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Weißeritz-Zeitung : 10.10.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-187610100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-18761010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-18761010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1876
- Monat1876-10
- Tag1876-10-10
- Monat1876-10
- Jahr1876
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 10.10.1876
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eins der Mitglieder da« Gelübde zu leisten hat. — Das Gebet, mit welchem der Biceprästdent (Oberhofprediger Kohlschütter) die Sitzungen eröffnet, ist eindringlich und zu würdigem Ernste stimmend. Der Präsident (v. Zehmen) leitet mit aristokratischer Liebenswürdigkeit, Gewandtheit und Colle- gialität die Verhandlungen. Jedes Mitglied hat nach seinem Sitze seine Nummer und darnach zählt er. Eine äußerlich erkennbare Scheidung der Parteien nach den Sitzplätzen ist nicht vorhanden; doch sitzen sehr viele der Rechten auf der entsprechenden Seite des Saales, der an Akustik zu wünschen übrig läßt. Eine gewisse Scheidung der Mitglieder ist vor handen. Es hat sich vornehmlich eine „Freie Vereini gung der Rechten" gebildet,-die ziemlich an die 50 Mit glieder zählt, viele MeinungSschattirungen in sich befaßt, aber in einer nicht detaillirten, allgemeinen konservativen Anschau ung Eins ist. Eine Mittelpartei besteht dermalen, die in vielen und auch wesentlichen Punkten mit jener „Vereinigung" Eins ist, weshalb auch eine Annäherung an dieselbe Seiten der Rechten angestrebt wird. Die Linke hat sich ebenfalls zusammengefaßt und sitzt auch geschaart auf der linken Seite, wenn auch in zum Theil seltsamer Nähe. Am 4. Oktober beschäftigte man sich bei der Berathung im Plenum wesentlich mit der, seit 18. April 1873 auf Grund von Synodalbeschluß gesetzlich bestimmtev und nun durch Vor schlag des Kirchenregiments wieder zu beseitigenden Be schränkung der Wahlfreiheit bezüglich der Bewerbung um ein geistliches Amt und der Anstellung in einem solchen. Es hat sich so ziemlich die Meinung gebildet, die nach Lebens alter, AmtSalter und GehaltShöhe jetzt bestehenden Stufen jener Wahlfreiheit wieder zu beseitigen, im Interesse der Be setzung vacanter geistlicher Stellen und vor Allem zum Nutzen der Gemeinden, denen stets nach möglichst kurzer Zeit die Wiederbesetzung des erledigten Amtes Noth thut und welchen man, unter der einmal eingeräumten bedeutenden Concurrenz bei der Wahl, die Freiheit nicht verkürzen wolle, während das Motiv de« Gesetzes, den älteren Geistlichen ein Einrücken in höher dotirte Stellen zu sichern, sich im erwarteten Umfange keineswegs bewährt hat, auch diesen älteren Pastoren durch Alterszulagen die gebührende Rücksicht zu gewähren Seiten des Kirchenregiments in Aussicht genommen wird. Die Synode wird sich ihren kirchengeschichtlichen Charakter und ihren bedeutendsten Einfluß durch die Beschlüsse auf prägen, die sie in Bezug auf Kirchenordnung und Lehr zucht fassen oder aber nicht fassen wird. Die Lehrzuchts- Frage hat sich in die „Frage Sülze" zugespitzt. DaS ist ein Uebelstand. Denn mit Persönlichkeiten, Einzel-Mei nungen und literarischen Produktionen hat die Synode sich schlechthin nicht oder nur ganz ausnahmsweise zu befassen. Was ein Geistlicher in seinen Lehrvorträgen oder in Journal- Artikeln irrt, untersteht seiner Disciplinarbehörde, dem evang.- lutherischen Landesconsistorium. Dieses ist dabei an sehr klare Bestimmungen gebunden, wie der Geistliche selbst durch sein ernstestes Gelübde auf die heilige Schrift und die Lehr bücher und Lehr-Erkenntnisse der Kirche. Die Synode wird daher wohl thun, das Persönliche bei der Lehrzuchtsrage aus zuscheiden, dieses der Disciplinarbehörde zu überlassen, jedoch, wenn es ihr nothwendig scheint, die Grundsätze auszusprechen, beziehentlich zu wiederholen und die Innehaltung der Grund sätze vom Consistorium zu beanspruchen, innerhalb deren allein das gemeindebauende und kirchenfördernde Wirken eines evang.- lutherischen Geistlichen gedacht werden kann. Im Uebrigen macht man sich, wie eS scheinen will, von Sulzen falsche Vorstellungen. Er wird auf den Schild gehoben als politisch-kirchlicher linker oder linkester Kirchen zerschlagender Parteimann. Vielleicht ist er das nicht. Ein Mann, der die „Gartenlaube" verwirft, ist nicht der Mann der Massen, noch des gewöhnlichen Publikums vom Mittel schlag. Er sagt z. B.: „Was die Natur- und Menschenvergötterung betrifft, der die Gartenlaube huldigt, so vertritt sic diese neueste Religion etlicher Stubengelehrten in so ermüdender und widerlicher Weise, daß sie dieselbe jedem Leser, der dieser Cur bedarf, endlich zum Ekel macht. So thut das Blatt freilich wider Willen, auch der christlichen Kirche einen Dienst. . . . Ich möchte meinen Lesern ein Beispiel der Gartenlaube fühlbar machen , was sie doch von der christlichen Religion haben und daß die letztere aus jeden Fall etwas ganz anderes Menschenwürdiges ist, als die saftlose Natur- und Menschen vergötterung der neuesten Zeit." Sülze ist ein Theolog Seine Meinung ist: „Die Taufe verweist den Menschen an die That auf Golgatha. An Gott, an die That auf Golgatha werde das Kind gewiesen. Die christliche Religion ist in die Welt eingetreten, in der Person Jesu Christi. Sie wird seitdem fortgeleitet von Herzen zu Herzen, aber die Person Christi bleibt ihr zutreffender Ausdruck. Christus muß in uns eine Gestalt gewinnen, sollen wir Christen werden. — Die Taufe ist eine Darstellung, eine Vergegenwärtigung des Todes Jesu. — Bei der Taufe wird der Tod Christi mit all' seinem Lebensgehalte uns dargestellt und dargeboten, Hamit er seine Gewalt gewinne in unserem Herzen. Der bietet sich in der Taufe dem Kinde zum Führer an, besten That am Kreuze die Liebe Gottes zu einer Lebensmacht gemacht hat in unserm Geschlechte." —- „Es ist undenkbar, daß Eltern, deren Herz und Liebe un getrübt ist, die Feier der Taufe entbehren könnten, die ihnen selbst, vor Allem dem Kinde, schon am Be ginn seines Lebens den vollen Inhalt ves Christen- thums entgegenbringt. Es ist der Vorsitz des Himmelreichs, den die Taufe darbietet, indem sie den Tod Jesu für uns erneut." Aus solchen Aeußerungen wird offenbar, daß der „Fall Sülze" keine politisch-kirchliche Hauptfrage in sich schließt, sondern daß, wenn der Mann irrige Lehrmeinungen hat — und er hat derselben viele —, dies die Theologen unter sich und mit ihm auszumachen haben, und seine Oberbehörde ihm zurechthelfen, beziehentlich ihn zurechtweisen mag. Die Synode wird sich, hoffe ich, hüten, Gericht und Urtheil über Persön lichkeiten und Einzel-Meinungen zu stellen. Sie ist auch Sulze'n bei seinem Antrag, mit Ersparnissen von Gehalten jung in reich dotirte Aemter eintretender Geistlichen kirchen lose Gemeinden großen Umfangs zu unterstützen — soweit das kirch en recht! ich möglich war — wohlwollend entgegen gekommen, und sie hat eine Petition gegen Zulassung Sulze's zur Synode, einfach und ohne Wort dem Verfassungs-Aus schuß zur Begutachtung überwiesen. Nr. 65. Dresden. In Folge des Lehrermangels hatte bekanntlich das Kultusministerium im letztvergangenen Land tage den Kammern die Absicht zu erkennen gegeben, daß es einen vorzeitigen Abgang der oberen Seminaristen anordnen werde. Dies ist denn Michaelis dieses Jahres geschehen. Sämmtliche Seminarien Sachsens haben ihre Pforten geöffnet und ca. 250 Seminar-Abiturienten treten in'S Lehramt über; aber immer kann dem Lehrermangel noch nicht gesteuert werden. — In der Dresdner Münze werden jetzt namentlich Massen von Zwei-Markstücken geprägt, obschon bereits über eine halbe Million fertig sind. Ursache ist die am 1. November beginnende Einziehung der Zweithalerslücke, und wird man auch bald an die Einziehung der Thaler und sog. Viergroschenstücke (50 Pfg.) denken. Leipzig. Das Schwurgericht verurtheilte am 6. Octbr. den 21jährigen Bäckergesellen Störl aus Berka an der Ilm wegen Raubes mit Tödtung eines Menschen. Er hatte am 29. Aug. beim Handel um eine Taschenuhr den Uhrmacher- gehülfen Schröer aus Gransee mit einem 670 Gramm schweren Steine mit solcher Gewalt drei Schläge auf den Kopf versetzt, daß er zusammenbrach und am andern Tage starb. Störl war mit 7 geraubten Taschenuhren (im Werth von 430 Mk.) geflohen, aber in Weimar verhaftet worden. Er hat die That eingestanden und hörte das Urtheil auf lebenslängliche Zuchthausstrafe mit größter Kaltblütigkeit an.
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