VI. Einige Aphorismen. Kürze Noten, keine langen, lasse man den Anfänger singen! Kräftig, nicht leise! Die Stimme ist nicht so zerbrechlich wie Glas! Lange Noten, oder gar Schwellton, gehören an den Schluss, nicht an den Anfang des Studiums. Coloratur in grösserem Umfange ist ebenfalls für den Anfänger zu schwierig. Durch blosses Coloratur- und Scala-Singen erlernt der Schüler auch nicht das kleinste Lied. Für dieses bilden die natürliche Vorübung kurze, kräftig gesungene Silben; la, la, la, la: stets derselbe Vocal, derselbe Consonant! In diesen Mustervocal a suche man die andern mit Text, so gut es geht, hineinzubringen. Besonderes Studium der übrigen Vocale ist nicht auszuschliessen, doch geht man am besten vom a aus; nur ist freilich dieses a in jedem Register ein anderes. Schon in den Männerstimmen wechselt es sehr im Charakter, ist dunkler, voller, dicker in den Mitteltönen g, a, h, c; härter, heller in der Tiefe. Das gedeckte a des Bariton auf eund f hat seinen besonderen Charakter, beim Tenor klingt’s auf diesen Tönen wieder offener, heller, härter; dieser deckt nun auf g und a, welche also wieder ein anderes Colorit erzeugen. Manche Gesanglehrer lassen den Baryton schon auf d, den Tenor auf e und f decken, eine Unsitte, welche den vollen Brustton und die freundliche Anmuth des Tones verkümmert. Bei den Frauenstimmen klingt das a in der Tiefe voll, männlich, mar kig, breit; dann, auf g und a, etwa nach einem offenen i zu, auf h, c und d gar entschieden nach u, u. s. w. Ist jedoch in jeder Region ein a hergestellt, auf welches der Ton „sitzt“, so hat das Hineinbringen der übrigen Vocale mit Text, wie in vorstehenden Uebungen, keine allzu grosse Schwierigkeit mehr. Doch empfiehlt es sich, hier zunächst