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Dresdner neueste Nachrichten : 27.09.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193509271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19350927
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19350927
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1935
- Monat1935-09
- Tag1935-09-27
- Monat1935-09
- Jahr1935
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 27.09.1935
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der »weite Anker stillt. Jetzt stecken wir die Kette au» und dampfen rückwärts. Streifen betnal-e -en lange» englischen Kreuzer, der dicht neben unö liegt. Warum er wohl hier bet den Handelsschiffen liegt? Dort rückwärts «m Dockard-Greek hätte er -och mehr Platz? Ans einem Katapult ruht «I» Flugzeug wie «in Bogel, der sich aus ein Brückengeländer gesetzt hat. ES ist unser Bekannter von der Einfahrt. Ein Marine-Infanterist steht mit ausgepslanztem Bajonett an -er Fallreepstreppe. Kleine Schlepper kommen eingesahrcn und ziehen hinter»sich große Holzgcrüstc nach. Schwimmende Scheibe» für Schlachkschissc. Sie haben grobe Löcher, diese Scheibe». Die Schisse, denen sie zum Ziel dienten, müssen gut geschossen haben! Ucvcrhanpt hört der Kanonendonner nie aus. .Einmal im Süden, dann im Osten. Draussen ans Tee Müssen mehrere Verbände mit schwerer Artillerie 'schieben. * Wir liegen dicht unter der groben Felsenwand, an der, wie in Helgoland, ein Fahrstuhl nach oben führt. Im Nu sind wir von Hunderten Malteser gondeln umringt, die in ihre» Form ein wenig de» venezianischen ähnlich sind. Am Weg zur Zollstation sahrcn wir an den englischen Schlachtschiffen entlang. Tie „Queen Marn" nimmt eben Torpedos über. In der Zollstativ» entsteht Streit unter den Bootsleuten. Tie Malteser sind hitzig, die Messer sitzen lose in der Scheide. Tie Engländer lehnen lässig am Geländer des Kais und sehen zu. Mit einer Art fportlickstm Interesse. Solange die Malteser das nnter sich auSmachcn, ist daö ihre Sache. Als aber einige Fahrgäste »nireS Tampsers in den Wirbel gedrängt werden, hebt einer der englischen Unter offiziere die Hand. Er spricht kein einziges Wort. Sofort ist Ruhe! Tie blobe Anwesenheit dieses Mannes genügt. Wir sahrcn mit dem Auszug aus -i«Barracca superiore hinaus. Ein ivundcrvolleS Bild vom Rande des kleine» PalmengartcnS senkrecht über dem Hasen. Dies unter nn^ liegen die Schlachtschiffe des englischen MittelmccrgcichivadcrS. In Reih und Glied ausgcrichlct, jedes zwischen zwei weibcn Bojen. Dicht iibcr uns bewegen sich gespenstisch die Arme eines Semaphors, erzählen etwas in einer n»S unbckanst- tcn Sprache. Vielleicht übermittelt eben der Gonver- . ncur dem Admiral des Geschwaders weltbewegende politisäre Nachrichten oder gibt Befehl zn einer neuen UcbnngSsahrt? Vielleicht signalisiert auch nur der Dignalkadett seinem Freunde, was cS Henle abend aus der Flotte zum Abendessen gibt? Wer kann es wissen? * Die Malteser sind ein Mischvolk, eigenartig wie die Inicl. Nicht Europäer, nicht Asrikaner. In ihrem Blute ist ein Erbteil -er Nassen zurückgeblieben, die hier im Zentrum dcS Kreises, den die drei Erdteile der alten Welt bildeten, gelebt haben. In den kleinen Seitengassen müssen wir unlern Weg mühsam durch die vielen Ziegenhcrden bahnen. Die Malteser HanSsran ist sicher, das, sie ungewäisrrtc Milch kauft. Tenn sic kaust von einem „ambulanten Milchwogcn": von der Ziege selbst. Ter Treiber England« nMärische Maßnahmen X London, 28. September Ans Malta wird gemeldet, -ast am Sonnabend viele englische Familien von Angehörigen der Wehr macht an Bord dcö Truppcntranöportlchisfes „Rcu- ralia" nach England zurückkchren werden. Der Bau gassicherer Räume in allen Regierungsämtern, Schulen, Klubs usw. von Malta fei jetzt zu Ende ge führt worden. Gestern sand ein weiteres Bcr- dunkelungsmanöver statt. Bon ri llst Uhr bis SL Uhr lagen die Hauptstadt Valetta nnd die übrigen Orte der Insel völlig im Dunkel. Während der Ver kehr aus den Straben der Insel ruhte, konnte man die Motorengeräusche der an dem Scheinangriff beteiligten britischen Luststreitkräfte vernehmen. In einer Reuter meldung aus Malta wird ans das mustergültige Ver führt sein« Herde durch dt« Stabt und ruft sein lang» gezogenes „Haleeb" nicht anders ans als in Arabien. In der Unterstadt ertönt au» dem Haus« ein Orchestrlon, während oben ans der Kathedrale die metallische Wucht der Kirchenglocken dröhnt. Hier unten ist der englische Tommy zu Hause. Die Flotte ist jetzt auf den Höchststand gebracht. Die jungen Matrosen kamen erst vor wenigen Tagen an» Eng- land. Hier finden sic nach dem anstrengenden Dienst des TagcS ihr Vergnüge» nicht im Trinken, sondern im Tanzen. Seltsam ist e», wenn man durch die kleinen Seitcngäßchcn zum Hasen zurückwandert. Die Wäschestücke hängen als üppige Flaggengala, die auch das Diskreteste sreigibt, quer über die Strafte. Im Oberland aber, wo sonst nur im Glast der Sonue die kubischen Steinhäuser mit Flachdächern, von Mauern und Kakteen gcgen dir rauhen Nord winde geschützt, zu sehen waren, leuchten jetzt tausende Lichter. * Ein neues Hospital entsteht neben dem andern, grohc massive Steinbogenbauten, jedes viele hundert Nieter lang. Englische Hospitäler! Malta ist heute eine der grösste» Krankenstalioncn des britischen Imperiums. Waö immer aus -en kolonialen Armeen Asrikaö und Indiens erkrankt, findet hier in dem milden Seeklima Erholung und Genesung. Als wir in den Hafen zurückkehren, herrscht ge rade große Aufregung. Man zeigt aus die See hinaus, über der schon allabendliches Dämmern liegt. Einige Lichter blitzen auf, verschwinden wieder. Signale? „Italienische Unterseeboote! Dicht vor Malta üben sic!" „Warum nicht?" meint ein lunger Ossizier der englischen Hafenwache. „Warum sollen italienische U-Boote nicht aus dem Meere fahren? Das Meer hat Platz sür viele Schisse!" Er zündet sich gleich mütig eine Pseis« an und l«hnt sich an das Geländer. So ist ganz England. Wer seine innere Kraft und Stärke kennt, kann über die Anstrengungen der ändern gleichmütig lächeln. Wie dieser junge Ossizier der Hasenwache. Hier liegen die englischen Schlachtschiffe, dort drüben tanken die Lnstgeschwadcr, im Tvckard-Grcek liegen die neuesten ll-Boot-Flot- tilen. In den mächtigen Oclrcservoirs tagert Bc- triebSstoif sür Jahre. Am Abend liegt iibcr dem Hasen strahlendes Lichtmcer. Am Himmel nnd über dem Meer spielen die Scheinwerfer. Ucberall blinken die bunten Licht signale. In sriihercn Jahren war ich traurig, wenn ich die Signale der Hörner aus den Kriegsschissen hörte, die bunten Flaggen aus den GescchtSmastcn, die grauen Silbervögel der Lnstgeschwadcr sah, die Sil houetten -der Kampsstasseln, während die grauen U-Boote mit wehender Flagge am ^iucu Notmast gegen dif Wellen preschten. Da sah ich erst, was wir verloren hatten. ES tat im innersten Herzen weh. Heute passieren wir wieder die lange Reihe der englischen Schlachlschisfc. Nicht mehr iraurig und wehmütig, wenn wir an zn Hanse denken, sondern srendig. Freudig und dankbar. ^lsrnucler v. Dllv^er halten der maltesischen Bevölkerung während der Dauer der Uebungen hingewicsen. Die ägyptische Presse beschäftigt sich weiter eingehend mit den von England eingeleitcten Ver- teidigungsmaßnahmcn. So wird gemeldet, das, die Er weiterung der Flnghäsen aus der Halbinsel Sinai so wie in Mariout bei Alexandria nnd in Heliopolis bei Kairo ihren Fortgang nimmt. Es sollen Schuppen sür einige hundert Flugzeuge neu errichtet werden. Der britische Oberkommissar, Sir MileS Lampson, trisst bereits am Montag, zwei Wochen vor Ablauf seines Urlaubs in Port Said ein. Aus Nairobi wird gemeldet, das, am Mittwoch nachmittag süns Rombcnslugzeug« nnd vier TranSport- slngzeuge aus Aegypten gelandet seien. Ihre Ausgabe sei Patrouiklendirnst an der Nordgrcnze. Wie ans Gibraltar gemeldet wird, sind dort die englischen Zer störer „Faullncr", „Fnry" und „Forester" cingetrosscn. Oie Entscheidung rückt näher Vle Genfer Prozedur im abessinischen Konflikt — Sin neuer Ausschuß In Nom ist immer betont worden, daß in Genk keinerlei Gegenvorschläge unterbreitet worden seien. Die gestrige Veröffentlichung des FttnserausschusscS zeigt aber, daft Italien in der Begründung seines sür die Vorschläge des FünseranSschusjeS ausgesprochene» „Unannehmbar" deutlich gesagt hat, unter welchen Be dingungen es von kriegerischen Handlungen gegen Abessinien abseücn würde. Nach den Erklärungen Alojsis macht Italien einen deutlichen Unterschied zwi schen dem „eigentlichen abessinischen Staat", womit cs das von den Amhara bewohnte Zentralhochplatea» metnt. und den an den „Grenzcn des Landes" wohnenden andern Stämmen. Und diese Grenzgebiete, die allerdings den größten Teil des lebigen abessinischen Staats gebiets darstellen nnd etwa zwei Drittel der gesamten Bevölkerung clnschlicften. sollen „der abessinischen Tyrannei" gänzlich entzogen, da» heißt also der italienischen Herrschaft unterstellt wer den. In diesem Zusammenhang-wird dann auch ver schleiert die Frage gestellt, warum man nicht durch die Ucbertragnng eine» Mandats der „Lösung dcS Problems näherkommen" wolle. Alle übrigen Bemer kungen lassen gleichfalls unmißverständlich erkennen, daft Italien die Herrschaft über Abessi nien verlangt, in gewissen, beispielsweise wirt schaftlichen, Einzelheiten znm mindesten aber den un bedingten Vorrang vor allen andern interessierten Mächten beansprucht. Diese Forderungen unterscheiden sich allerdings himmelweit von den Zugeständnissen, die der Völker bund, mit andern Worten England, zu machen be reit ist. So ist cs kein Wunder, das; die Londoner Presse heute außerordentlich scharf gegen di« Er« klärst»»«» AloistS Stellung nimmt und daß sic uch keinerlei Bcrcilwilliglcil erkennen läßt, -en von Musso lini gewünschten neuen Drcicrbesprcchungcn näherzu- treten. Sie betont vielmehr, daß die Angelegenheit weiterhin im Nahmen des Völkerbundes behandelt werden müßte. Wie wird die Genfer Prozedur nunmehr auSscben? Ter Bölkerbnndsrat hat heute vormittag den Bericht des FlinleranSschnsseS entgegengenommen und dann einen neue n Ansi ch n ft eingesetzt, der au» allen Nat-mitgliedern mit Ausnahme der streiten, den Parteien besteht und die Angabe hat, einen end- gültigen Berichts» den Völkerbundsrat anSzuarbcite». Ontimistischcrwciic hat man gleichzeitig beschlossen, den FünscranSichnft bis zur endgültigen Erstattung des Berichts bestehen zn lassen, damit er „etwaige Anregungen, die einen neuen LchlichtungSverinch rechtfertigen sollten", enlgegennehmcn kann. Wenn der endgültige Bericht vorlieat. wird der Völkcrbnnd'rat endlich vor der Entscheidung stehen, ob er das Verbot kriegerischer Maßnahmen und eventuell auch schon den Bruch der Satzungen durch Italien anSsprcchen will. Gern wird er natürlich nicht an diese Ausgabe Herangehen, und des halb ist cs wohl wahrscheinlich, da» der neue AuS- schuft sich mit seiner Berichterstattung nicht allzn sehr beeilen wird. E i n m a l wird der Tag aber kommen, an dem die Entscheidung nicht weiter hinanSznschieben ist. Um „sür alle Fälle bereit zu lein", wird die Genfer Ratstagung jetzt im übrigen nicht geschlossen, sondern sic wird sür unbcstimmlc Zeit verlängert. Die VerhaMuiigStMche Mens Amtlicher Kommentar zur Botschaft Hoares Telegramm unsres Korrespondenten -<» Rom, 26. September Tic freundlichen Worte, die der englische Außen minister Hoare durch den Botschafter Dru m m o n d an den Duce gerichtet hat, finden in den amtlichen italienischen Kreisen ein starkes Echo. Gestern wurde über diese Unterredung noch eine amtliche Mitteilung anegcgcben. Tarin heißt cs, Hoare habe als alter Freund Italiens seinem besonderen Wunsche Ausdruck gegeben, jedes unnötige Mißverständnis zwischen den beiden Ländern zu beseitigen. Ter Duce habe den Botschafter gebeten, in London wissen zu lassen, daft er den Wert dieser Mitteilung hoch anschlägt und sie nitt Genugtuung ansnchm«. Halbamtlich wird noch hinzugefügt, Italien habe keinen Streitfall mit Eng land und 'volle ihn auch nicht. Ter Streitfall bestehe zwischen Italien und Abessinien, und der K o l o n i a l ch a r a k t e r dieses StrcisalleS sei so klar, daß es sür jeden gesunden Menschenverstand un möglich und widersinnig erscheine, dielen Streit ans Europa hittübcrznlragcn nnd damit die italicnisch- englisck>cn Beziehungen zu »»erfälschen. Man läßt auch heute in Nom dnrchblicken, daft „bei der angenblickliäxn cntsi'annten Lage zwilchen Nom nnd London" Italien sich von direkten Vcr - h andlnngc n mehr verspreche als bisher,um so mehr, als man nach -cm Scheitern der Bemühungen der Genfer Fünserkommission die abessinische Frage am liebsten der Kompetenz des Völkerbundes ganz entziehen möchte. Scharfe Londoner Krtiik Telegramm unsres Korrespondenten F. London, 26. September Englands Bvlkerbundsminister Eden wird wäh rend des Wochenendes aus zwei oder drei Tage nach London zurückkehren, nm mit Baldwin und dem Außenminister die Entwicklung des italienisch-abessi nischen Konslitls zu besprechen. Alle Anzeichen deuten daraus hin, daft England an seiner bisherigen Völker- bundSpvlitik unbedingt fcsthaltcn wird. Die konser vative „Morning Post" betont heute morgen, daß England seine führende Rolle in Gens mit Nachdruck und ohne Erschlaffung weiter sorlsühren werde Tie gestern vom Fünserkomitce verüssentlichten italienischen Bemerkungen nnd Gegenvorschläge müssen sich in England eine scharfe Kritik gefallen lassen. Italien habe ein«» Einwand gegen den Komiteebcrichl vergessen, so schreibt der „Daily Tele- graph", nämlich den, daß cs Abessinien be gehre nnd cS seinem afrikanischen Kolonialreich einverlciben wolle. Die „Times" erklären, daft die italienischen Gegenerklärungen an ihrer eigenen Stnnlosigkeil litten. Zurückziehung ver abessinischen Truppt n X Addis Abeba, 26. September Einer amtlichen Mitteilung zufolge Hal der Kaiser von Abessinien an den Völkerbund ein Telegramm ge- richtet, in -em es heifti: „In Anbetracht der ständigen Heranssordernngen und znr Vermeidung von Zwischen- sällen ist Beseht gegeben.worden, die abessini schen Trnpo:.' aus der ganzen Front 3» Kilomel z n r ü ck z n n c h m c n. Tic Durch- sührnng dies , ^.Zehls ist strengstens befolgt worden. Ter Kaiser ictct dem Völkerbund an. einen Beob achter zu entsenden, damit bei klinstigen Zwifchcnsällcn gleich zu Anfang der Schuldige scstgestclll werden kann." Tie abessinische Rcaiernng dementiert die Gerüchte von einer angeblichen G e n e r a l Mobili sation. Mnterhilfswerk'Arbettetagung XBcrlin, 2ll. September Am 8. Oktober wird das Wintcrhilfswerk -cS deutschen Volkes 1ll3-38 eröffnet werden. Vor Be ginn dieser Arbeit, die wiederum eine gewaltige Kraft- anstrengung sür alle im Wintcrhilfswcrk Tätigen bc- deutet, berief der Neichsbcanstragte des Winterhtlss- werks, Hauptamtsleiter Pg. Hilgen scldt, noch einmal seine Ganbeaustragten sür das Wintcrhilfs- wcrk zn einer Tagung in den Reichstag ein. Teeie Besprechung im Großen Gcneralstab der Winterhilfe erfuhr durch die grundsätzlichen Ausführungen -cs ReichSbeanstragten Pg. Hilgenseldt nnd der ReichS- srauensührerin Fran Scholtz-Klink ihre besondere Note. Sle Forderung der Lebenswahrhelt im neuen Jugendbuch Zur Woche deS deutsche» Buches, die vom 27. Oktober bis zum 3. November stattstnde», werden jetzt schon von allen beteiligten Stellen weitgehende Vorbereitungen getrosten. Ter Sinn dieser Buch wochen ist ja nicht nur eine allgemeine Werbung sür das deutsche Buch, sondern die verstärkte Aus wertung des literarischen Schassens sür den Aufbau einer neuen deutschen Volks kultur. Ta cs sich auch aus diesem Gebiet um eine grundsätzliche Erneuerung der Beziehungen zwischen Volk und Buch handelt, fällt dem Jugendbuch eine besonders wesentliche Rolle zu. So eröffnet denn das „Börsenblatt sür den deutschen Buchhandel" eine Auf satzreihe zur Buchwoche mit einem Artikel Fritz Helkes iibcr das neue Jugendbuch, der einige wesentliche Gesichtspunkte klar herausarbcitct. Er stellt zunächst fest, baß „sich unter rund tau send Iugendschriftcn bei sorgfältiger und kritischer Auswahl kaum hundert finden, die den von der Hitlerjugend zu stellenden Forderungen restlos ent sprechen . Nnter eindringlicher und begründeter Be- tonung der Tatsache, daß die Jugend von 183', ganz anders geartet ist als etwa die Jugend um die Jahrhundertwende, umreißt er bann die grund legenden Forderungen: „Freilich bildet das Buch, und heute wohl in einem viel ernsteren und tieferen Sinn als je zuvor, «inen wesentlichen Faktor völkischer Er ziehung. Aber eine Jugend, die in harter Disziplin gelernt hat, sich nnter den Rhythmus einer Idee zu beugen und sich nach diesem Rhythmus auS- -urichtcn, packt mau an da, wo am härtesten ihre Lcbenspulsc schlagen, und stellt sie hinein in das lebendige Getriebe -er Zeit. Einer solchen Jugend weist man das Leben, wie eS wirklich ist, man zeigt ihr die Konflikte ans, die das Dasein zum har ten Kampsseld machen, man rührt nicht an ihre Tränendrüsen, sondern man erschüttert ihre Seelen. Man kommt ihr nicht mit weinerlichen Sentimentali täten und dem versöhnenden Iinppx vnck, sondern man appelliert an ihre natürlichen Kräfte und fordert ihre Entscheidung heraus." Wer einmal erkannt hat, welches Unheil die VrbenSverfälschung nnd falsche Romantik, die durch Filmkitsch und Schundliteratur, durch verlogene Jugendschristen und süßliche Jungmädchenblicher in unser Volk hineingetragen worden sind, in der Ver gangenheit angerichtet haben, der wird anerkennen müssen, daß LebenSmahrheit und Leb enS- cchthett, wie sie in diesen Sätzen gefordert wer den, nicht nur ein Wcsensmcrkmal echter Dichtung überhaupt sind, sondern gerade heute als entscheiden des Kriterium sür Wert und Unwert eines Jugend buches angesehen werden müssen. Auch die Jugend schrift muß gestaltetes Leben sein. Diese Lebenswahrhctt echter Dichtung ist nicht photographische Wirklichkettstreue der Fassade, son dern innere Wahrhaftigkeit. Sie ist die Spiegelung des Organismus der Welt im Buch. Im wesenhaften Dichtwerk leben also Menschen, die hinetngestellt sind in Natur und Uebernatur, Menschen, die ihrem Beruf nicht als einem Geschäft, sondern al» einem Dienst an der Gemeinschaft hin gegeben sind, Menschen, die in ihrem Volk ver- wurzelt sind. Da» Geschehen lebenswahrer Dichtung ist stets Ausfluß menschlicher Entwicklungen aus den Charakteren, nie aber intellektuelle Konstruktion zum Zweck der Darlegung irgendeines Gedankens. Die metaphysischen Grundkräfte menschlichen Sein» wer den im echten Kunstwerk lebendig: die Nrmiichte der Liebe, der Ehrfurcht, der Treue, be» OpfergeisteS und andrer seelischer Bindungen, welch« die mensch liche Gemeinschaft begründen. Selbstverständ lich werben auch die natürlichen Spannnngen, die zwischen den Menschen bestehen nnd bestehen müssen, nicht auSgeschaltet sein, sonst entstünde ja ein« neue Verfälschung, aber sie dürfen nicht absolut gesetzt sein. Man könnte vielleicht die Frage aufwerfen, wo die Forderung der Lebenswahrheit Raum tafle für das Märchen, sür die Phantafiewelt, für da» Aben teuerliche, das dock gerade in der Jugendliteratur ein« große Rolle spielt. Aber wenn man das Wesens merkmal der inneren Wahrhaftigkeit, bi« von der zu fälligen äußeren Erscheinung der Wcltwirklichkeit ganz abschen kann, klar durchdenkt, dann löst sich die ser Einwand von selbst. Gerade die Welt des echten Märchens, die nicht rationalisiert ist, verlebendigt ja die ursprünglichen LebenSmächte; gerade im Spiel der Phantasie kann da» Metaphysische leichter ersaßt werden, wenn nicht wirre Phantastik, die Ausgeburt des Intellekts ist, das organische Wachstum des dich terischen Gebildes stört; und auch das abenteuerliche Erleben kann als echter Ausfluß eines Charakters die Wahrscheinlichkeit wirklichen Leben» erhalten. Weil die neue deutsche Jugend auch im Buch das Leben sucht, hat sic den Weg zur echten Dichtung ge- snndcn iibcr daS Jugendbuch hinweg, daS sür sic „zu rechtgemacht" ist und damit ein verfälschtes Weltbild bietet. Or. Lr. 8t. Musik in Dresden Singen nnd Klingen im Slallhof Schon hat sich der Herbst mit Brausen und Stür- men angckündigt, aber immer noch versteht cs der Dresdner Kreis im Deutschen Sängerbund Tausende von Hörern zu seinen „ossencn Singe- abenden" im akustisch außerordentlich günstigen Stallhos um sich zu scharen. Jedesmal kamen neue Freunde dcS deutschen Liedes dazu. Vortresslich waren wieder die Leistungen der Sänger, die sich von der Gruppe „Robert Schumann" unter Gruppen- chormetster Heinz Schuberts ans«uernder Stab- führung zusammcnsanden. Gemischte Chöre, liebe alte Weisen und vor allem Paul Geilsdorfs glutvolles Werk „Nach Sonne gehn" umrahmten frisch ge sungene Frauenchöre. Im Mittelpunkte standen wieder die Gemeinschastschöre, bei denen jeder nach besten Kräften mtttun konnte. Zu einem machtvollen Eindruck gestaltete sich das bekannte Kampflied „Brüder in Zechen und Gruben", da» tm Wechsel- gesang besonders feierlich zur Geltung kam. Sänger- kreiSsllhrer Georg Scheder warb mit begeisternden Worten für die nächste „offene Singestunde" am Mittwoch, dem 2. Oktober. L. L. Abgebrochenes Orgelkonzert Herbert Collum, der junge Organist der Kreuzkirchc, hat sich vorgenommen, in einer Reihe von Orgelkonzerten ältere nnd neuere Lite ratur des „königlichen Instrumentes" zum Klingen zu bringen. Bedauerlich war, baß gleich der erste Abend, -er so verheißungsvoll begann, ein unerwar tetes Ende finden sollte. Collum leitete ein mit einem farbig und lebendig gespielten prachtvollen Prälu- dium und einer Fuge vo» Dietrich Buxtehude und lieb eine Partita Sopra „Ans meinen geliebten Gott" von Georg Böhm solgcn, schlicht und rein, dem Klang ideal der alten Zeit getreu wiedergcgeben. lieber Bach sollt« der Weg zu Neger sichren, da muht« Collum abbrechen. Das Fieber, das ihn schon seit Tagen gepackt hielt und dem er nur mit Ausbietung aller Willenskraft trotzte, war stärker al» der b«gr«ts- liche Wunsch, diesen ersten Orgelabend zu Ende zu führen. Llr. „Oer Marsch der Veteranen" Erstausführung in Berlin Von unser in Korrespondenten Berlin, im September Friedrich BethgcS Schauspiel vom Hnnger- marjch der Veteranen kam in der Volksbühne unter der Regie des Grafen SolmS zur Ausführung — mit starkem Erfolg bei den Bildern, in denen da« echte, einfache Gefühl des Verfassers sich zu Wirkung«- vollen Wildcnbruchszcncn verdichtet hat. Bcthge hat, wie er selbst im Programm erzählt, in diesem Spiel zwei Motive miteinander verwoben: den Hunger- marsch der amerikanischen Veteranen, den ihm die Wirklichkeit lieferte, und die Gestalt von Gogols Hauptmann Kopeikin, der blessiert vom Zaren Hilfe erbitten will und von der Bürokratie immer wieder mit leeren Versprechungen vertröstet und abgewicscn wird. Er hat Kopeikin zum Führer der Veteranen aus ihrem Marsch nach dem napoleonische» Moskau gemacht und ihm gleichzeitig einen preußischen General in russischen Diensten gcgcnübergestellt, um dem Vor- gang die Dramatik eines KonsliktS zu unterlegen. Ter Russe will sein gefühltes Recht von seinem russischen Staat, ohne Gemalt, aus Grund der Leistung und des Gefühls für Len Staat, aber doch mit dem Druckmittel seines Hungermarsches. Der Preuße will zunächst den Staat und seine Sauberkeit: er verneint den Druck, den Kopeikin auSübt, obwohl er im Recht ist, verneint ihn um so mehr, als trotz der strengen Manneszucht -cS Hauptmanns Unrecht geschieht, Gewalttat geübt wird. Er setzt selbst bey Gesetzentwurf aus, der den Veteranen ihr Recht geben soll, aber Kopeikin muß abmarschieren und fällt, erschossen von einem aufsäs sigen Fähnrich, der zwar daS Necht studiert hat, aber nicht vom Gefühl aus weiß, was Recht ist, und es sich eigensüchtig nehmen will. Die WtrklichkeitSreste, die Bcthge der Gegenwart entnahm, haben sich unter seinen Händen in «in wirk sames Schivarzwetß-Theatcr gewandelt, das, von auf richtigem Gefühl gespeist, seine Wirkung nicht verfehlt. Der Verfasser läßt sich von Worten und Situationen mitrciften, reißt aber zugleich, weil er Innerlich be teiligt ist, anch die Zuschauer mit. Er begibt sich in gefährlich« Situationen, läßt seinen preußischen Gene ral sehr iinvrenßisch mit dem russischen Haun wann tm Gespräch lang« Schilderungen seines Schlachlerleb-
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