Dresdner Journal : 28.06.1861
- Erscheinungsdatum
- 1861-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186106289
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18610628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18610628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1861
- Monat1861-06
- Tag1861-06-28
- Monat1861-06
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- Dresdner Journal : 28.06.1861
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Ädoaurmrntsprrisr: ^itbrlieN: 5 l'ülr. 10 Kjsr. iu 'gstll.rl.. l „ 10 „ „ „ Uouutlivb iu vr»,a«o: 15 Kxr. ki»r«>oe Kummer»; 1 Kxr. Im Lu»I»»<t« tritt kost- u»<1 8tempelru- «cbl»^ tliuru. Jufttalrnprrisr: i^ür ckeo k»um «ioer xe»p»Itsuen itvit«: 1 Kxr. Uotvr „t!iuxe»»n<>t" ll>« 2«il«: 2 Kxr. Erscheinen: liixtieb, mit Ln»o»kme äer 8onu- noä k°ei«rt»x«, Xkeuä» kür äeu kolxeuäeu 1'»x. Dres-nel Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann Snseratrnannahmr auswärts: Lsiprix: L». kkiiL«v«r»r'ri!», 6omm!«»iooiir 6e» I>r»»a»sr ckoui-«»!»; ebeuü«»elt»t: u. ^Ik»n»; N^eLRSriii» L Voui.r u; Lerlio: tiuarivii'seke Nu< I>ii., Ii»ru»urL»'» liureau; Lremsu; L. 8cur.nrrr; krsulikurt ». H.: ,It«u» «'»« üe lineliünnill»»^; Xölu: ^vor.» tiiiu ie»; k»ri«: v. (28, ruv lle» don» eukrrim); t «. Luui.lt:»'» Uueüüuoäluux. Herausgeber: lköuixi. Lipeäitlv» üe» ttresäner ckoui»»!», vresäeo, Llarieustrasso Kr. 7. Amtlicher Theil. Dresden, 5. Juni. Seine Majestät der König haben die Errichtung eine- königlich sächsischen Vice Consulats in Reval zu genehmigen und den dortigen Kausmann 1. Gilde Earl El send ein zu AllerhöchstJhrem Vice- Consul zu ernennen geruhet. Dresden, 22. Junt. Seine Königliche Majestät haben dem I)r. Ritter von Raul«, Präsident deS K. K. Ocsterrrichischen Handelsgerichts zu Wien, und dem l>r. H. Heims öth, Köntgl. Preuß. Geheimen Oberjustiz- rath und Senat-Präsident am Appellationsstricht zu Köln, das Komthurkreuz II. Klaffe des AlbrcchtordenS zu ver leihen gnädigst geruht. Nichtamtlicher Theil. llebersicht. Lelegraphische Nachrichten. ZeitvNktschan. (PayS. — Wiener Zeitung. — New- Porker Abendzeitung.) Taarsgeschichte. Dresden: Vom Landtage. — Wien: Kammerverhandlungen. Der neue Bürgermeister be stätigt. Präsident v. Krauß vom Schlage getroffen. — Innsbruck: Abänderung der Landesordnung nicht genehmigt. — Pesth: Schwenkung der Ge meinderepräsentanz bezüglich der StcuereintreibungS- adresse. AuS dem Oberhause. — Agram: Land tagsverhandlungen. — Fiume: Erceß. — Berlin: DicnstjubilSum deS Prinzen Karl- Der Ausschuß deS deutschen HandelStageS. Depesche deS Ministers v. Schleinitz an den Gesandten in Washington. — Stuttgart: Die Ständcversammlung cinberufen — Wiesbaden: Kammerverhandlungen. — Paris: Victor Emanuel als König von Italien an erkannt. Herr v. LessipS. Zur Reise deS Prinzen Na poleon. Spenden deS Herzogs von Aumale an die Drucker seiner Broschüre. — Haag: Neuer General gouverneur sür die ostindischen Besitzungen. Matrosen- auSlieferungsvcrtrag mit Belgien. — Turin: Rica- soli'S Erklärung in der Kammer bezügl. der Anerken nung Italiens. — Neapel: Der Aufstand in Caserta. Unsicherheit in den Provinzen. — Rom: Hr. v. Gram- mont. Der Papst.— Lissabon: Aufhebung deS Or den» der barmherzigen Schwestern. — Kopenhagen: Bom Reichstage. — St. Petersburg: Degradtrte Offiziere rcaclivirt. Eisenbahn Riga Mitau. — Bu karest: Petition sür Vereinigung der Fürstenthümer. — Ostindien und China: NuS der neuesten Post. Landtagsverhandlungen. Dresdner Nachrichten. Ernennungen und Lersehungev rc. vermischte«. Telegraphische Nachrichten. Wien, Donnerstag, 27. Juni. Die „Presse" sagt, es gehe das Gerücht, der Kaiser werde heute die Präsidenten der beiden Häuser des ungarischen Landtags, Grafen Apponyi und Ghiczy, empfangen und die ungarische Adresse entgegennehmen, welche durch rin königl. Rescript beantwortet werden würde, in dem das Octoberdiplom und das Februar- vatrnt als NeichSgrundgrsetz betont und die Auf forderung zur Vornahme der Wahlen in den Reichs rath enthalten sein solle. In der heutigen Sitzung de« Abgeordnetenhau ses tnterpcllirte der Abg. Rechbaurr den Minister des Aeußrrn, ob und welche Schritte die k. k. Re gierung in Betreff der Wiederherstellung der kur hessischen Verfassung von 1831 zu thun beab sichtige. Der Vicepräsident des Herrenhauses, Freiherr Philipp v. Krauß (Präsident der obersten Rcchnungs- controlbehölde) ist gestern Abend in Schönbrunn gestorben. (Vgl. unter „Tagesgeschichte".) Feuilleton. Literatur. „Historische Zeitschrift". HerauS- gegeben von Heinrich v. Sybel. Dritter Jahrgang. Erste- Heft. 1861." — ES ist ein erfreuliches Zcugnih der regen Theilnahme deS Publicums für das Studium der Geschichte, daß sich diese unter Sybel's umsichtiger Leitung gegründete treffliche Zeitschrift erhalten und immer gedeihlicher entwickelt hat. Auch dieses neue Hest enthält zunächst eine sehr mannichfaltige Auswahl inter essanter, in daS Leben der Gegenwart eingreifender und gut geschriebener Aufsätze, welche, auf gründliche Studien gestützt und dem hohen Standpunkte der historischen Wissenschaft entsprechend, in ansprechender Form auch den gebildeten Laien befriedigen müssen. Zunächst giebt I. Söltl den Schluß seiner gedrängten Relation über die ersten fünf Bände deS langweiligen und unlesbaren Werkes Hurter'S über Ferdinand >1. mit kurzen kritischen Bemerkungen, in denen die Unzuverlässigkeit, Parteilich keit und Geschmacklosigkeit dieses schon früher in der Zeitschrift abgefcrtigtcn ultramontanen Historikers auch dem befangensten Sinne klar gemacht wird. I. C. Bluntschli bespricht die bekannten Schriften des geistreichen Genter Professors Laurent über Kirchcnfreiheit und Kirchenherr schaft. Während Laurent infolge seiner Analyse der historischen Entwickelung deS Kampfes zwischen Staat und Kirche zur Ansicht der Auslösung der Kirche im Staate gelangt, sucht B. beiden selbstständigen und zur gegenseitigen Ergänzung angewiesenen Organismen ihre für die Eulturentwickelung nothwendige Stellung zu sichern, indem er bei Anerkennung der innern Eben bürtigkeit beider Gemeinschaften die äußere Ueberord- nung des Staate- festhält. Bet Besprechung der von Herzen 1859 herau-grgebrnrn, jetzt allgemein als echt an erkannten „Memoiren der Kaiserin Katharine ll." DrcsdkU, 27. Juni. Pariser Blätter äußern sich sehr mißvergnügt über die in mehrer» größer» deutschen Städten auch in diesem Jahre wieder begangene Feier zur Erinnerung an die Schlacht von Waterloo. „Pays" sagt darüber: „Die deutschen Blätter bringen uns die Einzelnheiten der am 18. Juni zur Erinnerung an die Schlacht von Water loo gefeierten Feste. Namentlich in Köln, Koblenz und andern preußischen Städten wurde versucht, diesen Festen einen Charakter provocirenden Enthusiasmus zu geben. Frankreich ist stark genug, um sich durch Provokationen nicht ausregen zu lassen. Es ist reich genug an großen militärischen Ennnerungcn, um eine Niederlage einzuge stehen, namentlich wenn diese Niederlage so edel und groß wie die von Waterloo gewesen ist. Uebermannt von der Zahl, erschöpft durch einen Riescnkampf haben unsre Soldaten am 18. Juni 1815 den Sieg sich entschlüpfen sehen. Ein beklagenswerther Jrrthum, unvorhergesehene Chancen kamen den gegen uns verbündeten Feinden zu Hilfe; wir haben ein Recht, stolz auf eine solche Nieder lage zu sein. Keine Nation kann sich rühmen, unS be siegt zu haben, denn wir waren allein, und unter den unS entgcgcnstehcndcn Mächten ist nicht eine, welche aus schließlich für sich allein die Ehre des Sieges beanspru chen könnte. Möge Preußen immerhin Feste geben ; nicht Preußen, sondern die Coulition hat bei Waterloo ge siegt. Aber selbst das zugestanden, was nicht ist, daß nämlich die Preußen ein Recht hätten, sich den Löwen- antheil am Siege zuzuschrerben, so bekundet die Feier dieses JahrcStageS Symptome eines bösen Geistes und Gesinnungen, die eines großen Volkes unwürdig sind Frankreich hat seine Verluste wieder gut gemacht und du. Erfahrung benutzt; cs hat Europa große Lehren nnd große Verspiele gegeben. Es hat nichts gethan, um Miß trauen zu erzeugen; es muß Provocaüouen und Eifer süchteleien verachten. Durch sein moralisches Ansehen, durch seine Beachtung aller Rechte hat es in den Be- rathungcn Europas einen Einfluß errungen, den Preu ßen nie haben wird. Wir können ohne Aufregung den Wiedcrhall der Gcschützsaloen hören, mit denen man eine unsrer Niederlagen feiert. Lassen wir immerhin an Wa terloo erinnern. Wir haben nicht einmal nöihig, die Er innerung an Austerlitz und Jena zurückzurufcn." So das Pariser Platt. Die „Wiener Zeitung" bemerkt zu diesem Artikel deS „Pays", daß derselbe mit „frevel haftem Uebermuthe das nationale Sclbstbewußtsein zu täuschen sich bemühe" und „daß eS nethwendig sei, von diesen mulhwilligen Drohungen deS Pariser Blattes No tiz zu nehmen." Die nordamerikanischen Zeitungen zeigen sich fortwährend sehr erbittert über Englands Haltung bei dem Kampfe zwischen dem Norden und Süden der Union. Die englische Neutralitäts-Proklamation wird von ihnen als ein neues Zeugniß dafür angegriffen, daß England die „Davis'sche Rebellcnbande" des Südens unterstütze. So sagt die „Neu-Korker Abend-Zei tung" in dem, amerikanischen Zeitungen cigenthümllchcn Tone: „So viel ist sicher: Mag im weitern Verlaufe der Begebenheiten, mag, wenn der Sodomsapfel des Davis'- schen Räuberreiches zerplatzt ist, England Menschenalter hindurch die Vereinigten Staaten mit den heuchlerischsten Frcundschastsbcthcuerungcn überhäufen: — cs hat in der obigen Proklamation eine Saat des tödtlichsten Hasses auSgcstrcut, an deren Früchten dereinst seine ganze Land- und Geldaristokratie ersticken wird. Millionen von bun destreuen Amerikanern hassen in diesem Augenblicke Eng land viel intensiver, als die DaviS'schen Räuber, denen es durch seine „Neutralität" einen freundschaftlichen „li^E zu geben sucht. Und dieser Haß wird späterhin vielleicht verdeckt, aber niemals verlöscht werden können. Welche Stellung hat die Regierung der Vereinigten Staaten zu dem „neutralen" England einzunehmen? Wenn sie sich ihrer Würde bewußt ist, muß sie sofort den diplomati schen Verkehr mit England abbrcchen, ihren Gesandten aus London abberufen und dem Lord Lyons seine Pässe geben. Nicht aus dem Wege der „Beschwichtigung" kann wird als sehr wahrscheinlicheVermuthungaufgestellt, daß die Kaiserin dieselben etwa 1782 sür ihren Sohn Paul geschrieben habe, um denselben zu warnen, daß er seine Ränke und Opposition gegen die Mutter aufgcbc. Und sie hatte sich nicht verrechnet: der Prinz, welcher daraus den für sein Successionsrccht sehr bedenklichen Fehltritt der Mutter mit der genügenden Entschuldigung desselben kennen lernte, fügte sich sofort dem Willen der Katharine. Alfred Neumond behandelt nach „Ooppi äunali cl'Ualia" die verunglückten Conföderationsversuche italienischer Fürsten im Jahre 1848. Endlich bespricht ausführlich Wilhelm Maurenbrecher die Kaiserpolilik Otto's I-, besonders in Italien. Zunächst wird die Anschauungsweise der bedeutendern Historiker Leibnitz, Hahn, MaScow, Jgn. Schmidt, Eichhorn, Luden, Köpke, Tönnigcs, Gslörer, Leo, Damberger, Gicsebrecht und Sybel dargestellt. Bei den beiden Letzter» treten die Gegensätze der Bcurthci- lung entschieden hervor: dort Verherrlichung und Recht fertigung, hier Verur »Heilung der Politik des Kaisers. M- stellt sich aus Sybel » Seite und weist nach, daß diese Politik rin verunglückter Versuch eines idealen, aber der Natur der Dinge nicht entsprechenden Ehrgeizes gewesen sei, gegen den in der Tiefe eine nationale Strö mung fortwährend reagirt habe. „Die europäische Stel lung der Ottone war unhaltbar und unter der Last der Kaiserwürde wurde die deutsche Monarchie im innersten Kerne geknickt." AuS der darauf folgenden Uebersicht der historischen Literatur deS JahrcS 1860, die zunächst bloS für Welt geschichte, allgemeine, alte, mittlere, neue Geschichte und spcciell deutsche Geschichte theils mit Titelangaben, thcils mit länger» und kürzer» kritischen Berichten verschiedener, mit dem spccirllen Gegenstände vertrauten Referenten 133 Seiten füllt, kann sich Der, welcher mit der histo rischen Thätigkeit der Gegenwart nicht vertraut ist, einen ein roher und perfider „bullx", wie England es ist, zur Vernunft gebracht werden, sondern nur durch „eoereiun^. Und die Vereinigten Staaten haben cS in ihrer Gewalt, solchen Zwang auSzuüben. Palmerston u. Russell wissen das. Sie wissen Wohl, daß die englische Flotte manche Küstenstadt der Vereinigten Staaten einäschern und die Rebellenhäfen öffnen könnte. Aber sie wissen auch, daß dann das Volk deS Nordens alle Baumwollfelder deS Südens verwüsten und sein Getreide zurückhalten kann. Können die englischen Fabrikanten die Baumwolle nicht entbehren, so können die Fabrikarbeiter noch viel weni ger das Brod entbehren, daS ihnen, selbst in guten Jah ren, die freien Staaten Amerika» schicken wüsten. Brod gegen Baumwolle: — kann England auch gegen diese zwei „streitenden Parteien" neutral sein?" Tagesgeschichtt. Dresden, 27. Juni. Die Zweite Kammer berieth heute die Vorlage über da- Jmmobiliarbrandver- s,ichcrungSwescn und trat nach fünfstündiger allge meiner Debatte mit 33 gegen 27 Stimmen dem Anträge des Abg. Reiche-Eisenstlick bei: „den vorliegenden Gesetz entwurf-mit den zwischen den Deputationen, bcz. deren Majoritäten und den Regierungscommiffaren vereinbarten Abänderungen und Zusätzen unter dem Vorbehalte en blae anzunehmen, daß das inmittclst erlassene Gesetz der Ochsten Ständeversammlung zur Revision vorgelegt werde." -- Wien, 25. Juni. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses ergriff zunächst derAbg. Putzer das Wort, um der vom Prof. Brinz ausgesprochenen Be fürchtung, daß cs in Tirol über die sogenannte Pro testantenfrage sogar zu Mord und Todtschlag kom men könnte, entgegen zu treten. DaS tiroler Volk sei mit einiger Nachsicht zu bcurtheilen; dasselbe sei wcd.r so bornirt, noch so schlimm, als cs bei diesem Anlasse vielleicht scheinen möge. Man müsse bedenken, daß dort einige durch Talent und Stellung hervorragende Personen dem Volke unablässig vordcmonstrirten, cs sei mit seinen Wünschen in vollem Rechte, cs stehe auf gutem gesetz lichen Boden; daß einige Schmuzblättcr alle unparteiischen, freisinnigen Anhänger des Ministeriums tagtäglich mit Spott und Hohn, mit Jnvcctiven aller Art überschütten, und man werde eS ganz natürlich finden, daß der ge meine Mann, verblendet und bethört, sich manchmal un bändig äußere; aber eine brudermördcrische Hand zu erheben, einen politischen Mord zu begehen, nein, dessen sei kein Tiroler fähig. Abg. Riccabona spricht in dem selben Sinne. Am weitesten ergeht sich Abg. Fischer, welcher eine Geschichte des tirolischen Volkes liefert, wo bei er das ausgebildete Gcmüthslebcn und das tiefe re ligiöse Gefühl desselben am stärksten hervorhcbt. Für die andern Länder sei das Protestantcngesctz ein Act der Ge- nchtigkeit. Nur Venetien wurde von allen übrigen Län dern ausgenommen, weil, wie man sagte, die Verhält nisse cs verlangten.- Bei den Tirolern wären Wohl auch die Verhältnisse zu erwägen gewesen. Wohl bestehe zwi schen Len Tirolern und Lombardo-Venctiancrn ein Unter schied: „die Letzter» hätten sich empört". Prof. Brinz verthcidigt sich. Er sei überzeugt, daß in Tirol gegen wärtig eine fanatische Bewegung herrsche. Die Folgen einer solchen fanatischen Agitation verwöge Jeder zu er messen. Er habe nicht gesagt, daß in Tirol Jemand todtgcschlagen worden ist, sondern nur, daß die- in Zu kunft Wohl denkbar, und ersuche daher den Abg. Fischer, das gegen ihn gebrauchte Wort „Verleumdung" zurück- zunehmen. Abg. Fischer: Ich wollte Verdächtigung sagen. Abg. Brinz: Auch dieses weise ich zurück und bin damit nicht zufrieden. (Große Heiterkeit.) Nachdem noch Abg. Pfretschncr gesprochen, erhält Abg. Herbst als Berichterstatter über die auf der Tagesordnung stehen den Mühlfcld'schen Anträge das Schlußwort. Der selbe äußerte unter A> dcrm hierbei: Autonomie sei ein Zug des deutschen Volkes, es verstehe jedoch darunter die Begriff von Dem machen, was auf diesem Gebiet-, vor zugsweise in Deutschland, geleistet wird. Zum Schluß erhält man weitere Nachrichten über die fruchtbaren Resultate der Arbeiten der historischen Com misston bei der k. bayrischen Akademie der Wissenschaften- Besonders wichtig ist, daß für die spcciellc Bearbeitung der Gefchichte der einzelnen Wissenschaften in Deutsch land bereits zwanzig namhafte Gelehrte, wie Dörner in Göttingen, Virchow in Berlin, Bluntschli, Bernhardt in Berlin, Zeller in Marburg, Lohe» Wagner und Sauppe in Göttingen, Pcschcl in Augsburg rc., gewonnen wor den sind. Nur drei Fächer: katholische Theologie, Ge schichte und Geologie, sind noch zu vergeben. Die rasche Förderung dieses von Ranke angeregten Unternehmens, das jedem Gebildeten eine gründliche und in der Form gefällige Darstellung der Arbeit des deutschen Geistes in den verschiedenen Fächern geben soll, verdankt man der Liberalität des Königs Mar von Bayern, welcher die historischen Studien m München fortwährend mit großer Theilnahme zu fördern bemüht ist. Hel big. Literatur. Au den interessanter» neuen literarischen Erscheinungen gehören einige Touristenbücher, die, ohne Ansprüche auf Vollständigkeit nach irgend einer Seile hin, doch ein lebendiges Bild mannichfacher Reise-An schauungen in unterhaltender Weise geben. So hat Richard Kunisch unter dem Titel „Bukarest und Stambul, Skizzen aus Ungarn, Rumänien und der Türkei" (Berlin, Nicolai'sche Buchhandlung) hcrauS- gegeben, welche unS ein auch infolge der politischen Zu stände sehr bcachtcnswertheS Terrain vorfühicn. Die Schilderungen sind flüchtig, aber frisch und farbenreich gehalten; die Neigung zu «rcentrisch belebtem Ausdruck und zu pikanter Ausschmückung von persönlichen Begeg nungen, Beobachtungen und Erlebnissen tritt zwar etwas Ausschließung bureaukiatischcr Uebergriffe, aber nicht die Omnipotcnz der Landtage. Um die Klagen der Tschechen zurückzuweisen, führt er an, daß Prag eine große deutsche Bevölkerung habe, in Prag gebe eS keine deutschen Volks schulen mehr (rechte: nicht wahr!), ist Thalsache (nicht wahr! Unruhe rechts). Präsident ermahnt zur Ruhe. Herbst: Wenn die Herren Thatsachen, wofür ich Bttegc habe, mit dem Rufe „unwahr" absirtigen, weiß ich nicht, was parlamentarisch ist. Die Competenzfrage müsse nach dem positiven Rechte, nach der Verfassung gelöst werden. Wer die Wahl zum Reichsrathe und Landtage angenom men und daran Theil nimmt, dürfe die Februargesctzc nicht anzweifeln, denn nur infolge dessen tagten beide. Die Verfassung antasten, infolge d^ren man tage, stimme weder mit den Geboten der Logik, noch denen der Ehre überein. Abg. Zyblikiewicz ersucht den Präsidenten, den Berichterstatter zur Ordnung zu rufen und ihn zu ver anlassen, diese Acußcrungen zurückzunchmen. Präsident: Der Berichterstatter hat im Allgemeinen gesagt, daß mit der Negirung der Verfassung ein Erscheinen als Vertreter nicht vereinbar sei, und keine Persönlichkeit genannt; ich fühle mich demnach nicht veranlaßt, ihn zur Ordnung zu rufen. Zyblikiewicz: Nun gut, so werde ich dies als eine blose Privatansicht betrachten und danach han deln.— Hierauf wird zur Spccialdebatte geschritten. ES kommt zunächst der 8- 1 des Ausschußberichts zur Debatte, welcher die Absätze 1 und 2 deS ursprünglichen Antrags (Vereins- und VersammlungSrecht und Freiheit der Person) vereint und amcndirt. Da Niemand als Redner über diesen Paragraphen eingezeichnet ist und der Berichterstatter auf das Wort verzichtet, wird die Abstim mung desselben vorgenommcn. Der Paragraph wird an genommen. Es kommt nun der 8- 2 deS Ausschußan trags (Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre) und resp. 8- 3 des Hauptantrags zur Spccialdebatte. Hier über cntspinnt sich eine längere Discussion. Abg. Dietl ist gegen den Antrag. „Wir wollen — sagt derselbe — durchaus keinen wissenschaftlichen S.paraticmuS, keine . Manifestation gegen das Deutschthum, aber man lasse dem Polen seine Sprache, sein geistiges Eigenthum, und er wird obne Groll und Neid auS dem reichen Borne schöpfen, den die deutsche Wissenschaft bietet. Wenn wir die Autonomie deS Unterrichts beanspruchen, wollen wir uns auch durchaus nicht der obersten Aussicht des Staates entzsihen; denn dieses wäre politischer Separatismus und dann würden wir wahrlich nicht auf diesen Bänken sitzen." (Bravo.) Abg. Mühl selb vertheidigt den Antrag. Derselbe tritt namentlich der gefallenen Behauptung ent gegen, daß die Kirche dem Absolutismus nicht entgegen sei. Die Geschickte zeige allerdings, daß die Kirche nicht für den Absolutismus der Fürsten sei, aber sie sei dies nicht um der Rechte und Freiheiten des Volke» willen, sondern um d.r eigenen Herrschaft willen, denn man wollte die Herrschaft über den Fürsten haben, die welt liche Macht sollte der geistlichen auch im Weltlichen un- tcrthan sein. Und eben die deutsche Geschichte zeige, daß dieser Absolutismus angcstrcbt worden sei. (Lebhafter Beifall von allen Setten.) „Ob die Kirche sür die Frei heit war, das möge die Geschichte beweisen, darüber möge die Geschichte als W.ltgerickt richten, wenn wir nicht mehr sind. (Slüiunscher Beifall links, im Ccntrum und auf den Galerien.) Wir sind dafür, daß die Kirche ihre Freiheit habe, wir sind aber dafür, daß neben der einen Kirche, der Gewissensfreiheit wegen, die übrigen Religion»- genessenschasttn gleiche Freiheiten haben. Man möge zur Wahrheit werden lassen, was Jesus Christus selbst lehrte, „mein Reich ist nickt von dieser Welt". (Beifall von der Linken und auf den Galerien.) Abg. Zeleny (Böhmen) sagt, alle höhcrn Acmter in Böhmen seien mit Männern besetzt, die der Nationalität nicht angehörig und zum größten Thcile aus ihrem Hasse und auS ihrer Verachtung gegen die böhmische Nationalität gar kein Hehl machen. „Wir vertrauen — schließt der Redner — auf die Weisheit der Vorsehung, auf die Gerechtigkeit unscrs Fürsten und vor Allem auf die unverwüstliche Kraft unsrer Nation." Bischof Ur. Litwrnowicz (Ga lizien) äußert: „Im österreichischen Staate müssen Ge auffällig hervor, ohne indcß der möglichen Wahrheit zu nahe zu treten und den gefälligen, lebensvollen Eindruck der keck und mit munterm, localgetreucm Colorit ent worfenen Skizzen zu mindern. Wir werden einige der selben auszugsweise mitthcilen, indem wir damit die Lcctüre des Buches empfohlen haben wollen. — v— * DaS Versetzen älterer Bäume. In der botanischen Sektion der „Isis" brachte Herr Oberlehrer Reinicke nochmals das Versitzen älterer Bäume zur Sprache, womit man auch hier in den letzten Jahren mehrfach mehr oder minder glückliche Versuckc angcstellt hat. Die Frage ist gegenwärtig fast für alle größer» Städte von Wichtigkeit, weil man so häufig in den Fall kommt, einen mit größer» Bäumen bepflanzten Platz räumen zu müssen, während man sic an andern, etwa neu angelegten Plätzen nothwcndig brauchen könnte, wie die- jetzt z. B. in Wien häufig der Fall ist. Bei dem gewöhnlichen Verfahren wird der Baum im Winter mit einem großen Wurzclballen ausgegrabcn und nach dem neuen Standorte tcansportirt. In dieser Weise sind z. B. bei Anlegung des Parks auf dem Albrcchtsberge (sonst FindlaterS) durch den dortigen Hosgärntner Herrn >. eine Anzahl mehr als fußdlcker Bäume versetzt und eine noch größere Anzahl auS der Gegend von Schandau hcr- beigeschafft worden, die fast alle glücklich sortgekommen sind. Am großartigsten hat man aber die Sache jeden falls in Paris betrieben, wo in den letzten drei Jahren fast 4000 Bäume in dem Alter zwischen 10 bis 80 Jah ren versetzt worden sind. Einem nach Wien gelangten Berichte des ScctionSrathiS Ritters v. Schwarz zufolge hat man dabei in Pari» mancherlei neue Erfahrungen gemacht und benutzt. ES geht z. B. auS jenem Berichte hervor, daß die Art der Bäume «inen bedeutenden Unter schied macht. Am besten glückt das Versetzen bei Pap-
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