Die Uhrkette, die Seidel besaß, war abgerissen; «in Teil hing noch im Knopfloch der Weste, ein anderer lag unter der Leiche. Der Rest der Kette und die Uhr fehlten anscheinend, wurden ober später auch noch ausgefunden. Ebenso war die Brieftasche de» Ermordeten mit 18 Mark Bar geld und einigen Briefmarken in der Hosentasche vorhanden. Sprach schon die» gegen die ursprüngliche Annahme eine» Morte», so de» weiteren auch der Umstand, daß außer Aufschürfungen an der Wange keine Verletzungen wahrzunehmen waren. Die inzwischen erfolgte Obduktion hat denn auck ergeben, daß von einem Morde nicht die Rede sein kann. Al« TodcSur'ache wurde Bruch der Wirbelsäule sestgestelll, außerdem wie« der Leichnam einen Rippen bruch und verschiedene geringere Kontusionen aus. E» ist daher mit Bestimmtheit anznnchmen, daß Seidel von einem ter dortigen Felsen abgestürzt ist und sich dann noch ein Stück fortgeschleppt hat, bi» der Tod eintrat. Bi« zur Auffindung de« Leichnam« müssen al»dann, nach dessen Zustand zu schließen, vier bi« füns Tage vergangen sein. Seidel war Schüler der Plauener königl. Kunstschule für Textilindustrie. Er hatte bereit« seit Mittwoch der vergangenen Woche nicht mehr am Unterricht teilgcnommen. Al« der Direktion die Mitteilung gemacht wurde, daß Seidel sich auch in seiner Wohnung nicht befindet, setzte sic sofort den Stadt rat zu Auerbach, al« de« Wohnort» der Mutter de« Seidel, sowie auch die Plauener Polizeiverwaltung in Kenntnis. Seidel, einer der begabtesten Schüler der Kunstschule, litt öfter» an liefen Ge- mütSaufregungen, die in der letzten Zeit sogar öfter« den Eindruck de« Tiefsinnes machten. Hierin scheint der Grund zu liegen, daß er sich von der Lehranstalt entfernt hat. Die Beerdigung de« Unglücklichen ist am Freitag in Asch erfolgt. — Aue, 2. September. Unter dem schweren Verdachte, ihr eigene« dreivierteljährige- Kind, ein Mädchen, um« Leben gebracht zu haben, ni gestern die au» Sehma bei Annabcrg stammende, in der Mittelstraße hier wohnhafte 34 Jahre alte HandarbeiterSehefrau Therese Leonhardt geb. Pollmer verhaftet worden. Das Kind, da« am 28. v. M. verstorben und am 31. beerdigt worden ist, soll von der Mutter dermaßen unmenschlich behandelt und vernachlässigt worden sein, daß e» vollständig er blindet und gänzlich abgemagert war. Schließlich soll eS von der Leonhardt in Betten erstickt worden sein. — Buchholz, 2. September. Eine interessante aber höchst unangenehm auftretende Naturerscheinung wurde in diesen Tagen in den Straßen der Stadt und auch außerhalb derselben beobachtet. Die Passanten umflogen auf Schritt und Tritt Schwärme von geflügelten Blattläusen, die in dieser trockenen Zeit wohl eine besonder« günstige Entwickclungsbedingung gesunden haben mögen, zu Millionen kleiner Lebewesen angewachsen sind und, durch die Lust schwärmend, nicht nur die Kleider förmlich überzogen, sondern auch Auge und Nase nicht wenig belästigten. — Zittau, 1. September. Der Stationsvorsteher Weber au« Berisdorf, welcher sich seit dem BertSdorfcr Eisen bahnunglück am 7. August in Untersuchungshaft befand, ist au« der Haft entlassen worden. Man neigt hier allgemein der Ansicht zu, daß der betreffende Beamte an dem Sonntag, an welchem sich der Unfall ereignete, überlastet gewesen ist. Im übrigen scheint das Unglück erfreulicherweise für keinen der Ver letzten tödliche Folgen zu haben. — Meißen, 2. September. Weil er Hundeslcisch als Kalbfleisch verkaufte, ist gestern vom hiesigen Schöffengericht ein Hausbesitzer in Obermeisa, namens HauSmann, zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt worben. Außerdem erhielt er noch wegen Ungebühr vor Gericht drei Tage Haft. Seine Frau wurde wegen Beihilfe bei dem Fleischhandel zu einem Monat Ge fängnis verurteilt. Der Hund war dem H. von einem Fleischer meister zur Beseitigung übergeben worden. — Meuselwitz, 3. September. Dem »Meuselwitzer Tageblatt' zufolge stehen die TagcSanlagen de« OttoschachleS der »FriedenSgrubc" seit heute abend in Flammen. Da« Feuer ist infolge einer Dampfkessel-Explosion ausgebrochen. Schwere Eisenstücke de« Dampfkessels und Steine wurden viele hundert Meter weit fortgeschleudert. Die große Dampfesse ist cingestürzt. Drei Mann werden vermißt. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt. — Zschorlau, 2. September. Handarbeiter Friedrich hier hatte auf seiner Radfahrerkarte die Jahreszahl 1903 in 1904 korrigiert, um eine neue Karte zu sparen. Da« Landgericht Zwickau erblickte darin Urkundenfälschung aus gewinn süchtiger Absicht und verwies die Sache an da« Schwurgericht. — Falsche Angaben bei Eiscnbahnfahrten über das Alter von Kindern können für die betreffenden Erwaedsencn rech! unangenehme Folgen haben. Bekanntlich genießen Kinder auf der Eisenbahn in der Weise eine Fahrpreisermäßigung, daß solche unter 4 Jahren frei befördert werden, wenn für sie ein besonderer Platz nicht beansprucht wird, während ältere, aber noch nicht zehn Jahre alte Kinder zum halben Fahrpreis befördert werden. E« kommt nun nicht selten vor, daß Eltern da« Alter ihrer Mitreisenden Kinder zu gering anzeben, um eine ihnen nicht zustchende Preisermäßigung zu erzielen und dadurch einige Groschen zu ersparen. Welche Folgen eine solche Handlungsweise, die sich im Sinne des Strafgesetzbuchs al« Betrug charakterisiert, nach sich ziehen kann, mußte kürzlich eine den besseren Ständen an gehörende Dame, Gattin eine« ziemlich vermögenden Kaufmann« auS D., erfahren. Sie reiste mit ihrem llN/2 jährigen Töchter chen, für welche« sie nur ein Kinderbillet gelöst hatte. Auf die Frage de« kontrollierenden Schaffner« nach dem Alter der Kinde« gab sie diese» aus 9'/, Jahre an. Der Schaffner hegte Zweifel an der Richtigkeit dieser Angabe und stellte daher die Personalien der Dame fest, ließ sie jedoch al»dann unbehelligt Weiterreisen. Die Dame legte dem Vorfall, nachdem sie an ihrem Reiseziel angelangt war, keine weitere Bedeutung bei, erstaunte daher nicht wenig, al« sic nach einiger Zeit eine Vorladung vor da« Schöffen gericht erhielt, um sich wegen Betrug» zu verantworten. Dort wurde sie dann zu einer Gefängnisstrafe von drei Tagen verurteilt. In den Urteilsgründen heißt es, mit Rücksicht auf den Bildungs grad und die VermögenSverhältnisse der Angeklagten sei von einer Geldstrafe abgesehen und auf Gefängnis erkannt worden. Gegen dieses Urteil legte die Angeklagte — lediglich wegen de« Strafmaße« — Berufung ein und beantragte, es bei einer Geld strafe zu belassen. Die Berufung wurde jedoch von der Straf kammer de« Landgericht«, welche sich vollkommen auf den Stand punkt de» Schöffengericht« stellte, verworfen. Aeußere und innere Hüter. Der Reichtum von Individuen und Völkern besteht au« äußern und innern oder materiellen und immateriellen Gütern. Die materiellen lassen sich unter dem Begriffe »Hab und Gut' zusammenfassen, sic bestehen in Hau« und Hof, Nahrung und Kleidung und in tausenderlei äußern Genußmitteln, ihr allge meiner Wertmesser ist da» »Geld'; sie verleihen dem Menschen den äußern Wert. Die immateriellen Güter bestehen in Wissen schaft und Kunst, Tugend und Religion, oder, ander« au-gedrückt, in dem Wahren und Schönen, Guten und Heiligen; sie geben dem Menschen den Innern Wert. — Die immateriellen Güter und innern Gaben haben zur Verbreitung von Wohlfahrt, Zu. friedenheit und Glück von jeher mehr beigetragen, al« die mate riellen Güter und äußern Gaben. Der soziale Fortschritt der Menschheit beruht nicht nur auf einer Milderung der äußern Not, sondern ebenso auf einer Bekämpfung der innern Not, welche au« dem Mangel an geistigen und sittlichen Gütern und am Frieden de« Gemüt« entsteht. Die »innere Arbeit' und Selbst beherrschung im Genuß ist die wichtigste produktive Beschäftigung. Da« Gemüt ist die Vorratskammer der köstlichsten Reichtümer. Und gerade die beiden höchsten Immateriellen Güter, Tugend und Religion sind allen ercichbar und verbreiten die befriedigendste harmonische Stimmung, während materielle Schätze nur auf wenige beschränkt sind und diesen wenigen ost ihre Ruhe und innere Kraft rauben. Sehr schlagend ist, wa« Prof. Fritz Schultze in Dre«den in seiner Schrift: »Die Grundgedanken de» Materiali«mu» und die Kritik derselben' über den Unterschied zwischen den materiellen und geistigen Gütern bemerkt hat: »Lin materielle« Gut — sagt er — kann unvermindert in derselben Zeit immer nur einer besitzen; an einem geistigen Gut können gleichzeitig viele teil nehmen, und doch hat jeder da« Ganze. Tausend Mark besitze ich entweder allein, oder soll ich sic mit neun andern teilen, so besitze ich nur 100 Mark. Die Frucht, welche ich esse, kann nimmermehr von einem andern auch gegessen werden. An einem malerischen oder musikalischen oder poetischen Kunstwerk können sich tausende gleichzeitig erfreuen, und jeder kann den Genuß de« Ganzen in seiner unverkürzten Fülle haben. Eine wissenschaftliche Wahrheit, ein sittliche« Streben, ein religiöser Glaube können ganz und voll gleichzeitig in vielen Millionen von Geistern sein, ohne daß der Besitz in einem dem Besitz im andern den gering sten Abbruch tut. Darau« erklärt sich, warum die materiellen Güter leicht entzweien und die Quelle von Haß und Zwietracht werden, während den wahrhaft geistigen Gütern eine die Seelen vereinigende, gleichstimmendc, Wohlwollen und Frieden unter die Menschen bringende Kraft innewohnt. Dazu kommt noch der zweitgroße Unterschied, daß die materiellen Güter verloren und geraubt werden können und deshalb Gegenstand steter Angst und Sorge, sind, während das geistige Gut, welche« ich wahrhaft besitze wie eine große Wahrheit, ein charaktermäßig befestigte» sittliche» Streben, eine künstlerische Anschauung, eine religiöse Ueberzeugung mir niemals, sogar nicht durch Zwang und Gewalt innerlich geraubt werden kann. . . . Au« den materiellen Gütern entsteht leicht Unzufriedenheit, während die geistigen auch da, wo man sich in schwerer Gedankenarbeit um sie abmüht, fortwährend die Quelle höchster seelischer Befriedigung sind und bleiben und einen innern Reichtum gewähren, welcher selbst bei äußerer Armut seinen Besitzer dem Millionär gegenüber zum wahrhaft reichen Manne erhebt.' Der Jörsenkönig. Roman von Kart Ed. Klopfer. <LI. Fortsetzung.) Wa« sollte er tun? Schweigen? Sich selbst beschwatzen mit der Annahme, daß er sich nur geirrt habe, daß eine bloße Einbildung ihn verführt? O nein, er wußte, cs war Wahrheit! Jetzt staunte er nicht mehr darüber, daß ihn ein einziger Augen blick erleuchtet hatte, sondern daß er nicht schon damal« gleich, bei der ersten Begegnung mit Snoward in eben diesem Hause, den unheimlichen Dritten au« seinem grausigen Reiseabenteuer erkannt hatte. An jenem Abend hatte er die Stimme de« Mörder» im Rauchzimmer vernommen, vor welchem er im Halbfchlummer gesessen hatte — sie klang ihm noch jetzt im Ohr, diese Stimme, oder vielmehr auf« neue, und e« war die Stimme Ralph Snoward». Aber wa« jetzt tun, wa« tun? ES war seine Pflicht, zu reden, den Missetäter seiner verdienten Strafe zuzuführen. Er durfte seine entsetzliche Entdeckung nicht geheim halten. Allein wie war dieser Pflicht am besten zu genügen? Die Polizei her beirufen, die Gesellschaft da drinnen alarmieren, dem Freiherrn von Ellerich mit der fürchterlichen Kunde enlzegentreten? Würde man nicht vielmehr an seinem gesunden Verstände zweifeln? — Nein, e« war kranke Torheit, in dieser Stunde mit seiner Ent hüllung herauszuplatzen. Morgen konnte er bei dem Polizeirat, dem die Untersuchung jener rätselhaften Affäre übertragen worden war, seine Anzeige machen. — Hm, warum berührte ihn dieser Gedanke so peinlich? War e« die Rolle de« Denunzianten, die ihn dabei absticß? Er konnte mit sich durchaus nicht in« reine kommen. Sein sonst so klarer Geist schwankte da in einem beengenden Wirrsal, aus dem er keine Rettung sah. Fast hätte er gewünscht, daß ihm da» ganze Erlebnis diese« Abend« erspart geblieben wäre, und er ertappte sich sogar bei dem Gedanken, daß dieser freiherr lichen Familie ganz recht geschehe, denn sic hatte sich ja doch nur von den Millionen diese« Nabobs blenden lassen und weder nach der Herkunft de« Geldes, noch nach dem Charakter de« Männe oder auch nur nach seiner Vergangenheit gefragt. War e« nicht sogar möglich, daß man ihn, Friedrich Schwerdtner, heimlich ver fluchte, wenn er wider diesen hoch angesehenen Mann mit seiner sensationellen Entdeckung austrat, bei der ja auch das ganze System dieser famosen Gesellschaft in ein schlimme« Licht gerückt worden wäre? Aber diese Erwägungen zerstoben in ein Nicht«, sic erschienen ihm unwürdig und feig, al« er sich plötzlich wieder jene» reue erfüllte, flehende Antlitz unter der goldenen Haarkrone vergegen wärtigte. Nein, wa« auch entstehen mochte, — ob man ihm glaubte oder ihn einen Narren schalt, ob man ihn al« Lügner verachtete oder ihn al« unwillkommenen Störenfried steinigte, er durfte nicht einen Augenblick zögern, jenem höllischen Schurken die Ma-ke de« Ehrenmannes vom Gesicht zu reißen, er durste nicht dulden, daß er Elvira auch nur für eine Minute al« seine Gattin in seinem Hause beherbergte. Schwerdtner wandte sich mit energischen Schritten nach dem Salon, fest entschlossen, sich aus der Stelle mit dem nächsten ihm begegnenden Angehörigen de« Hause« über diese furchtbare An gelegenheit auseinanderzusetzen, ob e« nun Baron Ellerich, Leut nant Guido, Elvira oder — gleich Snoward selber sei. Beim Anblick der durcheinander flutenden Gäste, die an nicht« al« an ihren fröhlichen Zeitvertreib dachten, schnürte ein würgen des Gefühl seine Kehle ein. Seine Energie sank wieder, oder er wußte wenigsten«, daß er nur mit einem plötzlichen heftigen Ansturm seinen Vorsatz erfüllen konnte, daß ihm einem einzelnen Gesicht gegenüber die überzeugenden Worte versagt hätten; e« war ihm, al» müsse er sich mit einem tollkühnen Sprung in eine EiSflut stürzen. Aber wo war er denn nur, der Feind, den er suchte, die bluttriesende Bestie, der er mit Todesverachtung zu Leibe gehen wollte? Er durchschritt ein Zimmer nach dem andern, ohne Snoward zu entdecken. Auch von dem Hausherrn und seinen Kindern war nicht» zu sehen. Oder — täuschte er sich vielleicht? War er schon längst an ihnen vorbeigekommen und hatte sie in seiner furchtbaren Aufregung nicht erkannt? Inzwischen suchte Snoward seine Frau. Er war der Meinung, sie hätte den eben beendeten Kolillon mitgemacht, konnte sie aber unter den sich zerstreuenden Paaren nicht erspähen. Ellerich, den er im Vorbeigehen ansprach, wußte nicht« von der Tochter, auch er hatte sie im Tanzsaal vermutet. »Verlassen mich denn heute überhaupt alle meine Haus genossen?' sagte der Freiherr mit ärgerlichem Lachen. »Guido scheint die Tätigkeit an irgend einem Kartentisch interessanter zu finden, al« eine solche im Ballsaal, Robert drückt sich in, weiß der Himmel welchem Winkel herum, ebenso ist sein Hauslehrer verschwunden — und nun vermissen Sie auch Elvira!' Sie entfernten sick nach verschiedenen Richtungen, um die Neuvermählte zu suchen.
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