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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 28.04.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190804280
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19080428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19080428
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
- Jahr1908
- Monat1908-04
- Tag1908-04-28
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ist. -7. Seilaqe,m Mer LaM-m. rr. MM. i-»r. Amtliche BekaMtmachnngen LrvaMir fMiHiiiiiÄitiilr»« i. krrged. Der Unterricht beginnt Mittwoch, den 2S. April, abends H Uhr. Es -haben sich aNe Schüler einzufinden. Schvlootstand und Direktion der gewer-lichen FortbNdüngsschule. G. Hiltmann. Direktor B a n g. Fachschule für Handmaschinenstickerei In der Schule werden Handmaschinensticker ausgebildet. Abrsuodauor 8 Mache«. Schulgeld SV F, davon werden 1V 4 nach regulattogemäß beendetem Kursus wieder zurückgezahlt. Die Auszunehmenden dürfen nicht unter 1k und nicht über 30 Jahre alt sein. Anmeldungen an den Unterzeichneten erbeten. Schneeberg, am 24. April ISO«. Die Direktion. Lorenz. Die Eisenbahntarif-Reformen. Am 1. Mai d. I. treten mehrfache Aenderungen des Deut schon Eisenbahn-Personen- und Eepäcktarifs in Kraft, die einige Vergünstigungen für das reisende Publikum mit sich bringen Nachstehend sind sie kurz zusammengestellt. ,V. Beförderung von Personen. 1) Geltungsdauer der Fahrkarten. Die Geltungsdauer der Fahrkarten, auch der als zur Rück fahrt gekennzeichneten, beträgt, soweit ihnen eine andere Gel tungsdauer nicht aufgedruckt ist, vier Tage. Dies gilt auch sür Doppelkarten und Rückfahrkarten. Als erster Tag der Geltungs dauer rechnet der>Tag, mit dessen Datum die Fahrkarte abge- stempelt ist. Fahrkarten mit abweichender Geltungsdauer wer den fernerhin noch im Verkehr mit dem Auslande und im Ver kehr mit den Nord- und Ostseebadeorten ausgegeben. Die Reise kann an einem beliebigen Tage innerhalb der Geltungsdauer angetreten werden, sie mutz aber spätestens um Mitternacht des letzten Deltungstages beendet sein. Das gleiche gilt bei Dop pelkarten und Rückfahrkarten auch für die Rückfahrt. Für den Ablauf der Geltungsdauer ist die fahrplanmäßi/g« Ankunft oes Zuges entscheidend. Mit einer am Montag abgestcmpelten Fahrkarte kann hiernach die Reise auch noch Donnerstag ange treten werden. Die Bestimmungen über die Fahrtunterbrechung bleiben im allgemeinen unverändert. Bei einfachen Fahrkarten muh die Reise also nach wie vor am Tage der Unterbrechung od^r am folgenden Tage fortgesetzt werden. Es ist daher nicht zulässig, mit einer am Montag abgestempelten Fahrkarte, auf die die Fahrt am ersten Geltungstag« unterbrochen wird, die Reise etwa erst am Mittwoch fortzusetzen. Sie muh spätestens am Dienstag fortgesetzt werden. Durch Fahrtunterbrechung wird eine Ver längerung der Geltungpdauer nicht herbeigesührt. Wird eine Reis« erst am viertln Geltungstage angetreten, so mutz sie auch bei einer Fahrtunterbrechung am gleichen Tage fortgesetzt uno beendet werden. Bei Doppelkarten und Rückfahrkarten ist oie Fahrtunterbrechung je einmal auf der Hin- und Rückreise ge stattet. Die Reise kann bei diesen Karten an einem beliebigen Tage innerhalb der Geltungsdauer fortgesetz werden. Neu ist also die Vorschrift, daß die Dauer der Fahrtunterbrechung bet Doppelkarten — Ebenso wie schon bisher bei den Rückfahrkarten — innerhalb der Geltungsdauer unbeschränkt ist. Ein Reisender mit einer am Montag gelösten Doppelkarte, der die Fahrt am Montag unterbricht, kann sie also noch am Donnerstag fortsetzen. Da die Geltungsdauer der Doppelkarte durch die Fahrtunter brechung aber nicht verlängert wird, mutz auch die Rückreise noch am Donnerstag beendet werden. 2) Doppel karten. An Stelle der bisherigen Dappelkarten werden solche nach einem Muster «ingeführt, das aus zwei Teilen besteht. Der untere Teil dient für die Hinfahrt, der obere Teil für die Rück fahrt. Sie tragen di« Klassensarbe aus der Vorderseite des oberen Teils und auf der ganzen Rückseite, während die Vor derseite des unteren Teils weih ist. Bei Bedarf werden zur Abfertigung einzelner Kinder besondere Doppelkarten aufgelegt. Bei Kinderdappeltarten ist auf der Vorderseite in dem oberen Teil das obere Drittel weiß gefärbt, die beiden andern Drittel des oberen Teils tragen die Klassenfarbe. Nach Beendigung der Hinfahrt wird der sür die Hinfahrt dienende untere weitze Teil akgenommen. Der obere farbige Teil wird dem Reisenden für die Rückfahrt belassen. Die Doppelkarten nach dem bis herigen Muster werden zunächst weiter verwendet. 3) Schnellzugszuschlagskarten. Schnellzugszuschlagskarten werden wie bisher nur zugleich mit einer Fahrkarte oder gegen Vorlage einer solchen ausgegeben. Sie gelten im allgemeinen nur bis zur Zielstation der Fahr karte. Neu ist, datz Zuschlagskarten nach einer über die Ziel stalton der Fahrkarte hinausgelegenen Station verabfolgt wer den dürfen, wenn der Reisende bis zur Zielstation seiner Re>se eine Fahrkarte nicht erhalten kann. Voraussetzung ist aber, datz er eine Fahrkarte nach der zur Lösung neuer Fahrkarten geeigneten weitestgelegenen Station löst. Verlangt z. B. ein Reisender in Bad Kösen eine Fahrkarte nach Worms und kann eine solche nicht erhalten, so würde ihm nicht ewa eine Fahrkarte nach Bebra, sondern nach Frankfurt a. M. zu verabfolgen sein. Die über die Zielstation der Fahrkarten ausgegebenen Zuschlags karten werden auf der Rückseite durch Angabe der Station, bis zu der sie Geltung erhalten sollen, mit Tinte oder Tintenstift gültig geschrieben. Die Gültigkeitsschreibung ist auch dann er forderlich, wenn die Reisezielftation in derselben Zone liegt, wie die Endstation der Fahrkarte. Auf der Vorderseite wird dec Stationsstempel aüfgedruckt. Gültig geschriebene Zuschlagskarten werden erst aus der Station abgenommen, di« auf der Rückreise vermerkt ist. Zu schlagskarten, die nicht auf diese Weise gültig geschrieben sind, werden in jedem Falle auch dann mit den zugehörigen Fahr- karien abgenommen, wenn der Reisende erklären sollte, datz er sic zur Weiterreise bedürfe. 4) Fahrscheinhefte für einfache Fahrt. Für die deutschen Bahnen werden auch Fahrscheinhefte für Reisen ausgegeben, die nicht zum Auagangsort zurückführen (Fahrscheinhefte für einfache Fahrt). Für diese Fahrscheinhefte galten im allgemeinen die gleichen Bestimmungen wie sür Fahr scheinhefte des Vereinsreiseverkehrss. Di« bezahlten Scheine müssen «ine Entfernung von minde stens 600 Kilometern umfassen. Die Geltungsdauer ist auf 40 Tage beschränkt. Es werden die Fahrscheine des Vereinsreiseverkehrs ver wendet. Die Scheine, die für diese Fahrscheinhefte verwenvet werden dürfen, sind in einem besonderen Fahrschoiirverzeichnis zusammeipzcsteUt (Verzeichnis der deutschen Fahrscheine). Für die Hefte weroen Umschläge aus violettem Papier be nutzt. Das Nähere ist aus den Vorbemerkungen zum Fahrschein verzeichnis ersichtlich. 5) Platzkarten. Besteller von numerierten Plätzen in l>-Zügen erhalten z. Z. auf den Ausgangsstationen dieser Züge Bestellkarten. Aus Grund dieser Bestellkarten werden ihnen vom Zugführer sodann Platzkarten verabfolgt. Diese Bestelftarten fallen weg. Die die Lauskartc führende Dienststelle fertigt den Bestellern sogleicy Platzkarten aus. ll. Beförderung von Reisegepäck. 1) Beg r i s s d es R ei seg ep ä 'ck s. 8 30 EVO. und die Zusatzbestimmungen hierzu erhalten eine neue Fassung. Hiernach werden kausnuinntsch verbackte Kisten, Tonnen usw., die bisher nach 8 60 (2) EVO. ausnahmsweise als Reisegepäck angenommen wurden, in Zukunft nicht mehr als Reisegepäck zugelassen. Als Reisegepäck dürfen nur noch die im 8 3V Abs. l und 2 ENO. und in der Zusatzbestimmung 1 zu Abs. 3 EVO. in der neuen Fassung aufgesührtcn Gegenstände ange nommen werden. 2) Wegfall der Verdoppelung des überschietzen- den Gewichts bei Gepäcksendung von mehr als 200 Kilogramm. Die Verdoppelung fällt weg. 3) Direkte Gepäckabfertigung. Es entstehen vielfach Verteuerungen der Gepäckftacht, wenn der Reisende direkte Fahrtkarten nicht bis zur Zielstation er halten kann. Um diese Verteuerungen zu beseitigen!, treten fol gende Aenderungen ein. Nach der bisherigen Zusatzbestimmung 1 zu 8 32 EVO. (DTP. und GT., Teil l, S. 20) wird Reisegepäck nur gegen Vorlage von Fahrkarten und nicht über die Bestim mungsstation der vorgelegten Fahrkarten hinaus angeommen. Dieser Grundsatz wird im allgemeinen ausrechterhalten. Nach gelassen ist jedoch, Latz -Reisegepäck zu den Gepäcksätzen auch nach einer über di« Bestimmungsstation der vorgelegten Fahrkarten hinausgelegenon Station abgefertigt «-erden kann, wenn der Reisende mangels durchgehender Fahrkarten bis zu dieser Sta tion Fahrkarten nach der zur Lösung neuer Fahrkarten geeigneten weitestgelegenen Station vorlegt. Die Abfertigung über die Bestimmungsstation der Fahr- karte hinaus hat jedoch im allgemeinen zur Voraussetzung,, datz für di« Verbindungen, sür die di« Abfertigung verlangt wird, Entsernungszonen im Tarif enthalten find. Sind in den Tarifen Entsernungszonen nicht enthalten, so mutz die direkt« Abfertigung unterbleiben. Eine Ausnahme ist nur für die Sendungen zugelassen, für die die Vorstufe, sei es ein mal oder mehrmals, zur Anwendung kommt. Um den Reisenden, die nach den vorstehenden Bestimmun gen zur Umabfertigung ihres Gepäcks gezwungen find, gleichfalls die Vorteile zu bieten, aus die sie bei direkter Abfertigung An spruch gehabt hätten, ist bei der Umabferttgung für die Rest strecke nur noch der Unterschied zwischen der Fracht, di« bei direkter Abfertigung für die ganze Strecke zu erheben gewrsr.l wäre, und der bis zur Umbehandlungsstation bereits erho benen Fracht, einzuziehen. Die Bestimmung über diese Berechnungsweise werden auch bei telegraphischer Vorausbestellung von Gepäckscheinen ange wendet, wenn gleichzeitig Fahrkarten vorausbestellt werden. Auch wenn unabgefertigt mitgenommenes Gepäck auf einer Unterwegsstation nachbehandelt wird, wird die Fracht für die Gesamtstrecke (Abgangsstation—Zielstation) berechnet. 4) Abfertigung von Reisegepäck zu den Sätze» des Expretzguttarifs. Zu den Sätzen des Expretzguttarifs kann Reisegepäck auch ohne Vorlage von Fahrkarten auf Gepäckschein «bgeferttzt wer den, wenn die Entfernung mehr als 25 Kilometer beträgt. O. Verkehr mit dem Ausland«. Ab 1. Akai d. I. werden fast durchweg neue, auf der Grund lage der deutschen Personentarifreform berechnete Personen- nns Gepäcktarife ausgegeben. Infolgedessen kommt das seit dem l. Mai 1907 bislang gewährte Freigepäck auf den deutschen Strecken in Wegfall. Es finden künftig die Gepäcktarife und die Vorschriften für die Gepäckbeförderung, wie sie für das In land gelten, Anwendung. Auch Rückfahrkarten find, da für die deutschen Strecken Ec- inätzigungen nicht gewährt werden, nur da wieder vorgesehen, in denen für ausländische Strecken eine im Verhältnis zum Ge samtpreise nennenswerte Vergünstigung zugestanden wird. Für einen Teil der Auslandsverk^hre wird die Atatznahme erst im Laufe des Sommers durchgeführt werden. Neues aus aller Wett. * Professor Karl Möbius -f. Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Karl Möbius ist am Sonntag in Berlin verstorben. Er war Zoologe von Rus und hat «in Alter von 83 Fahren erreicht. 1868 kam er als Professor der Zoologe nach Kiel. Im Auftrage der Negierung machte er viele überseeische Reisen nach den T r o- pen. 1887 übernahm er die Leitung des neu erbauten Mu seums in Berlin (Museum für Naturkunde, Jnvaltdenstraße). Mit großer Umsicht und Liebenswürdigkeit leitete er >im Fahre 190l den in Berlin tagenden fünften i n te rna t i o a l e n Zoologenlongretz, um End« 1905 in den Ruhtstand zu treten. Noch bis vor kurzem hielt er sein« ««wohnten Vor lesungen. * Trauerfeier für den ehemaligen Mintsterprüfidsnten Lamp- bell-Bannerman. Ani gestrigen Montag früh fand in der West minster-Abtei in London ein Gedächtnisgottesdienst für den ver storbenen Premierminister Tampiell-Bannerman statt, dem der Prinz von Wales in Vertretung des Königs, alle Minister, die leitenden Politiker beider Parteien und das diplomatische Kovps beiwohnten. Botschaftsrat v. Stumm legt« in Vertretung des Deutschen Kaisers einen grotzen Kranz zu Fützen des Sar ges nieder. Ministerpräsident Clemenceau fuhr gometnsam mit dem französischen Geschäftsträger nach der Westminster«Abtei und überbrachte einen Kranz von weißen Blumen. Nach dem De- dächtnisgottesdienst begab sich das Trauergefolge, in welchem sich der Prinz von Wales, Botschaftsrats v. Stumm, Ministerpräsi dent Clemenceau und die Mehrzahl der Minister befanden, unter strömendem Regen nach Euston Station. Den Sarg Campbell- Vannermans zierten Kränze des Deutschen Kaisers und Clemen- wer niemals imZUampse gestanden, wird nimmer als Sieger geehrt: wer nie in Versuchung geraten, Hat nie seine Tugend bewährt Die Hreveht. Roman von Friedrich Jakobs« n. (15. Fortsetzung.) «ach!>ruck oerdele». Dann kam eine Anmerkung über das finstere Schloß, die düsteren Wälder, die große Einsamkeit und die Stille vor dem Sturm — alles in abgerissenen Morten, ohne Satzbau unv ohne Interpunktion. Zuletzt, ganz am Schluß, kam als Nachricht di« sonderbare Bitte, Ada möge sich über diesen Brief nicht beunruhigen, er sei nichts weiter als der Ausfluß einer Stimmung, die am besten allein überwunden werde. Das Wort .Mein" war mehrfach unterstrichen, es enthielt also gewissermaßen ein Verbot an die Tochter, wie es deutlicher noch niemals ausgesprochen war. Sonst hatte Baron Alfons es wenigstens stillschweigend ge duldet, datz 'Ada eine R«tfe nach Dorneck unternahm. St« war dann gewöhnlich einige Tage mit ihrem Vater zusammengewesen, hatte sich von seinen Kreuz- und Qurrzügen durch die Welt er zählen lassen und «ar zusammen mit ihm wieder zur Bahn station gefahren. Ada verschloß das Schreiben und erwähnte keim Wort dar über zu ihren Verwandten. Es war weniger Scham al» Furcht, die ihr den Mund verschloß, denn Konsul Platen pflegt« über »gewisse Dinge ziemlich rücksichtslos zu reden, und er hätte viel leicht seinen Schwager «inen ,-verrückten Kerl" genannt, ohne sich wirklich etwas Schlimme» dabei zu denken. Tant« Emilie aber hatte immer ein Zitat aus dem Zara- khustra zur Hqüd, und dabet konnte einer sorgenden Seele auch nicht übermenschlich wähl werden. Heut« nachmittag um fünf Uhr sollte die Konsultation de» Professor» Smith in der Hardenschm, Wohnung stattftnden. Ada hatte Esther versprochen, sich zu dieser Zeit einzufinden, und sie machte sich auch aus den Weg nach dem Gänsemartt; aber schon in den Alsteranlagen — denn sie war zu Fuß gegangen, um einen quälenden Kopfschmerz zu verscheuchen — schon in der Nähe der Lombardbrücke wurde sie unschlüssig und setzte sich endlich auf eine Bank. Sie hätte um ihr Leben gerne diesen seltsamen Mann kennen gelernt, von dem viele Leute so begeistert redeten, und den einige sogar mit der größten Erscheinung des Altertums verglichen; sie fühlte sich gleichsam durch eine magische Gewalt zu ihm hinge- zogen, und dennoch war eine ander« Macht in ihr, die sie ebenso geheimnisvoll wieder abstieß. Sie redete sich ein, daß es ganz vergeblich sein werde, den Magnetiseur bei seinem Heilwerk beobachten zu wollen, denn der Rapport zwischen Seele und Seele scheut die Öffentlichkeit und kann wirksam nur in der tiefsten Einsamkeit angeknüpft werden — aber das konnte sie doch nicht hindern, bei seiner Ankunft zu fällig in der Wohnung anwesend zu sein. Dennoch blieb sie sitzen und ließ die Zeit verstreichen. Es war ein schönes Plätzchen, diese grüne Ecke vor der be rühmten Brücke, die Binnenalster und Außenalster voneinander scheidet und wohl kaum zwei bis drei Stunden zwischen Mitter nacht und Mitternacht von Fußgängern, leer wird; man übersah von hier aus das ganze Panorama der Zentrale Hamburgs, und wenn das Auge sich an dem Anblick der Prachtbauten gesättigt hatte, dann ruht« es gerne auf dem friedlichen Idyll der Schwäne, die langsam und majestätisch das Mauerwerk der „Alsterlust" um kreistem Aber Ada v. Rochus fand keine Ruhe. Ls kam zu allem Schwanken und Grübeln noch «ine andere Empfindung, die an dieser Stelle- mitten im Kommen und Gehen der Leute und unter der noch hoch stehenden Sommersoun« so selt sam war, daß nur «in überreiztes Gemüt ihr anhetmfallen konnte. Ada fühlte sich beobachtet und verfolgt. Das war schon so, als sie die Villa Platen verließ und der Stadt zuging; es gingen viele Leute vor ihr und hinter ihr, manche hatten sie überholt und andere hatten sich in die Seiten straßen verloren, aber etwas war auf ihrer Spur und blieb an ihren Fersen. Ada hatte sich niemals umgesehen und wußte daher nicht, was es war, aber um einen jener Gecken, die jedem hübschen Mädchen nachlaufen, konnte cs sich nicht handeln, denn an solch« Bewunderung war Ada gewöhnt und achtete sie so wenig wie das Summen einer Mücke. Als sie auf der Bank saß, suchten ihre Augen di« Umgebung ab. Aber da waren nur alte Männer und Frauen, die sich vor der Sonne in den Schatten geflüchtet hatten,, da waren nur ge putzte Ammen mit ihren Babys und „Fräuleins" mit ihren Rangen — alle übrigen gingen dem Erwerbe nach und hasteten vorüber. Da trat ein schlichter Arbeiter an die junge Dam« heran. Er war schon ziemlich bejahrt und roch ein wenig nach Schnaps, aber er hielt die Mütze sehr höflich in der Hand und sagte- „Fräulein haben da etwas verloren — vorhin mit dem Taschen tuch" Dann ließ er ein -usammengedrücktes Stück Papier in Adas Schoß fallen und entfernte sich mit langsamen Schritten — an der Lombardbrücke blieb er stehen, lehnte sich über da» Ge länder und spuckte ins Wasser. Ada nahm das Klümpchen und glättet« es — ste hielt einen Bries in den Händen, der ihre Adresse trug und an-der Seite auf- gerissen war, auf dem Kuvert klebt« auch «ine entwertet« Frei marke und es konnte daher keinem Zweifel unterliegen, daß Ada diesen Gegenstand wirklich verloren hatte. Sie teilte die Ge wohnheit vieler Damen, di« gleichgültig« Briefe in die Klvider- tasche stecken und es war sehr wohl denkbar, daß fi« beim Heraus ziehen des Taschentuches Allerdings, ste entsann sich nicht, das Taschentuch benutzt zu haben, aber das ist ein« gleichgültige und mechanische Handlung, die wir von einer Minute zur anderen vergessen können, und Ada zweifelte keine Sekunde, daß dieser Fall auch -ei ihr vorlag. Ste betrachtete die Adresse und wurde nun schon etwas un ruhig; die Handschrift war ihr vollständig unbekannt, aber auch das kommt im Löben nicht selten vor; wir erhalten doch auch Briefe von Leuten, mit denen wir nicht im regelmäßigen Verkehr stehen. Der Inhalt des Schreibers mutzte Aufklärung geben — so wie wir eine Zeile gelesen haben, wird di« Erinnerung «ach,
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