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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 12.07.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190607123
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19060712
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19060712
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1906
- Monat1906-07
- Tag1906-07-12
- Monat1906-07
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Kiellegung dieser Schiffe, die sowohl in den Arsenalen als auf Privalwerften hergestellt werden sollen, noch nicht begonnen wurde, so liege es daran, dak die Vorstudien über die Ver wendung von Turbinen bei Schlachtschiffen noch im Gange sind. Die Bestellung der neuen Linienschiffe werde noch spätestens im Oktober erfolgen. Der Minister betonte neuer dings die Notwendigkeit, sich in dem Wettbewerbe nicht den Rang ablausen zu lassen, zumal die fremden Mächte nicht nur ihre alten Fahrzeuge modernisieren, sondern auch die Zahl der Neubauten wesentlich erhöhen. Hinsichtlich der Unterseeboote bewahre Frankreich sowohl in Bezug auf das Material wie auf das eingeschulte Personal, zu dessen Gunsten neue Verfügungen getroffen wurden, einen ansehnlichen Vor sprung. Jin Jahre 1907 werden sechs neue Unterseeboote mit großem Tonnengehalt und etwa zwanzig in den zwei darauffolgenden Jahren im Dienst eingestellt werden. Für 1906 ist die Kiellegung von etwa zwanzig Unterseebooten vorgesehen, mit der nur gewartet wird, bis die ersten Resul tate der Versuche mit den 400 Tounen-Booten bekannt sind. Von den neuen Untersee-Booten sollen etwa zwei nach einem etwas abgeändcrten Plane gebaut werden, um deren Aktions kreis wesentlich zu erhöhen. Die diesbezüglichen Pläne werden gegenwärtig von dem Ober-Marinerate geprüft. — Aegypten. Bereits am 5. d. Mts. hatte der Staats sekretär des Aeußern, Sir Edward Grey, im englischen Un terhause über eine fanatische Stimmung in Aegypten berichtet und bemerkt, daß England möglicherweise am Vor abend weiterer Maßnahmen stände. Wie sehr die englische Regierung mit dein Ausbruch einer panislamitischen Beweg ung in Aegypten rechnet und wie sie eifrig bemüht ist, ihr sofort mit genügenden Streitkräften zu begegnen, geht aus folgender Nachricht hervor: Wie die „Daily Mail" aus Alexandria erfährt, sind angesichts der Gefahr einer panisla mitischen Bewegung Befehle nach Malta und Gibraltar ge geben worden, Truppen bereit zu halten zu möglichst sofor tiger Beförderung nach Aegypten. Eine fortwährende Ver mehrung der britischen Besatzung auf eine Stärke, die es mit jeder plötzlich ausbrechenden Revolte aufnehmcn könne, werde wahrscheinlich sobald als möglich stattfinden. Beson dere Aufmerksamkeit solle auf die Artillerie des Okkupations heeres verwendet werden. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, l l.Juli. Wettervorhersage: Mittwoch, den 1l. 7.06, abends 6 Uhr bis Donnerstag, den 12. 7. 06, abends: Mäßige westliche Winde, meist trübe, vielfach Regen, kühler. — Eibenstock. Singabend des Barden Dr. Kristel. Der berühmte Barde vr. Kristel, welcher bereits in Dresdeit und anderen sächsischen Städten Triumphe ge feiert hat und dessen Sang in weiten deutschen Gauen widerhallt, soll nun auch den Kunstfreunden unsrer Stadt bekannt werden. Für Freitag, den 13. Juli ist nämlich im Feldschlößchensaale die Veranstaltung eines seiner in der Fach- und Tagcspresse Oesterreichs und Deutschlands vielgepriesenen „Deutschen Singabende" angekündigt, in welchem er als Sänger, Dichter und Komponist, ferner als Lieder-, Balladen- und Opernsänger und mit dem Vortrage urwüchsiger deutscher Volkslieder, die er dem alten Brauche getreu, sich selbst auf der Laute begleitet, als Lautenspieler auftritt. — Schönheide. Leider hat hier die Zeit des Badens ein Opfer gefordert. Am Montag nachmittag um 3 Uhr wurden am Rande des Neuheider Teiches, genannt Herren leich, Kleider und die Schulsachen eines Knaben bemerkt. Auf den, Federkästchen konnte man den Namen des Eigen tümers ermitteln. Leid^x mußte man annehmen, daß hier ein Unfall passiert war. Der 13 Jahre alte Sohn des Bürstenfabrikarbeiters Bruno Lenk hatte, ehe er um 2 Uhr in die Schule ging, ein Bad genommen. Vielleicht war er erhitzt oder ist einer tiefen Stelle, deren der Teich viele hat, zu nahe gekommen. Der Teich wurde mittels Haken und Leitern abgesucht, ebenso bemühten sich zwei des Schwimmens kundige Männer, Albin Mädler in Neuheide und H. Nor- mann Schönheide, den Verunglückten zu entdecken, leider vergeblich. Am Dienstag früh wurde der Teich abgelassen. Schon nach 9 Uhr fand man den Verunglückten nicht weit vom Ufer. — Carlsfeld. Der hiesigen Hebamme Frau Helene Neubert wurde am Freitag vor Pfingsten d. I. ein Porte monnaie mit ca. 15 M. Inhalt aus der unverschlossenen Wohnstube vom Tische gestohlen. Um nicht doppelten Aerger in der Familie zu haben, hat die Frau den Diebstahl nicht zur Anzeige gebracht. Aber der Dieb war mir der erlangten Beute noch nicht zufrieden, denn in der Zeit vom 1. bis 5. d. M. wurde der verheirateten Tochter der Neubert, Frau Marie Lorenz, welche bei ihrer Mutter in demselben Hause wohnt, aus einem unverschlossenen Vertikow ein Portemonnaie mit 120 M. Inhalt gestohlen. Dieser bedeutende Verlust veranlaßte nun die Bestohlene, die Diebstähle zur Anzeige zu bringen. Durch die von der Gendarmerie angestellten Re cherchen wurde als Täterin ein 18 Jahre altes Mädchen N. aus Earlsfeld, welches mit noch mehreren Mädchen bei der Neubert arbeitete, ermittelt. Nachdem sich die 9t. überführt sah, legte sie ein reuevolles Geständnis ab und gab auch den Aufbewahrungsort des zuletzt gestohlenen Geldes an, welches dann in der Kammer der Diebin vorgefunden wurde, während der zuerst gestohlene Betrag von der Diebin bereits veraus gabt war. Da die Beträge immerhin ziemlich hoch und die Diebstähle in frecher Weise ausgeführt waren, hat die 9t. eine empfindliche Strafe zu erwarten. Bei der bestohlenen Frau Lorenz war die Freude groß, als sie wieder in den Besitz des gestohlenen Geldes gelangte. — Auersbergerhäuser, 10. Juli. Vor einigen Tagen wurde dem Herrn Gastwirt Paul Heymann hier aus der verschlossenen Kammer ein Betrag von 24 Mark gestohlen. Da der Schlüssel zum Aufbewahrungsbehälter in der Küche hing, so konnte nur eine mit den Heymannschen Räumlich keiten vertraute Person der Dieb sein. Durch die von der Gendarmerie angestellten Ermittelungen wird der Verdacht auf eine aus dem Dienst entlaufene Magd K. gelenkt, welche sich bei Heymann unter dem unwahren Vorgeben, daß sie bei ihm in den Dienst treten wolle, einige Tage aufgeyalten hat. Leiber konnte man derselben bis jetzt nicht habhaft werden. — Dresden, 10. Juli. Die Hochzeit des Prinzen Johann Georg findet nach den bis jetzt getroffenen Ver einbarungen am 20. Oktober in Cannes, der feierliche Ein zug in Dresden am 22. November statt. — Dresden. Wie man das Inkognito wahrt. „Der König von Sachsen fährt, von Hamburg kommend, durch!" hieß es dieser Tage in Magdeburg. Das war eine Kunde, die viele nach dem Bahnhof lockte. Der Zug fuhr ein. Drei Schutzleute nahmen, als er hielt, vor dem könig lichen Salonwagen Posten. Reisende stiegen aus und ein. Alles schob und drängte hin und her. Zur Reisezeit ist der Trubel ja doppelt und dreifach groß. Nur vor dem könig lichen Wagen und um die drei Schutzleute staute die Menge. Leute sammelten sich an. Sie alle gafften nach dem könig lichen Salonwagen. „Daß sich Majestät auch gar nicht zeigt!" „Zch hätte ihn gern einmal gesehen." — „Nur Geduld, er wird schon noch am Fenster erscheinen." — „Vielleicht steigt er gar einmal aus." — „I wo! Ein König steigt doch nicht aus, wenn der Zug einen so kurzen Aufenthalt hat. Was denken Sie denn!" Solche Reden schwirrten hin und her. Und unter den Spähenden und Plaudernden stand auch ein Herr, die seidene Reisemütze auf dem Kopfe. Er schaute ebenfalls nach den großen Fenstern im Salonwagen. Sein Auge suchte sicher ebenfalls den König. „Einsteigen!" erscholl es letzt. Alle Reisenden eilten nach ihren Coupes. Auch der fremde Herr mit der seidenen Reisemütze stieg ein, und zwar in den königlichen Salonwagen. Es war er selbst, den sie alle so eifrig gesucht hatten. Mitten unter ihnen hatte er gestanden und sich selbst eifrig mit suchen helfen, und so hatte er das strengste Inkognito bewahrt. Nun hatten die guten Magdeburger den König mitten unter sich gehabt und doch nicht gesehen. — Leipzig, 10. Juli. Bei der Festnahme von Ein brechern ist heute früh in der 5. Stunde der Schutzmann Tag durch einen Schuß in den Unterleib tödlich verletzt worden. Früh gegen 4 Uhr wurden im Geschäft des Fleischer- meisterS Nietzschmann hier, in der Kolonnadenstraße, Ein brecher bemerkt. Mehrere Polizeibeamte drangen dort ein und die Einbrecher ergriffen die Flucht, als sie sich entdeckt sahen. Einer von ihnen feuerte auf seine Verfolger mehrere Revolverschüffe ab. Es gelang, einen der Diebe festzunchmen. Es ist der 32 Jahre alte Schlosser Johann Reetz aus Düssel dorf. Entkommen ist der 23 Jahre alte Tischler Franz Fischer aus Bochum, letzterer ist auch derjenige, der die Revolverschüffe abgefeuert hat. — H o h e n st e i n - E., 7. Juli. Beim Stadtrate ging heute die erfreuliche Mitteilung ein, daß gestern in Berlin die Gesellschaft „Sächsische Elcktrizitäts- und Eisenbahnge- scllschaft" zur Erbauung der elektrischen Bahn Hohen stein-Ernstthal—Oclsnitz i. E. gegründet worden ist. Die Sache ist bereits soweit gediehen, daß die Projektunterlagen nächsten Dienstag dem Königlichen Finanzministerium zu Dresden vorgelegt werden können. Mit dem Bau soll schon in nächster Zeit begonnen werden. — Brand bei Freiberg, 9. Juli. Seine Frau er stochen hat in den gestrigen Nachmittagsstunden der Glasar beiter Bergmann. Nach einem Wortwechsel stieß er ihr ein Messer in die linke Brust. Der Messerheld wurde verhaftet. — Annaberg, 8. Juli. Der Heerwurm, welcher schon früher hier aufgetreten ist, macht sich von neuem in unserem Stadtparke bemerkbar. Der Heerwurm ist ein etwa handbreiter, sehr langer, langsam sich auf dem Boden bewe gender Zug voll Millionen und Abcrmillionen Larven der Thomasmücke (8mara Mwmae). — Schwarzenberg, 9. Juli. Zum Bürgermeister unserer Stadt wurde in der am Sonnabend abend statt gefundenen gemeinschaftlichen Sitzung des Rats- und des Stadtverordneten-Kollegiums Herr Stadtrat I)r. Rüdiger- Glauchau einstimmig gewählt. — Auerbach, 9. Juli. Das im Walde bei Dressels- grün aufgefundene Skelett hat sich als das Gerippe eines Jagdhundes, nicht als das Skelett eines Kindes erwiesen. — Adorf, 8. Juli. Am Donnerstag abend hat sich in Leubetha der 27jährige, seit etwa zwei Jahren verheiratete Gastwirt Oswald Berger in seiner Wohnung auf schreckliche Weise das Leben genommen, indem er sich die Kehle durch schnitt. Neber den Grund zu der unseligen Tat hört man nichts bestimmtes. m, der Fürst voll Hohenzollern-Sigmaringen, der Salm-Salm, der Fürst von Salm-Kyrburg, der . Fürst "von Lichtenstein und der Graf von und zu der Leyen. Die e Herren bezeichneten ihren Bund dem übrigen Europa gegenüber als „Rheinische Bundesstaaten". Napoleon selbst nannte sich den Protektor dieser Staaten, deren Monarchen auch höhere Würden erhielten. So verlieh die Bundesakte u. a. dem Kurfürst von Baden, dein Landgraf von Hessen- Darmstadt und dem Herzog von Berg die großherzogliche Würde. Andere bekamen den Herzogs- resp. Fürsten-Titel. Die einzelnen im Bunde vertretenen Staaten hatten mit Frankreich zusammen gewissermaßen ein Schutz- und Trukbünd- nis abgeschlossen, das im Kriegsfälle eine bestimmte Anzahl von Mannschaften vorsah. So hatte Bayern 30000 Mann zu stellen, Württemberg 12 000, Baden 8000, Berg 5000, Hessen- Darmstadt 4000, alle übrigen Bundesfürsten zusammen eben falls 4000 Mann. Frankreich hatte sich zu der Stellung von 200 000 Mann verpflichtet. Ganz realistisch betrachtet stellte also der Rheinbund nichts anderes dar als ein Bündnis deutscher Staaten mit dem französischen Erbfeind. Freilich muß man zugeben, daß die Leiter der im Bunde befindlichen Staaten wohl mehr unter einem gewisse» Druck seitens Napoleons, denn aus Pie Gründung des Meinvunds. (Am 12. Juli I8a«l wurde der Rheinbund gegründet.) Von I)r. Paul Garten. (Nachdruck verboten.) Frisch auf, mein Volk! — Die Flammenzcichen rauchen. Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht. Du sollst den Stahl in FeindeShcrzen tauchen; Frisch auf, mein Volk! — Die Flammenzeichen rauchen. Die Saat ist reis — ihr Schnitter zaudert nicht! Das höchste Heil, das letzte liegt im Schwerte! Drück Dir den Speer in's treue Herz hinein Der Freiheit eine Gasse! — Wasch' die Erde, Dein deutsches Land, mit deinem Blute rein! So hatte Theodor Körner, der Hcldensänger der Frei heitskriege, gesungen. Aber noch wäre» diese nicht gekommen. Noch trauerte Europa in Sack und Asche. 9loch schrieb man das Jahr 1806. In diesen Zeiten des allgemeinen Zerfalls der bestehenden Staaten, da Napoleons Legionen den Boden Europas zerstampften, begründeten eine stattliche Anzahl deutscher Fürsten hellt vor hundert Jahren den Rheinbund, dessen wir hiermit gedenken. Sechzehn deutsche Bundesfürsten hatten diesen Bund geschloffen und somit ihre Staaten von dein alten Rcichsverband losgelöst. Zu diesen Fürsten gehörte: Der König von Bayern, der König von Württemberg, der Kurfürst-Reichserzkanzler, ver Kurfürst von Baden, der Herzog von Berg, der Landgraf von Hessen- Darmstadt, der Fürst von Nassau-Usingen, der Fürst von Nas- sau-Weilbum, der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, der Fürst von Salm-Salm, der Fürst von Salm-Khrburg, der Herzog von Arenberg, der Fürst von Jsenburg-Bierstein, der freiem Willen handelten. Immerhin aber ist und bleibt die Episode des Rheinbundes kein Lichtblick in der deutsche» Geschichte. Eine allgemeine Verwirrung schien nicht nur auf politischem, sondern auch auf geistigem Gebiet Platz gegriffen ,zu haben. Die große französische Revolution sandte ihre Todeszuckungen auch in das deutsche Reichsgebiet hinüber. So kam es, daß auch der Rheinbund mit seinem engen Anschluß an Napoleon in den Augen einzelner Männer so- bar bald einen patriotischen Anstrisch bekam. Man glaubte nn Rheinbund ein Allheilmittel aus den politischen Mißlich- keiten der Gegenwart zu sehen. Hatte man erst dem Bunde seitens der anderen deutschen Fürsten anfangs scheel zugeschaut, so wandte sich auch hier später gar bald das Blättlein. Schon im September des Gründungsjahres trat der Kurfürst von Würzburg, unter Annahme des Großherzogstitels dem Bunde bei. Im Dezem ber tat der Kurfürst von Sachsen, der den Königstitel erhielt, das gleiche. Noch im selben Monat kamen die thüringischen, anhaltischcn, lippischen und reuß'schen Fürsten. 1807 kam das Königreich Westfalen und 1808 die beiden mecklenbur gischen Staaten und Oldenburg. So kam es, daß im Jahre 1811 der Rheinbund auf der Höhe seiner Macht stand. 4 Königreiche, 5 Großherzog tümer, 11 Herzogtümer und 16 Fürstentümer gehörten ihm an. Allein nur zwei kurze Jahre währte diese Herrlichkeit. Das Jahr 1813 brachte das Ende des Rheinbundes. Die mecklenburgischen Staaten verließen als erste den Bund, als die Kunde von der Erhebung Preußens geben Napoleon durch die Lande flog. Der Rheinbund zerfiel in Stücke. Als die Jahre der Erhebung vorüber waren, war vom Rhein bund nichts übrig geblieben. Der Wiener Kongreß hatte den König von Westfalen und den Herzog von Berg ihrer Throne verlustig erklärt. Würzburg fiel an Bayern und eine ganze Anzahl der Rheinbundfürsten wurde mediatisiert. Wenn auch einzelne Patrioten in dem Rheinbund das erste Erwachen der deutschen Einheit sehen wollen, so ist sein Bestehen dennoch a.llcs andere, nur keine rühmliche Tatsache. ES stand in jenen Tagen gewiß nicht gut für Deutschland. Die Zeitereignisse haben das zur Evidenz erwiesen. An den Zitaten einiger namhafter Historiker, die wir in den Rahmen unserer heutigen Betrachtung einfügen wollen, werden wir dies am besten erkennen. Ein recht trübseliges Bild wird da vor unseren staunenden Augen aufgerollt. So sagt Reiche: „Die Offiziere aufwärts zählen manche treffliche Männer, im ganzen aber war eS eine wurmstichige Gesellschaft. Ihre Stellen waren ihre Pfründen, die im Kriege nichts einbrachten; sie liebten daher den Frieden." Bei einem anderen Schilderer jener Zeit heißt es weiter: „Die Zopf- und Puderquälerei ging in's Unglaubliche. Genaues Gleichmaß der Zöpfe eines Regiments war ein Hauptziel der preußischen Kriegskunst." Und Pierson sagt: Die meisten Generale waren Invaliden, abgelebt und gebrechlich. Alle höheren Generale zählten 70 Jahre und mehr, alle Stabsoffiziere zwischen 50 und 60 Jahre. Auch die Soldaten waren zu alt, meist Familienväter, die für Kabinettskriege nicht viel Elfer haben konnten. Sold, Ausrüstung und Bewaffnung waren sehr mangelhaft, die Verpflegung elend, der Mann erhielt täglich 2 Pfund schlecht gebackenes Kommisbrod und wöchentlich 1 Pfund Fleisch; die Uniformen vom losesten Tuch und so knapp und eng, daß die Soldaten sich kaum rühren konnten. Von der neuen Kriegskunst verstand man nichts; man kannte und schätzte die veralteten Drillkünste, den Gamaschendienst, die Griffe und Regeln des ExcrcitiumS, die vor 50 Jahren gut gewesen." Und weiter heißt es dann: Die Exerzierplätze hallten wieder von wüsten Flüchen, von rastlosem Gefuchtel. Und doch trotz aller eingeprügelten Paradefertigkeit bewegte sich das Heer im Felde langsam. Denn nach alter Mode waren die Soldaten mit schwerem, zum großen Teil unnützem Gepäck (besonders Putzzeug) bepackt, und die Offiziere führten einen ungeheueren Troß mit sich. Als ein verständiger junger Offizier den General von Rüchel darauf aufmerksam machte, daß bei der Infanterie auch die Subalternoffiziere ritten, wodurch unter anderen Nachteilen ein Geschleppe von 50 Luruspfer- dcn bei jedem Regiment entstand, schnarrte Herr von Rüchel: „Ein preußischer Edelmann geht nicht zu Fuß!" Allein nach all dieser Nacht kam wieder Licht. Wohl auch zur Freude und zum inneren Frieden für die Rhein- bundstaatcn. Die nationale Flamme schoß in glühenden Flaminen gen Himmel empor und leckte mit feuriger Zunge alles auf, was des deutschen Namens und des deutschen Volkes unwert und unwürdig war. Kein Jahrzehnt war es dein Rheinbund vergönnt, sich seines Lebens zu erfreuen. Er hatte sich zu eng an die Geschicke des Korsen gebunden. Mit ihm mußte auch er fallen. Dem Aufflammen des natio nalen Bewußtseins konnte auch er sich nicht verschließen. Und so wollen wir denn auch init dem Dichter schließen, nut dem wir bcgonnnen. Sein an den preußischen Grenzadler gedichtetes Lied setzen wir an den Schluß dieser Zeilen: Sei mir gegrüßt im Rauschen deiner Flügel! Das Herz verheißt mir Sieg in deinem Zeichen. Durch, edler Aar! Die Wolke muß Dir weichen. Fleuch rächend auf von deiner Toten Hügel! DaS freie Roß gehorcht dem Sklavenzügel, Den Glanz der Raute sah ich welk verbleichen, Der Löwe krümmt sich unter fremden Streichen — Du nur erhebst mit neuem Mut die Flügel. Bald werd' ich unter deinen Söhnen stehen, Bald werd' ich dich im Kampfe Wiedersehen, Du wirst voran zum Sieg, zur Freiheit wehen! WaS dann auch immer aus dem Sänger werde — Heil ihm, erkämpft er auch mit seinem Schwert« Richt- alS ein Grab in einer freien Erde. — Aus dem Leöen eines Seeyetden. Novelle von H. Smidt. (1. Fortsetzung.) Willst du mir vorschreiben, was ich tun darf und was nicht? schrie der Werkmeister; den Augenblick kommst du her und empfängst geduldig deine Hiebe, oder es setzt das Drei fache. Willst du nicht? Warte Bursche! Wenn ich deiner Habhaft werde! — Versuchts, ob Ihr es könnt! lachte Michael und lief dem Ausgange der Bahn zu. Der zornige Werk meister flog mit lauten Schimpfworten und geschwungenem Tau hinter ihm her. Aber lange hielt er die Jagd nicht aus, der Schweiß perlte von seiner Stirn; sich verschnaufend blieb er stehen und sagte zu den umstehenden Burschen und Handpflegern: Wer mir den Jungen bringt, so daß ich ihn tüchtig abstrafen kann, soll morgen einen freien Tag haben. Ein lautes Hurra ertönte und die wilde Meute stob auseinander. Eine grausame Verfolgung begann, und weil sie den raschen Knaben nicht erreichen konnten, suchten sie ihn durch Geschrei und Steinwürfe einzuschüchtern. Aber unermüdet stürmte er fort von der Bahn herab in die engen
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