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Der sächsische Erzähler : 17.04.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-193704172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19370417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19370417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1937
- Monat1937-04
- Tag1937-04-17
- Monat1937-04
- Jahr1937
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 17.04.1937
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Gerda wollte Modezeichnerin werden. Sie hatte sich das herrlich vorgestellt, nur immer schöngekleidete Frauen zu zeichnen, sich selbst die herrlichsten Modelle entwerfen zu kön nen und öfters Fünfuhrtees zu besuchen, um modische An regungen zu bekommen. Der Vater war mit dieser Berufswahl auch sofort ein verstanden gewesen und hatte gleich alles Nötige in die Wege geleitet. Dieses zur Ausbildung Nötige sieht aber nun ganz anders aus, als Gerda sich das vorgestellt hat. Schneidern mutz sie zunächst lernen, jeden Morgen in die Fachschule gehen, in ein großes, rotes Haus in einer engen Straße, und dort unter bescheidenen Mädchen sitzen. Wenn der Unterricht beendet ist, so ist es schon fast Abend und sie ist recht müde, ge nau so wie die andern Menschen um sie herum auf der engen, lauten Straße, die zumeist dann drüben aus dem Fabriktor auf der anderen Straßenseite strömen ... "Sei hatte gewünscht, daß der Vater ihr den^Wagen täg lich schickte, sie abzuholen. Aber er brauchte ihn um diese Zeit selbst und hatte gmneint, daß es ihr gewiß nichts schade, wenn sie die Straßenbahn benutzen würde. Und so war es gekommen, daß der junge Mann mit dem sehr Heyen, zumeist unbedeckten Haar angefangen hatte sie höflich zu grüßen, nachdem er täglich dicht neben ihr an der Straßenbahnhaltestelle gestanden hatte, daß es schon nicht mehr zu vermeiden gewesen war, ein paar Worte zu wechseln. Und nun gehen sie täglich auch den Weg,.die enge, laute Straße hinunter nebeneinander. Er wartet oft drüben auf Her Straßenseite schon auf sie, und sie zögert ein wenig, wenn er noch nicht da ist. .Eines Tgges hat er ihr von der Blumenfrau an der Ecke einen Veilchenstrauß gekauft. Gerda war sehr erschrocken und brachte ihn der Hausdame mit, denn sie konnte doch nicht ge stehen, daß sie ihn geschenkt bekommen hatte. Von wem denn? . . . hätte Frau Mertens, die immer in schwarzer Seide ging, Wohl «fragt. Und was hätte sie antworten sol len? Bon einem jungen Mann, der in die Fabrik ging und dort noch nicht einmal Ingenieur war, dessen Mantel man schon die reichlich lange Zeit des Gebrauchs ansah, und der in der Aktenmappe nur die Frühstücksbrote und die Thermos flasche Mit Kaffee trug. Bestimmt hätte Fran Mertens ihr diesen Verkehr verboten, gerade jetzt wo sie verabredet hatten, an dsm Sonntag, an dem der Vater verreist war und Frau Mertens eingeladen, einmal einen gemeinsamen Ausflug zu machen. Es wird ein wunderbarer Sonntag. Sie gehen beide zum erstenmal zusammen durch Gärten und hören die erste Amsel rufen. Sie gehen durch Wälder und bekommen nasse Füße, aber finden viele Gänseblümchen, die sie ihm ins Knopfloch steckt Am Abend trinken sie Bier und essen Würst chen, und das schmeckt alles herrlich, weil sie dicht nebeneinan der sitzen können und er den Arm sogar um ihre Schultern legt. Das fällt hier gar nicht auf. Gerda hat gar nicht ge wußt, daß so viele Menschen sich liebhaben. Sie sitzen hier Hand in Hand hinter dem Glas Bier und flüstern und lächeln und schweigen. In den nächsten Tagen ist ihnen der gemeinsame Weg bis zur Straßenbahn viel zu kurz. Sie gehen noch ein Stück weiter bis zu einem kleinen Park. Dort sitzen sie auf einer Bank und sagen du zueinander. Einige Zeit später geschieht es dann an einer belebten Straßenecke. Da sieht Gerda Plötzlich den Wagen ihres VaterS vor sich. Hat der Vater sie erkannt? Der Wagen bremst knirschend. Gerda starrte erschrocken den jungen Mann neben sich an. Muß sie ihn jetzt dem Vater vorstellen! Nein! Sie sieht Plötz lich nicht mehr das junge, Helle Gesicht neben sich mit den Augen, die so leuchten können, mit dem Mund, der so zärt liche Dinge zu sagen weiß. Sie sieht plößlich nur noch den vertragenen Mantel darunter, den nach der Arbeit zerdrück ten Kragen, derbe Hände ohne Handschuhe . . . l „Was hast du, Gerda?" fragte der junge Mann ... In diesem Augenblick aber steht schon der Fahrer des Vaters vor Gerda: „Der Herr Vater wartet auf das gnädige Fräulein iw Wagen!" Und da bekommt Gerda, zu ihrem Begleiter gewendet, cS fertig, zu stammeln: „Verzeihung, mein Herr, danke schön!" Mit einem sehr förmlichen Gruß geht sic zum Wagen. „Wer war der junge Mann?" fragt der Vater lächelnd. „Jemand, den ich nach der genancn Zeit fragte", antwor tet Gerda rasch. Da sagt der Vater nichts mehr. > Am nächsten Tage wartet vor der Fachschule niemand auf Gerda. Am Abend sitzt sie dann in ihrem weißen Zimmer unter der rosa Ampel und will einen Brief schreiben nnd möchte lieber den Kopf auf die Arme legen und weinen. Da steht plötzlich der Vater vor ihr und sieht sie aufmerk sam an, so datz sie die Augen niederschlagen muß. „Jeder Mann, der da- Herz auf dein rechten Fleck hat und ehrlich arbeitet, ist mehr wert als ein Mädel, daS den, den fie liebzuhaben glaubt, um seines Mantels willen verleugnet", sagt er dann. Jetzt weint Gerda wahrhaftig und braucht gar nicht mehr soviel zu beichten. Der Vater weiß ohnehin mehr, als sie ge glaubt hat... WaS er aber dann noch sagt, hätte er schon früher sagen sollen. Daß seine Tochter gar nicht so eingebildet zu sein brauche. Der Großvater wäre auch einmal in eine Fabrik ge gangen und hätte niemanden gehabt, der ihm die Knöpfe an seinen Mantel annähe und seine Kragen bügelte. Und abends ist er nicht mehr ausgegangen, um die Schuhsohlen zu schonen. «Daß du mir ja keine unnützen Gänge bannt machst. Junge! ..." hatte ihn die Mutter gebeten, als sie ihm die Schuhe ge kauft hatte, wie er daheim gewesen war ... So sparsam sind sie früher gewesen, „und so nur sind wir das geworden, was wir heute sind, Gerda!" Gerda vergißt diese Stunde nie mehr. Und den Brief hat sie dann so zu Ende geschrieben, daß der, an den er gerich tet war, wahrhaftig nicht mehr böse sein konnte. Und mit dem Frühling wird nun sicherlich noch einmal alle- gut werden. Frühlingsfahrt durch Süddeutschland. Von RudolfvonHahn. In Stuttgart beginnt meine Fahrt durch den süddeutschen Frühling. Hoch oben steht die Morgensonne in dem azur blauen Himmel, über den nur dann und wann Weiche, Weiße Wolkenballen schwimmen. Das alte Schloß blickt in das Ge wirr winkliger Straßen und Gäßchen, durch die frühe Wande rer in ihre Büros Und Geschäfte hasten. Oben von den Höhen, über die die Straße »ach Echter dingen weiterführt, geht noch einmal der Blick über das Ge samtbild der schwäbischen Hauptstadt. Sind sonst die Berge oft die Feinde einer modernen Großstadt, dlp sie einzwängcn und beengen, so überwindet hier machtvoll Las aufblühende Stuttgart die Höhenzüge und wächst weit über sie hinaus. Hinaus in das Reich der ersten blühenden Bäume, zu den grünen Wiesen, über die die Sonne ihre warmen Strahlen schickt. Dörfchen reiht sich an Dörfchen. Ortsnamen leuchten auf den Tafeln auf und verschwinden schnell nach hinten. Ver schwinden auch aus dem Gedächtnis. Nur wenige der kleinen Dörfer bleiben im Sinn. Wenige, die durch besondere Schön heit locken oder deren Namen irgendwie mit der Geschichte des deutschen Volkes verbunden sind. So Echterdingen. Hier, kurz hinter dem Dorf am Hange sanfter Hügel, liegt rechter Hand eine kleine Mulde. Das Luftschiff des Grafen Zeppelin stürzte seinerzeit hier ab und verbrannte. Mitten in der Mulde, in der jetzt auf frischem Grase Kühe ihre Nahrung suchen, lagen die Trümmer. Weiter. Fichtenwälder. Aromatische Luft. Bächlein zu beiden Seiten der Straße. Der Tachometer Les Wagens klet tert höher. Tanzt um hundert Stundenkilometer. Rasend bleibt das Land zurück. Im Sturmeswind stürzen Eindrücke auf den Fahrgast ein. Langsamer. Born erscheint ein Städtchen. „Universi tätsstadt Tübingen." Stolz prangen die Worte auf der Namenstafel. Reizendes, verträumtes Nest. Kleine Sträß chen. Das hohe Schloß. Wunderbares Portal, auf das die Sonne bizarre Schwarz-Weiß-Malerei wirft. Uhlands Haus. Hier konnte man dichten! Hölderlins Turm. Stunden und aber Stunden stand der große Lvriker in den Jahren seiner Geistesgestörtheit hier oben und starrte in den trüben Neckar. Viele Kilometer hemmt die Steigung den geschwinden Lauf des Autos. Es geht hinein in den schwäbischen Jura, Das Wirtsbauswunder. Erzählung von Ernst Kreu der. Verstaubt, müde und hungrig schleppte sich Stephan durch die sonnabendlich belebten Geschäftsstraßen dieser mittelgro ßen fremden Stadt. Er hatte eine anstrengende Fußwande rung hinter sich, aber er konnte hier nicht über Nacht bleiben, dazu reichte seine Barschaft nicht, er würde nur ein bescheide nes Abendessen zu sich nehmen und dann wieder weiterziehen. Draußen, in den sommerlichen Wiesen hinter der Stadt würde er alsdann an einem Weidenbusch sein Lager aufschla gen und mit dem Gezirp der Grillen und Heuschrecken ein schlafen. So eine Wanderung zu Fuß in den Ferien war recht schön, man lernte Land und Leute besser kennen, man sah und hörte mehr, nur wurde es auf die Dauer doch etwas anstren gend. Die Füße brannten nach der fünften Wegstunde, die Augen im Kopf wurden schwer, dann die Glieder, dann der Kopf selbst, und immerzu dachte man an eine kühle Kammer mit einem Weißen, federweichen Bett. Bei den Grillen zu schlafen war gesund und romantisch, jedoch etwas hart, und gegen Morgen, kurz ehe die Sonne aufging, konnte es ganz beträchtlich kalt werden. Nun, dafür war man wiederum in einem fremden Land, da kam man nicht alle Tage hin, man kennte, alles in allem, doch noch ganz zufrieden sein. So ging das indessen wirklich nicht weiter. Er mußte sich jetzt endlich wo hinsetzen, ein Stück Brot kauen und einen kleinen Schnaps trinken. Stephan stand gerade an dem Eingang eines großen Gasthauses, um sich einen Augenblick auszuruhen, als er spürte, daß er sich heute zuviel zugemutet hatte und in den nächsten Minuten auf einen Stuhl kommen mußte. Mit halb geschlossenen Auge» wandte er sich dem Eingang zu, taumelte einige Schritte nnd wurde in der nächsten Sekunde unter einem losbrechenden, ohrenbetäubenden- Beifallsjubel von zwanzig Armen in einen dichtgedrängten, überfüllten, riesi gen Saal gezogen. Die Kapelle im Hintergrund spielte einen gewaltigen Tusch, hochzischcnde Blitzlichter blendeten ihn von allen Seiten, Tausende von Händen, wie es schien zerrten an seinen Handgelenken, er sah und hörte nicht mehr viel, daS hatte gerade noch gefehlt, jetzt war er also auch noch verrückt geworden. . . Er spürte, daß man ihn schleppte und trgg, eine Empore hinauf, und dann sank er in einen äußerst bequemen, großen, die Rauhe Alp. Liebliche Landschaft. Man möchte hier einen Monat verträumen. Jetzt, im Frühling. Oder auch unter der sengenden Glut sommerlicher Sonne. Felsen. Straßen« scrpentinen. Dicke Wasserleitungen. Denn oben auf der Hochebene ist eS tot. Weit liegen dis Häuser voneinander. Rare, ärmliche Dörfer. Kein Wasser fällt vom Himmel. Und wenn es regnet, wird das Naß gierig von den: spröden Kalkboden verschlungen. Jedes Dorf hat einen runden Teich. Mit Lehm befestigt. Hier sammelt sich das Wasser. Hier schlürfen die Tiere ihren Trunk. Der Mensch bekommt sein Wasser von unten. Aus der Ebene. Aus der Landschaft des Anstieglandes. — Oben auf der Hoch ebene sind die Sage u. die Fama zu Hause. Drüben in Mün singen ist ein Brunnen. Der einzige der Ebene. Aber er ist ausgetrocknct. Er gibt nie Wasser. Und wehe dem Volk, wehe dem Land, wenn er Wasser spendet. Zum letzten Male floß er im Jahre 1914. Angsterfüllt blickte das ganze Land nach Münsingen. Wird der Brunnen wieder fließen? Blaubeuren. Kreisrund blickt ein See in den blaue» Himmel. Das Blauloch. Hier unten auf dem Grunde wohnt die schöne Lau. Halb Fisch, halb Weib. Eine Nixe. Wen» am Abend Liebespärchen hier spazierengehen, kommt sie an die Oberfläche und zieht die Spaziergänger zu sich hinab in daS Wasser. Sic soll auch einmal einen geistlichen Herrn versucht haben. Ueber den Ausgang schweigt der Chronist. Von weitem winkt der Turm des Ulmer Münsters. Gi gantische Gotik. 161 Meter Höhe, Stcinkonstruktion. Höchster Kirchturm dieser Art in der ganzen Welt. Man hat nicht den Eindruck, in einem Raum zu fein. Es schimmert Himmel durch die Spitzfenstcr. Verfärbt durch das vielgestaltige Bunt der Butzenscheiben. Holzschnitzereien zieren den Chor, schmücken die Kanzel und die Seite^iwände. Rings um das Münster alte Häuschen. Hier mitten im Zentrum lebt man plötzlich im Mittelalter. Man hat fast ein schlechtes Gewissen, mit dem Auto durch die Straßen zu fahren. Die Alpen treten am Hintergründe in das Blickfeld. Schneegipfel, die von abendlicher Sonne vergoldet werden. Alpenglühen. Unten weite Wiesen. Bauern mit Tabakpfei fen im Mundwinkel. Verwitterte Gesichter. Kinder Winken. Es ist schon dunkel, als der Kochelsce erreicht ist. Senk recht steigen Felswände in den Himmel. Straßen winden sich empor. Wie ein Karussell dreht sich der Wagen nach rechts, nach links. Walchensee. Hier unten in der Dunkelheit liegt irgendwo das Kraftwerk. Das Walchcnscekraftwerk. Drüben leuchtet die Wettersteinwand. Der Frühling ist von der Dun kelheit geschluckt. — Rund um das Massiv der Zugspitze herum« Hinaus zur Reichsautobahn. Zur Mangfallbrücke. Begei- geisterndes Bauwerk deutscher Ingenieure. 60 Meter hoch. Zwei Bänder nebeneinander. Hinfahrt- und Rückfahrtweg. Rechts die Alpen. Hinein in die deutsche Alpenstraße. Felsen zu beiden Sei ten. Eine Klamm. Ein See. Firnsec nennen ihn die Einge borenen. Der Watzmann. Majestätisch. Und etwas protzerisch zugleich mit seiner Schönheit. Der Königssec. Blaues Wasser. Himmelstürmendc Felsen. Grüne Wiesen. Blumen. Gemsen, Sonne! Blinkendes, glitzerndes Naß. Der Frühling steigt hier nicht von den Bergen, er klettert sie hinauf. Von unten her leckt er den Schnee. Gierig. Un ersättlich. Es dauert lange, bis er die Spitzen erreicht hat. Ganz langt er nie oben an. — München heißt die letzte Stadt am Wege. Die Strahlen der Sonne vergolden die Frauen kirche. Springen durch die Dnrchbrochcnheit des Rathauses. Wärmen Straßen und Plätze. Der Frühling hat Süddcutschland erobert. Es dauert nicht mehr lange, bis er auch im Norden und im Osten den Sieg erkämpft. weichen Sessel. Er riß die Augen auf und visierte das hell braune, glänzende, gebratene Huhn oder was es war, daS dicht vor ihm auf dem mit Blumen geschmückten Tisch auf einer Silverplatte ruhte. Wahrscheinlich war er doch nicht verrückt, dann waren eS also diese Leute hier, und das war in jedem Falle ihre Sache. Was redeten sie da dauernd auf ihn ein? Stephan verstand von der Sprache dieses fremden Landes ohnehin nicht sehr viel. Offenbar hießen sie ihn fortwährend willkommen, wenn sie sich da nur nicht fürchterlich geirrt hatten. Es wurde ihm langsam wieder besser. Er nahm den Rucksack ab und warf ihn auf den Boden. Man muß sich in jeder Lage so verhalten, als hätte man sic genau vorausberechnet, das war der einzige vernünftige Standpunkt. Und da er nun einmal hier in die sem riesigen Saalgewölbc war, hercingezerrt und in einen Sessel gestemmt, würde er vorerst nicht mehr rausgehen. Also das Huhn aufs Korn nehmen, anlegen und — verschlingen. Er packte cs mit beiden Händen, riß cs auseinander und biß hinein, daß ihm der Saft in den verstaubten Schillerkragen rann. Neue Beifallsrufe ertönten. Ein Ober stand hinter ihm und goß etwas Schäumendes ein. Stephan trank daS Glas in einem Zug leer, das war kein gewöhnlicher Schaum wein, seine Mutter würde vor Freude zu Hause nicht ein schlafen können, wenn sie wüßte, wie ihr Sohn hier den Sekt hinuntergoß. Natürlich stimmte da etwas nicht, diese bunte» Lampions überall in den Nischen, die unaufhörlich spielende große Kapelle, da vorn warteten augenscheinlich einige Re porter auf ihn, wenn das gut ausging, für Betrüger nnd Zechpreller gab cs neuerdings überall Schnellgerichte. WaS wollte denn das verteufelt hübsche junge Mädchen von ihm, hatte Rosen im Haar und ließ sich an seinem Tisch nieder. Jetzt wird's gemütlich, das Mädchen ist eine Dolmetscherin nnd spricht ihn auf deutsch an. „Ja natürlich, ich verstehe alles, jetzt sagen Sst mir um Himmclswillen, was daS alles hier bedeutet? Bin ich einer Verwechslung zum Opfer ge fallen?" „Sie sind", sagte das große, dunkle Mädchen langsam und deutlich, „der zchntaiiscpdstc Gast in diesen» Jahr. Die Di rektion der „Drei silbernen Löwen" heißt Sic herzlichst will kommen. Ich bin beauftragt, Sie nach Ihren weiteren Wün schen zu befragen. Das „JubiläumSzimmer" ist für Sie her gerichtet. Die Direktion betrachtet Sie für sieben Tage als ihren Gast. Geben Sie Autogramme? Damit schob fie btc-
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