Dresdner Journal : 19.03.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187303196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18730319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18730319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1873
- Monat1873-03
- Tag1873-03-19
- Monat1873-03
- Jahr1873
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- Titel
- Dresdner Journal : 19.03.1873
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Folgt, Fr22Ü- tLrtL.lt : X u.F (7. tt, r»i"»i»'»en« kuedti., ^)a«be <d t'o ; 6SrUt«: tr XI«Err, Hannover: (7.§c/i«d5/er,' k»ri» 4/ava^, Fa^tte, : Ltutixait: Daxbs F l7o., Xnrzonee»» rküreai«, Vivo: Xt. Hereuexeder: ' Lünisl. ?!,pv6itioll 6«, OresUner Journal», I)ro»6ea, Hor^arettleo^lwss Ao. 1. -----«.. Amtlicher Theil. Dresden, 13. März. Seine Königliche Majestät haben den StadtgutSbesitzer Anton Friedrich Lieboldin Wildenfels zum Friedensrichter im Amtsbezirke Wilden fels zu ernennen gnädigst geruht. Bekanntmachung. Das Finanzministerium hat unter seiner unmittel baren Leitung und nach Massgabe einer speciellen Instruction mit der technischen Aufsicht über den Bau des in Sachsen liegenden Theiles ») der Görlitz-Zittauer Eisenbahn den Oberingenieur Schmidt in Löbau, b) der Berlin-DreSdner Eisenbahn den Betriebsingenieur Neumann in Dresden beauftragt. Mit dem Bemerken, daß die Genannten zugleich Anweisung erhalten haben, die bei ihren Revisionen etwa wahrgenommenen Mängel, soweit dieselben Ge genstände betreffen, welche den Eisenbahnbau nicht un mittelbar oder allein angehen, bei derjenigen Behörde anzuzeigen, zu deren Ressort die Sache gehört, wird solches hiermit zur Kenntniß der betheiligten Behörden gebracht. Dresden, am 1l. März 1873. Ministerium des Innern. v. RostitzWallwitz. Fromm. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Bien Public. — Journal des DLbats. — Patrie. — Temps. — Siöcle. — Republique franyaise. — XIX. Siecle. — Univers. — Nord deutsche Allgemeine Zeitung. — Spener'sche Zeitung. — National-Zritung. — Weser-Zeitung. — Bien Public. — Soir. — Journal des Debats.) TageSgeschichte. (Berlin. Köln. Straßburg. München. Wien. Prag. Saliburg. Paris. Florenz. Madrid. London. Hongkong.) Ernennungen, Versetzungen rc. i« öffeatl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Proviuzialuachrichteu. (Ehemnitz. Pirna. Zittau.) Statistik und Bolkswirthschaft. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom 17. März). Ernennungen, Versetzungen rc. im öffevtl. Dienste. Statistik und Bolkswirthschaft. Zusammenstellung, die seit Einführang der Eon- stitution im Königreiche Sachsen stattgrsnndenen Landtage, deren Dauer rc. betr. Inserate. TeltfirnphMe Nachrichten. Straßburg, Montag, 17. März, Abends. (W. T. B.) Heute kam die Anklage gegen den frü heren Advocaten de Laporte, den Verfasser der bekannten Schmähschrift, wegen Verbreitung auf- rührerischer Schriften, vor dem hiesigen KreiSge- rickte zur Verhandlung. Der Gerichtshof erkannte den Angeklagten der vorbereitenden Handlungen znm Hochverrathe für überführt und verurtheilte ihn, in Gemäßheit deS Antrages deS Staatsan walts , zu einer Festungsstrafe von 1S Monaten. Versailles, Montag, 17. März, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Nationalversammlung machte der Minister des Auswärtigen, Graf R6- mnsat, dem Haust die Anzeige von dem Abschlusse des Räumungsvertrages. Nachdem mehrere von der Linken, vom rechten Centrum und von der Rechten beantragte Tagesordnungen abgrlehvt wor- den waren, gelangte die folgende Tagesordnung zur Abstimmung: Die Nationalversammlung, indem sie mit Befrie ¬ digung die Mittheilung der Negierung entgegennimmt, welche, Dank dem cdelmüthigen Wetteifer des Landes, einen wesentlichen Theil ihrer Aufgaben vollendet hat, dankt der Regierung des Hrn. Thieis, der sich um das Vaterland verdient gemacht hat. Diese Tagesordnung wurde im Ganzen ein stimmig angenommen. Eine auS deu vier Licepräfidrnteu, den Quä storen und den Sekretären der Assemblee bestehende Deputation, gefolgt von vielen Mitgliedern deS Centrums und der Linken, überbrachte Thiers die Resolution der Kammer. Nach der Rückkehr der Deputation in die Nationalversammlung theilte der Vicepräfident Martel derselben mit, daß TbierS das Vertrauenszeugniß der Assemblee als den schön- stru Lohn für seine Anstrengungen erklärt habe. Zahlreiche Drputirte haben sich bei Thiers ein geschrieben. Rom, Montag, 17. März, Abends. (W. T. B.) Die Deputirtevkammer genehmigte in ihrer heuti- gen Sitzung den von der Regiernng mit der ,,anglo- mrditerranean Telegraph Companys abgeschlossenen Vertrag über die Legung eines unterseeischen Ka- bels von Brindisi nach Aegypten. London, Montag, 17. März, Nachts. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses zeigte der Premier Gladstone den Empfang einer Mittheilung der Königin an, wonach die Oppo sition die Bildung eines CabinetS aufgegeben hat. Er (Gladstone) habe deshalb seine Dieuste der Königin zur Verfügung gestellt. Jetzt berathe er mit seinen College« Gladstone beantragte die Vertagung deS Hauses bis künftigen Donnerstag, bis wohin ein definitives Arrangement vorlirgen werde. Er sei bereit, ein veurs Cabinet zu bil den, aber nicht mit dem gegenwärtigen Parlament. DaS Unterhaus vertagte sich bis Donnerstag. Im Obrrhause gab der TtaatSsecrrtär de» Aeußern, Earl Granville, eine ähnliche Erklärung ab. DaS Oberhaus vertagte sich ebenfalls bis künftigen Donnerstag. London, Dienstag, 18. März. (W. T. B.) In den Kohlenwerkeu von DowlaiS haben gestern 11,900 Arbeiter die Arbeit wieder ausgenommen. Dieselben erklären sich mit einer Reduktion des Lohnes für die erste Woche einverstanden; für die zweite Woche erhalten die Arbeiter den alten Lohn und alSdann erfolgt eine allmähliche Lohnerhöhung, die in gemeinsamer Vereinbarung festzusetzen ist. Die Arbeitseinstellung ist völlig beendet. Dresden, 18. März. Der auf die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich bezügliche Passus der vom Deutschen Kaiser bei Wiedereröffnung des Reichstages gehaltenen Thronrede hat jenseit dcs Rheins begreiflicher Weise die größte Sensation erregt und bei allen nicht ganz von Parteileidenschaften verblendeten Franzosen eine freudige Aufnahme gesunden. Zum größten Theile bc- eifert sich die französische Presse, ihrer Befriedigung über die beschleunigte Räumung des occupirten Terri toriums vollen Ausdruck zu verleihen; doch können es sich einzelne Organe nicht versagen, dabei je nach ihrem politischen Standpunkt das Verdienst dieser günstigen Entwickelung für ihre Partcibestrebungen in Anspruch zu nehmen und, unter Bezugnahme auf das soeben zum Abschlusse gekommene Verfassungswerk der Dreißiger- commisston, die Folgen zu commentiren, welche die un- läugbar bedeutenden Erfolge der Thiers'schen Regierung auf die definitive Gestaltung der innern Verhältnisse Frankreichs ausübcn werden. Das specielle Organ des Präsidenten der Republik, das „Bien Public* sagt: „Die Stelle in der kaiserlichen Thronrede, welche sich auf Frankreich bezieht, muß jeden ernsthaften Geist zufrieden stellen. Wir thun gut und weise, diese Worte aufzube- wahren, besonders weil sie einen hohen officiellen Cha rakter haben. Es geziemt wohl der französischen Ne gierung und dem Lande, auf dieses errungene Resultat und auf die Stellung stolz zu sein, die wir gegenwär tig in der Achtung unseres Gegners einnehmen. Frank reich hat seine Verpflichtungen eingehalten und die Re gierung hat die nöthigen Maßregeln mit Klugheit er griffen; beide haben nur ihre Pflicht gethan. Und wenn wir auf Etwas mit Stolz blicken können, so ist es die Thatsache, daß unser materieller und moralischer Credit weder nach außen, noch nach innen erschüttert worden ist." Das Organ des Präsidenten erinnert nun an die Lage Frankreichs zur Zeit des Friedens schlusses, in politischer, socialer, finanzieller und mili tärischer Hinsicht und fährt dann fort: „Noch einige Anstrengungen, und Frankreich steht am Ziele seiner Prüfungen und gehört sich wieder selbst an. Wir dür fen ohne Erniedrigung zufrieden sein, daß dieser Er folg auf feierliche Weise von Jenen anerkannt wird, die am meisten geneigt sein konnten, Mißtrauen zu »eigen. Die so bestimmt ausgesprochene Achtung un serer Gegner gilt nicht nur den unermeßlichen Hilfs quellen der Nation, sondern ganz vorzüglich der klugen und vernünftigen Führung der nöthigen finanziellen Operationen. Der geringste Fehler während der Be wegung der kolossalen Geldkräfte konnte in der neuen und alten Welt einen wahrhaften Marasmus herbei führen, was manche Finanzmänncr nicht für unmöglich hielten." Tas Blatt schließt mit folgenden Worten: „Wir behaupten nicht, daß Europa die Rückwirkung unserer Anstrengungen, fünf Milliarden zu zahlen, nicht empfunden habe; aber wir können sagen, daß wir un sere Verpflichtungen werden erfüllt haben, ohne irgend einen Geldmarkt gestört und irgend eine finanzielle Trausaction gehemmt zu haben. Daraus können wir eine große Lehre ziehen: Frankreich, so ohnmächtig und kindisch, wenn es das Spielzeug der Parteien ist, ver mag die größten und ehrenvollsten Erfolge zu erringen, wenn zu einem blos patriotischen Werke jeder gute Wille, jede Kraft vereinigt werden, und wenn man, ohne radicale oder monarchische Theorien aufzustellen sich begnügt, die Republik praktisch in Anwendung zu bringen, d. h. alle zu einem gemeinschaftlichen Zwecke zu vereinigen." — Rückhaltslos stimmen in diese Auf fassung natürlich auch die einer gemäßigt republikanischen Regierungsform, wie Thiers sie handhabt, geneigten Prcßorgane ein. Das „Journal des Döbats" weist mit nicht geringem Selbstgefühl auf das „finan zielle Wunderwerk" hin, welches die von ihren Gegnern „so ungerecht wie leidenschaftlich" kritisirte conservative Republik zu Stande gebracht habe. Das vom Feinde ihr er theilte Zeugniß möge zur Lehre dienen für die Zwe flcr an der alle Tage bethätigten Lebensfähigkeit dieser Republik, welche des Beistandes der wahren Mehrheit der Nationalversammlung, Derjenigen, denen des Landes Wohl über Kasten- und Secteninteressen gehe, in wichtigen Fällen nie ermangelt habe. „Die völ lige Befreiung des Territoriums", so schließt der erste hierau bezügliche Artikel des „Journ. dcs Döb.", „wird durch eine große Wohlthat das patriotische Werk weihen, welchem die Assemblee und die Regierung sich ge widmet haben." An einer andern Stelle macht das nämliche Blatt nachdrücklich auf jene Stelle der Thronrede auf merksam, in welcher weniger das gute Einverständ- niß der deutschen Regierung mit den fremden Cabi- neten betont wird, als die Thatsache einer Allianz zwischen den drei Kaisern von Oesterreich, Rußland und Deutschland. „Diese Schlußworte", fügen die „Debats" hinzu, „werden hoffentlich Diejenigen zur Ruhe bringen, die unser Land in neue abenteuer liche Unternehmungen zu stürzen streben." — Die „Patrie" begrüßt ebenfalls die „wohlwollenden Worte" des Kaisers Wilhelm und die Perspective einer baldigen Befreiung „mit rückhaltsloser Befriedi gung" und gesteht Thiers zu, „auf diesen großen Er folg, mit welchem die Geschichte seinen Namen rühm lich verknüpfen werde, stolz sein zu dürfen." Doch müsse man gerecht genug sein, die Nationalversamm lung „diesem großen patriotischen Werke" beizugesellen. — Der „Temps" entzieht sich dem Gefühle der Be friedigung über den errungenen Erfolg nicht, glaubt aber doch vor allzu optimistischer Auffassung warnen zu sollen. In einem seiner Artikel spricht derselbe sich dahin aus, daß, wiewohl man über den Frankreich be treffenden Passus der Rede dcs Deutschen Kaisers sich zu beglückwünschen habe, weil er eine gänzliche Befrei ung des französischen Bodens vom Feinde in nahe Aussicht stellt, man doch die Würde der Nation wah ren und in seinen enthusiastischen Lobsprüchen über die kaiserliche Thronrede nicht zu weit gehen dürfe. Na mentlich wäre es nicht zu billigen, wenn die einzelnen Parteien sich mit fremden Federn zu schmücken suchten, indem in dieser Angelegenheit doch nur Thiers, seiner Regierung und der Nation das Verdienst zukomme. Obgleich Thiers in seiner parlamentarischen Bewegung mehr gehemmter scheint als früher, so sei doch seine Stellung sicherer denn je, weil dieselbe von dem jetzt Alles dominirenden Interesse, welches so lange erhal ten werde, als bis es seine volle Befriedigung gefunden, mehr denn sonst als unzertrennlich sich geltend macht. — In dem freudigen Gefühl eines für den Bestand der Republik errungenen Erfolges geben sich die repu blikanischen Blätter einem förmlichen Enthusiasmus hin und jubeln über die glänzende Widerlegung der von den Monarchisten ihrer Partei stets vorgchaltenen Un fähigkeit, Frankreich beim Auslände in Respect zu setzen. Sie unterlassen es dabei nicht, das Gebühren dieser ihrer erbitterten Gegner, welche das glückliche Ereigniß nicht ohne einen gewissen mißgünstigen Unmuth be grüßen, als landesverrätherisch zu brandmarken. So findet das „Siecle", daß durch die Thronrede der französischen Republik eine öffentliche Huldigung ge worden sei. Diese frohe Kunde habe in Paris ein hohes Freudengefühl zur Folge gehabt, welches sich über alle Punkte des Landes verbreiten werde. „So werden", fügt das demokratische Organ wörtlich hinzu, „alle An strengungen der Monarchisten ohnmächtig gewesen sein. Sie hatten heuchlerische Befürchtungen betreffs der Eva- cuation geäußert. Nun zerstört Kaiser Wilhelm durch ein Werk alle diese Gerüchte. Die französische Repu blik ist ihren Verpflichtungen redlich nachgekommcn, und die vollständige Befreiung des französischen Territoriums steht nahe bovor." — In ähnlichem Sinne läßt sich die „Republique fran^aise" vernehmen: „Nun ist es um die übereilten Charten und verspäteten Be kehrungen gethan. Die Constitution de Broglie (der Dreißigerentwurf) hat gelebt. Die Assembler von Ver sailles kann nicht länger ihr Leben fristen, und das Land hat nunmehr, ganz in seine rechtmäßigen patrio tischen Erwägungen versenkt, für keinen andern Ge danken mehr Raum, als für folgenden: sich durch die Einberufung einer frcigewählten Nationalversammlung jene Institutionen zu geben, die man bisher vergebens versucht hat seiner Initiative zu entziehen." — Einige radicale Blätter vergessen indeß nicht zu bemerken, daß die F euke über die nahe Befreiung Frankreichs dadurch getrübt sei, daß man genöthigt sei, an die „zeitweilige Entfremdung" von Elsaß-Lothringen zu denken. Im „XIX. Siecle" macht der Elsässer Edmond About sei nem Groll auch bei dieser Gelegenheit Luft, indem er in dem bei ihm gewohnten Tone bemerkt: „Keinem Franzosen wnd es einfallcn, Deutschland dafür zu danken, daß seine Interessen zufällig einmal mit den unsrigen zusammengefallen sind. Es war ihm, wie es scheint, um unser Geld etwas dringend, und es be schleunigt unsre Befreiung, um sich früher bezahlt zu machen. Auf diese Weise findet es seine Rechnung, und wir sehen uns erleichtert: die beiden Feinde, welche Dank seinem Ehrgeize unversöhnlich geworden sind, können höflich auseinandergehen und sich nur zurufen: Auf Wiedersehen!" — Die Seitenhiebe der radicalen Presse auf die unpatriotischen Gesinnungen der Legiti misten finden in der Thüt einige Begründung in der offenen Uebellaunigkeit, womit sie, accompagnirt von Feuilleton. (Redtgitt von Otto Nauck.) Oesseutliche Vorträge. Der von Herrn k. Keller aus Kemnitz gehaltene vierte Vortrag des Schriften- verrivs bot in außerordentlich anziehender Form einen noch viel reichern Inhalt, als die Ankündigung deS Themas „zur Ehrenrettung dcs Luther'schcn Katechismus" erwarten ließ. Redner schilderte die Bedeutung deS Katechismus für die Kirche (daS sym bolische Buch, daS vor Allem daS Herz des Volke- ge troffen), für die Schule (ein katcchetisches Normalbuch) und für das Haus (ein Gebet- und Erbauungsbuch); die interessanten historischen Belege für die Werth- schätzung, die dies nächst der Bibel am häufigsten ge druckte Buch bei Fürsten, bei Gelehrten (auch der römischen Kirche) und beim Volke gefunden, (man denke z. B. an die Braut- und Pathenexamina; an einigen Orten hing sogar die Erlaubniß zum Betteln von einem KatcchiSmuSexamen ab!), können dreist ein Stück Culturgeschichle genannt werden. Gegenüber den Angriffen, die dies Kleinod der deutschen Refor mation neuerer Zeit erfahren, zumeist seitrn eine- Radikalismus, der in ihm nur eine Reliquie deS 18. Jahrhunderts erkenne, und seiten jener Bestrebungen, denen die Brkenntnißlosigkeit das Ideal der Zukunft sei und die daher an die Beseitigung oder doch eine den vosttiv - christlichen Inhalt abschwächende Verdolmet schung desselben alle Kräfte setzen müssen, wirS Redner auf den Ursprung deS Katechismus bin, der seine Wurzeln in der alten Kirche habe, auf seine vorzüg liche Anordnung, die freilich nicht auf der Syste matik de» Katheder», sondern auf psychologisch päda gogischen Gründen beruhe, nicht theoretische, sondern praktische Ziele sür Herz und Leben verfolge (hier gab der Redner überraschende Winke für das Vrrständniß und die Behandlung des Buchs), auf den bei aller Einfachheit tiefen und erschöpfenden Inhalt und auf die unvergleichliche Form; kurz, prägnant, volksthüm- lich, sei er leicht einprägbar, ohne ein bloser Memorir- stoff sein zu wollen, und zugleich erbaulich, dabei über all einfach ehetisch, nicht polemisch. Der Katechismus habe Recht, nicht blos daS Schulbuch, sondern auch das Hausbuch unsers Volkes zu bleiben, ein Stück unseres Lebens, nicht blos eine Zierde unserer Litera tur. Der Vortrag schloß mit dem Urthcil des großen Historikers, der den Herzschlag unsers deutschen Volkes kennt, Leopold Ranke: „der Katechismus, den Luther I52S herausgab, von dem er sagte, er bete ihn selbst, so ein alter Doctor er auch sei, ist ebenso kindlich wie tiefsinnig, so faßlich, wie unergründlich, einfach und erhaben. Glückselig, wer seine Seele damit nährt, wer daran festhält. Er besitzt einen unvergänglichen Trost in jedem Momente: nur hinter einer leichten Hülle den Kern der Wahrheit, der dem Weisesten der Weisen genug thut." II. Der fünfte Vortrag, der von Hrn. vr. Meusel gehalten wurde, behandelte die Bedeutung der Ju den für daS Leben der Völker. In richtiger Erkenntniß der Srlbstbeschränkung, die ihm durch die Reichhaltigkeit deS Stoffes geboten war, hob der Vor tragende vorzugsweise die religiöse vrdcutung der jüdischen Nation hervor und schilderte vom theo lo st tschen Standpunkte auS die bestimmenden Faktoren ihre- eigenartigen religiösen und geistigen Lebens in den drei charakteristisch unterschiedenen Perioden ihrer geschichtlichen Entwicklung. Die erste Periode zeigt un» da» alttrstamentlichc GotteSvolk in seiner ge schlossenen nationalen und religiösen Einheit und die Erfüllung der ihm zu Theil gewordenen Mission, dem Messias den Weg zu bereiten, und dem Christenthum als Weltrcligion Bahn zu brechen. Die zweite Pe riode umfaßt die lange Zeit der Diaspora und der Unterdrückung. Mit der Zerstörung Jeiusalcms ver liert Israel seine staailiche Einheit, aber die Beson derheit seines Stammes und seiner Religion weiß es trotz seiner Zerstreuung in den verschiedensten Ländern und trotz der grausamsten Verfolgungen im Mittel- alter m't beispielloser Zähigkeit festzuhalten. Das starke Band, wodurch es zusammengehalten wird, ist der Tal mud, jenes merkwürdige Gesetzbuch mit seinen alleLebens- vrrhältnisse beherrschenden, ja knechtenden Vorschriften, das in ihm stets das Bewußtsein lebendig erhält, im Gehorsam gegen die heilige Tradition das auserwählte Volk Gottes zu sein, auf dem der Bestand dcr Weld ruhe und dem die Herrschaft der Zukunft verheißen sei. Die dritte Periode beginnt erst in der neuesten Zeit mit der Emancipation. Das moderne Judenthum tritt aus der früheren strengen Absonderung heraus, streift die Fesseln der alten talmudischen Formen ab und wirft sich mit cbenso großem Eifer wie Talent in die mo derne Culturbcwegung in der von c in »einen Wort führern laut proclamirten Absicht, an seinem Theile eine über alle GlaubenSuntcrschiede hinausgehende freie Humanität zur Herrschaft zu bringen. Um auf wissen schaftlichem, socialem und politischem Gebiet an die Spitze zu kommen, sucht rS in einer unser kirchliches und politisches Leben vielfach und schwer bedrohenden Weise immer mehr die Großmächte der heutigen Welt, da» Capital und daS öffentliche Wort, sich dienstbar zu machen. Die» ist der Hauptinhalt de- Vortrag», der namentlich in seinem? zweiten Theile durch eine Fülle charakteristischer und durch ihre verhältnißmäßige Neuheit besonder» anziehender Detail» illustrirt wurde. Der Freund möglichst objectiver Geschichtsbetrachtung mochte eine schärfere Unterscheidung wünschen zwischen dem religiösen und dem ethnologischen Element sowie zwischen der modernen Aufklärung überhaupt und dem specifisch jüdischen Antheil daran, und er konnte sich auch wohl des Gedankens nicht erwehren, daß eine rein kulturhistorische Auffassung die Mittel ge liefert haben würde, die eigenthümlichcn Talente der Juden in ihren Grenzen genauer zu bestimmen, die Gefahren ihrer rührigen Agitation minder hoch anzu schlagen und das etwas harte Gesammturtheil zu mil dern; aber was geboten wurde, war klar und anschau lich und in einer ebenso lebendigen und eindringlichen wie geschmackvollen und edlen Sprache entwickelt, so daß der Vortragende die gespannteste Aufmerksamkeit brr zahlreichen Zuhörerschaft sich bis zum Schluß un vermindert zu erhalten wußte. —k. Die Braun'scheu Photographien. Nach den Bildern im „Louvre" und der„Na- tionalgalerie* hat bekanntlich das Ad. Braun'sche Institut, durch andere Editionen rühmlich bekannt, eine sehr umfassende Collection photograpdischer, durch den neuerdings verbesserten Photographiedruck vervielfältigter Aufnahmen unternommen, die in der Ernst Arnold'- schcn Kunsthandlung (in der Schloßstraße) in großer Zahl vorrälhig oder sofort durch jenes Geschäft zu be ziehen sind. Diese Arbeiten, von sehr großem Format, zeichnen sich durch musterhafte Durchführung und meist treffliche, das trockene Rothbraun vermeidende Farben» tinte au» und sind für den praktischen Gebrauch durch kräftige Tartonunterlagen vorzüglich hergerichtet. Die Edition umfaßt di- jetzt ungefähr 400 Blätter, 13S nehmen allein die Italiener ein. Photographien, dir direkt nach den Originalen ab-
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