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Dresdner Journal : 06.11.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186011066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18601106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18601106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1860
- Monat1860-11
- Tag1860-11-06
- Monat1860-11
- Jahr1860
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- Dresdner Journal : 06.11.1860
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NichtamUichrr Thell. ueberstcdt. relegraphische Nachrichten. Zeitungßschau. (Pattie. — Constitutionnel. — Time-. — National-Zeitung. — Neue Preußische Zeitung. — Russische Blätter.) Tagetgeschichte. Dresden: Constituirung der Kam mern. — Wien: Die bevorstehende Reise der Kaiserin. Die Städtebelruchtung auS Anlaß de» kaiserlichen Diploms. Bankausweis. — Triest: Englische Kriegs schiffe in Cattaro erwartet. — Pefth: Ablehnung ungarischer Würden. — Berlin: Befinden deS Prinz- Regentsn. TraurrgotteSdienst sür die Kaiserin von Rußland. Standbild Thär'S. Prinzen nach Et. Petersburg. Vermischte Nachrichten. — — — München: Die päpstlichen Soldaten. — Darm stadt: Kammrrverhandlungen. — Frankfurt: BundeS- tagSsitzung. — Paris: Der neueste Sieg in China. — Turin: Vom Kriegsschauplätze. — Genua: Ver stärkungen nach Neapel. — Rom: Dementirrnder Brief deS Herzogs von Grammont. — Neapel: Elend deS Volks. Capuas angebliche Einnahme. Mordan- sall auf den Polizeiministcr. Mazzinisten in Palermo. Zusammenkunft deS Königs mit Garibaldi. Ueber- schreitung des Volturno. Gasammtergebniß der Av- stimmung. Das französische Geschwader bei Gaeta. Zwei neue Proteste des Königs Franz. — Korfu: Die Flotte. — Kopenhagen: VolkSthingsverhand- lungen. Dresdner Nachrichten. Provivzialuachrichteu. (Leipzig. Freiberg. Meißen. Schneeberg. Oberwiesenthal.) Statistik und Bolkswirthschast. Keuilletov. Tageskaleuder. Inserate. Börsen nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Neapel, Sonnabend, 3. November. Ein Theil der piemontefischrn Division de» Generali Donna» hat den Garigltano überschritten, nachdem er sich einer eisernen Brücke bemächtigt hatte. Eine zweite Brücke haben die Marinesoldaten nahe der Mündung de- AlusseS geschlagen. Auch noch eine dritte Brücke wurde gelegt. Morgen wird die aanze Armee den Ganglions überschreiten. Die königlich neapolitanischen Truppen haben sich auf Ga«ta zurückgezogen. Turin, Sonnabend, 3. November. Capua hat capitulirt. Der aus 80VÜ Mann bestehenden Besatzung find die militärischen Ehrenbezeugun gen bewilligt worden. Dieselbe ist entwaffnet wor den und wird nach Neapel eingeschifft werden. Turin, Sonntag, den 4. November. Eine an- Neapel vom gestrigen Tage eingetroffene De pesche meldet alS officiell, daß die Piemontesen unter dem Befehle Victor Emanuels am Gärig- liano einen glänzenden Sieg davon getragen ha ben. Die königlich neapolitanische Armee, in der Front von den piemontefischrn Truppen, in der Flanke durch die Flotte mit Heftigkeit angegriffen, wurde zerstreut, und Zelte, Munitionswagen, Kriegsmaterial und eine große Zahl Gefangener fiel in die Hände der Piemontesen. General Son- uaz verfolgte den Feind und besetzte die Gaeta und selbst den Hafrndamm beherrschenden Positionen. - Der König von Sardinien hat den Einzug in Neapel vertagt. — Iu Capua wurdeuz II,«00 Mann der neapolitanischen Truppen zu Gefangenen gemacht. Dresden, 5. 'November. Die „Constitutionelle Zeitung" enthält in Nr. 257 unter der Aufschrift: „Die Hamburger Nach richten und das Dresdner Journal" eine Erwiderung aus einen in Nr. 255 des „Dresdner Journals" ver öffentlichten Artikel. Wir sehen für jetzt von einer spe- ciellen Widerlegung desselben ab, obwohl derselbe durch manche Behauptungen, z. B. die völlig neue Definition von „Reaction", nach welcher eine Regierung, die an der bestehenden Verfassung etwas nicht ändert, alS reactio- när zu bezeichnen wäre, hierzu Veranlassung bieten würde. Nur den Vorwurf der Unkenntniß unsrer Strafpro- ceßordnung müssen wir zurückweisen. Die „Const. Ztg." will nämlich behaupten, daß über die Einleitung einer Untersuchung nicht ein Collegium unabsehbarer Richter entscheide. Die „Const. Ztg." sucht den Begriff der Un tersuchung mit dem der Voruntersuchung zu vertauschen. Ueber die Einleitung der Voruntersuchung wird allerdings vom Untersuchungsrichter Entschließung gefaßt. Ueber die Einleitung deS Anklageverfahrens aber entscheidet nach Art. 233 flg. der Strafproceßordnung das Bezirksgericht, und da das in den „Hamburger Nachrichten" erwähnte Strafverfahren zu denjenigen gehörte, welche von AnrtS- wegen eingeleitet werden müssen, so war unsre Behaup tung vollständig richtig. In der officiöse» französischen Presse macht sich mehr und mehr der Gedanke bemerklich, daß die syri sche Expedition der Anfang einer neuen orientalischen Frage sein müsse, in deren Entwickelung, wie es scheint, Frankreich auf die russische Allianz hingewiesen sei. So enthält unter der Überschrift: „Unsre Occupation Sy riens" die „Patrie" einen bemerkenswerthen Artikel, in dem eS heißt: „Die neuesten auS Syrien eingctrof- fenen Nachrichten haben Europa über die Situation die ser Provinz aufgeklärt, und zeichnen ihm die Linie seines Verhaltens vor- Dank der Nachlässigkeit oder der Con- nivenz der Truppen Fuad Paschas, mit welchem General de Beaufort seine Bewegungen vereinbart hatte, haben sich die Drusen der Züchtigung entziehen können, welche an ihnen zu vollziehen unsre Waffen sich anschickten. Der Friede ist für den Augenblick in Syrien wiederhergestellt, aber die Sicherheit ist es nicht. Der Abzug der Fran zosen würde das Signal zu neuen Metzeleien sein, und würde die Maroniten der leidenschaftlichen Rache ihrer barbarischen Feinde überliefern. ES ist schon jetzt offen bar, daß dieser Abzug zu der in der Convention festge setzten Zeit nicht wird stattfinden können; eS ist ebenso erwiesen, daß, um die ihm anvertraute Mission zu er füllen, das OccupationScorpS wird beträchtlich vermehrt werden muffen- Diese Ucbcrzeugung ist allgemein: Syrien bedarf eine Zeit lang eines wirksamen Schuhes, und in Ermangelung der Türkei, deren böser Wille viel leicht ihrer Ohnmacht gleichkommt, ist eS die Sache der europäischen Staaten, ihm denselben zu sichern." Die „Patrie" weist dann darauf hin, daß in englischen Blät tern Besorgnisse laut würden, eine Verlängerung und Ausdehnung der Erpedition könnte die Euphratstraße nach Indien in die Hand eines Nebenbuhlers geben. Das Blatt führt fort: „Die Besorgnisse, welche in Eng land in einer Frage laut werden, bei der das Leben der christlichen Bevölkerungen, die Interessen der Religion und die Sache der Civilisation auf dem Spiele stehen, vermögen weder die Loyalität Frankreichs zu verletzen, noch den geheiligten Interessen, deren Schutz sie sich vor- setzt, zu schaden. Die Frage der Christen in Syrien ist eine europäische Frage, die der Straße nach Indien durch das Euphrat-Thal eine rein englische Frage. Allein oder unter Mitwirkung der übrigen Mächte wird Frankreich der Sache zu dienen wissen, die es ergriffen hat, ohne HandelLintereffen in dieselbe zu mischen oder materielle Vorthrile für sich dabei zu suchen." — Noch deutlicher wird der „Constitutionnel". Derselbe rechtfertigt durch die Zustände in Syrien die französische Interven tion. Der „Constitutionnel" fordert, daß Europa nicht bloS den Frieden in Sytien wieder herstelle, sondern auch Garantien verlange, daß dergleichen Gräuelscenen nicht wieder vorkommen. Diese Garantien können nur in dem Rechte Europas bestehen, die Türkei zu überwachen und sich in ihre innere Verwaltung mischen zu dürfen. Die Forderung des „Constitutionnel" läuft also der Gruird- jdce des Pariser Vertrag» entgegen. Die „Times" fährt in ihren böswilligen Angrif fen gegen Preußen fort. In ihrer Nummer vom 1. No vember bringt sie wieder einen langen Artikel, in dem sie abermals an die Maedonald - Affaire in Bonn an knüpfend dann weiter erörtert, daß der» Grund ihres Zorns doch d»e preußische Politik selbst sei. Sie sagt: „Wir möchten den skandalösen Vorfall noch mehr bedauern, falls er das deutsche Volk auf den Glauben bringen sollte, daß unser Mißvergnügen über die preußische Politik aus keiner an dern Quelle, als einem augenblicklichen Groll entspringt. Seit Jahren hat das Mißvergnügen über die Art, wie Preußen seinen internationalen Verpflichtungen nach kommt, unter der Asche fortgcglimmt und in der gegen wärtigen Krisis der europäischen Geschichte ist es in Hellen Lorn ausgebrochen." Es folgt nun ein langes Sünden register der preußischen Politik vom Krimkriege an bis zur letzten Schleinitz'schen Note. Alles vom liberalen engli schen Standpunkte aus. Es wird davon ausgegangen, daß das englische Cabinet geholfen habe, die Oesterreicher aus Italien zu werfen, den Kirchenstaat umzustürzen und den König von Neapel zu verjagen, während Preußen allen diesen Thaten gegenüber die zweideutigste Rolle spielte. Die „Times" sagt zum Schluffe des Artikels: „Die Schwingungen des Pendels scheinen jetzt wieder auf eine innigere Allianz mit den zwei andern Nordmächten zu deuten. Unsertwegen. Wenn der Berliner Hof aus phan tastischer Träumerei über den deutschen Charakter des adriatischen Meeres sich anheischig macht, die österreichi sche Herrschaft in Italien aufrecht zu halten, dann wer den die Folgen sür Deutschland in der That bedenklich sein. Oder wenn Preußen, der Gerechtigkeit und Mei nung Europas zum Trotz, einen Angriff auf das kleine Dänemark unternimmt, muß es darauf gefaßt sein, einem Feinde gegenüber, der vermuthlich nichts lieber als einen Vorwand zum Streite wünscht, allein gelassen zu werden. Wenn die Preußen einer Nationalität Helsen wollen, so mögen sie sich nach jenem Theile des verstümmelten Leich nams von Polen umsehen, der ihnen von Rußland als Bestechung zugeworfen wurde. Handeln sie anders, so wird es uns nichts verschlagen, wohl aber ihnen. Wir können unsre Schlachten selbst schlagen, gleichviel ob cs darauf ankommt, die Gestade Englands zu vertheidigen, oder 100,000 Mann auf die andere Erdhälfte zu werfen und eine empörte Provinz zurückzuerobcrn. Preußen könnte ohne fremde Hilse weder den Rhein, noch die Weichsel vier Wochen lang gegen seine herrschsüchtigen Nachbarn behaupten. England bekämpfte taS revolu tionäre Frankreich 20 Jahre lang und schlug seine Feinde fortwährend zu Wasser und zu Lande; Preußen wurde in einem Kriege von drei Wochen über den Haufen ge worfen. Ein gutes Einvernehmen zwischen zwei an Kraft und Hilfsmitteln so ungleichen Staaten muß zum Vor- theil deS schwächer«! sein, und die Preußen müssen sich von Warschau große Dinge versprechen, wenn sie die Po litik, an der England hängt, geflissentlich verdamme,« oder ihren ungeschliffenen Unterbcamten erlauben, britische Un- terthanen auf der Reise durch ihr weithin schlotterndes Gebiet zu mißhandeln." Natürlich finden solche Angriffe der „Times" ihre ent sprechende Entgegnung in Preußen. Die „National Zeitung" erörtert, daß das englische Cabinet bei der Entwickelung der italienischen Frage bezüglich Savoyens und Nizzas als „betrogener Betrüger" dagcstandcn hätte. Sic erinnert daran, daß noch unlängst Lord Russell Pie mont vmr einem Angriff auf Venedig dringend abgemahnt habe. Sie sagt weiter: „Wir haben einigen Grund, alle Vorlesungen über den Liberalismus und die italienische Frage, welche die „Times" uns hält, sür baare Heu chelei zu halten. Die systematische Perfidie, mit wel cher sie seit lange in England alle Sympathien für Preu ßen zu ertödtcn sucht, geht vielmehr darauf hinaus, die Neutralität Englands einzuleiten, im Falle Preußen je am Rhein angegriffen würde. Die Feigheit Cherbourg gegenüber und die Sehnsucht nach dem Frieden um jeden Preis treibt dies Löwengcbrüll hervor." Auf de» Schluß satz der „Time-" antwortet die „Nation al-Aei tun g": „Wir haben solche beleidigende Fanfaronadcn niemals Denen zugcworfen, die wir bei Belle - Alliance retteten. Aber wenn die „Times" in den breiten liberalen Hum bug, den sie aufträgt, zuletzt den einzigen praktischen Ge danken cinwickelt, daß wir bei jedem uns näher berüh renden Interesse gänzlich im Stiche gelassen werden sollen, so beweist dies nur, wie thöricht Preußen handeln würde, wenn eS sich sür alle möglichen Verwickelungen der Zu kunft, und namentlich für die orientalische, im Voraus an die englische Allianz bände." Die „Neue Preu bische Zeitung" sagt zu dem Schlußsätze der „Times": Was wir darauf zu erwidern haben, ist das: Es hat wohl kaum jemals eine große Nation gegeben, die ihre Schlachten so wenig selbst geschlagen hätte, wie die englische. Bei Waterloo (ihrem Paradepferd) fochten 20,000 Engländer, und die glänzenden Schlach ten des spanischen ErbfvlgrkricgeS wurden überwiegend von Holländern uird Deutschen gewonnen. 5000 Schot ten erschütterten 1746 die ganze englische Herrlichkeit, und ohne den russisch-österreichischen Krieg (1805), der Napoleon auf das Feld von Austerlitz rief, wurde das Lager von Boulogne an die englische Küste geworfen. WaS dann?! Der Augenblick ist vielleicht näher, als die „Times" glauben möchte, wo Alliirte D en en willkommen sein dürften, die nie etwas ohne Alliirte geleistet haben. Die „Preußische Zeitung" erklärt kurz, daß „sie auf diese erbärmlichen Verdächtigungen und Entstellungen fortan nicht weiter eingchcn werde. „Man wird die» bil ligen können; daran zu erinnern dürfte aber Wohl bei dieser Gelegenheit sein, wie gern sich früher die preußi schen Blätter zur Verbreitung und Approbation der un verschämten und lügnerischen Artikel der „Times" her gegeben haben, wenn sie gegen Oesterreich gerichtet waren. Die russischen Zeitungen enthalten sich noch jedes Urtheils über die Warschauer Zusammenkunft Dagegen besprechen sie noch immer, und zwar mit vieler Unabhängigkeit, die italienischen Angelegenhei ten. Das „Journal de St. Pctersbourg" bc schäftigt sich mit der preußischen Note vom 13. d. und billigt die Anschauungsweise derselben durchweg; cs erklärt sich den Umstand, daß Preußen nicht dem Bei spiel Rußlands gefolgt sei und auch seinen Gesandten aus Turin abgerusen habe, damit, daß die preußische Regierung die Nichtintcrventionsthcorie im strengsten Sinne ausfaffe. — Die russische „Akademie-Zeitung" zer bricht sich den Kopf über das Verhältnis! Sardiniens zu Frankreich und sie fertigt die letzten osficiöscn Aeußc- rungen der Pariser Blätter mit folgendem Witz ab: Ein Kutscher, der wegen Grobheit gegen seine Passagiere vom Gerichtshöfe zu einer Strafe vcrurlheilt wird und außer dem noch einen Sermon von dem Vorsitzenden erhält, hört diesen sehr ruhig an und fragt dann nur, ob eS ihm erlaubt sei, weiter zu fahren. So höre auch Sardinien die Sermone der französischer Zeitungen sehr ruhig an und bekümmere sich nur darum, ob cs ihin er laubt sei, weiter zu fahren. — Der „Invalide" spricht seine Genugthuung über die jüngsten Erlasse des Kai sers von Oesterreich aus. „Man kann", so äußert sich dieses Blatt, „sowohl Oesterreich, wie Europa auf- Feuilletou. Coralie Walton, die englische Provinzschauspielerin. Sin» Episode au« dem wirklichen Leben. Von E Vandenhoff.*) lffortsetzung au« Rr. 258.) Während meines einsamen Mahles, dem unvermeid lichen Mutton-Chop (eine Art Hammcl-Cotelet) und der „Halben" Sherry, beschäftigten sich meine Gedanken un willkürlich mit der lieblichen Coralie Walton und dem düstern Geheimnisse, da» sie umhüllte. Ich sehnte mich fieberhaft nach der siebenten Stunde, um ihr Spiel be obachten zu können, denn eine Probe giebt selten Ge legenheit, die Fähigkeiten eine- Schauspieler» oder einer Echauspielerin zu beurtheilen. Virginie ist keine große Rolle, aber die Darstellerin mußte in derselben doch immer zur Entwickelung von Pathos und Gefühl ge langen, wenn fic Beide» besaß. — Um sechs Uhr ging ich bereit», früher als gewöhnlich, in» Theater und fand schon einige Jungen, die sich die Nasen an der Ein« MgSthür breit drückten, und einige Dandie», die vor her noch in eine Conditorei schlendern wollten. Wir bekamen rin volle» Hau». Meine erste Scene war vorüber und wir kamen zur zweiten, in der Vir ginie auftritt. Ich befand mich in nervöser Aufregung, wie sie in der einfachen römischen Draperie wohl auS« sehen würde, und al» ich ihr da- Stichwort gab, fühlte ich mein Herz in schnellen Schlägen klopfen. . . wes halb? — Ich weiß e» nicht! *) »ul deffei, „Wärtern au« dem Hagebuche ein,« Schauspieler«", ^je»t »an ». v. «lnterfeld. Berlin, « «ehr « «uchhandlun- Jch mußte ihr bei ihrem Eintritt den Rücken kehren, und mein aufmerksames Ohr lauschte vergebens ihrem leichten Tritt in der biegsamen Sandale, bis mich plötzlich eil« donnernder Applaus belehrte, daß sie auf der Bühne sei. Im nächsten Augenblicke war sie an meiner Seite. Eine so süße Erscheinung sah ich nie zuvor in mei nem Leben! Sie war die Vollkommenheit mädchenhafter Schöne, daS Sinnbild klassischer Grazie, das Ideal weib licher Sanftmuth, doch das Alles übergossen mit einem leichten Schatten von Trübsinn und Melancholie. Nach dem sie den ehrenvollen Empfang des Publikums durch eine leichte, beinahe verächtliche Neigung des Kopfes be antwortet hatte, begann sie den Dialog mit der weh- müthig-musikalischsten Stimme, die jemals in mein Ohr gedrungen war. Ich mußte eine kleine Pause machen, bevor ich ihr antwortete, und als ich es endlich konnte, bekam mein Ton, ohne daß ich eS wollte, die melancholische Färbung de» ihren. Sie erfüllte meine Seele mit Achtung und zärtlichem Interesse, und der ganzen folgenden Scene lauschte man mit angehaltenem Alhem und beklemmter Brust. Man würde rin« Nadel haben fallen hören,- so still und schweigsam war das volle Hau». Als ich bei den Worten: „Küss' mich, mein Mädchen!" einen natürlichen Kuß aus ihre klare, weiße Stirn drückte, fühlte ich einen elektrischen Schlag durch meinen Körper zittern, der mir bewies, wie dünn die Wand ist, welche die Thcilnahme von der Liebe trennt. Sie spielte die Virginie vorzüglich und sprach ihre Rolle mit tiefem Verständniß und Gefühl, während ihre Gesten und Attitüden von jener Grazie umflossen waren, welche die Natur allein verleihen kann. Nur Etwa» in ihrer Scene mit Jciliu» berührte mich fremdartig und seltsam. Eie schien beinahe vor ihrem Geliebten zurückzubeben, nicht allein mit der natürlichen Schüchternheit des Weibes, sondern als wenn sie seine Berührung haßte, und als in dem feierlichen Derlöbniß im zweiten Acte ich ihre Hand in die scinige legte mit den Worten: „Du wirst ihr sein, was ihr der Vater war, Daneben aber Gatte und Geliebter", fühlte ich sicher, daß cin Schauer durch ihren ganzen Körper fuhr. Seltsam! — Sollte das weibliche Affectation, blose Koketterie sein? Immer möglich! Die Weiber sind schwer zu ergründen. — Aber von mir selbst kann ich mit Gewißheit sagen, daß ich niemals den Virginius mit solcher Wärme und so viel tiefem, wahrhaftem Gefühl gespielt habe, als an jenem Abend mit Coralie Walton. Als wir im Verlause deS Stückes uns Beide immer tiefer in die Rolle hineinlebten, wurde mir dies junge, herrliche Geschöpf wirklich „Mein reizende«, mein angebetet' Kind". Sie hielt zu mir mit sanfter und vertrauender Zärtlich keit, alS wenn sie sich so gern, so gern mit allem ihrem Kummer, ihren Sorgen an eines VaterS Liebe klammern möchte. Thränen stürzten aus ihren großen, seelenvollcn Augen, die auch mich mit Rührung überwältigten, und auch au» dem Publicum herauf drang ein leises, unter drücktes Schluchzen. Am Schluffe des vierten Actes, der damit endet, daß VirginiuS das Leben seiner Tochter opfert, um ihre Ehre zu retten, wurden wir, als der Vorhang fiel, mit einem Enthusiasmus gerufen, wie ich ihn selten gehört habe. Ich wollte Miß Walton holen und ging deshalb zu dem Platze auf der Bühne, wo ich sie niedergelegt, nachdem ich sie erstochen hatte, und fand sie dort von den andern Schauspielern umgeben, die sich bemühten, die Bewußtlose wieder ins Leben zurückzurufen. All mählich erholte sie sich wieder, und als sic endlich die Auge«« aufschlug, blickte sic wild um sich und brach, als sie ihre Situation erkannte, in einen Strom von Thränen aus, den sie jedoch durch starke Selbstbeherrschung schnell unterdrückte. Unterließ hatte das enthusiastische Rufen des Publicums nicht aufgehört, und als ich sie fragte, ob sie heraustretcn könne, legte sic sanft und schweigend ihre Hand in die meine, folgte mir, gleich einer Som nambule vor die Gardine, verneigte sich mechanisch vor dem Publicum, ließ sich von mir zurücksührcn und eilte dann, kaum wieder hinter den Coulissen angckommcn, hinweg, ohne ein Wort mit mir zu sprechen. — Ich sah sie an dem Abend nicht mehr. (Forts, folgt.) Dresden. Raphacl's -Ilaäonn» <1i 8. 8i8tu, die Perle deS hiesigen k. Museums, eristirt in vielen, bald mehr, bald weniger gelungenen Nachbildungen; neuer dings wieder wird ein Stich vorn Professor Keller annoncirt, zu welcher der Künstler die Zeichnung in dcn letzten Woche«« auf hiesiger Galerie vollendet hat. Für die vorzüglichste Nachbildung darunter gilt bis jetzt der Müller'sche Kupferstich, und er dürfte, wenigstens was die Behandlungsweise betrifft, so leicht nicht übertroffen werden. Nach ihm erscheint uns eine Zeichnung vom Prof. Schurig, welche wir in diesen Tagen sahen, als die beste Nachbildung jener Raphael'schen Schöpfung. Wir haben immer die Zeichnungen Schurig's bewundert, die au Corrcctheit und Schmelz, an wunderbar feiner Abtönung und Nüancirung Meisterwerke sind; aber in dieser «reuen Zeichnung scheint er uns das Trefflichste ge leistet zu haben, WaS in der Macht des nachbildendcn Stifte- liegt. Wie im Originale, mit derselben Ruhe der Unschuld und Einfalt des Kinderherzens blicken hier die beiden Engelknaben, am untern Rande der groß artigen, einfachen Composition, zu den himmlischen empor, die aus lichten Wolken hochfeierlich einherwallen. T r
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