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Der sächsische Erzähler : 22.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-189001221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-18900122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-18900122
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1890
- Monat1890-01
- Tag1890-01-22
- Monat1890-01
- Jahr1890
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 22.01.1890
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M. U' - VvWcheWettschall. Da« Präsidium ix» deutschen Reichstages hatte am vorletzten Sonntag bei dem Kaiser und am Dienstag bei der Kaiserin eine Audienz, um den Majestäten die Beileidsbezeigung des Reichs tages anläßlich de» Heimgange» der Kaiserin Augusta zu überdüngen. Am 13. d. tbeilte der Präsident v. Levetzow dem Reichstage den Ver lauf der Audienz bei dem Kaiser nm, der bei dieser Gelegenheit äußerte, daß die Erhaltung des Weltfriedens zUr Zeit völlig gesichert er scheine, daß aber Deutschland nichtsdestoweniger Heer und Flotte im besten Stande erhalten müsse. AuS diesem Grunde ließ der Kaiser für die Bewilligung des MarinretatS dem Reichstage danken, dessen Beratungen Se. Majestät m allen Einzelheiten gefolgt war. Die Reichs- militärgesetz-Novelle wurde am 13. d. M. von deni Reichstage ohne Debatte angenommen. Bei der nun folgenden zweiten Lesung des Militär- etatS brachte der Abg. Richter die Beschwerden einiger zu Uebungen als Reservisten eingezogenen Lehrer zur Sprache. Der Kriegsminister von Verdy bezeichnete die erwähnten Fälle als höchst betrübend, verwies aus die bereits eingetretene Bestrafung der Schuldigen bez. auf die eingeleitete Untersuchung und stellte eine bezügliche aller höchste Verfügung in Aussicht. Die einzelnen Titel des Etats, sowie der Rest des Extra ordi- nariums wurden schließlich nach den Commissions beschlüssen genehmigt. Unter den von der Bud getcommission gestrichenen Positionen befand sich leider auch diejenige für das Garnison-Lazareth in Freiberg. Abg. Mcrbach-Freiberg wies auf die Dringlichkeit der Herstellung eines solchen Lazareths für die gesammte Garnison hin und empfahl im Voraus dem nächsten Reichstag die Bewilligung der Kosten für ein größeres Frei berger Garnison-Lazareth. Auf die Empfehlung des Unterausschusses der Budgetcommission hin bewilligte der Reichstag am Dienstag ohne jede Debatte 45,813,000 Mk. für die aus Anlaß der Aenderungen der Wehrpflicht erwachsenden Aus gaben von 61,225,000 Mk. für artilleristische Zwecke. Den Schluß der Sitzung bildete eine längere Wahlprüfungs-Debatte. Am Mittwoch beschäftigte sich der Reichstag mit der ersten Be- rathung eines von den Abgg. Barth und Rickert cingebrachten Antrages, betr. Abänderungen und Ergänzungen des Reichstagswahlgesetzes zum Schutze der freien und geheimen Stimmenabgabe. Bei der zweiten Berathung des Postetats wurden zwei auf Besserstellung der unteren Beamten ab zielende Anträge nach längerer Verhandlung der Budgetcommission überwiesen. Für den Postbau in Frankfurt am Main wurden 235,000 Mark bewilligt, nachdem Staatssecretär von Stephan mitgetheilt hatte, daß der Kaiser auf Herstellung eines beständigen Absteigequartiers in diesem Gebäude verzichtet habe. Die übrigen noch auf der Tagesordnung stehenden Etats wurden ohne erhebliche Erörterung genehmigt. Am Freitag gelangte die Postdampfer-Subvention zur Be rathung. Wie nunmehr feststeht, ist der Reichs tag bereits am Montag in die dritte Berathung des Etats eingetreten. Ob der Etat wirklich, wie von einigen Seiten beabsichtigt zu sein scheint, in der dritten Lesung sn bloo angenommen werden wird, ist noch nicht zu übersehen. Die Socialistengesetz-Novelle dürfte bei der Kürze der Zeit nur bis zur zweiten Lesung gelangen; sollte bei dieser der Ausweisungs-Paragraph abgelehnt werden, dann könnte unter Umständen sofort die Auflösung des Reichstages nachfolgen. Der Opposition wäre es natürlich erwünscht, wenn derselbe in scheinbarem Conflict mit dem Reichs kanzler auseinanderginge. Der baldige Abschluß der Session ist aber auch den Regierungsparteien recht willkommen, da viele Mitglieder derselben durch die Arbeiten in den Einzellandtagen in Anspruch genommen werden. Die preußische LandtagS-Session ist im Namen des Kaisers und Königs am Mittwoch durch den Staatsminister von Bötticher nach Verlesung einer längeren Thronrede für eröffnet erklärt worden. In ihrem Haupttheile wurde die Thronrede schweigend an gehört, dagegen fand die Ankündigung der Ein führung der Rentengüter lauten Beifall, der sich noch lebhaft steigerte, als Herr von Bötticher mit erhobener Stimme die Beziehungen Deutsch lands zu den auswärtigen Mächten als nach allen Seiten gute bezeichnete. In einer officiösen Erörterung der Thronrede wurde die in parla mentarischen Kreisen verbreitete Ansicht, daß die preußische Regierung etwa 1b bis 20 Millionen Mark zur Durchführung der in der Thronrede angekündigten Besoldungs-Verbesserung der mitt leren und unteren preußischen Beamten bereit stellen werde, als zutreffend dargestellt. Beide Me Ribäche dringend aekejen wurtie, dorr" aanzen Interpellation Abstand zu nehmen. Die Vesietnrw in dem Befinden de» bereit» m preußischen Abgeordnetenhaus« den am vorvorigen Sonnabend todttzesogten jungen der «inen für die Tilgung der Staat», König» von Spanien scheint anzuhalten, die rrwendbaren Ueberschuß von 80 Mill. Sorge um fein Leben ist aber doch noch so groß, daß seine Mutter, die Königin-Regentin, den Ministerpräsidenten Sagasta dringend bat, die Geschäfte noch fortzuführen und die Lösung der Ministerkrise zu vertagen. In der spanischen König»familie sollen aber außerdem noch ernste Zerwürfnisse obwalten, weshalb vielfach die Ent fernung der Infantin Isabella, Gräfin von Girgenti, au» Madrid gewünscht wird, um ge wissen bedenklichen Jntriguen ein Ende zu machen. In Portugal rief am vorletzten Sonntag die Nachricht, daß da» Ministerium in der südost- asrikanischen Angelegenheit sich infolge eine» Ultimatums vor England gedemüthigt habe, eine ungeheure Aufregung und zahlreiche feindselige Kundgebungen hervor. Man riß vom englischen CönsulatSgebäude das Schild herab und zog letzteres durch den Schmutz. Der portugiesische Minister des Auswärtigen, Gomes, bat darauf den britischen Gesandten Petre, wegen der Be schimpfung des britischen Wappens um Ent schuldigung. Selbst gemäßigte Blätter wie „Dia" und die „NovidadeS" protestirten gegen die Nachgiebigkeit der Regierung, welche freilich nur überlegener Gewalt gewichen sei. Die Situation wurde schließlich so unhaltbar, daß das Mini sterium zurücktreten mußte. Die von dem be liebten Staatsmann Serpa Pimente! bewerkstelligte Bildung des neuen portugiesischen Ministeriums ist verhältnißmäßig schnell vor sich gegangen. Als eine sehr friedliche Kundgebung gilt ein jetzt erst von den russischen Regierungsblättern veröffentlichtes Handschreiben des Czaaren an den Generalgouverneur von Moskau, in welchem es heißt: „Ins neue Jahr tretend, bitte ich Gott, es möge sich auch hinfort die Entwickelung der inneren Kräfte des geliebten Vaterlandes ununterbrochen und ungestört inmitten des von Allen gewünschten und Alle beglückenden Friedens vollziehen." Berlin, 18. Januar. Der Reichstag be endete die zweite Etats-Berathung unter der Annahme des Etatsgesetzes, wobei Abg. v. Ben nigsen die Aufgabe des nächsten Reichstages be tonte, zu prüfen, ob große Ausgaben nicht auf den ordentlichen Etat zu übernehmen seien. Abg. v. Huene begründet den Antrag, betreffend die Wehrpflicht der Geistlichen. Abg. von Kleist- Retzow lehnt das Bedürfniß nach einer Aende- rung des bestehenden Gesetzes für die protestan tischen Theologen ab. Abg. von Eneccerus nennt den Antrag eine Beeinträchtigung der allgemeinen Wehrpflicht; der Militärdienst sei wichtig für die Schule des Characters, dem man die Geistlichen nicht entziehen dürfe, was diese selbst nicht wünschten. Abg. Robbe hat nichts gegen die Beschränkung des Antrages auf die katholischen Geistlichen einzuwenden. Schließlich wurde der Antrag Huene mit 121 gegen 89 Stimmen ab gelehnt, dagegen die Anträge auf eine Aenderung der Wehrpflicht der katholischen Theologen nach Kleist und Kardorff angenommen. Der Antrag Windthorst auf Aufhebung des ExpatriirungS- Gesetzes wurde in der dritten Lesung angenommen. Bei der dritten Lesung des Antrages Windthorst, betreffend die Sicherung der Culte in den deut schen Schutzgebieten, erklärten - die Abgg. Kule- mann und Struckmann sich dagegen. Abg. Stöcker (Siegen) befürwortete den Gegenantrag, welcher bezweckt, die gleichzeitige Wirksamkeit verschieden konfessioneller Missionare in denselben Bezirken zu verhüten. Beide Anträge wurden abaelehnt. . Bei der Schlußabstimmung über die Anträge, betreffend den Befähigungsnachweis , stellte sich ' die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Die Sitzung wurde hierauf geschlossen. Berlin, 20. Januar. Der Reichstag be schäftigte sich mit der zweiten Berathung der Dampfervorlage. Graf Behr (Referent der Commission), Grad (Elsässer), Woermann (nat.- lib.) sprechen für die Vorlage, Dietze (Social demokrat) Namens der Partei, Barth (deutsch freisinnig) und Rinteln (Centrum) erklären sich gegen die Vorlage. Nachdem dieselbe noch von Lohren (Reichspartei) und DiffenS (nat.-lib.) befürwortet) wird die Vorlage in der Fassung der Commission in zweiter Lesung angenommen. Hierauf werden die Anträge Ackermann - Aich- bichler, betr. den Befähigungsnachweis, in dritter Lesung angenommen. ES folgt der Bericht der: RechnungSeommission, betr. die Berathunä des Anträge» Richter auf Vorlegung eine« Gesetz entwurfes über die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben de» RrichShauShaltSetatS, iw , Häuser de» preußischen Landtage» hielten .am i Gerville Rbäche dringend Mittwoch Nachmittag Eröffnungssitzungen ab. der ganzen Interpellation Am Donnerstag legte der Finanzminister von Die Besseick Scholz dem preußischen Abgeordnetenhaufe den am vorvorrgm Etat vor, l " ' schulden verwendbaren Ueberschuß „ verspricht. Die Kosten der Erhöhung der Be- amten-Besoldungen sollen in einem Nachtrags- Etat erscheinen. Wie in Baiern weite Kreise der Bevölkerung bei dem Hinscheiden des greisen Professors des Kirchenrechts und der Krrchen- geschichte, Ignaz von Döllinger, ihre Theilnahme bekundeten, zu dessen Nachfolger als insultirten Stiftspropst der Prinz-Regent Luitpold den Stiftsdekan v. Tuen ernannte, so hat der rasche Hingang des protestantischen Prälaten Karl Gerok, de» geistvollen Dichters der „Palmblätter", in Württemberg und weit über die Grenzen dieses Königreichs hinaus Biele auf das Schmerz lichste berührt. König Karl, welcher dem Da hingeschiedenen mit besonderer Werthschätzung und Anhänglichkeit zugethan war, ließ den Hinter bliebenen seine innigste Theilnahme aussprechen. In Oesterreich wird da» Zusammentreten des ReichSrathes zum 29. d. M. erwartet. Zu nächst nehmen noch die in Wien stattfindenden böhmischen Ausgleichsverhandlungen das allge meine Interesse in Anspruch, trotzdem sehr wenig davon in die Oeffentlichkeit dringt. Im Ganzen scheint es aber doch, als sei man in der Con- ferenz über einige wichtige Punkte zu einer Ver ständigung gelangt. Wie glaubwürdig verlautet, hat man sich über die Theilung des böhmischen Landesschulrathes, sowie des-böhmischen Landes- culturrathes geeinigt. Beide Körperschaften dürften hinfort nicht mehr in ihrer bisherigen Gestalt bestehen; sie werden in deutsche und czechische umgewandelt werden. Grundsätzlich vereinbart soll ferner die Eintheilung der Gerichts bezirke nach nationalen Rücksichten sein. Damit sind aber wohl auch die Zugeständnisse, welche >en Deutschen gemacht wurden, einstweilen er- chöpft. Die Aufhebung der Stremayr'schen Sprachcnverordnung, welche die Deutschen eben falls verlangten, ist bisher nicht zugestanden worden, und was den Hauptwunsch der Deutschen, betreffend die deutsche Staatssprache, angeht, so ist keinerlei Aussicht vorhanden, daß darüber gegenwärtig auch nur eine grundsätzliche Verein barung getroffen werden kann. Es ist immerhin möglich, daß die deutsch-böhmischen Delegirten der schwierigen Stellung, in der sich die Alt- czechen gegenüber der mächtig angeschwollenen nationalen Agitation der Jungczechen befinden, Rechnung tragen, und sich dazu verstehen, einzelne Wünsche auf spätere günstigere Zeiten zu vertagen. Durch die von der italienischen Regierung angeregte Verstaatlichung der Verwaltung der wohlthätigen Stiftungen sind alle Erörterungen von Handels- und colonialpolitischen Fragen in Italien völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Das bezügliche Gesetz, welches die Ver waltung dieser mehr als 2000 Millionen Lire betragenden Stiftungen den Händen des Clerus vollständig entzieht, ist von der italienischen Kammer bereits angenommen worden und wird ohne Zweifel auch die Zustimmung des Senates finden. ES werden zwar die größten Anstreng ungen gemacht, den Senat gegen diese für den Clerus verhängnißvolle Neuerung zu stimmen, aber das Ministerium Crispi scheint seines Er folges gewiß zu sein. Die am 16. d. M. ver öffentlichte päpstliche Encyklika behandelt die Pflichten der Katholiken in der jetzigen Zeit und betont die Nothwendigkeit, daß die Rechte und die Pflichten gegen die Kirche abgegrenzt würden und daß jeder Staat dieselben respectire. Am 14. d. M.wurde die neue französische Kammersession ohne Sang und Klang eröffnet und unterblieben diesmal sogar die sonst üblichen Ansprachen der Alterspräsidenten. Trotzdem es noch sehr zweifelhaft ist, ob Kaiser Wilhelm überhaupt zu der Feier des 25jährigen Regier- ungsjnbilänmS des Königs der Belgier nach Brüssel reisen wird, hatten mehrere Blätter be hauptet, daß dabei in Brüssel eine Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Präsidenten Carnot stattfinden werde. Der regierungsfreund liche Abgeordnete Gerville Mache glaubte, ange sichts des darob in den boulangisnschen Blättern erhobenen Gezeters, dem Ministerium Tirard einen Dienst zu leisten, wenn er demse ben durch eine Interpellation Gelegenheit gäbe, sich gegen den Vorwurf zu rechtfertigen, eine olche Be gegnung anzustreben. Dem Conseilpräsidenten Tirard machte man aber in den republikanischen Blättern bald so heftige Vorwürfe darüber, daß er eine so gefährliche Interpellation annabm, ohne sich zuvor darüber mit dem Minister oeS Auswärtigen, Spuller, zu verständigen, daß
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