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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 30.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-192604301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19260430
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19260430
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
- Jahr1926
- Monat1926-04
- Tag1926-04-30
- Monat1926-04
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Zweites Blatt Freitag, den 30. April Rr. MO 192« Chemnitzer Beobachter Oie tragikomische Vnüppelversballa-e von „Butterweich". — Doch ein anMn-iger Mensch? — Oie „Fogik" -er ^^asse Mensch. — Tine andere Tragikomödie. — „And ich hatte doch keine Streichhölzer!" Fieber Gesindel, aber „eigener Herr!" entgegnete dieser, „bloß das rechte Schienbein habe ich mir gestern abend im Düstern tüchtig ausgeschlagen." ,Ha, aber — wie ist denn -aS gekommen und wieso denn im Düstern??" „Na. das ging so zu: Ich legte mich also ins Bette und machte „knips". Das Licht ging richtig aus, wie Du's gesagt hattest. Dann aber — da mußte ich nochmal „raus" und ich hatte doch keine Streichhölzer bei ¬ stecke«; „Es war einmal ein braver Mann", — So fang' ich meinen „Senf" heut' an, — Doch ist's kein Märchen, nein, buchstäblich wahr, Wenn auch dem Märchen gleich — so wunder bar' Drum fang' ich also nochmals an: Es war einmal ein braver Mann, Der hieb wie hieß er doch nur gleich?? Na, sagen wir mal „Butterweich"! Der wohnte an der Chemnitz Strand — Für Butter halt' er viel Verstand. D i e Butter, die er selber machte, Die war so schön, wies keiner brachte. «Was er vor allem selber dachte.) Nun pflegt man öfter Butterproben Zu prüfen, tadeln oder loben Auch ohne Nahrungsprüfungsamt — Nein, so, daß im Grosso-Handel allesamt Auf einen Sachverständigen sich einigen, Der muß die Buttergüt' bescheinigen. — Da gab es niemals Streit und Zank, Ganz einig war man — Gott sei Dank —. Bon allen Seiten ries man gleich: „Das Prüfen macht der Butter weich; Denn Butterweich, daS ist der Mann, „Der Butter „ff." machen kann — Sein Urteil war auch stets unanfechtbar, Wenn Butter prima, mittel oder ganz schlecht war. So bracht' auch jüngst man die Proben alle Schön numeriert in eine Halle, Daß unparteiisch, ohne Namen, Ein Zeugnis alle rings bekamen. Ein Obmann führte eine Liste, Damit die Kommission eS wüßte, Well' Name bei der Nummer stünde, Daß man das Urteil ihm dann künde Dann kam der Josef Butterweich — Und mancher wurde still und bleich Und wartete mit angsterfüllter Miene, Ob man in seiner Butter fänd' die Margarine! Doch Butterweich war weich und mild, Wie Buttermilch sein Urteil quillt: Da wurden Heller die Gesichter Der Leute und der „Butterrichter". Der Butterweich — ganz kreuzvergnügt — Beschnuppert weiter, knetet, kostet, wiegt.... Da kam die Probe „zwei—und—zwanzig"! — — Da sprach er: „Schämt nicht dieser Mann sich, Daß solches Zeug, ganz voller Salz, Das noch gefärbt ist jedenfalls, Noch Butter nennt?? — Kaum durch geknetet! Was hat der Kerl sich eingerebet? — Die riecht ja schon ganz ranzig. Die Probe Nummer zwo—und—zwanzig! So n Panischer! — Ja. meine Herren — Der hat's verdient, ihn einzusperren!" Und alle starrten blaß und bleich Auf den erzürnten Butterweich, Ter wie ein Gott der Butterrache Verteidigte die gute Sache! Dann riefen sie, wie eine Stimme: „So'n Butterschanbfleck! Ha — der Schlimme!" „Den sollt' man an den Pranger stellen!" „Der Fall verdient'S, ihn aufzuhellen!" „Wir wollen seinen Namen wissen!" „Der Kerl wird glatt htnausgeschmtffen!" Als Butterweich nun solche» hörte, Wie sich der Handel baß empörte, Sprach er: ,Das ist des Volkes Stimme! Obmann, willfahre ihrem Grimme, Künd uns den Namen des Gesellen, Der seine Kundschaft möchte prellen. Wer ist -er Schwindler, der gemeine?" „Ach — Butterweich die Prob' — ist deine!" Noch viel htnzuzusetzen, ginge gegen di: Logik. Aber auch die hat ihre geweißten Schnbsäcke. Deshalb doch einige logische Schlußsätze: „Butterweich", wie wir ihn ge nannt haben, ist, trokdem er sich selbst der Pautscherei be zichtigen mvßte, ein anständiger Mensch. Sie schütteln den Kopf und mache» eine bedenk liche Miene? Wieso denn? Wäre Butterwelch nicht anständig, würde er auch nicht zugeben, daß er nicht anständig gehandelt hätte. Da er aber soviel Anstand besaß, zuzugeben, daß er nicht anständig verfahren war, ist er an- ständig. Aber dann : Wenn er also anständig war, warum sollte er da gestehen, daß er nicht anständig sei? Himmel, mein Kopf! wird der Leser sagen. Ja, meiner auch und Butterweich seiner desgleichen! Als anständiger Mensch ist er von der Bildfläche des Butterhandels verschwunden, weil er unanständig war! Da ich gerade bet der Logik bin und den krausen Zügen, die sie manchmal zuwege bringt, noch eine kleine Glosse dazu. Als „Hilda" das Hungern „satt" hatte, hörte man an allen Ecken: „Na, so ein Schwindel. Warum hungert sie denn nicht weiter. Bei dem Ge schäft kann sie doch immer noch fett werden." Man bedauerte demnach, daß Hilda nicht mehr hungern wollte. Am Donnerstag hat man „Tantalus" dem jungen Manne, der 60 Tage zu hungern gedenkt, die Fensterscheiben eingeworfc« und seine Reklame-Einrichtungen demoliert. Warum? Weil er hungert! (Also nicht etwa, weil man bei ihm auf die Spur eines Schwin dels gekommen wäre.) Die Tumultanten schrien: „Der Kerl hungert für Geld! Raus mit ihm aus dem Kasten!" Frage ich sehr dumm, wenn ich sage: „Wo ist die Folgerichtigkeit" (auf deutsch: Logik) in der Haltung des Pu blikums in den beiden Fällen?? Dasselbe da bin ich eben im Dunkeln durchs Zimmer und habe mich schwer am Schienbein gestoßen." Tableau! — Doch nein, das könnte ein Witz sein, ist aber leider keiner, weder so noch „so". So handelt es sich um eine wahre Be gebenheit, und „so" ist es durchaus nicht zum Lachen, wenn man angeregt durch diesen Vor gang darüber nachdcnkt, wie „dunkel" es in manchen Ecken Deutschlands, selbst im „Hellen" Sachsen noch ist und wie nnbeleckt von unserer Kultur samt ihren Fortschritten noch ganze Ortschaften sein müssen, daß für sie die ein fache Handhabung des elektrischen Lichtes noch ein böhmisches Dorf ist. Im Straßenbilde unserer Stadt macht sich immer mehr jener Teil der Mitglieder der Bettlergildc breit, der durch Zurschaustellen von Gebrechen Mitleid zu erregen sucht. Meist sitzen sie auf den blanken Steinen des Bürger steiges und bieten — manchmal in recht auf dringlicher Manier Streichhölzer oder Heft pflaster feil, machen aber ein bitterböses Ge Oer deutsch-russische Vertrag unterzeichnet Die Unterschriften des Reichsaußenmintsters Dr. Stresemann und des russischen Botschafters Krestinsky. „Hosianna" und .^kreuziget ihn" noch wie vor 1950 Jahren. Wir Haben s nötig, uns etwas zugute zu tun auf die fortgeschrittene Kultur und Geistesbildung!! * Kulturfortschritte! Wie manche Gegend unseres lieben Vaterlandes hat von den Seg nungen unserer Kultur noch nichts verspürt. Sonst hätte wohl kaum eine Tragikomödie sich in einem hiesigen Hotel abspielen können, deren Schlußakt mich zum zufälligen Zuschauer hatte, deren Vorspiel mir durch eine erläu ternde Erzählung bekannt wurde, wenn ich den Zusammenhang mir vielleicht auch sonst gut hätte zusammenreimen können. Ich schildere also nicht vom Schlußakte ans, sondern gebe den Gesamtablauf. Ein biederer erzgebirgischer Bauer kommt nach Chemnitz, seinem hier ver heirateten Sohne einen Besuch abzustattcn. Der Sohn befindet sich wohl in guten Lebens- verhältntflen. aber die Familie ist zu zahlreich, um bet den beschränkten Wohnungsverhält- nissen „Vaddern" in der eigenen Behausung untcrbringen zu können. Man schafft ihm also ein Zimmer in einem gutausgestatteten Hotel. Der Sohn geleitet den Vater ins Zimmer — das Stubenmädchen war voraus- gegangcn und hatte das Licht eingeschaltet. Bevor der Junge den Alten verläßt, macht er diesen noch aus die Vorzüge des elektrischen Lichtes aufmerksam. „Siehst Du", sagt er, „hier ist es nicht so, wie bei Euch zu Hause, wo Ihr vor dem Schlafengehen erst die Petro leumlampe auspusten mußtet, die dann noch lange nachher stank. Da über Deinem Bette ist ein Schalter — da drehst Du einfach dran — es macht ,ck»lps" und aus ist das Licht." Am anderen Morgen. Der Sohn sitzt tm Gastzimmer und wartet auf „Vaddern". End- lich kommt er angehumpelt. Erschrocken springt der Sohn auf und fragt besorgt: „Aber Vater, was ist Dir denn?" „Doch, weiter nix", sicht oder Bemerkungen, die zu ihrem „Berufe" wenig paffen, wenn einer der Passanten ihnen wirklich etwas ab kau ft. Gewiß gibt es bedauerenswerte Krüppel unter diesen Ltra- ßenbettlern, aber auch zahlreiche, die nur kleine Gebrechen haben oder gar Ge brechen vortäuschen. Mein Weg führt mich zum Beispiel täglich mehrmals an einem Manne vorüber, der im Torwege des Hauses auf den blanken Steinen sitzt und in ziemlich unverschämter Weise sein „Streichhölzer mit nehmen" den Passanten zuruft, fast in - rohen- dem Tone. Sieht man ihn so dasitzen, so meint man, er habe einen Arm und mindestens einen Unterschenkel verloren. Ich habe ihn aber schon etliche Male seinen „Posten" be ziehen oder von dort abrücken sehen. Da konnte ich seststellen, daß er bis auf eine ganz leichte Lähmung des einen Fußes durchaus gesunde Glieder hat. Berwersliche Spekulativ« aus falsch a«» gebrachtes Mitleid also. Andere Mitglieder der Zunft entlocken einer Ziehharmonika Jammertüne oder suchen durch schauervollen, schaudererregenden „Gesang" die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Zu den „Harmonikavtrtuosen" gehört auch ein Mann, der nach der Aufschrift eines an der Brust hängenden Täfelchens „Ganz blind" ist. Ich glaube es ihm, obwohl ich sonst nicht gerade leichtgläubig bin in dieser Beziehung. Täglich führt ihn eine Frau, die aber (wie sich aus dem ergibt, was ich nachdem noch schildern werde) nicht seine Frau ist, auf seinen „Stammplatz" und holt ihn von dort wieder ab. Sein „Geschäft" scheint recht einträglich zu sein; den er ist in sofern eine Ausnahme unter seinen „Berufs kollegen", als er sein Instrument wirklich g u t zu behandeln versteht. Darum wohl „klappt's" sehr ost in dem Kästchen, das für die Aufnahme der milden Gaben bereit gehalten wird. Kürz lich gab's einen beträchtlichen Menschenauflauf an seinem „Stande". Seine Begleiterin krakeelte, was Ze«, , nnd Leder halten wollte «nd wo» Z««g« und Kehle Hergabe». Kein „gewöhnlicher" Krakeel etwa, sonder« „sittliche Entrüstung" oder wie man das sonst nennen mag, was sie als Ursache ihrer Lungenkraftproduktton genommen hatte. Dem Blinden hatte sich, wie man auS dem Krach entnehmen konnte, eine Dame genähert, teil nahmsvoll sich nach seinen Umständen un- Verhältnissen erkundigt und ihm auf ein« Zettel die Adresse eines Herrn gegeben, durch dessen Vermittlung der Blinde vielleicht Auf nahme in ein Blindenheim finden könnte. „Dort haben Sie doch Ihre regelmäßige Pflege", hatte die Dame gesagt, „können ein leichtes Handwerk lernen und brauchen nicht mehr an der Straße zu musizieren, um dis Mildtätigkeit anzulocken." Der Blinde hatte sich herzlich bedankt und versprochen, den Herrn auszusuchen. Diesen Entschluß hatte er wohl seiner Begleiterin mitgeteilt, als sie ihn abends abholen wollte. Da kam er aber schön an. „Na, da»« ift's also wohl auch nichts »it unserer Hochzeit?" bullerte sie los. ,Lka. das ist wohl richtig", ent gegnete der Blinde ruhig und bedacht. Da schäumte ihre Erbitterung über. „Du Esel", schrie sie ihn an, „für das bißchen Futter willst Du Dich einsperren lassen? Weißt Du denn, wie cs da im Blindenheim ist. Da mußt Du früh, mittags und abends beten. Wenn Du schlafen gehen darfst und wenn Du aufstehen muht, ist Dir genau vorgeschrieben und wenn Du mal an die Lust gehen willst, mußt Du erst schön nm die Erlaubnis bitten." Immer lauter schimpfte sie, immer schneller haspelten die Sätze sich über ihre Lippen, immer mehr geriet sie in Wut darüber, daß er so gar nicht daran gedacht hatte, daß sie auch da war. Wollte er sie einfach so wegschicken? Wie? Wo sie doch nein, das sagte sie nicht, das sagte er, als er. in dem Bewußtsein, nichts Unrechtes getan zu haben, durch ihre Schimpferei nun auch wütend wurde. Er warf ihr vor. daß sic ihm nur deshalb abrate und nur darum den Krach mache, weil sie befürchte, ihr Faulenzerleben aufgebcn zu müssen, das sie mit seinen Einnahmen sich leisten könne. Daß sie ihn nicht mehr ausnutzcn könne, tue ihr leid und nicht Sorge um ihn sei es, die sie zu ihren Ausfällen gebracht habe. Sie hatte« beide ganz vergesse«, daß sie sich auf einer belebten Straße befanden. Sie suchten sich nur gegenseitig zu überschreien — bis schließlich die Begleiterin mit den Wor ten davonlief, er solle sich ja nicht einbilden, daß sie ihn auch noch zu dem Herrn hinführen werde. Er foüe nur „sehen", wie er cS allein dorthin sinüe oder nach Haufe, zu ihr! Einer der Passanten, nahm sich jetzt hilfreich des Blinden an. Ter ließ sich noch einmal die Adresse vorlescn. Dann aber, nach kur zem Besinnen meinte er: „Eigentlich hat sic recht! So viel, wie ich jetzt verdiene („ver diene", sagte er, nicht etwa „zusammen bettle!!"). kriege ich dort nicht. Und dann — ich bi« doch mein eigener Herr! WaS brauche ich ein Handwerk zu lernen, was brauche ich mich einsperren lassen!" Sprach» und bat den, der seiner sich angenommen, ihn nach Hause, zu der Frau zu führen. Un- Heute noch sitzt er auf seinem Stammplätze, zu dem er durch die Frau hingeführt, von dem er wieder abgeholt wird, spielt Harmonika und treibt damit Straßenbettel. Ein psycho logisches Rätsel? Nein — gar nicht — cs gibt einen anderen Ausdruck dafür! Er klingt nicht schön, ist aber treffend und fängt mit „Ge" an! E. B. Humor Schlechte Zeiten. Im Caf6 Viktoria am Nebentisch, zwei etwas mißmutig dreinblickende Herren, zu erst flüsternd und tuschelnd. Dann resig niertes Seufzen und Kopfschütteln. Schließlich schlägt der ältere, schon etwas mager gewordene Herr mit dem Raub vogelgesicht auf den Tisch: „Det is jarnich zum Sagen. Früher sand man doch immer wenijens ,nen Dummen! Die scheinen ooch ausjestorben zu sein." Darauf der andere, noch ziemlich im Fett befindliche: „Det is es nich! Aba die Dummen haben ooch keen Jeld mehr!" Hn! Ein Galizier kam s. Zt. aus Kattowitz und erzählte seinem Freund, daß daselbst der Belagerungszustand verhängt sei. „Was de nich sagst", erwiderte der Freund, „nu red', erzähl', was de hast gesehn vom Belagerungszustand." „Nix — wie soll ich haben was gesehen, wenn er is — ver hängt!" Entwicklung. „Geh, last' mich aus mit die Manns bilder! Bis in die Fünfziger bleiben sie Kinder und nachher werden sie kindisch!" Simplicissimus. Reserviert Lür die Dresdner LpeiseLettLakrüc O. lVZtsrnring k^srgsrins
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