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Auerthal-Zeitung : 10.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189710103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18971010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18971010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuerthal-Zeitung
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-10
- Monat1897-10
- Jahr1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 10.10.1897
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Torgau. In «ine» GeRtsch Lei Grabitz fanden am Freitag zwet Manner die Leiche eines Mannes, der sich dort «Sängt hatte. Letzteres muß schon vor längerer Zeit geschehen sein; denn der Rumpf hatte sich vom Kopf ge löst und lag auf der Erde. Es wurde sofort Meldung gemacht und der AmtSvorfteher sandte zur einstweiligen Bewachung einen Mann an Ort und Stelle. Dieser stieß noch auf eine zweite, weibliche Leiche, die nicht weit von der ersten lag und sich ebenfalls schon längere Zeit dort befunden haben mußte. Beide Leichen waren nicht zu erkennen, vermutlich liegt hier ein Doppelselbstmord eines Ehepaares vor, das Anfang Mai in Graditz durch sein Gebaren Aufsehen erregte. Königsberg t. Pr. Bei einem durch Kinder verursachten Stubenbrand sind am Mittwoch früh hier drei Kinder erstickt; ein viertes wurde be wußtlos ins Krankenhaus gebracht. Wie». Starke Schneefälle, empfindliche Kälte und teilweise auch Sturm werden aus vielen Landesteilen der Monarchie gemeldet, so aus Niederösterreich, speziell Wien, aus Ober österreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Böhmen, Mähren, Galizien und Ungarn. Lemberg. In Saje veranstaltete der Pächter Scharrer anläßlich der Vermählung seiner Tochter ein Festessen, an welchem zahlreiche HochzeitSgäste teilnahmen. Noch während die Unterhaltung im besten Sange war. verspürten die Festteilnehmer Unwohlsein. Fast bei allen äußerten sich deutliche BergiftungSsymptome. Bier Personen starben sofort unter furchtbaren Schmerzen. Die anderen befinden sich in ärzt licher Behandlung und können als außer Ge fahr bezeichnet werden. Die Untersuchung ist im Zuge. Paris. Die „Glocken von Corneville* haben auf allen Bühnen Europas geklungen, nun sollen fie auch zur Wirklichkeit erstehen. Der Pfarrer von Corneville, Herr Breham, bittet den Letter des Pariser Gattö-Theater» um eine Vorstellung, deren Ueberschuß zur Anschaffung einer Glocke für seine Kirche verwendet werden soll; die durch die Operette weltbekannt gewordene Kirche besitzt gar keine Glocken, sondern nur eine kleine Not glock«. Dichter, Tonsetzer und Bühnenleiter haben ihr Glocken angedichtet, warum sollten fie ihr fie jetzt nicht auch wirklich geben? Basel. Prinzessin Elvira von Bourbon, welche mit dem Maler Folchi vor Jahresfrist geflohen ist und gegenwärtig in St. Moriz krank daniederliegt, hat gegen ihren Vater Don KarloS durch zwei Mailänder Advokaten den Prozeß wegen Herausgabe des ErbeS ihrer Mutter angestrengt. Don KarloS soll jedoch erklärt Haven, daß der Fruchtgenuß de» ErbeS ihm bis zu seinem Tode zukomme. London. Der gewaltige Kampf im eng lischen Maschinenbaugewerbe um den Acht stundentag wird von beiden Setten mit außer ordentlicher Zähigkeü und Erbitterung geführt. Bedauerlicherweise geht aber die Schroffheit auf feiten der Arbeitgeber so weit, daß fie erklärt haben, fie könnten sich auf die Dazwischenkunft Dritter zur Beilegung deS GewerbestretteS nicht einlassen. Brüssel. Allgemeine Sensation erregt die Verhaftung einer den höheren Ständen ange hörigen Dame, der Gattin eines hohen Staats beamten, die unter dem Verdachte, Mitglied einer Diebesbande zu sein, die große Wertpapier- diebstähle ausführte, steht. Die Verhaftete be sorgte den Verkauf der Wertpapiere, die Ver haftung erfolgte im Landhause eines Staats beamten, dessen Gattin eben eine glänzende Abendgesellschaft gab. Amsterdam. Gleich manchen anderen Städten hat jetzt auch Amsterdam eine Schatten sette deS elektrischen LichtS kennen gelernt. In folge einer an sich unbedeutenden Feuersbrunst im Elektrizitätswerke ward dort am Freitag abend der Betrieb gestört, und sofort herrschte in fast allen öffentlichen Lokalen, Theatern, Konzerthallen, Kaufläden rc. dichte Finternis. Die Theater mußten den Besuchern das Ein trittsgeld „urückzahlen, die Restaurants waren gezwungen, vorzeitig zu schließen, da man überall nach Einführung der elektrischen Beleuchtung dar GaS abgeschafft hat. Um 10 Uhr war aller dings der Schaden im Elektrizitätswerke wieder beseitigt und dar Licht flammte wieder «f — allein zu spät für die Benachteiligen. Madrid. In die Wohnuchg dies Grafen Maqutetra drang «in junger Manu ein und feuerte nach einem kurzen Wortwechsel auf den am Schreibtisch fitzenden Grafe» zwei Schüsse ab. Als der Vater Maquieras herbeieilte^sand er seinen Sohn schwer röchelnd am Boden liege«, während der Mörder mit dem Revolver in der Hand in der Mitte des Zimmers stand. Kurz darauf gab der junge Graf seinen Geist auf. Der Mörder, ein einarmiger Krüppel, ließ sich ohne Widerstand festnehmen und erklärte, daß die Not ihn zum Verbrecher ge macht habe. Der ermordete Graf hatte in Chainberi eine Papierfabrik, in welcher der Mörder gearbeitet hatte; da er in folge eines Unfalles in der Fabrik seinen rechten Arm einbüßte, wurde er von dem Grafen aut behandelt und bezahlt. Bor kurzem wurde die Fabrik geschloffen, aber der Graf protegierte den jungen Mann weiter und verschaffte seiner Familie eine Pförtnerstelle; der Nnarmige er hielt gleichfalls durch die Vermittelung deS Grafen, eine Anstellung als Depeschenbote. DaS alles war ihm jedoch zu wenig und um mehr zu erreichen, begab er sich in die Wohnung deS Grafen, wo er dann das ver brechen beging. GerichtshMe. Berlin. Ein schnöder Betrug gegen die OrtSkrankenkaffen führte den Kellner Stifte vor daS Schöffengericht. Der Angeklagte hatte einen kranken Vetter, welcher irgend einer Kaffe nicht angebörte. Silfke übergab demselben seine sämtlichen AuSweiSpapiere und der kranke Vetter erhielt darauf als der angebliche Silfke nicht nur freie ärztliche Behandlung und Arzenei, sondern er bezog auch 78 Mark UnterstützwigS- gelber, die er mit dem gesunden Vetter teilte. Als der Schwindel entdeckt wurde, zog der Vetter vor, daS Weite zu suchen, so daß nur der richtige Silfke zur Verantwortung gezogen wecken konnte. Der Gerichtshof war mit dem Staatsanwalt der Ansicht, daß gegen einen derartigen gemeingefährlichen Betrug energisch eingeschritten werden müsse; der Angeklagte wurde deshalb mit ein Monat Gefängnis belegt. Leipzig. Ist ein Eisenbahnbillet eine öffent liche Urkunde? RechSkundige Personen find nicht im Zweifel darüber, daß diese Frage zu bejahen ist, wenn aber Geschworene da» Gegenteil für richtig hatten, so können weder SchwurgerichtS- hos, noch Staatsanwalt und Reichsgericht etwas daran ändern, wie der folgende Fall zeigt. Der Steinhauer Wilhelm Lattemann auS Langels heim hatte auf einer Rückfahrkarte Helmstedt- Braunschweig den Datumstempel gefälscht, um fie noch einen Tag später zur Rückfahrt zu benutzen. Er wurde wegen Fälschung einer öffentlichen Urkunde in der Abficht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, angeklagt, aber daS Schwurgericht Braunschweig konnte Lattemann am 21. Juni nur wegen Betruges verurtheilen, da die Geschworenen die Frage, ob der Angeklagte eine inländische öffentliche Ur kunde gefälscht habe, verneint und nm die Frage, ob er sich eines Betrug«» schuldig gemacht habe, bejaht hatte. Dieses Verfahren der Ge schworenen ist vielleicht in der Weise zu erklären, daß fie die dem Angeklagten aus 8 268 drohende Strafe von mindestens 1 Jahr Zuchthaus oder (bei Annahme mildernder Umstände) von mindesten» 3 Monat Gefängnis als eine zu harte Sühne der inkriminierten That angesehen hatten. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das er wähnte Urteil wurde heute vom Reichsgericht verworfen, da thatsächliche Feststellungen, als welche Seschworenensprüche anzusehen find, in der RevifionSinstanz nicht anfechtbar find. Kchmere Folge« ei«e» K»ge«d- strelche«. Bor etwa fünfzehn Jahren studierte ein junger Provinzler, Sohn reicher, aber geiziger Gutsbesitzer, Emile Dosting, in Paris Medizin. Der Student erhielt von seinem Vater ein sehr geringes MonatSgeld, daS kaum zur Deckung . Mit Hattet und als angeb- der dringendsten Ausgaben auSreichtc. Dosting sollte d« Vermählung feines Freundes bei wohnen, lieh sich einen Frack an», den er ntch sofort zurückgab, sondern bei einem Trödler bis zum Eintreffen de» väterlichen Geldes versetzte. Zum Unglück unterließ der gestrenge Vater aus kgend einem Grunde die Geldsendung und der Kleiderhändler; der um seinen Frack gekommen war, erstattete die strafgertchtliche Anzeige. Dosting» wurde in ooMawaolam za acht Monat Gefängnis verurtettt. Als er dies erfuhr, stellte er fich freiwillig und nun geschah daS Unglaubliche, daß das, wie gewöhnlich, allzu strenge Kontumazurteil bei der Berufung einfach bestätigt wmde. Dosting verbüßte seine Strafe und suchte, da seine Laufbahn vernichtet wm, sich durch ehrliche Arbeit ein Dasein zu gründen. Auf seinem Vater konnte er über haupt nicht mehr zählen und da gelang es ihm, durch die Vermittelung treuer Freunde, eine kleine Anstellung zu erhallen. Barmherzige Menschen wärmten aber die verbüßte Strafe auf und Dosting mußte die Stellung aufgeben. In einem Geschäftshause der Provinz eretlle ihn daS gleiche Schicksal, so daß er schließlich dazu gezwungen (?) war, von Betrügereien zu leben, die ihm eine Reihe von Verurteilungen ein trugen. Nach der letzten Verurteilung wurde er nach Le Maroni bei Cayenne relegiert. DaS furchtbare Klima wm Dosting unerträglich, wes halb er unter Lebengefabr und unsäglichen Ent behrungen entwich und unter dem Namen Bernmd nach Frankreich zurückkehrte. falschen Papieren auSges licher Ritter der Ehrenlegion machte er ganz Nordfrankreich unsicher, bis auch hier sein Schicksal ihn ereilte. Die Geheimpolizisten, die seine Papiere beschlagnahmten, hatten keine Ahnung davon, daß der vermeintliche Bernard der entsprungene Bagnosträfling Dosting wm. Diesem gelang eS, die ihn eskortierenden Gen darmen zu überreden, daß fie seine Papiere dem GefängmSdirektor und nicht der Staatsanwalt schaft auslieferten, und die Papiere in der DirektionSkanzlei zu entwenden. Bei dem Pro zesse wäre Dosting noch ganz glimpflich davon- gekommen, wenn nicht sein Vater, der eme ganz sonderbare Rolle spielte, ihn selbst dem Gericht denunziert hätte. Die Folge dieser väterlichen Rache wm, daß Dosting die höchste Strafe zu erkannt erhielt und neuerdings nach Le Maroni zurückgeschickt werden sollte. Dorthin wollte aber Dosting unter keiner Bedingung und so entschloß er fich dazu, fich selbst der Entwen- mng von AmtSstücken und der Erbrechung von AmtSfiegeln zu bezichtigen, um wegen dieses chweren Verbrechens nach Neu-Kaledonien ge- chickt zu werden. Gemeinniitziges. Stärkemischung. 4 Eßlöffel Reisstärke bester Sorte, 4 Eßlöffel pulverisierter Borax, 8 Eßlöffel dünn aufgelöster Gnmmiragant werden mit warmem Wasser vollkommen klar gerührt, dann wird bis zu 1 Liter Wasser zu- icgossen; mV dieser Mischung können 6 Chemi- etts, 6 Paar Manschetten und 12 Kragen ge türkt werden. Mm setze der Stärke beun Sügeln etwas Borax und Talg (besser Stearin) zu. Der Borax gibt der Wäsche Glanz und Steifheit und der Talg verhindert, daß die Stärke an daS Bügeleisen klebt. Zur Entfernung schädlicher Gase a«S Senkgrube«, Brunnen rc., wie solches ost vor einem Besteigen derselben nötig ist, empfiehlt eS ich, den Inhalt eines großen Kessels mV ochendem Wasser in die Grube zu gießen. Durch die aufsteigenden Dämpfe werden die Südlichen Gase mV in die Höhe gerissen und die lieintgnng schneller und billiger besorgt als durch rgend ein anderes Mittel möglich wäre. K««te» Allerlei. Bei der Ausführung vo« Kaiser- Denkmäler« hat fich der Kaiser in allen Fällen die Entscheidung Vorbehalten. ES wird dabei auch auf ein merkwürdiges Material Wert ge legt. Bronze und auch ein guter Sandstein werden genehmigt; hingegen ist für ein Denkmal in der Provinz Posen die Ausführung in aalvanoploftischer Bronze zurückgewiesen worden. Dem Komitee wurde zu verstehen gegeben, daß es lieber noch einige Jahre die Sammlungen fortsetzen solle, um eine Darstellung in wert vollere« Material zu «möglichen. Der Säbel de» alte« Ziele», den der Husarenheld während deS siebenjährigen Krieges trug, befindet fich in dem Postament der Zielen büste zu Wuftrau, dem alten Familiengut der Zielen. Dies« Säbel, den Friedrich der Große nach dem zweiten schlesischen Kriege seinem Lieb lings« General zum Geschenk machte, ist insofern eine Merkwürdigkeit, als Zielen diesen Säbel während deS ganzen siebenjährigen Kriege- nur einmal gezogen hat, und zwar zu sein« persön lichen Verteidigung. Am 2. Nov. 1765 einen Tag vor der Schlacht bei Torgau, sah fich Zielen, als er in Begleitung ein« einzigen Ordonnanz rekognoszieren ritt, plötzlich von sech österreichischen Husaren umringt. Der alle Hau degen hieb sich tapfer durch, und der auf der Klinge noch deutlich sichtbare rotbraune Rost zeugt von dem österreichischen Blut, daS der Held bei dieser Affäre vergoß. — DaS Ge schlecht d« Zielen «losch mV ZietenS Sohn, der noch älter als d« Pater, nämlich 88 Jahre alt wurde. Erbe von Wustrau wurde ein Schwerin, der 1859 unter dem Namen von Zieten-Schwerin in dm Grafenstand «hoben wmde. D« letzte Zielen, d« noch bei der Einweihung deS Friedrich-Denkmals Unt« den Linden dem Erzbild seines Vaters gegenüber stehen konnte, wurde, obwohl ihm Friedrich der Große daS Leutnantspatent in die Wiege ge legt hatte, kein Held. Ein schlichter Landmann, kam er wenig auS Wustrau heraus und be schäftigte fich in dm letzten Jahren seine» Lebens damtt, die Familiengruft auSzubaucn. A:s König Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1844 einen Besuch in Wustrau machte, führte ihn der letzte Zielen auch an die eben fertig gewordene Gruft, auf welch« sich ein Riesenfeldstein be fand. D« König wies auf eine Stelle de» Steine» und sagte: „Zielen, d« Stein hat einen Fehl«/ worauf der alte Herr «widerte: „Majestät, d« darunter liegen wird, hat noch mehr* „Ostelbier". Neulich gönnte fich ein Bauer im Elsaß im WirtShauS ein Weilchen Rast, und um das Nützliche mV dem Angenehmm zu ver einigen, studierte « bei seinem Glase Bier die Welt-Neuigkeiten in dem aufliegenden Blüttle. Dabei stieß « denn wiederholt auf die „Ostelbier*. Die find nun, waS die Personm anbetrifft, auch rm Elsaß reichlich vorhanden und wohlbekannt, aber der Name wm dem Bau« unbekannt ge blieben. Deshalb verwunderte er fich sehr und meinte zu seinem Nachbar: „Was daS jetz wioder fir e neie Biersort isch! Do hett mer Straßburger Bier, Münchener Bi«, Pilsen« l Bier, Kölner Bin, un jetz Widder noch e neie Sort, daS Ostel-Binl Wu mag daS wohl harkumme?" — „AuS Puttkamerun I* belehrte ihn der Nachbar, und d« Bau« freute fich d« erworbenen Kenntnis. Wertlose Wissenschaft. In dem Salon eine» englischen Gelehrten wmde kürzlich die Frage aufgeworfen, ob daS Programm d« höheren Mädchenschulen nicht in der That zu überladen sei, und ob wirklich genügendes Inter- esse und Nutzen in allen dem enthalten sei, was wir vom 6. bis zum 20. Jahre lernen müßten. „WaS mich anbetrifft/ so mischte fich hier der Professor Sir William H. ... in die Unter- ' »altung ein, „so habe ich die schmerzliche Gewiß- > ! eit des Nichts alles Wissen» erlangt. Beinahe 30 Jahre meines Lebens habe ich dem Studium der Sprachen gewidmet — ich habe eS dahin gebracht, geläufig französisch, deutsch, rusfttch, ta.ienisch, spanisch, türkisch, chinesisch und mo disch zu sprechen. Und ich habe eine Frau ge- »eiratet, die mich in kein« dieser mühsam er lernten Sprachen jemals — ein Wort reden äßt!" Zu gütig. General: „WaS bekommen Sie ür die Reparatur?* — SchusterSfrau: „Fünf- undachtzig Pfennig, Exzellenz!* — General (im Portemonnaie nach kleinem Gelde suchend): „Will 'mal sehen, ob ich's machen kann!* — SchusterSfrau: „Hat keine Eile, Exzellenz — ch kann schon noch warten bis zum nächsten Gagctagl* „Er wird wohl gar in das Welschland geh n, Und die Frauen sind dort so falsch und schön. O mög' ihn der Himmel bewahren. * sonst würde eS in jenen Tagen sich« in schwer mütigen Tönen aus jedem Hause erklungen sein. Einmütig ab« wmen alle in der Prophe zeiung, daß eS ein böses Ende nehmen würbe. Da kam die Unglücksnachricht, von Düring überbracht, und nun triumphierten die Propheten. DaS hatte man ja gewußt, eS war genau so gekommen, wie man eS vorher gesagt hatte. Gott steuert den Ziegen, daß ihnen die Schwänze nicht zu lang wachsen! Trotzdem ab« streckten sich alle Hände freund schaftlich und mV ungeheuchelt« Teilnahme Eggert und dem Doktor entgegen, denn in der Trauer wie in d« Freude hielten alle treu zu einander, und als am andem Morgen jene beiden abreisten, da folgten ihnen viel herzlich gemeinte Ermahnungen, den Kopf oben zu be halten. Bon allen ab« war es eine, auf welche die Nachricht von dem, was in d« Residenz geschehen war, einen tiefen, schrecklichen Andruck machte, daS war Wendel. Nachdem fie fich im Walde von Ralf getrennt, war sie mutig in da» Dorf gegangen und hatte nach einem Dienst gesucht. Da» Glück war ihr günstig gewesen denn fie fand noch an demselben Tage Anlaß in eine brave, wohlhabende Handwerkerfamtlie, welche das Dienstmädchen entlassen hatte. Nun gatt eS für Wendel, Ralfs WM zu befolgen. „Halte dich brav,' hatte « gesagt, -wenn ich wtederkonlme, werden wir weitersHen l* Darin lag eine »«heißung, die Wende» Herz mit einer geheimen unaussprechlichen Hoffnung erfüllte. „Armes Mädchen!* hatte « zu ihr gesprochen, und fie glaubte noch seine schmeichelnde Hand auf ihrem Haar zu fühlen. Er hatte also Mitleid mit ihr, « wollte fie nicht ganz verstoßen, sondern sich ihrer annehmen. Er hatte fie doch wohl noch ein bißchen lieb. Dies« Gedanke verließ sie Tag und Nacht nicht, « hob fie hoch über sich hinaus. Die Familie, bei der sie ausgenommen worden war, hatte die» sicherlich nur auS Not gethan, denn Wendel» Andenken war noch unvergessen im Dorfe. Aber sie hatte e» nicht zu bereuen. Wendel entfaltete' nach ihrer zweijährigen Ab wesenheit nicht nur eine erstaunliche Geschicklich keit und Sicherheit in allen möglichen Fertig keiten, sondern auch ein so gesittetes und tav volle» Benehmen, daß des Bewundern» über sic kein Ende war. Schon nach zwei Tagen tönte ihr Lob durch das ganze Dorf. „Sie muß aus,värt» in die richtigen Hände geraten sein," hieß es, „jetzt sieht man erst, «a» in ihr steckt, und wa» eine gute Anleitung thut.* Den besten Lehrmeister, der an Wendel arbeitete, die stille tiefe Liebe in ihrem Herren mit ihr« Hoffnung und Sehnsucht, kannten die autrn Leute ntibt. ms die Schreckenskunde ihr Ohr traf, fand fie anfangs keinen Glauben bet ihr. DaS war unmöglich. Ralf tötete keinen Menschen! Ab« immer Wied«, m jedem Winkel de» Dorfes, wo zwei zusammen, hörte fie es, wie sie flüsternd Ralf einen Mörder nannten und sich heimlich bekreuzten und segneten, daß fie mV eine« solch« Menschen nicht» p> thun hätten. Wendel fühlte fich wie gelähmt. Sie wollte rufen, schreien, es sei nicht wahr, Ralf sei kein Mörder! Aber die Zunge klebte am Gaumen, ihr Herz hörte auf zu schlagen, ihre Gedanken verminten fich. Und immer umkreiste sie das schreckliche Gerücht, bis auch fie nicht mehr an sein« Wahrheit zweifeln konnte. Da wurde es finster in ihr, und alle», wa» fie aufrecht gehalten, versank m einem schwarzen Abgrunde. Ralf ein Mörder! Wendel wußte recht wohl, waS sie gethan hatte, al» fie Marten zum Morde anstistete. Sie wußte, daß Marten dafür verurteilt worden wäre, entweder zum Tode, oder doch zu lebenslänglicher Haft. DaS gleiche mußte jetzt Ralf treffen, so glaubte fie, denn fie war nicht erfahren aenug, um zwischen beiden Fällen zu unterscheiden, und d« Ge danke, d« alles andere in ihr beherrschte, war d«: Ralf würde nicht Wied« zu ihr kommen, sie >;atte ihn verloren für immer, und der kurze Schimmer von Glück und Hoffnung, der ihr Leben gestreift hatte, war dahin für ewig. Dunkel empfand sie auch in diesem Schicksal die Strafe fist ihre Schuld. Eine grenzenlose Verzweiflung packte das einsame Mädchen. Stunde auf Stunde d« Nacht saß fie in ihrer Kamm«, da» Gesicht in die Hände vergraben in dumpf« Erstattung über ihr Elend. Au» diesem gab e» keinen Weg mehr heraus, als nur einen! Die Ueberzeügung erhellte endlich Wendel» Bewußtsein em wenig. Sie stand auf und schwanke zum Fenster. E» war rabenschwarze Nacht draußen, matte Sterne nur bluten durch da» Gewölk, und der Wind fuhr üb« da» kau« sichtbare Wasser hin, daß es gur gelte und schäumte. Die HauSthür war fest ver schlossen, das wußte Wendel, aber d« Sprung auS dem Fenster ja leicht für daS gewandte Mädchen. Schon war fie unten, und nun flog fie hinab zum See, von ihren in Jamm« auf gelösten Haaren umweht, daß fie dem Nachtvogel glich, der lautlos durch die Luft fährt. Totenstill war eS ringsum, die Menschen in den Häusern schliefen den Schlaf ihrer Gerechtig keit, nur in den nächstliegenden Wohnungen glaubten einige, ihr süßer Traum sei durch einen entsetzlichen Klageschrei gestört worden, und fuhren im Bett auf, um zu horchen. Aber nein, eine Täuschung! und sanft schlummerten fie mied« ein. Erst am nächsten Morgen, al» fich da» Gerücht verbreitete, Wendel sei verschwunden, und als dann ein kleines bunte» Tuch, das man al» da» ihrige erkannte, am Uf« gefunden wurde, da erinnerten fie sich de» Schreies, durch den eine traurige Vermutung alsbald zur Ge wißheit wurde. Mehr«« kräftige, ernstbllckende Fischer machten sich an da» WM, da» fie nicht -um ersten Mal in ihrem Leben auSübten, die Ertrunkene zu suchen, während fich die Unglücksstelle allmählich mit ein« Menae von Menschen füllte. Still und scheu standen sie da, und nm geflüsterte Worte wandert« von einem -um andern. Man hatte e» Wied« einmal gewußt, daß e» so kommen mußte. An Mädchen wie Wendel! Mit ein« solchen Vergangenheit! Freilich zuletzt war sie trav gewesen, ab« auffällig blieb der Wechsel in ihrem Wesen doch immer. E» war vielleicht nm Verstellung gewesen, und wer wußte de« —? »« (Schluß folgt.)
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