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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 09.04.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189204090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18920409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18920409
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-09
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Beilage m Rr.43 -es„Amts- un- Ameigeblattes" Eibenstock, den 9. April 1892. Die Goldfee. Original-Roman von Emmy Rossi. (l>. Fortsetzung.) IX. Lange, lange blieb eS still da drinnen, nur Seufzer und Schluchzen drang an das Ohr des Lauschers. Endlich auch wieder Worte: „Fasse Dich, meine Adah, wir müssen handeln, — bist Du bereit, Deines Vaters letzten Willen zu vollziehen?" „Erzähle mir Alles: Wie kam cs, wie endete er?" stöhnte sie. „Er starb glücklich, daß Du nun frei werden wirst, mit einem Segenswort auf den Lippen für Dich! Du warst kaum fortgegangen, da sagte er mir, meine Ankunft beglücke ihn, er fühle, daß er kurz vor seinem Ende stehe. Die Hast, womit er sprach, so ganz gegen seine Gewohnheit, beunruhigte mich, ich fragte, ob ich nicht nach einem Arzt schicken sollte. Nein, er verbot es, mehr als das, er sagte: „Wenn ich plötzlich sterben sollte, und das ist das Wahr scheinlichste, — sogar heute Abend werde ich wohl noch sterben, — mir ist so seltsam zu Muth, dann wirst Du buchstäblich befolgen, was ich Dir jetzt auftrage. Du wirst meine Leiche so betten, als sei ich im Schlafe gestorben. Du wirst Niemand ein Wort sagen und von mir gehen, wie Du von einem ge wöhnlichen Besuch gehst, — damit Du die Nacht zum thalkräftigen Handeln verwenden kannst, um für Adah und Dich einen Vorsprung zu gewinnen, uni ihr einen Theil ihres Vermögens zu retten." Außerdem hat Vater dann O'Neill bei der Re gierung denunzirt, er hat sich selbst des Hochverraths angeklagt, den O'Neill entdeckt nnd verschwieg, um Dich, um des Geldes willen. Hier sind die Papiere, vom Vater selbst geschrieben, von mir bezeugt, die O'NeillS Berrath gegen die Regierung darthun. Da alle anderen Papiere, die dritte Personen compro- mittiren, vernichtet sind, kann O'Neill 'Niemand schaden. Vielleicht, daß die Regierung dann Vaters nachgelassenes Vermögen confiscirt — der Ueber- macht ist Vieles gestattet — aber lieber noch so, als an den Schurken das Geld hingeworfen." Die sanfte Stimme wurde hart und grollend. „Noch ein weiterer Punkt ist der, Vater will nicht, daß Du in sein Haus zurückkehrst, nach dem schrecklichen Ueberfall hält er Dich nach seinem Tode nicht einen Augenblick für sicher — ich vereinige meine Bitte mit seinem Befehl. Tornhill, den ich als Boten an Dich abholen mußte, bittet Dich, sein Haus als das Deinige zu betrachten — erst wenn dieser Vcrräthcr an Gott und seinem Oberherrn unser liebes Haus gegen das Gefängniß umgetauscht haben wird, erst dann, meine liebe Adah, sollst Du das Haus Deines Vaters wieder betreten dürfen — als mein Weib!" Es wurde wieder still nebenan, in O'NeillS Seele aber raste eine Fluth von Rachegedanken und Plänen zur Selbsterhaltung, Blitze zuckten durch die Finster niß, — doch er bezwang sich und horchte weiter. „Dann sollte ich Dich bitten, mir die Schlüssel zu Deinem Bureau zu geben, damit ich Deine Brillanten und Dein Privatvermögen in Sicherheit bringe, ehe O'Neill etwas von Vaters Tod und Deiner Flucht aus seinem Hause erfährt, — in zwei — drei Tagen ist sein Verrath in London angezeigt — wir werden bald seiner ledig sein. Da ich aber der Dienstboten wegen nicht um Mitternacht noch einmal in Euer Haus zurllckkehren kann, da das Fortbringen Deiner Schatulle Aufsehen vor der Zeit erregen könnte, so habe ich, ehe ich aus dem Hause ging, ein starkes Seil an Deinem Balkon befestigt, die Knoten darin gestatten einen Auf- und Abstieg — Vater hatte an Alles gedacht! Die Nacht ist dunkel, die Rückseite des Hauses fernab vom Verkehr, man wird mich nicht bemerken. Also dies ist der Schlüssel zum Bureau? Wo liegt das Geld?" „Im ersten Fach, rechter Hand." „Und die Juwelen?" „Die Schatulle steht in dem oberen Schrank. Da sie aber so unhandlich ist, wäre es besser, Du nimmst das Geschmeide heraus und steckst es in Deine Rocktaschen — hier ist der Schatullenschlüssel." „Und noch eins, Adah, Du kannst Dich jetzt nicht entfernen, es würde Aussehen verursachen, erst muß ich Dein Besitzthum geborgen haben, dann, in einer Stunde ungefähr, kehre ich zurück — bis dahin gehe wieder in den Ballsaal; so schrecklich Dir auch die Verstellung werden mag, sie ist nöthig! Leider war die Post heute Abend schon geschlossen, sonst hätte ich das Schriftstück gleich nach London expedirt, morgen mit dem frühsten werde ich es fortsenden. Da ich bei dem Klettern aber riskire, es zu verlieren, ist es besser. Du behältst es hier bei Dir. Es ist ja nicht umfangreich, kannst Du eS im Kleide verbergen?" „Ja, meine Tasche ist sicher — nun geh', mein Sidney, sieh, ich bin stark und ruhig, Vater hat be fohlen, ich gehorche! Ihm und Dir! Aber gleich in den Ballsaal zurückkehren kann ich trotz aller Selbst beherrschung noch nicht! Ich gebrauche auch noch ein paar Minuten, um von meinen Augen die Thrä- nenspurcn z» tilgen. — Laß Dich nur nicht von O'Neill sehen — er ist klug und schlecht wie drei Teufel." Sidney erhob sich, spähte hinaus und entfernte sich eilig — zehn Minuten — zehn Ewigkeiten — später öffnete auch Adah ihre Zelle, uni in den Ball saal zurückzukehren, so unsägliche Selbstüberwindung es ihr auch kostete. Da flog plötzlich die Rollthür ihres Cabinets zurück, ein Arm fuhr heraus und packte das weiße Atlas- gewand der jungen Frau — bei dem unerwarteten und plötzlichen Ueberfall stolperte sie, so daß sie wehr los wurde, sie fühlte sich in die Zelle hineingezcrrt, ob cs ein Stoß oder ein Schlag war, der sie be täubte, wurde ihr nicht klar, aber sie verlor die Besinnung. — Zu welchem schrecklichen Erwachen sic gelangte! Gefesselt an Händen und Füßen, den Mund durch ein Tuch verstopft, so lag sie am Boden des Cabinets, welches nun ihr Gefängniß und bald ihr Sarg ge worden wäre. Dennoch gelang es ihr, sich zu retten — um die schreckliche Anklage gegen ihren Freund zu erleben, um selbst als irrsinnig bezeichnet zn werden. Die Anklageschrift ans ihrer Kleidertasche war verschwunden — sie errieth den Zusammenhang, aber alle Beweise fehlten für O'NeillS grause That, — vergebens aber grübelte sie und grübelte Sidney dem Umstand nach, wie die blauen Mörderflecken am Halse des so sanft Verschiedenen entstanden sein konnten. Das Schrecklichste mit für Adah war der Um stand, daß sie nun völlig mittellos war. Die Gelder und der Schmuck waren ihrem Mann zurückgestellt worden, der sic unter dem Vorwand ihres Irrsinns behielt. Nur die Brillantspangen, welche sie an dem unseligen Ballabend getragen, waren ihr einziges Werthobjekt, doch wie es zu Geld machen? Sie zweifelte nicht an den Freunden ihres Vaters, Torn hill in erster Linie, die ihr mit Rath und That zur Seite stehen würden, sobald sie nur Nachricht an sie gelangen lassen konnte. Aber wie sollte sic dies be werkstelligen? Sie war Gefangene, die ihr aufge- zwungcne Dienerin war O'NeillS Geschöpf, der All gewalt seiner Persönlichkeit und amtlichen Stellung unterlagen alle dienenden Geister. So wurde ihre Jsolirung verhängnißvoll. Vergebens suchte sie zu Brown zu dringen, sobald sie seine Stimme erkannte, — der Umstand, daß sie in der wüthenden Erregung und Verzweiflung unweiblich pochte und lärmte, mußte allerdings die Vermuthung Hervorrufen, daß sie in der That unzurechnungsfähig geworden. Das sah sie ein, deshalb bekämpfte sic ihren Zorn und wurde ruhig. Sie schrieb lange Auseinandersetzungen an Tornhill und wenn O'Neill auf den Zufall als Rächer gewartet hatte, so wartete sie nun auf ihn als Helfer, obgleich ihre Aussicht und Hoffnung nichtig war. Völlig zusammen aber brach sie, als ihr Mann am Abend die Riesin zu ihr führte. Dieser Gestalt gegenüber war kein Versuch möglich, ein Fenster des Vorderzimmers zu erreichen, uni den Brief hinab zuwerfen — einen Moment lag sie völlig betäubt, bis das sanfte Weinen der gefürchteten Wärterin und ihr Name, den sie wie eine Liebkosung aussprach, an ihr Ohr drang. WaS bedeutet dies? Sie richtete sich befremdet auf und sah Etty prüfend an. „Sie kennen mich — wer sind Sie denn?" „Haben Sie jenen Weihnachtsabend vergessen? Sieben Jahre sind cs jetzt, da trösteten Sie im Waisenhaus die kleine große Etty und schickten ihr am andern Tage eine schöne, schöne Puppe, sie heißt Adah, nach Ihnen — und ich bin Etty." Adah erstaunte — jene ihr längst entfallene Episode fiel ihr deutlich wieder ein — in ihrem reichen Leben hatte sie lange, lange das Waisenkind vergessen, für jene war eS ein Werkstein ihrer arm seligen Kindheit geworden. „Also Sie sind Etty — wie wunderbar, und welch' ein gutes Gedächtniß Sie habe», meine gute Etty, Sie erkannten mich auf den ersten Blick wieder?" „Ich vergesse nie, was ich weiß, MissiS O'Neill — ich war fünf Jahre alt, da hat meine Tante mich einen Namen gelehrt und befohlen, ihn niemals aus zusprechen — und ich habe ihn bis auf den heutigen Tag nicht vergessen und nicht ausgesprochen. Aber verstehen Sie auch Alles, WaS ich sage?" „Weshalb sollte ich eS nicht verstehen — ach so, wahrscheinlich hat Herr O'Neill Ihnen gesagt, daß mein Verstand verwirrt ist, nicht wahr? Meine gute Etty, Sie hat mir der Himmel geschickt, ich kann Ihnen nicht Alles erklären, Sie sind zu jung. Sie würden ein solches Uebcrmaß von Schlechtigkeit gar nicht begreifen, ich versichere Ihnen aber bei Allem, was es Heiliges im Himmel und auf Erden giebt, Etty, ich bin so klar und verständig wie irgend ein Mensch — aber mein Mann ist ein Missethäter und lügt der Welt vor, daß ich irrsinnig bin, daniit seine Verbrechen nicht an'S Tageslicht kommen." Etty, im Glauben und Zweifel schwankend, rief nun: „Aber Herr O'Neill hat inir gesagt, daß gerade Ihr Irrsinn darin besteht, daß Sie ihn, der so herz lich viel von Ihnen hält, für Ihren Feind halten. Sie sprechen so ruhig und verständig, wem soll ich nun glauben?" „Hören Sie, Etty, und Sie werden von selbst darauf kommen, daß ich das Opfer bin. Weshalb diese strenge Gefangenschaft, wenn er nicht fürchtet, ich könne Freunde anrufen? Weshalb läßt er Nie mand zu mir, weshalb will er mich in eine Irren anstalt bringen lassen? Bin ich nicht ruhig und vernünftig, liegt in meinem Wesen irgend etwas, was Besorgniß erregt? Und doch fürchtet er mich — aber nicht weil ich irrsinnig, nein, weil ich nur allzu vernünftig bin. Noch eins. Nicht wahr, die frühere Wärterin hat ihm mitgetheilt, ich hätte am Tage geschrieben — hat er Ihnen nicht befohlen, mir das Geschriebene abznnehmen?" „Ja, das ist wahr", gab Etty willig zn. „Zinn sehen Sie, Etty, er fürchtet meine Mit theilungen! Ich will Sie nun zu weiter nichts überreden, ehe Sie sicher sind, daß ich nur eine un glückliche, aber sonst ganz vernünftige Frau bin, als zu einer einzigen Sache. Verschaffen Sie niir die Gelegenheit, den Brief, den ich geschrieben, an Ad vokat Tornhill, einen alten Freund, zu schicken. Daraus wird sich dann erweisen, ob ich, ob jener zu fürchten ist. Mein Mann darf nicht ahnen, daß wir alte Freunde sind", sagte sie mit ihren: liebreizenden Lächeln, welches Etty ganz bezauberte, „Sie werden thun, als hielten Sie mich für krank und vollzögen seine Befehle. Zu diesem Zweck will ich, um die Täuschung zn vervollkommnen, jetzt einige Sachen schreiben, die Sie ihm dann, als mir abgenommen, übergeben können. Wenn Sie dann in den nächsten Tagen einmal die Erlaubniß erhalten, auszugehen, stecken Sie meinen Brief an Tornhill in den ersten besten Briefkasten; Sie sehen, unter keinen Umständen ist das ein Risiko." Etty wäre gar zu gerne ihrem Herzen gefolgt, welches so warm für die holde Frau schlug, dennoch waren ihre Zweifel nur halb gelöst und ihr Ver sprechen, treu zu dienen, welches sie vorhin O'Neill geleistet, siel ihr reuevoll ein. Adah, welche durch ihr Zögern beängstigt wurde, fing wieder zn sprechen an. „Ich weiß, was Sie fühlen, Etty, denn Sie sind ein braves Mädchen, Sie glauben Ihren Herrn zu hintergehen. Aber verdient ein Verbrecher, daß man ihm Treu und Glauben hält?" — Wie soll ich Sie nur überzeugen? Spreche, handle ich nicht ruhig und mit voller Ueberzeugung, kann eine Wahnsinnige das thun? Aber ich fürchte, O'Neill kommt zurück, - ehe wir ihn erwarte», lassen Sie mich schnell irgend etwas schreiben — besehen Sie sich inzwischen unser Gefängniß ein wenig und, bitte, bereiten Sie mir mein Bad — ich habe an Schultern und Armen große Abschürfungen, und meine Finger der linken Hand sind zerschnitten — wissen Sie, woher das kommt?" Etty nahm zärtlich die kleine pflasterbeklebte Hand und wiegte sic bedauernd in ihrer breiten Handfläche, „Nein — haben Sie sich verletzt?" „Gestern Abend, Etty, wäre ich bei dem Brand des Central-Hotels beinahe lebendig verbrannt. Man hatte mich überfallen, gefesselt und eingesperrt, durch die übermenschliche Anstrengung gelang cs mir, mich zu befreien, durch brennende Wege bahnte ich mir mit gefesselten Füßen einen Ausweg —" sie barg überwältigt von der grauenhaften Erinnerung ihren Kopf an Ettys Brust und schluchzte tief auf, dann sagte sie mit gebrochener Stimme: „Ein Wunder wäre eS nicht, wenn ich wirklich wahnsinnig ge worden wäre." Etty stand paralhsirt — sollte die arme junge Frau dies Alles nur in ihrem Irrwahn erfinden, oder war eS eine schreckliche Thatsache? „Sehen Sie, meine gute Etty", fuhr Adah fort und schlug das Battistkleid von der Schulter, wo eine breite rothe Wunde sichtbar wurde, „mit dieser Schulter habe ich die Thür gesprengt", sie hob ihr Gewand und zeigte ihr die Füße, die statt der Strumpf bekleidung Linnenverband trugen, „dort haben die Fesseln tiefe Risse hinterlassen, und meine Finger zerschnitt ich mir am Glas, als ich die Scheiben des Central-Hotel« einschlug. O, Etty, wenn Sie wüßten, was ich erduldet — und kaum eine Stunde vorher hatte ich die Nachricht erhalten, daß mein geliebter Vater plötzlich gestorben sei."
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