Suche löschen...
Auer Tageblatt : 20.07.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735688886-192807207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735688886-19280720
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735688886-19280720
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuer Tageblatt
- Jahr1928
- Monat1928-07
- Tag1928-07-20
- Monat1928-07
- Jahr1928
- Titel
- Auer Tageblatt : 20.07.1928
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 1S8. Auer Tageblatt und Anzeiger für da» Erzgebirge. Freitag,dku SO. Jult 1028. die Unglücksjerle bei -er Nelchsbahn. Da- »AerUner Tageblatt" macht angesichts der sich Häufenden schweren GtsenbaHnunfälle den Vorschlag zur Bildung etnes UntersuchungSauSschusseB Mr die Reichs bahn. GS heißt in dem Blatt r „Dio Unfälle auf der deutschen Reich Setsenbahn haben sich.so bedenklich ge Häuft, dah die Rcichsregieruug sich! entschlossen Hat, gemeinsam mit der Verwaltung d.er ReichSetsen- baHn U.-G. die in Frage kommenden Verhältnisse voll ständig zu klären, wobei der Ton auf dem Worte voll ständig liegt. Wie aber kann eins vollständig« KIL- rung erzielt werden? Die Reichsbahn ist tn einem gewissen Sinne Angeschuldigte. M ist die Einsetzung einer UntersuchungSkommtssion Vorzuschilagen, die hie Betriebsunfälle der RetchSeisenVaHn und alle damit in Zusammenhang stehenden Fragen objektiv -zu prü fen Hat und die sich aus Männern von anerkanntem Rufe zusammensetzt. Es gibt in Deutschland Techniker, Fachleute des Eisenbahnwesen-, Gewerkschaftler und erfahrene Parlamentarier, deren Namen für eine sach liche unabhängige und überzeugende Durchführung die ser notwendigen.Untersuchung bürgt. Der Wert einer solchen Kommission liegt darin, dast alle politt'chen Gegensätzlichkeiten ausgeschieden und nur die sachlichen Notwendigkeiten geprüft werden. Niemand aber Hat ein gröberes Interesse an einer solchen Untersuchung, als die Reichsbahn selbst. Sie gewinnt un An sehen, wenn ihre Verwaltung die Vrobe dieser.Unter suchung besteht." Die „Germania" bemerkt z.e *eM ^orschl.'g des .Berliner Tageblattes": UntcrsuchnugSkommissionen ha ben im allgemeinen bet uns keinen guten Klang, weil ihre Arbeiten meist viel zu theoretisch und langatmig sind. Aber trotz alledem, wemr Männer von der Pra xis ohne politische Voreing.nomme rhett de Sache au? den Grund gehen und den KrankhcitSkeim durch, wirk lich geeignete Mittel zu behöben frühen, da ist der Ge danke einer solchen Komnnssion nicht der schlechteste. Vie KekchsdahngeseUschaft im Juni 192S. Berlin, 18. Juli. Nach dem heute veröffent lichten Bericht der Deutschen Reichsbahngesellschaft Über die BerkehrSlage im Juni ist d.er Güterverkehr im Be- richtSmonat zurückgegangen. Der erwartet« Verkehrs zuwachs infolge des AusstandeSi der Rheinschiffahrt ist nicht eingetreten. Der Personenverkehr hat der Jahres zeit entsprechend zugenommen. Di« letzten Tage des Monats brachten aus Anlaß des FerienbeginnS regen Verkehr. Insgesamt wurden im Juni 5920 überplan mäßige Züge gefahren, immerhin 3368 Züge wentger als im Juni des Vorjahres. Die Einnahmen der Reichsbahn betrugen im Mai d. I. 415,1 Millionen, die Ausgaben beliefen sich insgesamt auf 440,9 Mill. RM. Zur Ausgleichung der Differenz mußten dem Vortrag von 1927 weitere 26 Millionen entnommen werden. Für den Dienst der Reparationsschuldver schreibungen ist die Zahlung an den Generalagenten rechtzeitig geleistet worden. Ter Personalstand betrug im Mai d. I. einschließlich der Zeit- und Aushilfs arbeiter 708 248 Köpfe gegenüber 694 511 im April dieses Jahres. Zrekstellen an Lon-oner Schulen für -eutsche Mn-er. London, 18. Juli. Der Londoner Grafschaftsrat hat gestern eine Bestimmung aufgehoben, die deutschen und österreichischen Kindern in den Londoner Schulen die Er langung oon Stipendien oder Freistellen vermehrte. Vie Str-näung äer ItaU-. Stockholm, 19. Juli. Hauptmann Lundborg hat bet seinem Besuch der Vtglieri-Gruppe über die Strandung der „Italia" erfahren, daß sie ein starker nordöstlicher Wind von 40 Sekundenmetern gegen das Eis heruntcrdrückte. In dieser kritischen Zeit herrschte Nebel. Die Motorengondel stieß zuerst gegen das Eis, unmittelbar darauf wurde die Voroer gondel zertrümmert und die tn ihr Befindlichen stürzten aufs Eis. Der Rest des Luftschiffes verschwand im Nebel. Nach dem das Luftschiff einige Meilen entfernt war, wurden starke Rauchschwaden gesichtet, offenbar rührten sie von der Explo- sion des Schiffes her. Noch immer Hoffnung auf Rettung Amundsens. Moskau, 18. Jult. In maßgebenden Kreisen glaubt man, daß Amundsen und seine Gefährten sich bei der Alesfan- drigruppe befinden. Die Vermutung beruht darauf, daß die Hülle des Luftschiffes bet der Alessandrtgruppe ein vortreff liches Signal zur Orientierung des Flugzeuges darstell!. W e die „Jswestija" meldet, muß der „Krassin", dessen Steuer be schädigt ist, im Dock repariert werden. Angesichts der sich all mählich bessernden Etsverhältntsse und der stetig fortschreiten den Lockerung und des Verfalls der Eisscholle in der fraglichen Zone kann der „Krassin" jedoch bet Beachtung aller Vorsicht noch bis zur. Messandrigruppe Vordringen. Die Zerstörung der Eisschollen zeigt, daß, wenn der „Krassin" vor vier Tagen die Viglierigruppe nicht gerettet hätte, diese verloren wäre. Die Presse weist darauf bin, daß das Flugzeug „Latham" seit einem Monat und die Älessanorigruppe seit 55 Tagen ver schollen sind. Man glaubt, daß beide Gruppen noch leben. Die Malmgreeugruppe, die 40 Tage vermißt wurde, galt eben- falls als verloren. Die Hoffnung, ebenso günstige Ergebnisse wie bisher zu erzielen, ist nicht geschwunden. Mutmaßungen über das Schicksal der „Latham". Oslo, 18. Juli. Das schwedische Flugzeug „Uppland" und daS finnische Flugzeug „Turku" sind auf dem Dampfer „Narvik" hier anaclaugt. Der Vertreter von Norsk Telcgram- byran batte eine Unterredung niit dem Piloten der „Uppland", Sergeant Nilsson. Nilsson sagte, die Zeitungsmeldungen, denen zufolge Zappt und Mariano auf dem „Krassin" auf der Suche nach Malgreens Leiche teilnehmen sollen, seien unzutreffend. Er halte es für unmöglich, Malmgreens Leiche zu finden. Die „Uppland" habe überall nach der „Latham" gesucht. Nilsson ist der Meinung, daß die „Latham" infolge eines Motordcfek- tes habe auf See niedergeben müssen und während des Stur mes umgekommen sei. Die „Uppland" habe Norwegen kurz nach dem Start der „Latham" verlassen, und zu dieser Zeit sei die See bewegt gewesen. Das Hilfswerk des „Krassin". Moskau, 18. Juli. Der Eisbrecher „Krassin" blieb heute nacht von der Adventsbay nach Kingsbay aus, nachdem er das Flugzeug Tschuchnowskis, das einer Reparatur unter zogen worden war, an Bord genommen hatte. Auf der Fahrt nach Kingsbay traf der „Krassin" den Dampfer „Braganza", übergab ihm die zur Hilfeleistung für Tschuchnowski entsänket Skimannschaft und nahm einen italienischen Arzt an Bord. Der „ikrassin" arbeitet sich mit großer Mühe durch das Packeis. Von Hüncfeld über Nobile. Budapest, 18. Juli. Die deutschen Ozeanflieger Köhl und Hünefeld haben heute die Vertreter der Presse empfangen. Hünefeld sagte hierbei, die schönste Belohnung ihrer Mihen wäre, daß der Ozeanslug unbestreitbar eine außenpolitische Bedeutung gewann. Durch dieses Unternehmen trugen sie dazu bei, Mauern der Entfremdung und des Unverständnisses niederzureißen. Im weiteren Verlauf des Interviews lehnte cs Hünefeld ab, über den Besuch in Doorn etwas zu sagen, da es ein Privatbesuch gewesen wäre. Ueber Nobile befragt sagte Hünefeld, viele greifen jetzt Nobile an, selbstverständlich darum, weil sein Unternehmen nicht in vollem Maße gelungen war. Wäre unser Flug gescheitert, so würde die ganze Welt über uns hergesallen sein. Der zufällige Erfolg allein ent scheidet. Es ist aber nicht sportgemäß und nicht schön, wenn man jetzt Nobile angreift, nur weil sein Unternehmen nicht von dem erhofften Erfolg erfüllt war. Ueber seine zukünftigen Pläne hüllte sich Hünefeld in Schweigen und teilte nur soviel mit, daß er die „Europa" gekauft habe. isoooo äeutsche SLnger in Wien. Ueber 200 reicksdeutsche Lokomotiven, 2000 Waggons rollen auf österreichischem Boden, die Invasion von 150000 ist in vollem Zug. Die guten Europäer des Selbstbestimmungs rechts, die den Anschluß fürchten, werden wieder einmal das Wort „Annexion" mißbrauchen. Fast die ganze Nacht hindurch langten in Wien und Umgebung die deutschen Sonderzüge ein. Ohne die Hilfe der reichsdeutschen Bahnen, die ihr Ma terial bis Wien zur Verfügung stellten, wäre es nicht gelungen. Bisher hat alles ausgezeichnet geklappt, und es ist anzuneh men, daß der Aufmarsch der Armeekorps sich auch Wetter ohne Schwierigkeiten vollendet. Mit dem gestrigen Tage begann in Wien und seiner Um gebung das festliche Treiben. Die Empfangskomitees haben reichlich zu tun, da gestern nicht weniger als 36118 Sänger tn 43 Sonderzugen und mit Sonderscbiffen ans der Donau eintrafen. Vor allem kamen gestern an die Sänger vom Rhein und aus Westfalen, der Großbund der Frankfurter Sänger vereine, der Rheinische Sängerbund, der Westfälische Sänger bund, dann aber auch der Schlesische Sängerbund, der Meck lenburgische, der Brandenburger, der Berliner Sängerbund, der Pommersche Sängerbund, der Preußische Provinzialsänaer bund u. a. Auf den Wiener und den Vorortsbahnhöfen, die reich beflaggt sind, finden unausgesetzt feierliche Empfänge statt, begrüßen mit Fanfaren die reichsdeutschen Gäste ihre öster reichischen Sangeskameraden. Sänger, Pfadfinder und Tur ner führen die Ankommenden in ihre Quartiere. Auch die deutsch-böhmischen Sänger sind eingetroffen. Am Abend gaben bereits einzelne österreichische Gesangvereine Konzerte und gastliche Empfänge. Uebcrall auf den Straßen begegnet man mit ihren Abzeichen geschmückten Reichsdeutschen, und oft hört man Heilrufe, mit denen die Sänger begrüßt werden. In der Sängerhalle sangen gestern bei einem Begrüßungs abend der Leipziger Männerchor, der Wiener Volksgesang- vcrein, der Vereinigte Männergesangverein Hamburg-Ältona und der Schleswig-Holsteinische Sängerbund. Am heutigen Donnerstagabend findet die eigentliche offizielle Begrüßung in der Sängerhalle statt, wobei Bundeskanzler Dr. Seipel, der Landeshauptmann von Niederösterreich, Buresch, der Bür germeister von Wien, Seitz, der Präsident des österreichischen Nationnlrcits, Miklas, und, falls er noch rechtzeitig in Wien einzutrcffen vermag, der deutsche Neichstagspräsioent Paul Löbe Ansprachen halten werden. Eröffnung -es Telephonverkehrs Schweiz—vereinigte Staaten. Bern, 18. Juni. Heute nachmittag ist der druhliose Telephonverkehr mit Nordamerika eröffnet worden. Bun desrat Scheurer begrüßte den schweizerischen Gesandten in Washington und gab seiner Genugtuung über die neuen Verkehrsmöglichkeiten zwischen der Schweiz und den Ver einigten Staaten Ausdruck. Sodann wurde die Verbindung mit dem schweizerischen Konsulat in Newyork hergestellt. Die Verständigung war gut. Im Anschluß daran fand eine Begrüßung zwischen dem amerikanischen Roten Kreuz in Washington und dem internationalen Roten Kreuz komitee in Genf statt. Eröffnung -es Pprenäentunnels. Paris, 18- Juli. Heute vormittag wurde auf dem spanischen Grenzbahnhof Canfranc in Anwesenheit des Königs und des Präsidenten der Republik der Pyrenäentunnel feier- lich eröffnet, der zwischen den Städten Pau und Saragossa die erste nicht unter Umgehung der Pyrenäen hergestellte französisch-spanische Eisenbahnverbindung schafft. Bei einem anschließenden Frühstück hielten König Alfons und Präsident Doumergue längere Ansprachen, in denen sie die Gemeinsam keit der von beiden Völkern verfolgten Ziele betonten. König Alfons unternahm hierauf mit dem Präsidenten eine Fahrt auf der neuen Strecke bis Forges d'Able, dem ersten Ort auf der französischen Seite des Tunnels. Der Präsident wird heute abend wieder nach Paris zurückkehren. Vie keloknlmg. Groteske von Robert Fuchs-Liska. Durch die noch kahlen Kastanienbäume auf dem Sophienmarkt geisterte der Jrühlingswind einer April nacht. Fern der Dunkelheit des weitläufigen Platzes rumorte das Getreibe der Großstadt. Hoch auf dem Giebel eines Eckhauses flirrte iu glitzernden Buchstaben die Lichtreklame dahin. Die einand. r nachhastendcn Worte verkündeten unter den s cr einen Geldlosen höchst gleich gültigen Dingen a.'ch eine Belohnung von Dreitausend Mark für die Aufklärung eines Mordes. Immer von neuem flammte diese Ankündigung schrill leuchtend über den Nachthimmel hinweg. Die wandernde Schrift machte dann den Eindruck, als jage sie rastlos hinter dem Mörder her ins regenschwangere Dunkel hinein. Dem sah schon seit einer Stunde Georg zu. Er war der einzige Mensch, der um diese Zeit eine der vielen Bänke auf dem Sophienmarkt als Raststätte erkoren hatte Der gleichen tut nur ein obdachloser, hungriger und bettelarmer Müder. Das war Geo'-g. Allmählich ärgerte ihn die in ihrer schreienden Lichtfülle zeternde Ankündigung da oben. Das grell blinkende „Dreitausend Mark" leuchtete ihm auf wie eine hämis he Erinnerung an die Leere seiner Laschen. Da fluchte Georg grimmig vor sich hin. Ein just vorüberschreitcnder Mann blieb stehen und nahm nach kurzem Abendgruß neben dem Einsamen Platz. Der Fremde knüpfte ein Gespräch an. In einer Breite, die für Georg nahezu quälend war, malte er das Nieder trächtige des Gefühles restloser Armut. Schließlich mußte Georg dem Manne wenigstens einmal antworten. Da gerade wieder die marschierenden Zeichen auf dem Haus giebel ihr „Dreitausend Mark" in die Finsternis hinein flimmerten, deutete Georg wütend nach oben. „Dies Geld müßte man verdienen können", knurrte er zwischen zusammengebisscnen Zähnen. Der Fremde blieb eine Weile stumm. Plötzlich rückte er dicht an Georg heran. Er stellte verschiedene Fragen, bis er sich überzeugt hatte, sein Banknachbar wäre zwar ein anständiger Kerl aber nichisdestoweniger oder eben deshalb der Aermste der Armen dieser trostlosen Lenznacht. „Gesetzt den Fall", hob er langsam an, „Sie könnten d!v Belohnung verdienen?" Georg grübelte, um dann zu staunen: „Mensch!" Und etwas lauter wiederholte er: „Menschenskind!" Auf einmal brach es aus ihm hervor: „So viel Geld — gar nicht auszudenken!" Der Fremde ließ ihn gewähren, als Georg nach der Art Besitzloser, die ohne jede Aussicht, auf größere Geld einnahmen sind, sich in Träume verspann, was er alles mit solch einem Niesenkapital beginnen würde. Als Georgs Selbstberauschung sich ins Unerfüllbare verlieren wollte, unterbrach ihn der Fremde nach einem leisen Auflachen: „Dreitausend Mark — das ist kein so großer Reichtum, wie Sie in ihrer Armut wähnen. Ver. sprechen Sie, daß Sie mit dem winzigen Vermögen haus halten werden — und ich verschaffe Ihnen die Belohnung. Ich bin nämlich der gesuchte Mörder!" Bevor Georg noch den Gedanken faßte, sein Nachbar sei ein Irrsinniger, strömte von des Mannes Mund — gleichsam als entlaste das Bekenntnis ihn von seiner Ge. wisfensaual — eine Schilderung auch der geringsten Einzel heiten seiner Tat. Er berichtete tn fliegenden, sich über stürzenden, oft nur halb ausgesprochenen Sätzen von einem mit satanischer List ausgeklügelten Morde. Als er zu Ende war, seufzte er unter Träneu der Erlösung tief auf. Georg fühlte keinen Abscheu, nur heißes Mitleid. Was er vernommen hatte, war zwar die Schilderung einer ver ruchten Tat, immerhin aber die Tat der Vergeltung eines Menschen, den ein anderer, be: weitem gemeinerer Mensch um die Liebe eines Weibes und um die Ehre bestohlen hatte. Das Furchtbare an der Sache war nur: der Ent setzliche hatte bis ins kleinste und feinste seine eigenen Spuren so ausgetilgt, daß es den Behörden unmöglich sein würde, jemals den Täter zu entdecken; hingegen hatte er mit ungeheuerlicher Geistesschärfe künstliche Spuren geschaffen, die einen Indizienbeweis erbringen mußien, mittels dessen die ungetreue Frau bedingungslos als Mörderin des Ge liebten zu überführen war. „Wir wollen cs so machen", schlug der Mann vor. „Ich führe Sie in eine kleine Gastwirtschaft. Dort essen wir uns zunächst satt. Während ich zurückbleibe, begeben Sie sich auf die Polizei. Nach Sicherstellung der Aus zahlung Ihrer Belohnung kehren Sie mit den Beamten zurück". Geor^ wollt? Bedenken äußern, doch der unheimliche Mann schnitt ihm das Wort ab. Er sagte: „Für die Welt bin ich doch verloren, und da mich bei der Tat nicht un edle Beweggründe leiteten, so werde ich — nur hinter Mauern verbannt — Ruhe finden können vor dem Gram um die verlorene Frau, unbehelligt Buße tun dürfen für mein Verbrechen". Danach machten die Beiden sich auf den Weg. Als später nach halbstündiger Abwesenheit Georg mit zwei Kriminalbeamten wieder cintraf in dec Kneipe, war dorr alles in hellcr Aufregung. Ein Gast Halle soeben Gift genommen, war am Verscheiden: der unselige Mensch von der Bank auf dem Sophienmarkt. Vor dem Selbst mord hatte er den Wirt um ein Blatt Papier und um einen Briefumschlag gebeten, hatte hastig etwas niederge schrieben und den Brief auf den Tisch gelegt. Der Knminalkomissar öffnete die Botschaft, während dem tief mitfühlenden Georg die Hellen Tränen über die Wangen liefen. Der Kommissar aber lächelte noch genau so ungläubig wie vorher. Er schritt zu dem in eine dunkle Ecke geschafften Körper. „Stehen Sie auf, Knietschke, und kommen Sie mit!" befahl er dem vermeintlichen Sterbenden. Dann wandte er sich an die Umstehenden: „Ein neuer, diesmal ver blüffender Trick des arbeitsscheuen Zechprellers und Phan. tasten, der sich als Gefängnisgast am geborgensten fühlt". Kopfschüttelnd ging Georg davon. Das Raupenheer. Die Bewohner der Stadt Dreka in Kalifornien hatten neulich Gelegenheit, ein ungewöhnliches Schauspiel zu beob achten. Unübersehrbar gleich den Wogen des Ozeans wälzte sich ein unendlich langer graugrüner Zug, aus Millionen von Raupen bestehend, durch die Gegend. Alles Grün, was die Tiere auf ihrem Wege antrafen, verschwand tm Handumdrehen zwischen ihren gefräßigen Kiefern. Diese wandernde Pest, deren Plötzliches Auftreten vollkommen unerklärlich ist, bedeckte eine Fläche von insgesamt achtzig Quadratkilometern. Der von den Tieren angerichtete Schaden ist glücklicherweise nicht sehr erheblich, da sich tn der Gegend nur wenig bestellte Felder pder Gärten befinden, so daß sie ihre Freßgier an Verhältnis- mäßig wertlosen Büschen und Sträuchern auslassen mußten. Ebenso plötzlich wie gekommen verschwand die Erscheinung auch wieder, da die Raupen sich einkapselten, um dann zu Schmetterlingen zu werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder