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2 I. Die Bevölkerungszahl 1. „Wohnbevölkerung“ und „Ständige Bevölkerung“ a) Begriffserläuterungen Erstmalig bei der Volkszählung von 1925 wurde der Begriff der „Wohnbevölkerung“ entwickelt. Während man sich bei den früheren Zählungen damit begnügt hatte, lediglich die am Zähl tag an einem Ort gerade „anwesenden“ Personen zu ermitteln, ohne Rücksicht darauf, ob sie dort dauernd ihren Wohnsitz hatten oder nur vorübergehend anwesend waren, anderseits nicht feststellte, ob zu einer Haushaltung noch weitere Per sonen gehörten, die aber zur Zeit der Zählung gerade vorüber gehend abwesend waren, sind seit der Volkszählung 1925 im Erhebungspapier, der Haushaltungsliste, nicht nur die gerade ortsanwesenden Personen einzutragen, sondern auch zu einer Wohngemeinschaft gehörende Personen, die sich zufällig an einem anderen Ort aufhalten, nach bestimmten Grundsätzen aber, die im Zählpapier näher erläutert sind, nur als „vorüber gehend“ abwesend gelten können. Ferner sind auch Personen, die zwar „anwesend“ und demnach einzutragen sind, sich aber im Rahmen derselben Grundsätze nur „vorübergehend“ in einer Wohngemeinschaft aufhalten, nochmals besonders namhaft zu machen. Auf diese Weise ist es seit 1925 möglich, nicht nur die gerade an einem Ort am Zählungstag anwesenden Personen, also die „ortsanwesende Bevölkerung“ zu ermitteln, sondern durch Zuzählen der vorübergehend Abwesenden und Absetzen der vorübergehend Anwesenden auch die tatsächliche „Wohn bevölkerung“, d. i. also die Gesamtheit der Personen, die an einem Orte ihren dauernde n Wohnsitz hat oder sich gewöhnlich ständig dort aufhält, festzustellen. Diese in besonderen Arbeits gängen in den Statistischen Ämtern ermittelte Wohnbevölke rung bildet seitdem die für alle Verwaltungsmaßnahmen, aber auch für alle sonstigen Berechnungs- und Vergleichszwecke grundsätzlich maßgebende amtliche Einwohnerzahl der Ge meinden. Blieb bis 1933 die Zahl der auf Reisen befindlichen Personen (fast ausschließlich zu Berufs-, Erholungs- und Ver gnügungszwecken) in verhältnismäßig engen Grenzen, so ent stand nach 1933 im Zuge des Wiederaufbaues und der völligen Neugestaltung des staatlichen und völkischen Lebens in Deutsch land neben der starken Zunahme des üblichen Reiseverkehrs noch eine arbeitseinsatzmäßig (Westwallbau und andere Bau maßnahmen, Eingliederung der Ostmark, des Sudetenlandes und des Protektorats) bedingte Binnenwanderung von vorher noch nicht gekanntem Ausmaß. Außerdem blieb auch der Auf bau des Reichsarbeitsdienstes und des neuen Volksheeres nicht ohne einschneidende Wirkungen auf die jeweilige Bevölkerungs verteilung. Diesen Erscheinungen war bei der letzten Volks zählung mit den bisherigen Methoden der Ermittlung der Wohn bevölkerung allein nicht mehr vollbefriedigend gerecht zu werden. Aus staatspolitischen Erwägungen erhob man deshalb den gesamten im Wehr- und im Reichsarbeitsdienst stehenden Bevölkerungsteil in einem gesonderten Zählverfahren und unter schied bei diesem nach den „ihrer Dienstpflicht genügenden Personen“ und dem „ständigen“ Personal dieser Einrichtungen, also den Berufsoffizieren, -Unteroffizieren und langdienenden Mannschaften sowie den Beamten der Wehrmacht und den Berufsführern und -führerinnen des Reichsarbeitsdienstes. Für die übrige Bevölkerung wurde die Wohnbevölkerung nach den bisher bewährten Grundsätzen mit Ausnahme einiger Sonderregelungen für zum auswärtigen Arbeitseinsatz dienst verpflichtete Personen (Westwallarbeiter u. a. m.) ermittelt. Etwa in der Haushaltung ihrer Eltern oder ihrer eigenen von der Ehefrau als „vorübergehend abwesend“ eingetragene Sol daten, Arbeitsmänner und Arbeitsmaiden, die ihrer Dienst pflicht genügten, wurden grundsätzlich bei der Feststellung der zivilen Wohnbevölkerung ihrer Heimatgemeinde ausgeschieden bzw. unberücksichtigt gelassen, wenn es sich nicht offensichtlich nur um zu kurzen Übungen vorübergehend abwesende Soldaten handelte. In Gemeinden mit Standorten der Wehrmacht — hierzu zählen auch Wehrmachtsbehörden, wie z. B. Wehr bezirkskommandos und Wehrmeldeämter sowie Wehrmachts anstalten — und des Reichsarbeitsdienstes war zur zivilen Wohnbevölkerung noch die Gesamtheit der Wehrmachts und RAD.-Angehörigen hinzuzuzählen, um die Wohnbevölke rung überhaupt zu erhalten. Für viele Verwaltungsmaßnahmen, insbesondere für den Finanzausgleich, aber auch für zahlreiche statistische Vergleichszwecke, erwies es sich als notwendig, zu mindest die ihrer Dienstpflicht genügenden Soldaten, Arbeits männer und -maiden von der Wohnbevölkerung ihres Stand ortes abzusetzen, das berufsmäßige Stammpersonal dieser Ein richtungen jedoch mit zu berücksichtigen, da dieser Personen kreis ja am dienstlichen Standort gewöhnlich auch gleichzeitig seinen ständigen Wohnsitz hat. Auf diese Weise kam man bei der Volkszählung 1939 zu dem neuen Begriff der „Ständigen Bevölkerung“, deren Zahlen an Stelle der Wohnbevölkerung für die meisten Ausgliederungen der Volks- und Berufszählungs ergebnisse diesmal zugrunde gelegt sind, was beim Lesen der Tabellen und bei Vergleichen mit früheren Zählungsergebnissen stets zu beachten ist. b) Ihre zahlenmäßigen Größen Die Wohnbevölkerung Sachsens am 17. Mai 1939 ist mit 5 231 739 festgestellt worden, das sind 24 917 Personen oder 0,49 v. H. mehr als die ermittelte ortsanwesende Bevölkerung. 1933 stimmten beide fast völlig überein (Wohnbevölkerung: -j- 266 = 0,005 v. H.). Ganz verschieden sind jedoch die Ge schlechter an dieser Unterschiedszahl beteiligt. Es gehörten nämlich 27 006 (= — 1,09 v. H.) vorübergehend abwesende Männer mehr zur Wohnbevölkerung, als ortsanwesend waren, während 2089 (= -j- 0,08 v. H.) ortsanwesende weibliche Per sonen als nur vorübergehend anwesend nicht zur Wohnbevölke rung zu zählen waren; es hielten sich also am Zählungstage zahlreiche Männer vorwiegend zur Berufsausübung vorüber gehend außerhalb Sachsens auf. Dagegen wird es sich bei dem verhältnismäßig geringen Mehr an ortsanwesenden weiblichen Personen in der Hauptsache um einen Überschuß an Erholungs und Vergnügungsreisenden gehandelt haben. Das Land Sachsen hatte mit 5 231 739 Einwohnern am 17. Mai 1939 an der für das Deutsche Reich nach dem damaligen Gebietsstand 1 ) festgestellten Zahl von 79 375 281 Einwohnern einen Anteil von 6,6 v. H. Legt man jedoch das alte Reichs gebiet nach dem Stande vom Jahre 1933 zugrunde (68 474 132 Einwohner), so ergibt sich ein Anteil von 7,6 v. H. gegenüber 7,9 v. H. nach der Volkszählung von 1933. Die Bevölkerungs zunahme Sachsens ist also geringer gewesen als die des Alt reiches. Die Ständige Bevölkerung, d.i. also die Wohnbevölke rung ohne die ihrer Dienstpflicht genügenden Soldaten und Arbeitsmänner sowie ohne die Arbeitsmaiden, bezifferte sich auf 5 185 329 Personen. Diese Bevölkerungszahl wird für alle Gliederungen zugrunde gelegt, bei denen aus sachlichen Er wägungen die ihrer Dienstpflicht genügenden Soldaten, Arbeits männer und Arbeitsmaiden unberücksichtigt gelassen werden müssen, wie es z. B. durchweg bei den Auszählungen nach der Erwerbstätigkeit und den Berufen der Fall ist, weil ja dieser Personenkreis während der Dauer der Erfüllung der Dienst pflicht keinen Erwerb oder Beruf ausübt. 1) Jedoch ohne Memelland und ohne Protektorat Böhmen und Mähren.